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Lothar Franz [von Schönborn], Erzbischof von Mainz, Erzkanzler
und Kurfürst des Heiligen Römischen Reichs und Bischof von Bamberg
erlässt für die Bürger, Untertanen und Meister verschiedener Handwerke in
Salmünster und zugehörigen Orten eine neue Zunftordnung.
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Lothar Franz [von Schönborn], Erzbischof von Mainz, Erzkanzler
und Kurfürst des Heiligen Römischen Reichs und Bischof von Bamberg
erlässt für die Bürger, Untertanen und Meister verschiedener Handwerke in
Salmünster und zugehörigen Orten eine neue Zunftordnung.
Urk. 75 Fulda: Reichsabtei, Stift [ehemals: Urkunden R I a]
Fulda: Reichsabtei, Stift [ehemals: Urkunden R I a] >> Reichsabtei, Stift >> 1701-1710
1710 Juli 15
Ausfertigung, gebundenes Pergamentlibell, mit zweifarbiger Schnur angehängtes Siegel in Holzkapsel (beschädigt)
Urkunde
Identifikation (Urkunde): Originaldatierung: So geben in unßer residenz statt Maintz den 15ten monatstag Julii nach der gnadenreichen geburt unßers lieben Herrn undt Seeligmachers Jesu Christi des ein taußend siebenhundert und zehenden jahres
Vermerke (Urkunde): (Voll-) Regest: Lothar Franz [von Schönborn], Erzbischof von Mainz, Erzkanzler und Kurfürst des Heiligen Römischen Reichs und Bischof von Bamberg bekundet, dass er den Bürgern, Untertanen und Meistern verschiedener Handwerke in Salmünster und zugehörigen Orten eine neue Zunftordnung verliehen hat. Dies ist geschehen, weil die Handwerker ihre und andere Kinder in Zukunft zünftig unterweisen wollen, damit diese nach ihrer Lossprechung wie andere Handwerksgesellen ungehindert auf Wanderschaft durch das Heilige Römische Reich gehen und ungehindert passieren können. Obwohl die Erfahrung gezeigt hat, dass es wegen der Vielfalt von Zunftordnungen schon häufig zu Streit gekommen ist, hat Erzbischof Lothar Franz nach Einholung von Berichten und Gutachten der Beamten in Salmünster dieser Bitte letztlich zugestimmt. Unter dem Vorbehalt, dass diese Zunftordnung geändert werden kann, erlässt er folgende Regelungen: 1. Alle Handwerksmeister in Salmünster und zugehörigen Orten müssen in gleicher Weise zünftig gelernt haben, egal ob sie auf Wanderschaft waren oder nicht. Vor ihrer Aufnahme in die Zunft muss ihr Meister ihnen eine Prüfung abgenommen (passiert) haben. 2. Meistern, die aus Alters- oder anderen Gründen nicht mehr in der neuen Zunft aufgenommen werden, ist weiterhin die Ausübung ihres Handwerks erlaubt; sie sollen jedoch keine Lehrjungen und keine Gesellen mehr ausbilden. 3. Alle Landeskinder, die noch auf Wanderschaft sind und zünftig oder nichtzünftig gelernt haben, sollen bei ihrer Niederlassung in Salmünster in der Zunft aufgenommen werden. Nach ihrer Aufnahme haben sie jedoch die nachfolgend erläuterten Regeln zu beachten. 4. Denjenigen, die noch bei einem unzünftigen Meister in die Lehre gehen, sollen sowohl hinsichtlich ihrer Niederlassung als Meister als auch ihrer Heirat bei der Aufnahme in die Zunft keine Schwierigkeiten bereitet werden. Bedingung ist jedoch, dass sie sich noch während ihrer Lehrjahre bei der Zunft einschreiben. 5. Diejenigen, die als Meister Aufnahme in der Zunft finden, sollen soviel Geld in die Zunfkasse (zunftlade) geben, wie von allen anderen Zunftgenossen oder ihrer Mehrheit als ausreichend angesehen wird. 6. Alle Handwerksmeister in Salmünster und den umliegenden Orten sollen ihre Zunftstube in der Stadt Salmünster haben. Besonders zur Begehung ihres Jahrtags sollen sie sich dort zur Zusammenkunft bei einem Schild- oder Gastwirt oder einem anderen Bürger, der dazu Gelegenheit bietet, einfinden. Wegen der Rangfolge (vorgang) bei dieser Zusammenkunft sollen sie miteinander losen; die Meister sollen Rang und Platz (session) gemäß ihres Alters oder der Dauer ihrer Zugehörigkeit zur Zunft einnehmen. 7. Der Jahrtag soll immer am ersten Montag nach dem hl. Fest der Dreifaltigkeit [Sonntag Trinitatis] abgehalten werden; fällt dieser Montag auf einen Feiertag, soll er am Dienstag danach begangen werden. Die Meister sind gehalten, am Jahrtag in ehrbarer Kleidung zu erscheinen. Bei ihrer Zusammenkunft sollen sie zunächst für Gott, dann für ihren Handwerkspatron und schließlich für ihre verstorbenen Mitglieder einige Messen abhalten lassen. Alle sind verpflichtet, am Messopfer teilzunehmen. 8. Wer bei der Jahrtagsfeier, dem heiligen Messamt oder beim Messopfer ohne Angaben von Gründen fehlt, soll bei bloßer Unachtsamkeit zur Strafe einen halben Gulden bezahlen; bei Vorsatz (ex contemptu) oder wegen Verachtung der Zunft wird die Strafe verdoppelt. 9. Nach dem Gottesdienst sollen die Meister in derselben Ordnung in ihre Zunftstube zurückgehen. Sobald sie dort Platz genommen haben, sollen die Zunftordnung verlesen, neue Zunft- und Schaumeister gewählt, die Rechnungen der scheidenden Zunft- und Brudermeister überprüft und das übrige Geld (recess) dem neuen Zunft- und Brudermeister übergeben werden. Außerdem sollen Streitigkeiten geklärt sowie Angelegenheiten der Zunft besprochen werden. Bei Bedarf können sie ihre jährliche Zusammenkunft noch auf den nächsten Tag ausdehnen. 10. Damit der Öffentlichkeit durch diese Zusammenkünfte keine Nachteile entstehen, soll ihnen entweder der Schultheiß von Salmünster oder ein anderes Ratsmitglied beiwohnen. 11. Es ist einem Zunftmitglied verboten, bei Zusammenkünften ein anderes Zunftmitglied durch Reden oder Schimpfworte zu beleidigen. Beleidigungen können mit einer Strafe von bis zu drei Gulden belegt werden. Schlimmere Vergehen ziehen härtere Strafen nach sich und sind dem städtischen Beamten anzuzeigen. 12. Es ist den Meistern erlaubt, bei Jahrtagen einen gemeinsamen Imbiss abzuhalten; pro Person soll aber bei Strafe in Höhe von einem Gulden nicht mehr als ein halber Gulden aufgewendet werden. Die eingenommenen Zunftstrafen dürfen nicht für die Verpflegung verwendet, sondern müssen für andere Zwecke der Zunft eingesetzt werden. Zechen und übermäßiges Trinken sind gänzlich verboten. 13. Wenn einer der Zunftangehörigen sein Handwerk lehren will, so steht es ihm frei, dies zu tun; wer einen dieser Meister auswählt, weil er bei ihm in die Lehre gehen will, muss sich mit ihm wegen des Lohns oder des Lehrgelds verständigen. 14. Damit es deswegen nicht zu unnötigen Streitigkeiten kommt, soll die Aufnahme (aufdingung) der Lehrjungen in Anwesenheit des Zunft- und Brudermeisters und zweier Handwerksmeister vor der Zunftlade geschehen. Die Aufnahme ist im Handwerksprotokoll schriftlich festzuhalten. 15. Nach der Aufnahme sollen sowohl der Meister als auch der Lehrjunge einen Gulden an die Zunft zahlen. Dem Zunft- und Brudermeister und den beiden anderen Handwerksmeistern soll für ihren Zeitaufwand ein Maß Wein und für einen Albus Brot gegeben werden. Außerdem ist ein Einschreibegeld in Höhe von fünf Albus zu entrichten. 16. Die Lehrjungen sollen je nach Handwerk zwei oder drei Jahre lernen und dabei zu keiner anderen als der Handwerksarbeit angehalten werden. Falls der Meister stirbt, soll dessen Witwe - falls deren Söhne oder Gesellen das Handwerk nicht fortsetzen - den Lehrjungen zu einem anderen Meister schicken, wo er auslernen kann. 17. Die Lehrjungen sind dem Meister vor allem in allen Handwerksdingen zum Gehorsam verpflichtet. Falls ein Lehrjunge von seinem Meister ohne triftigen Grund flieht, soll er nach Prüfung des Vorfalls durch die Zunft sein Lehrgeld verlieren und ohne Einwilligung der Zunft bei keinem anderen Meister aufgenommen werden. 18. Die Meister sind gehalten, ihre Lehrjungen in guter Weise in ihrem Handwerk zu unterweisen und sie angemessen zu verköstigen. Sie sollen die Lehrjungen darüber hinaus zum Gottesdienstbesuch und zu ehrbarem Verhalten anhalten. Meister, die ihre Lehrjungen hart und schlecht behandeln, so dass diese gezwungen sind zu fliehen, müssen das Lehrgeld an den Lehrjungen zurückgeben und werden nach Prüfung durch die Zunft noch gesondert bestraft. Dem Lehrjungen steht es hingegen ohne weitere Zahlungen an die Zunft frei, sein Handwerk bei einem anderen Meister auszulernen. 19. Sobald ein Lehrjunge ausgelernt hat, soll er ausschließlich in Anwesenheit des Zunft- und Brudermeisters und zweier Handwerksmeister seiner Zunft vor der Zunftlade losgesprochen werden. Sowohl der ausgelernte Lehrjunge als auch sein Meister sind verpflichtet, der Zunft einen Gulden zu geben; die anwesenden Zunft-, Bruder- und Handwerksmeister erhalten von ihnen je ein Maß Wein und für einen Albus Brot. Außerdem ist die in 15. genannte Schreibgebühr zu entrichten. 20. Wenn ein Geselle, der zur Zunft von Salmünster gehört, in die Stadt kommt und dort arbeiten will, soll er in der gewöhnlichen Zunftstube beherbergt werden. Sobald ihm der Zunft- oder Stubenvater mitteilt, dass ihn einer der Meister einstellen will (verlangt), ist er verpflichtet, sich bei diesem zu melden. Ausnahmsweise ist es gestattet, den Gesellen auch acht oder 14 Tage lang auf Probe arbeiten zu lassen. Wegen des Lohns sollen sie sich miteinander verständigen und ansonsten gegeneinander, so wie es Handwerksbrauch ist, verhalten. 21. Da es im Verlauf des Jahres ohnehin viele Feiertage gibt, ist den Gesellen der 'Blaue Montag' verboten, um den Meister oder die Kunden nicht zu schädigen. Daher ist während der Arbeitstage das Essen, Trinken, Spielen und sonstiger Müßiggang bei Strafe eines Wochenlohns untersagt. Meister, die solches Verhalten der Zunft nicht melden, werden in der gleichen Weise bestraft. 22. Sowohl an Sonn- und Feiertagen als auch während der Arbeitswoche sind die Gesellen gehalten, abends rechtzeitig das Haus des Meisters aufzusuchen. Bei Versäumnis sind sechs Albus zu entrichten. Gesellen, die ohne Wissen des Meisters die ganze Nacht wegbleiben, müssen eine Strafe von einem halben Gulden bezahlen. 23. Wenn ein zur Handwerkerzunft von Salmünster gehörender Geselle Meister werden will, soll er zunächst nachweisen, dass er ehrbar geboren wurde und sich seither wohlverhalten hat. Zum zweiten muss er nachweisen, dass er das Handwerk zünftig gelernt hat und danach mindestens zwei bis drei Jahre auf Wanderschaft war. Ein ortsfremder Geselle muss zudem nachweisen, dass er mindestens ein Jahr bei einem Meister in Salmünster gearbeitet und sich dort wohlverhalten hat. Viertens muss er nachweisen, dass er als Bürger oder vereidigter Untertan in Salmünster aufgenommen wurde oder dass einer solchen Aufnahme nichts entgegensteht. Nachdem er diese Bedingungen erfüllt hat, soll ihm eine bestimmte Bearbeitungszeit für sein Meisterstück eingeräumt werden. 24. Die Meisterstücke sollen nicht stets in der gleichen Form angefertigt werden, sondern auch dem aktuellen Bedarf und Zeitgeschmack entsprechen. Daher besitzt der Schultheiß von Salmünster ein Mitspracherecht bei der Gestaltung der Meisterstücke. Zu ihrer Anfertigung haben die Gesellen höchstens drei oder vier Wochen Zeit; die Meisterstücke sollen zum Verkauf geeignet sein (an das geldt gebracht werden können). Sobald ein Meisterstück fertig ist, sollen die Schaumeister es begutachten; befinden sie es für gut, wird der Geselle als Meister aufgenommen. Bei seinem Eintritt als Meister hat der neu Hinzugekommene der Zunft sechs Gulden und ein Pfund Wachs für den Gottesdienst sowie den Zunft-, Bruder- und Schaumeistern statt einer gemeinsamen Mahlzeit (collation) je einen halben Gulden zu geben. Ist das Meisterstück jedoch mit entscheidenden Mängeln (hauptfehler) behaftet, wird dem Gesellen die Aufnahme als Meister verweigert, und er wird angehalten, das Handwerk bei einem erfahrenen Meister noch besser zu erlernen. 25. Meistersöhne oder Personen, die Meisterwitwen oder -töchter heiraten, sollen die Hälfte des Meistergelds und ein halbes Pfund Wachs für den Gottesdienst an die Zunft zahlen. Im Übrigen sind sie den üblichen Regeln der Anfertigung eines Meisterstücks unterworfen. 26. Kein Meister darf die Arbeit eines anderen Meisters bewerten (taxiren) oder verächtlich machen, außer, wenn er von der Obrigkeit dazu beauftragt wurde, eine Arbeit eines Mitmeisters in Augenschein zu nehmen und ein Gutachten anzufertigen. In diesem Fall soll er keinen Fehler mutwillig übersehen und alle Mängel aufzeigen. 27. Kein Meister darf einem anderen Meister dessen Kunden abwerben oder dessen angefangene Arbeit fortführen, es sei denn, er führt diese Arbeit gegen Erstattung der Kosten des anderen Meisters in dessen Auftrag oder nach dessen Einwilligung aus. Verstöße werden von der Zunft nach deren Ermessen bestraft. 28. Kein Meister darf einem anderen Meister seine Lehrjungen oder Gesellen abspenstig machen. Falls jedoch ein Geselle mit Zustimmung seines alten Meisters zu einem neuen Meister wechselt, so ist dies erlaubt. 29. Ein angehender junger Meister darf in seinem ersten Meisterjahr keinen Lehrjungen aufnehmen. Die Ausbildung von zwei Lehrjungen gleichzeitig ist untersagt. Wenn ein Meister einen Lehrjungen fertig ausgebildet und losgesprochen hat, darf er im nachfolgenden Jahr keinen Lehrjungen aufnehmen. Verstöße werden nach Ermessen der Zunft bestraft. Hat ein Meister keinen Lehrjungen, darf er zwei Gesellen beschäftigen. Es folgen weitere Artikel.
Vermerke (Urkunde): Siegler: Kanzlei des Erzbistums Mainz
Ein Albus (= Weißpfennig) bezeichnet eine seit dem 14. Jahrhundert gebräuchliche Silberscheidemünze, die bis ins 19. Jhd. vor allem im Rheinland, später auch in Hessen geprägt wurde. Ein Albus galt in Hessen neun Pfennige.
Angaben zum entzogenen Vermögen
Sonstige Angaben
BZK-Nr.
Die Bundeszentralkartei (BZK) ist das zentrale Register des Bundes und der Länder zu den durchgeführten Entschädigungsverfahren. Bei der Aufnahme eines Verfahrens in die BZK wurde zur eindeutigen Identifizierung eine Nummer vergeben. Diese BZK-Nummer bezieht sich nicht auf eine Person, sondern auf ein Entschädigungsverfahren: Hat eine Person mehrere Ansprüche geltend gemacht (z.B. für sich selbst und für Angehörige), liegt im Normalfall für jedes Verfahren eine eigene BZK-Nummer vor. Häufig wurde als BZK-Nr. schlicht das Aktenzeichen der jeweiligen Entschädigungsbehörde übernommen.
Diese Nummer ist für eine Anfrage im entsprechenden Archiv wichtig.
Delikt nach NS-Justiz
Handlungen, die im Nationalsozialismus überhaupt erst kriminalisiert wurden (z.B. Heimtückegesetz, "Judenbegünstigung") oder die die NS-Justiz in verschärftem Maß verfolgte (z.B. Hochverrat).
Verfolgungsgrund
Die hier angegebenen Gründe orientieren sich am Wortlaut der in den Quellen genannten Verfolgungsgründe.
Rolle im Verfahren
„Verfolgte Person“ meint eine Person, die einen Entschädigungsanspruch für einen Schaden durch NS-Verfolgung geltend machte. Wenn der Antrag nicht von der verfolgten Person selbst, sondern von einer anderen Person gestellt wurde, so wird diese als „antragstellend“ angegeben und ihre Beziehung zur verfolgten Person, soweit vorhanden, vermerkt. In den Quellen wird die verfolgte Person mitunter als „Geschädigter“, die antragstellende Person als „Anspruchsberechtigter“ bezeichnet.
Suche im Archivportal-D
Weitere Archivalien zu dieser Person über die Wiedergutmachung hinaus können Sie eventuell im Archivportal-D finden.
Nähere Angaben zum Verfolgungsgrund
Ergänzende oder spezifischere Angaben zu Mitgliedschaft, Gruppenzugehörigkeit bzw. Gruppenzuschreibung, die Anlass für die Verfolgung war.