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Getreidekommission (Bestand)
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Ober- und Mittelbehörden 1806-um 1945 >> Geschäftsbereich Ministerium des Innern >> Kommissionen
1846-1851
Überlieferungsgeschichte
Hauptaufgabe der nach dem Vorbild der Getreidekommission von 1817/19 (s. E 241) ins Leben gerufenen Getreidekommission von 1846/51 war die Senkung des durch Spekulanten in die Höhe getriebenen Getreidepreises und die Verhinderung von Hungerunruhen. Die Kommission beobachtete die deutschen und ausländischen Märkte, ließ durch vertrauenswürdige Agenten Getreide ordern und verfrachten und verkaufte es billig an Amtskorporationen und Kommunen. Die Rechnungsführung oblag der Staatshauptkasse.
Inhalt und Bewertung
Der Bestand enthält die 1854 vom Ministerium des Innern an das Archiv des Innern übergebenen Akten der Getreidekommission mit Diarium und Protokoll und die Rechnung der Getreidevorratskasse.
1. Behördengeschichte: Die Mißernte des Jahres 1845 und die ab 1846 wiederholt auftretende Kartoffelseuche führten in den Jahren 1846 bis 1854/55 insbesondere bei den unteren Schichten Württembergs zu einer Hungersnot. Nicht zuletzt wegen befürchteter innenpolitischer Auswirkungen - im Frühjahr 1847 kam es zu Brotkrawallen - handelte die Regierung umgehend: Nach dem Vorbild der "Kommission in Getreideangelegenheiten" von 1817/1819 (s. Bestand E 241) wurde durch königliche Entschließung vom 14. September 1846 erneut eine "Kommission in Getreideangelegenheiten" ins Leben gerufen, die bei den Departements des Innern und der Finanzen ressortierte. Die Federführung hatte das Departement des Innern. Hauptaufgabe der jüngeren Getreidekommission war wiederum die "Vermehrung des auf den Markt kommenden Getreides durch Einkauf im Ausland" und damit die Senkung des Getreidepreises und die Eindämmung des Wuchers. Ferner hatte die Kommission die beiden Ministerien zu beraten und zu unterstützen. 1847 wurde mit ähnlicher Stoßrichtung die "Kommission" zum Zweck des Ankaufs und der Verteilung von Saatkartoffeln" eingesetzt (s. Bestand E 184a). Die Einsetzung beider Komissionen wurde im Regierungsblatt nicht bekanntgegeben; "vermutlich sollte damit ein Anreiz zur Spekulation vermieden werden" (W. SCHMIERER im Vorwort zu E 184a). Es wurde lediglich ein "halboffizieller" Zeitungsartikel veröffentlicht, wonach die Regierung wegen des Ankaufs bedeutender Mengen von Getreide im Ausland bereits geeignete Schritte unternommen habe (Protokoll der Sitzung vom 18.09.1846). Am 18. September 1846 trat die Getreidekommission in Anwesenheit der Minister des Innern und der Finanzen, Johannes von Schlayer und Karl von Gärttner, zum ersten Mal zusammen. Aus dem Departement des Innern gehörten ihr an Oberregierungsdirektor von Köstlin, zugleich Mitglied der Zentralleitung des Wohltätigkeitsvereins und der Armenkommission, der den Vorstand übernahm, und Regierungsrat Seeger, von Seiten des bzw. aus dem Finanzdepartement Hofdomänenkammerdirektor von Ergenzinger, zugleich Direktor der Zentralstelle des Landwirtschaftlichen Vereins, und Oberfinanzrat Sigel - beide wurden 1847 zugleich Vorstand bzw. Mitglied der Saatkartoffel-Kommission - , und von Seiten des Gewerbestandes die Stuttgarter Kaufleute Kommerzienrat Friedrich von Jobst, Heinrich Müller und Heinrich Keller. Die Kommission trat anfangs mehrmals wöchentlich zusammen, 1847 mindestens einmal wöchentlich, 1848 etwa alle zwei Wochen. 1849 und 1850 fanden nur noch wenige Sitzungen statt. Die Getreideeinkäufe waren, geht man von der Laufzeit der einschlägigen Rechnung aus, im Juni 1850 abgewickelt. Im Januar 1851 wurden einzig noch Rechtsstreitigkeiten mit dem Kaufmann Jameson behandelt; damit war die Arbeit der Kommission beendigt. Ein formeller Auflösungsbeschluß war bisher nicht zu ermitteln. Um der Not zu steuern, erwirkte die Kommission Ausfuhrbeschränkungen von Getreide und Kartoffeln und griff auf die Vorräte der Kameralämter zurück. Vor allem aber ließ sie im Ausland Getreide, Mehl, Reis und Mais in großen Mengen aufkaufen. Sie nahm dabei die Anforderungen einzelner Oberämter, Städte und Gemeinden entgegen, bündelte sie und erteilte dann - nach Genehmigung seitens der Ministerien - die Aufträge an vertrauenswürdige Agenten, die auch den Transport einleiteten. Dabei waren einzelne Agenten für bestimmte Bereiche zuständig, so zum Beispiel das Kommissionsmitglied Heinrich Keller für Ungarn, der Heilbronner Kaufmann Wilhelm Seybold, Königlich belgischer Konsul, für die Niederlande und für den Mehleinkauf; Seybold tätigte allerdings nur die Ankaufsverhandlungen, den Transport überwachte Keller. Die Agenten waren an die "Vorschriften für den Einkauf von Brotgetreide auf Rechnung der Königlichen Regierung und einzelner Gemeinden" vom 21. März 1846 gebunden, die ihnen "zum Besten des Landes" jegliches Handeln zum eigenen Vorteil untersagten. Neben Reisekostenersatz stand ihnen lediglich eine Pauschale oder eine Provision zu. D ie Agenten orderten - teilweise bei Zwischenhändlern - umgehend und weit gestreut: Lieferländer waren Ägypten, Amerika, England, Italien, die Niederlande, Österreich, Rußland, Spanien und Ungarn. Bereits am 9. September 1846 erteilte die Getreidekommission den Auftrag, in Ungarn 12 000 Zentner Weizen und 4 000 Zentner Mais, in den Niederlanden 12 000 Zentner Weizen und 5 000 Zentner Roggen zu ordern. Im Februar 1847 wurde der Ankauf von insgesamt 100 000 Zentnern Getreide beschlossen. Der Transport des Getreides erfolgte zum Teil zuerst an Zwischenlager - zum Beispiel Mannheim - und von dort an die Kameralämter oder direkt an die einzelnen Kommunen. Diese erwarben das Getreide zu ermäßigtem Preis. Der Umfang der Lieferungen an die einzelnen Gemeinden läßt sich sowohl anhand zahlreicher Abrechnungen als auch aus den Speditionsunterlagen ermitteln. Die Rechnungsführung der Getreidevorratskasse übernahm die Staatshauptkasse. Am Ende beliefen sich die Zuschüsse des Staates auf über 2 Millionen Gulden. Voraussetzung für einen möglichst preisgünstigen Einkauf war eine genaue Beobachtung der Frachtkosten sowie des europäischen und des überseeischen Getreidemarktes; hierfür bediente sich die Kommission einerseits der Geschäftsverbindungen ihrer Mitglieder aus dem Gewerbestand, andererseits der Dienste des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten und seiner Agenten.
2. Bestandsgeschichte, Ordnung und Verzeichnung: Am 7. Juli 1854 übergab die Registratur des Ministeriums des Innern an das Archiv des Innern unter anderem 26 Faszikel und einen Rechnungsband samt Beilagen der Getreidekommission von 1846 - 1851. Das von Aktuar Beuerlein erstellte Übergabeverzeichnis diente fortan als Findbuch des Archivs des Innern ("Registraturbuch Band 69 Heft 1"). 1866 wurde das Archiv des Innern in das Schloß Ludwigsburg verlagert, zum 1. April 1921 mit dem Staatsfilialarchiv Ludwigsburg vereinigt. Karl Otto MÜLLERs Gesamtübersicht über die Bestände des staatlichen Archive Württembergs von 1937 erwähnt allerdings - wie noch DEHLINGER 1951 - nur die ältere Getreidekommissson von 1817/19; die Akten der jüngeren von 1846/51 wurden wohl erst nach 1945 aus den Beständen des Innenministeriums herausgelöst. Die von Wolfgang SCHMIERER und Alois SEILER erstellte Gesamtübersicht der Bestände des Staatsarchivs Ludwigsburg (Kurzfassung) von 1974 nennt sie erstmals, allerdings unter der Bestandssignatur E 190. Seit 1977 trägt der Bestand die heutige Bestandssignatur E 184d, unter der er erstmals in der Übersicht über die E-Bestände des Staatsarchivs Ludwigsburg erscheint (s. dort Index S. 114). Im Juli 1999 wurde der Bestand E 184d durch Frau Dr. Helga Hager im Rahmen eines Archivpraktikums neu verzeichnet. Die Titelaufnahmen lehnen sich an die Übergabeliste des Aktuars Beuerlein an, bringen aber durch Enthält - und Darin-Vermerke zusätzliche Hinweise. Statt der bisherigen unsystematischen Reihenfolge wurden die Archivalien in vier Gruppen zusamengefaßt: 1. Allgemeines (mit Diarium und Protokollen. 2. Ankauf von Getreide, 3. Bestellungen von Getreide durch Gemeinden und Oberämter, Verteilung, Kosten sowie 4. Rechnungswesen (mit Rechnung der Getreidevorratskase). Im Gegensatz zu Teil 1 und 3 wurde Teil 2 nicht chronologisch, sondern alphabetisch nach Agenten und Spediteuren geordnet. Die Akten wurden weitgehend im bisherigen Zustand belassen. Kassationen wurden nicht vorgenommen. Da alle Büschel zur Provenienz Getreidekommission gehören, ist bei den Titelaufnahmen die Provenienz nicht eigens vermerkt. In Bü 12 befinden sich die oben erwähnten "Vorschriften für den Einkauf von Brotgetreide auf Rechnung der Königlichen Regierung und einzelner Gemeinden" vom 21. März 1846. Einen besonderen Schwerpunkt des Bestands bilden jene Quellen, die aus der Beobachtung der internationalen Getreidemärkte erwachsen sind. - Die Überlieferung des Bestands E 184d wird ergänzt durch die ebenfalls im Staatsarchiv Ludwigsburg verwahrten Bestände E 241, Getreidekommission 1817/19, und E 184a, Kommission für den Ankauf und die Verteilung von Saatkartoffeln 1847. Der Bestand E 184d, Getreidekommission, 1846 - 1851, umfaßt nunmehr 29 Bü in 1,4 lfd. Regalmetern. Ludwigsburg, Juli 1999 Dr. Hofmann
Literatur: Alfred DEHLINGER, Württembergs Staatswesen in seiner geschichtlichen Entwicklung bis heute. Bd. 1 Stuttgart 1951 § 357 S. 787 [nur Kommission von 1817/19]. Paul GEHRING, Das Wirtschaftsleben unter König Wilhelm I. (1816 - 1864). In: ZWLG 9 1849/50, S. 196-257. Der Murrthal-Bote, zugleich Amts- und Intelligenzblatt für den Oberamtsbezirk Backnang und Umgegend für 1846, passim [nationale und internationale Getreidemärkte und Ernteaussichten]. Paul SAUER, Reformer auf dem Königsthron: Wilhelm I. von Württemberg. Stuttgart 1997, bes. S. 323-324. Württ. Hof- und Staatshandbuch 1847. Württ. Staats- und Regierungsblatt 1846 S. 389-397, S. 401-402, S. 411-412, S. 463-464 und S. 497.
Die Bundeszentralkartei (BZK) ist das zentrale Register des Bundes und der Länder zu den durchgeführten Entschädigungsverfahren. Bei der Aufnahme eines Verfahrens in die BZK wurde zur eindeutigen Identifizierung eine Nummer vergeben. Diese BZK-Nummer bezieht sich nicht auf eine Person, sondern auf ein Entschädigungsverfahren: Hat eine Person mehrere Ansprüche geltend gemacht (z.B. für sich selbst und für Angehörige), liegt im Normalfall für jedes Verfahren eine eigene BZK-Nummer vor. Häufig wurde als BZK-Nr. schlicht das Aktenzeichen der jeweiligen Entschädigungsbehörde übernommen.
Diese Nummer ist für eine Anfrage im entsprechenden Archiv wichtig.
Delikt nach NS-Justiz
Handlungen, die im Nationalsozialismus überhaupt erst kriminalisiert wurden (z.B. Heimtückegesetz, "Judenbegünstigung") oder die die NS-Justiz in verschärftem Maß verfolgte (z.B. Hochverrat).
Verfolgungsgrund
Die hier angegebenen Gründe orientieren sich am Wortlaut der in den Quellen genannten Verfolgungsgründe.
Rolle im Verfahren
„Verfolgte Person“ meint eine Person, die einen Entschädigungsanspruch für einen Schaden durch NS-Verfolgung geltend machte. Wenn der Antrag nicht von der verfolgten Person selbst, sondern von einer anderen Person gestellt wurde, so wird diese als „antragstellend“ angegeben und ihre Beziehung zur verfolgten Person, soweit vorhanden, vermerkt. In den Quellen wird die verfolgte Person mitunter als „Geschädigter“, die antragstellende Person als „Anspruchsberechtigter“ bezeichnet.
Suche im Archivportal-D
Weitere Archivalien zu dieser Person über die Wiedergutmachung hinaus können Sie eventuell im Archivportal-D finden.
Nähere Angaben zum Verfolgungsgrund
Ergänzende oder spezifischere Angaben zu Mitgliedschaft, Gruppenzugehörigkeit bzw. Gruppenzuschreibung, die Anlass für die Verfolgung war.