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Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld (Archivtektonik) >> Nichtamtliches Schriftgut >> Familienarchive und Nachlässe
Verwaltungsgeschichte/biographische Angaben:
Form und Inhalt: Vorwort zum Bestand 200,005/Nachlass Bernhard Bavink
Biographie
Bernhard Bavink wurde als einziger Sohn des Kaufmanns Bernard Bavink, der mennonitische Vorfahren aus den Niederlanden hatte, und der Elea Bavink geb. Rulffes aus Oldenburg am 30. Juni 1879 in Leer in Ostfriesland geboren. Er studierte Chemie, Mathematik und Physik in Bonn und Göttingen, wo er auch Mitglied in Wingolf-Verbindungen war. Während seines Studiums hielt er sich wegen seiner angeschlagenen Gesundheit in den Wintersemestern mehrfach in Davos in der Schweiz auf. Nach dem Staatsexamen 1902 folgte die Promotion "Magna cum laude" 1904.
Er entschied sich für die Lehrer-Laufbahn und begann diese nach der Vorbereitungszeit in Goslar 1904 am Evangelisch-Stiftischen Gymnasium in Gütersloh. 1912 wechselte er nach Bielefeld an die Auguste-Viktoria-Schule, einem Mädchengymnasium. Dort unterrichtete er bis zu seiner Pensionierung 1944.
1905 heiratete er Maria "Mieze" Meyer, eine Pastorentochter aus Barmen und beste Freundin seiner (Pflege-)Schwester Gretchen. Mieze starb schon 1915. Mit ihr hatte er zwei Kinder, Bernhard und Annemarie, die er mit in seine zweite Ehe, geschlossen 1918 mit Hertha Lohmann verw.König aus Bielefeld brachte. Mit Hertha hatte Bernhard Bavink noch drei weitere Kinder: Lotte, Georg und Margret (später verheiratete Gromann), die 1995 eine Biografie nach den Aufzeichnungen ihres Vaters erstellte. Beide Söhne starben im Zweiten Weltkrieg.
Schon in seiner Schul- und Studienzeit befasste sich Bernhard Bavink mit der Beziehung zwischen Naturwissenschaften und Theologie. Dazu verfasste er auch die meisten seiner theoretischen Werke, die unter Wissenschaftlern kontrovers diskutiert wurden. Sein Hauptwerk "Ergebnisse und Probleme der Naturwissenschaften" erschien ab 1913 in neun Auflagen und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Seine Korrespondenzpartner finden sich in ganz Europa und den USA, u. a. korrespondierte er mit Max Planck.
Von 1920 bis 1939 war Bavink wissenschaftlicher Leiter des Keplerbundes, für den er die Zeitschrift "Unsere Welt" herausgab. 1933 trat er der NSDAP bei. Während der Zeit des Nationalsozialismus verbrachte er neben seiner Lehrtätigkeit (er war 1926 Oberstudienrat geworden) viel Zeit auf Vortragsreisen durch halb Europa. Seine wissenschaftlichen Forschungsergebnisse wurden anerkannt: 1942 erhielt Bavink die Rinecker-Medaille der Universität Würzburg. Mit politischen Äußerungen war er sehr zurückhaltend, am ehesten kann man diese in den wissenschaftlichen Abhandlungen aus dieser Zeit erkennen (z. B. Eugenik und Weltanschauung).
Bernhard Bavink starb am 27. Juni 1947, kurz nachdem ihn die Mitteilung erreichte, dass er auf den Lehrstuhl für Naturphilosophie in Münster berufen worden war.
Mit der Umbenennung der "Auguste-Viktoria-Schule" in "Bavink-Schule" 1947 sollten die wissenschaftlichen Verdienste Bavinks und sein Wirken an der Schule gewürdigt werden. Ende der 1980er-Jahre entwickelte sich in Bielefeld eine Diskussion zur Aufarbeitungskultur der NS-Zeit. Als deren Ergebnis wurde auch die Bavink-Schule 1996 zu "Gymnasium am Waldhof" umbenannt. Ausschlaggebend war Bavinks grundsätzliche Befürwortung der nationalsozialistischen Rassenhygiene, der Eugenik, die als Anbahnung der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ (Euthanasie) erkannt wird, und des Antisemitismus im Natiaonalsozialismus. Konflikte Bavinks mit dem NS-Regime, kritische Zitate oder Berichte von Zeitzeugen verhinderten die Umbenennung nicht. Bavink war Non-Konformist, aber kein Widerstandskämpfer.
Veröffentlichungen (Auswahl)
Monographien
- Natürliche und künstliche Pflanzen- und Tierstoffe. Ein Überblick über die Fortschritte der neueren organischen Chemie, Leipzig 1908
- Allgemeine Ergebnisse und Probleme der Naturwissenschaft. Eine Einführung in die moderne Naturphilosophie, Leipzig 1914 (spätere Auflagen ohne "Allgemeine")
- Einführung in die allgemeine Chemie, Leipzig/Berlin 1917
- Einführung in die anorganische Chemie, Leipzig 1918
- Grundriß der neueren Atomistik, Leipzig 1922
- Das Übel in der Welt vom Standpunkt der Wissenschaft und Religion. Eine kritische Betrachtung von Leid, Tod und Sünde, Detmold 1925
- Die Hauptfragen der heutigen Naturphilosophie, 2 Bde., Berlin 1928
- Ergebnisse und Probleme der Naturwissenschaften. Eine Einführung in die heutige Naturphilosophie, Leipzig 1933
- Organische Staatsauffassung und Eugenik, Berlin 1933
- Rassenhygienische Unfruchtbarmachung und Christentum, in: Völkischr Beobachter v. 18. August 1933
- Die Naturwissenschaft auf dem Wege zur Religion. Leben und Seele, Gott und Willensfreiheit im Licht der heutigen Naturwissenschaft, Frankfurt/M. 1933 (ab 1947 "der heutigen Physik")
- Eugenik als Forschung und Forderung der Gegenwart, Leipzig 1934
- Wesentliches und Unwesentliches im Christentum, Frankfurt/M. 1938
- Die Naturwissenschaften in der neuen deutschen Schule, Bonn 1946
- Die Atomenergie und ihre Ausnutzung, Bern 1947
- Was ist Wahrheit in den Naturwissenschaften?, Wiesbaden 1947
- Das Weltbild der heutigen Naturwissenschaften und seine Beziehungen zu Philosophie und Religion, Iserlohn 1947
Aufsätze
- Was will der Keplerbund?, in: Kirchliche Rundschau für die evangelischen Gemeinden Rheinlands und Westfalen 25 (1910), S. 126-129
- Naturwissenschaft und Weltanschauung, in: Unsere Welt 12 (1920), Sp. 41-50
- Die moderne Rassenhygiene und ihre Beziehungen zum sittlich-religiösen Standpunkte, in: Unsere Welt 19, Heft 4 (1927), S. 97-128
- Rassenhygiene und protestantische Ethik, in: Süddeutsche Monatshefte 25 (1928), S. 433-435
- Kultur und Ethik. Albert Schweitzers Kulturphilosophie, in: Unsere Welt 21 (1929), S. 1-7 u. 36-47
- Zu Albert Schweitzers Ethik. Ein Brief und eine Antwort, in: Unsere Welt 21 (1929), S. 194-198
- Das Problem der sittlichen Erziehbarkeit im Lichte der Biologie, in: Zeitschrift für den evangelischen Religionsunterricht 41 (1930), S. 350-362
- Eugenik und Protestantismus, in: Günther Just (Hg.), - Eugenik und Weltanschauung, Berlin 1932, S. 85-139
- Die eugenische Aufgabe des Lehrers, in: Pädagogische Warte 40 (1933), S. 577-581
- Das Verhältnis von Christentum und Wissenschaft in der deutschen Gegenwart, in: Nachrichten der Luther-Akademie in Sondershausen 9 (1935), S. 22-24
- Über Sterilisierung, Schwangerschaftsverhütung und -unterbrechung vom biologischen Gesichtspunkte gesehen, in: Christliche Volkswacht 1935, S. 20-.22
- Die Bedeutung der neuen Physik für das Grundproblem der Biologie, in: Scientia 57 (1935), S. 28-36
- Theoretische Biologie, in: Blätter für deutsche Philosophie 17, Heft 3/4 (1944), S. 399-404
posthum
- Weltschöpfung in Mythos und Religion, Philosophie und Naturwissenschaft
- Das Christentum im Rahmen der Gegenwartskultur, 2 Bde., 1957
Bestandsgeschichte
Verwaltet wurde der Nachlass von einer Tochter Bernhard Bavinks, Margret Gromann. Nach ihrem Tod haben die Enkel von Bernhard Bavink dem Stadtarchiv Bielefeld die Unterlagen angeboten, die nicht in der Familie bleiben sollten. Eine genauere Sichtung war zum Zeitpunkt der Übernahme nicht möglich (lt. Information von Bernd J. Wagner). Die Ordnung der Archivalien wurde so übernommen, wie sie bei der Abgabe ans Stadtarchiv Bielefeld vorgefunden wurde. Die Abgabe erfolgte 2001 bis 2003 nach dem Tod von Margret Gromann.
Der Nachlass Bernhard Bavink besteht nicht nur aus Dokumenten des Bernhard Bavink. Es handelt sich vielmehr um eine Art "Familiennachlass" einer ostfriesisch-niederländischen bürgerlichen Familie des 19. und 20. Jahrhunderts. Es finden sich darin sowohl persönliche Dokumente der verschiedenen Familienmitglieder wie auch genealogische Recherchen zu den Familienzweigen bis in die Niederlande, Korrespondenz aus der Studentenzeit Bernhard Bavinks neben zahlreichen Rezensionen und Verlagskorrespondenz zum Erscheinen seiner wissenschaftlichen (Lehr-)Bücher, außerdem auch unzählige Fotos. Von diesen sind allerdings nur wenige beschriftet, so dass die Aussagekraft eingeschränkt ist.
Zur Übernahme von ursprünglich 17 Umzugskartons gehörten auch wissenschaftliche Veröffentlichungen Bernhard Bavinks in verschiedenen Auflagen im Umfang von vier Archivkartons. Diese Bücher sind in die Landesgeschichtliche Bibliothek gegeben worden.
Die Verzeichnung geschah durch mehrere Praktikantinnen und Praktikanten, zuletzt Philippe Wagner im Februar/März 2011. Die abschliessende Verzeichnung und Überarbeitung des Gesamtbestandes erfolgte ab Juni 2018 durch die Archivarin Hildegard Kuhlemann. Die vorhandenen Signaturen A 1 ff., B 1 ff., C 1 ff. sind in Numerus Currens, also laufende Nummern 1 bis 213 verändert worden; die ursprüngliche (alte) Signatur ist wiederzufinden.
Die auf den Dokumenten notierten Registerbezeichnungen scheinen sich auf eine unvollständige, nicht nachvollziehbare Systematik von Bavink selbst zu beziehen (teilweise mit Stempel "Bavink-Archiv").
Die Ordnung der Fotos basiert auf den abgegebenen Umschlägen mit vorsortierten Fotos; die Beschriftungen der Umschläge wurden übernommen; Doppel wurden entfernt, soweit sie zugeordnet werden konnten. Der Zeitraum der Abbildungen erstreckt sich hauptsächlich von 1880 bis in die 1980er-Jahre. Ältere Vorfahren sind von Fotos oder Gemälden abfotografiert worden.
Es handelt sich um einen echten Nachlass. Nur eine Archivalie stamnmt originär nicht aus dem Nachlass: Bestand 200,5/Nachlass Bernhard Bavink, Nr. 95 (alte Signatur: B 22).
Entnommen:
- Urkunde des Kriegshilfsverein, Dank an Frau Hertha Bavink für treue Mitarbeit in der Kriegsfürsorge in den Jahren 1914-1919, Weihnachten 1919, jetzt: Bestand 400,9/Plakate, Nr. 7230.
- zwei silberne Treudienst-Ehrenzeichen, 2. Stufe, für 25 Jahre "treue Dienste" im Öffentlichen Dienst, jeweils am blauen Band in rotem Kästchen mit Aufdruck "25"; verliehen 1939 an Bernhard Bavink für 25 und 40 Jahre Zugehörigkeit im Öffentlichen Dienst; jetzt: 400,13/Anstecknadeln, Medaillen, Plaketten und Orden, Nr. 459
- ein gerahmtes Ölgemälde und eine überformatige Kohlezeichnung von Bernhard Bavink, angefertigt vermutlich von Margret Gromann; Bestand 400,11/Graphische Sammlung, Nr. 595 und 596
- ein DIN A 4-Foto wurde in Bestand 400,3/Fotosammlung übernommen: Altstädter Kirche mit Altstädter Kirchstrasse, Mauer entlang der Straße ist darauf noch vorhanden.
- vier Broschüren, die schon in den Beständen der Landesgeschichtlichen Bibliothek vorhanden sind: Bielefeld, Gedenkschrift 700 Jahre, 1921; Niedersachsen, Bielefeld, Jubiläumsnummer 16./17. 7. 1921; Die alten Lehrer leben im Spiegel der Erinnerung ihrer ehemaligen Schüler, Westfalen-Blatt zum 400jährigen Bestehen des Gymnasiums und Realgymnasiums in Bielefeld am Nebelswall (2 Exemplare), 1958; Zum 100. Geburtstag von Dr. August Oetker, 1962.
Weitere Dokumente zu Bernhard Bavink sind im Stadtarchiv Bielefeld und der Landesgeschichtlichen Bibliothek zu finden: Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 61-2-45 (Porträt) und Veröffentlichungen u. a. unter Ph 5, N 270, W 75 oder L Bav.
Hinweise zur Benutzung
- Archivalienbestellungen: 200,5/Nachlass Bavink, Nr.
- Zitation: Stadtarchiv Bielefeld oder StArchBI, Best. 200,5/Nachlass Dr. Bernhard Bavink, Nr.
Literatur (Auswahl)
- Gromann, Margret, Bernhard Bavink, Lehrer, Wissenschaftler, Philosoph, Bielefeld 1995
- Hentschel, Klaus, Bernhard Bavink (1879-1947). Der Weg eines Naturphilosophen vom deutschnationalen Sympathisanten der NS-Bewegung bis zum unbequemen Non-Konformisten, in: Sudhoffs Archiv 77, Heft 1 (1993), S. 1-32
- Schwartz, Michael, Bernhard Bavink; Völkische Weltanschauung - Rassenhygiene - "Vernichtung lebensunwerten Lebens" (Bielefelder Beiträge zur Stadt- und Regionalgeschichte, Band 13), Bielefeld 1993
- Stadt Leer (Hg.), Bernhard Bavink zum Gedächtnis. Seine Heimat, sein Leben und sein Werk. Festschrift anlässlich der Bavink-Gedächtnisfeier in Leer/Ostfriesland, 1952
- Wenzl, Aloys, Bernhard Bavink, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 1, Berlin 1953, S. 676
Bielefeld im Februar 2020
Hildegard Kuhlemann, Archivarin