Klage auf Annullierung eines Kaufvertrags des Domkapitels mit Maria Holtzmann, der Witwe des Wilhelm Nuppeney, kurköln. Amtsverwalters und Zöllners zu Andernach, von 1685, durch den diese für insgesamt 7000 Rtlr. und einen Erbzins von 6 Rtlr. folgende Güter „erb- und ewiglich“ erhielt : (1) einen Hof am Nettebach bei Andernach (am Rhein) (297 3/4 Morgen Ackerland, 2 1/2 Morgen Weingarten, 28 3/4 Morgen Wiesen) mit Jagd-, Fischerei- und Holzungsrechten, Schäferei, Dienstaufgebot, Kurtialgerichtsbarkeit bzgl. Kurmeden sowie Hühner-, Pfennigs- und Erbschatzgeld, der frei von allen Steuern und Kontributionen ist, (2) eine zwangbare Mahlmühle aus Stein mit drei Gängen und drei anhängenden Mühlen in derselben Gegend, deren Bezeichnung variiert, nämlich eine Bauch- und Wintermühle oder Lohemühle, eine Ölmühle und eine Walk- oder Weisgerbermühle, (3) einen Hof zu Welling im Erzstift Trier (zwischen Mayen und Koblenz), der ebenfalls schatz- und steuerfrei ist, das „ius patronatus“ über die dortige Pfarrkirche hat und viele Gerechtsame und Zehnten besitzt, (4) den Erbschatz zu Miesenheim, Kell, Namedy und Fornich (rund um Andernach), (5) den Bischofszins zu Andernach und (6) verschiedene Erbpachten und Gülten in dieser Gegend. Die Klage wird vor dem RKG erhoben, weil die streitigen Güter in verschiedenen Erzbistümern (Köln und Trier) und die Beklagten unter unterschiedlichen Landesjurisdiktionen (Köln und Jülich) wohnen. Der Kaufvertrag sei ungültig, weil der Kaufpreis zu gering gewesen sei - 1712 werden die Güter auf 43.102 Rtlr. taxiert -, die Witwe Nuppeney den Vertrag nur durch Bestechungsgelder bekommen habe, Erbteilungen vorgenommen worden seien und Kirchengut entfremdet würde. Die Eheleute Nuppeney hatten die streitigen Güter bereits 1673 erworben, allerdings gemäß dem „ius antichreticum“ (Pfandnießbrauchsrecht) und unter Vorbehalt des Rückkaufsrechts. Die Güter waren durch französische Verwüstungen sehr heruntergekommen. 1685 schloß das Domkapitel den Kaufvertrag ab, da es glaubte, die verpfändeten Güter nicht mehr einlösen zu können. Das RKG urteilte am 1. Feb. 1726, daß der Kaufvertrag von 1685 wegen Formfehler und anderer Mängel ungültig sei, der Vertrag von 1673 gültig sei und die Erben Nuppeney gegen Erstattung der 1673 und 1685 bezahlten Gelder und der die Summe von 300 Rtlr. übersteigenden Bau- und Meliorationskosten die streitigen Güter abtreten sollten. In dem anschließenden Liquidationsverfahren ergeht auf Klage der Erben Nuppeney am 23. Dez. 1726 das Urteil, daß das Domkapitel keine „Attentate“ auf die Pachten, Zehnten, Gefälle und Renten zu Welling und vom Hof an dem Nettebach vornehmen darf. Am 20. Feb. 1728 werden die Erben Nuppeney zur Zahlung von 260 rheinischen Florenen Gerichtskosten verurteilt. 1729 strengen die Erben Nuppeney eine Widerklage auf Restitution der Güter an, da sie inzwischen festgestellt hatten, daß 1550 ein Gerhard von der Recke Inhaber des Hauses zur Nette gewesen ist und somit die Verordnung, daß weltliche Erbgüter nicht in geistliche Hände gelangen dürfen, zu beachten sei. Das RKG folgt dieser Argumentattion mit Urteil vom 5. April 1743, wodurch der Kaufvertrag von 1685 für rechtsgültig erklärt wird und die Erben Nuppeney von der Klage des Domkapitels freigesprochen werden. Gegen dieses Urteil geht das Domkapitel in Revision. Es weist nach, daß sich der Hof Andernach mit allen Gerechtsamen seit der Schenkung Friedrich Barbarossas an Erzbischof Rainald von Köln 1167 in kirchlichem Besitz befand, jedoch seit 1444 durch Verpfändungen entfremdet worden ist. Am 14. Nov. 1759 vergleichen sich die beiden Parteien außergerichtlich. Der Hofkammerrat Johann Wilhelm Matthias von Nuppeney verzichtet für die Erben Nuppeney auf die streitigen Güter gegen Bezahlung eines Pfand- und Vergleichsschillings durch das Domkapitel.