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Provenienzbestand: Organisation, Verfassung, Mitglieder, Verwaltung 1653-1807 (667); Verhältnis zu Kaiser und Reich 1652-1806 (868); Religionssachen 1724-1806 (64); Militärwesen 1688-1806 (120). - Pertinenzbestand: Organisation, Verfassung, Mitglieder, Verwaltung 1600-1808 (95); Verhältnis zu Kaiser und Reich 1473-1806 (302); Religionssachen 1630-1786 (10); Kriegswesen 1697-1796 (10).
Bestandsgeschichte: Korporativer Zusammenschluss der rheinisch-westfälischen Grafen zur Wahrung ihrer Interessen auf den Reichstagen und insbesondere im Reichsfürstenrat, begründet 1653 durch kaiserliches Dekret; nach Auflösung des alten Reichs Verbleib des Archivs am Sitz des letzten Direktors in Detmold; 1904 Vereinigung des Provenienzbestandes Niederrheinisch-Westfälisches Grafenkollegium durch Kiewning mit den von Knoch 1776 zusammengefaßten Pertinenzen "Reich" und "Grafenkollegium" der lippischen Regierung.
Form und Inhalt: Geleitwort:
Wer sich in der archivischen Landschaft auskennt, der weiß, daß im Staatsarchiv Detmold die schriftliche Überlieferung des ehemaligen Fürstentums bzw. Landes Lippe von seinen Anfängen bis zum Jahre 1947 neben der des ehemaligen Regierungsbezirks Minden und des heutigen Regierungsbezirks Detmold aufbewahrt wird. Weniger bekannt dürften dagegen Bestände sein, die man nicht ohne weiteres in Detmold erwarten kann und die auf Grund besonderer organisatorischer Verwaltungsmaßnahmen nach Detmold gelangten. Hierzu zählt das Archiv des niederrheinisch-westfälischen Grafenkollegiums, das seine Aufbewahrung in Detmold lediglich der Tatsache verdankt, daß dem Fürsten Leopold I. zur Lippe im Jahre 1791 das Direktorium des Grafenkollegiums übertragen wurde. Mit dem Zusammenbruch des alten Reiches war das Archiv verwaist, es blieb in Detmold und wurde dem damaligen Lippischen Landesarchiv angegliedert.
Wenn das Staatsarchiv Detmold nunmehr seine Veröffentlichungsreihe "Das Staatsarchiv Detmold und seine Bestände" innerhalb der Veröffentlichungen der Staatlichen Archive des Landes Nordrhein-Westfalen mit dem Inventar über das Archiv des Grafenkollegiums eröffnet, dann ist diese Entscheidung vor allem deswegen getroffen worden, weil dem Archiv überregionale Bedeutung zukommt. Denn es enthält, wie das Inhaltsverzeichnis und vor allem die Register zeigen, Quellengut, das sich insbesondere auf das westliche und nordwestliche Reichsgebiet (mit angrenzenden Räumen), aber auch auf zahlreiche Reichsstände des alten Reiches erstreckt. Die Publikation soll dazu beitragen, dieses weitgestreute Quellenmaterial der Forschung bekanntzumachen.
Dem Bearbeiter, Staatsarchivdirektor Dr. Sagebiel, danke ich für die mühevolle Bearbeitung des Manuskripts.
Detmold, den 17. März 1975
gez. Engelbert
Vorwort:
Unter den verschiedenen Körperschaften und Vereinigungen des alten Reiches gelang es neben den Reichsprälaten nur den mit Reichsstandschaft versehenen Grafen und Herren des Reiches, auf den Reichstagen und insbesondere im Reichsfürstenrat durch korporativen Zusammenschluß einige Kuriatstimmen zur Vertretung ihrer Interessen auszubilden und zu bewahren. Nur diese Interessenvertretung auf dem Reichstag hielt die auseinanderstrebenden Vereinigungen beieinander, alle anderen vorgegebenen Begründungen einer Zweckrichtung, z. B. Wahrung des fürstenmäßigen Standes, waren illusorisch. Ziel aller Mitstände der Grafenkollegien blieb es, völlig den Reichsfürsten gleichgestellt zu werden und eine Virilstimme zu erlangen. Bis sie dieses durch Fürstenstandserhebung und Anerkennung als Mitglied des Reichsfürstenrats erreichen konnten, bedeutete die Beteiligung an den Kuriatstimmen die einzige Möglichkeit, an dem politischen Geschick des Reiches und am fürstenmäßigen Ansehen Anteil zu haben.
Die Zielsetzung der Grafenkollegien im Hinblick auf die gemeinsame Vertretung bei Kaiser und Reich sowie die mehr oder weniger sich herausbildende innere Konsolidierung der freiwilligen Zusammenschlüsse bedingen die Aufgabenstellung der eigenen Verwaltungen der Grafenkollegien.
Regionale Zusammenschlüsse von Reichsgrafen hatte es seit dem Mittelalter immer wieder gegeben. Aufbauend auf solchen gelegentlichen Vereinigungen, die regionaler und momentaner Interessenvertretung gegolten hatten, kam es auf Reichsebene im 16. Jahrhundert zu den lockeren Bünden der Reichsgrafen und Herren in Schwaben und Franken sowie in der Wetterau, welchen sich eine Anzahl rheinisch-westfälischer Grafen anschloß. Hatten sich die schwäbischen und fränkischen Grafen auf Grund geographischer und religiöser Gegensätze frühzeitig voneinander getrennt und sich beide als selbständige Kollegien mit jeweils einer Kuriatstimme auf den Reichstagen Anerkennung verschafft, blieb der lockere Zusammenhalt zwischen den wetterauischen und rheinisch-westfälischen Grafen trotz sich immer wieder abzeichnender Gegensätze bis über den Dreißigjährigen Krieg hinaus bestehen. Im sich fester ausgestaltenden wetterauischen Grafenkollegium fühlten sich die rheinisch-westfälischen Reichsgrafen benachteiligt, und so kam es während des Reichstags von 1653 auf Grund von Organisationsfragen und wegen der unterschiedlichen Einflußnahme auf die wetterauische Kuriatstimme zur Spaltung der lockeren Vereinigung und zur Konstituierung eines eigenen Grafenkollegiums für die Grafen und Herren aus dem Bereich des westfälischen und niedersächsischen Reichskreises. Das kaiserliche Dekret vom 13. 8. 1653 fixiert den Beginn eines eigenen niedersächsisch-westfälisch, auch niederrheinisch-westfälisch oder einfach westfälisch genannten Grafenkollegiums. Unter Führung der Grafen von Rietberg und Gronsfeld erreichten es die 30 zusammengeschlossenen Grafen und Herren, daß ihre Kuriatstimme auf dem Reichstag anerkannt wurde. über das zufällige Direktorium der Grafen von Rietberg und Gronsfeld hinaus kam es aber zu keinem weiteren organisatorischen Ausbau des Kollegiums, ja, der Zusammenhalt der Grafen war bereits 1663, bei Beginn des ständigen Reichstags, derart geschwunden, daß die westfälische Kuriatstimme durch die ohnehin auf dem Reichstag vertretenen evangelischen fürstlichen Mitstände alternierend wahrgenommen wurde, wogegen die gräflichen Herren nur gelegentlich und ohne viel Erfolg protestierten.
Eine Wiederbelebung erfuhr das westfälische Grafenkollegium erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts, wohl auch auf Grund von Interessen katholischer Reichsstände an dieser seit 1663 immer von evangelischen Reichsständen vertretenen Kuriatstimme. An der Spitze der sich aktivierenden Einigung standen bald die Grafen von Manderscheid-Blankenheim und zur Lippe. Nachdem es den rheinisch-westfälischen Grafen grundsätzlich gelungen war, ihrer Beteiligung an der Kuriatstimme Anerkennung zu verschaffen, ging es darum, den organisatorischen Aufbau des Kollegiums zu beginnen, um den Rechtstitel ganz wiederzugewinnen und wirksam vertreten zu können. Am Rande des niederrheinisch-westfälischen Kreistages zu Köln im Jahre 1697 konkretisierten sich die Pläne, die auf einem 1698 einberufenen Grafentag zu Köln festere Gestalt annahmen. Es wurde ein doppeltes Direktorium bestellt, womit die konfessionellen Unterschiede im Kollegium Berücksichtigung fanden. Ein gemeinsamer Syndikus, zumeist mit dem Sitz in Köln, besorgte die laufenden Geschäfte des Kollegiums, während jeweils ein Reichstagsgesandter - seit 1702 aber doch nur ein gemeinsamer Gesandter - die Interessen des westfälischen Grafenstandes auf dem Reichstag wahrnahm. Wichtige Beschlüsse sollten auf regelmäßigen Grafentagen getroffen werden. Zur Unterhaltung von Syndikus und Reichstagsgesandten verpflichteten sich die Mitstände zu Beitragszahlungen, die den Reichsmatrikularanschlägen entsprachen und jeweils bewilligt werden mußten.
Die Aktivierung des Grafenkollegiums machte langsam Fortschritte, wurde aber zunehmend von Seiten der fürstlichen Mitstände des Kollegiums und durch konfessionelle Streitigkeiten erschwert. Mangelndes Interesse vieler Mitstände an einer straffen Organisation, die eine vermehrte finanzielle Belastung erforderte, allmähliches Übergewicht der katholischen Mitstände durch Ausscheiden protestantischer und Neuaufnahme vorwiegend katholischer Mitglieder sowie Streitigkeiten über das Stimmrecht der Häuser Sayn und Wied führten 1744 zur Spaltung des westfälischen Grafenkollegiums. Als in diesem Jahr auch der katholische Direktor, der Graf von Virmond, starb, kam es nicht mehr zur Neuwahl eines katholischen Kondirektors, so daß das Kollegium seinen Satzungen entsprechend suspendiert gewesen wäre.
Der 1738 gewählte Graf von Wied-Neuwied war aber immer noch als evangelischer Direktor im Amt. Seiner Tatkraft war es zu verdanken, daß die Reichstagsgesandtschaft aufrechterhalten werden konnte. Durch Zusammenschluß zunächst der gräflichen Häuser Sayn-Hachenburg, Wied-Runkel und Wied-Neuwied, dann aber der Mehrzahl der altgräflich evangelischen Häuser des Grafenkollegiums zur sogenannten Engeren Korrespondenz wurde praktisch ein neues Kollegium protestantischen Charakters errichtet, das die bisherige Kuriatstimme weiterführte und z. T. unter finanziellen Opfern unterhielt. Die Kollegialverwaltung in der Engeren Korrespondenz wurde nicht mehr wie bisher einem Syndikus übertragen, sondern Beamte der Regierung zu Neuwied führten die Kollegialgeschäfte, zunächst nebenamtlich, je mehr sich die Kollegialarbeit aber häufte, auch hauptamtlich, Der Ausbau dieser Engeren Korrespondenz zum evangelischen Teil des Grafenkollegiums gelang dem Grafen von Wied-Neuwied u. a. auch durch das große Desinteresse der katholischen Mitstände. die erst wieder rege wurden, als in der Reichspolitik (Reichskammergerichtsvisitation) und am Reichstag durch den Tod des westfälischen Gesandten von Pistorius eine Vertretung auch der katholischen rheinisch-westfälischen Grafen erwünscht war und sich in der Person des Grafen von Metternich-Winneburg ein Verfechter der Anrechte des katholischen Kollegialteils fand. Der Streit um den Religions- bzw. Konfessionscharakter des westfälischen Grafenkollegiums, der zeitweise die Aktivität des Reichstags lähmte, wurde nach langwierigen Vergleichsverhandlungen durch die praktische Teilung des Grafenkollegiums im Jahre 1784 entschieden. Jeder Konfessionsteil konnte hinfort seinen eigenen Direktor, seine eigene Direktorialkanzlei und seine eigene Reichstagsgesandtschaft wählen. Da sich die Alternation der gemeinsamen Kuriatstimme als Anlaß zu dauernden Streitigkeiten erwies, verfiel man auf die Teilung auch der Kuriatstimme, jeweils das halbe Stimmrecht für einen Kollegialteil.
1791 sollte, wie es bei der Wahl des letzten evangelischen Direktors 1738 verabredet war, das Direktorium an das Haus Lippe fallen. Nicht nur wegen der Krankheit Fürst Leopolds I. zur Lippe, sondern vor allem auch wegen der Forderungen, die das Haus Wied-Neuwied an das Kollegium zu stellen hatte - beachtliche Vorschüsse waren zur Unterhaltung der Reichstagsgesandtschaft und für die Direktorialkanzlei aufgewandt worden -, gestaltete sich der Übergang nach Detmold etwas schleppend. So wurde das Archiv erst dann nach Detmold übersandt, als die Lipper sich zu einer wenigstens bescheidenen Abtragung der Wiedschen Forderungen bereit erklärten.
Nach dem Tode Fürst Leopolds I. zur Lippe im Jahre 1802 kam es nicht mehr zu einer neuen Direktorialwahl, da die noch verbliebenen Mitstände des evangelischen Kollegialteils eine Übernahme des Direktoriums ablehnten. Die Verwaltung blieb derweil in Detmold und wurde dort vom Ende der alten Reichsverfassung überrollt.
Die Aktenüberlieferung des niederrheinisch-westfälischen Grafenkollegiums ist durch Zielsetzung und eigene Verwaltungstätigkeit gekennzeichnet. So bilden die Korrespondenzen mit den Reichstagsgesandten und Delegationsgesandten einen wesentlichen Anteil des ganzen Bestandes. Reichstagsberichte und Deputationsberichte von der Reichskammergerichtsvisitation kennzeichnen diesen Aufgabenbereich. Hinzu kommt, daß die Gesandten in allen wichtigen politischen Fragen um ihre Stellungnahme gebeten wurden. Ein weiterer bedeutender Schwerpunkt liegt auf den Aktengruppen, die durch die innere Verwaltung des Grafenkollegiums entstanden sind. Neben den Grafentags- und sonstigen Konferenzprotokollen umfaßt diese Gruppe alle organisatorischen Fragen im Kollegium. In diesem Zusammenhang ist auch das umfangreiche Aktenmaterial zur Frage des Beitragswesens zu sehen. Die auf freiwilliger Basis bestehende Korporation hatte während der ganzen Zeit ihrer Existenz schwer um die Eintreibung der Mitgliedsbeiträge zu ringen, da jeder Kostenbeitrag, der über die ohnehin schon recht hohen Auslagen für die Direktorialkanzlei und die Reichsgesandtschaft hinausging, auf z. T. begründeten Widerstand der Mitstände stieß.
Erste erkennbare Ansätze für ein eigenes Archiv des Grafenkollegiums lassen sich erst nach der Übernahme des Direktoriums durch den Grafen von Wied-Neuwied feststellen. Die Spaltung des Kollegiums 1744 und die Gründung der Engeren Korrespondenz beschleunigten den Prozeß einer Sammlung aller früheren Unterlagen über die Rechte und Pflichten des Kollegiums und seiner Mitstände. Akten, Protokolle und sonstiges Schriftgut befanden sich bis zu dieser Zeit in den Registraturen der früheren Direktoren, in deren Archiven sich häufig noch Reste von Kollegialakten erhalten haben. Weiterhin besaßen die Erben der früheren Syndizi noch Akten, die es für ein Kollegialarchiv zu erwerben galt. Dies war aber nur möglich, wenn den Erben die rückständigen Gehälter und sonstigen Forderungen wenigstens teilweise erstattet wurden.
Die Verhandlungen mit den Erben der Syndizi zogen sich bis in die 70er Jahre des 18. Jahrhunderts hin. Eine weitere Möglichkeit, die alten Unterlagen zu ergänzen, war die Sammlung von Abschriften sowohl der Reichstagsakten und -berichte als auch der Grafentagsprotokolle aus den Archiven und Registraturen der befreundeten Mitstände.
Darüber hinaus sah sich die Kollegialverwaltung in Neuwied vor die Aufgabe gestellt, eine gangbare Registraturverwaltung aufzubauen, die eigentlich erst unter Direktorialrat Rotberg zu einer unabhängigen und zeitgemäßen Durchorganisation gelangte. Das allmählich zusammengekommene Sammelgut, das in Neuwied als Registraturgut behandelt wurde, um für die laufenden Geschäfte zur Hand zu sein, wurde bis 1745 chronologisch geordnet, und zwar in drei Sachgruppen: Korrespondenzen, Reichstagssachen und Reichsvikariatssachen. In den folgenden Jahren entstanden immer wieder Schwierigkeiten bei der Erschließung und Nutzbarmachung sowohl des Sammel- und Archivguts als auch des mehr und mehr anwachsenden Aktenguts aus der laufenden Registratur. Um die Jahre 1754/55 ist eine Ordnung vollzogen worden. Vor allem gelang es, die meisten Kollegialsachen aus der Neuwieder Regierungs- und Archivregistratur auszuscheiden. Erschließungsmittel war ein Generalindex der Sachen und Betreffe. Bis 1764 hielt sich diese nicht immer ausreichende Ordnung der Registratur und des Archivs. Es waren die Protokolle, Korrespondenzen und Reichstagssachen weiterhin chronologisch gegliedert, aber auch schon Sachakten gebildet worden, jedoch noch ohne ein größeres Ordnungsschema. Um diesen Mängeln abzuhelfen, wurde 1766 der Regierungsassessor von Bode mit der Aufgabe betraut, ein neues Repertorium der vorhandenen Akten in Archiv und Registratur anzufertigen, wobei aber das Hauptgewicht darauf lag, Extrakte aus den Korrespondenz- und Protokollserien zu erstellen.
Mit dem Amtsantritt des Direktorialrats Rotberg im Jahre 1775 kam es endlich zu einer ordentlichen, zeitgemäßen Ausbildung der Direktorialregistratur und des Kollegialarchivs. Ausgehend von der Registrierung und Designierung der laufenden Akten, wurden dann auch die älteren Akten neu geordnet. Mit Hilfe der Neuwieder Regierungsbeamten Frobenius und von Low gelang es Rotberg bis 1784, die Bestände, Protokollserien und Sachakten zu verzeichnen und sie nach einem alphabetischen Schlagwortsystem zu klassifizieren. Die Gruppeneinteilung der Schlagworte enthält nur geringes logisches Gefälle, sie mag anfänglich den Lagerungsbedingungen entsprochen haben (Reposituren). Die nach 1784 entstandenen Akten wurden von Rotberg in Anlehnung an sein Schema geführt; aber zu einem logischen und voll durchgeführten Ordnungsschema ist es trotz aller Bemühungen bis 1806 nicht mehr gekommen.
Die Schwierigkeiten bei der Abgabe des Archivs, der Bibliothek und der Registratur nach Detmold in den Jahren 1792-1794 erweisen, daß Registratur wie Archiv immer noch nicht registrierte Teile enthielten, und auch die bis 1806 von Rotberg erstellten Verzeichnisse und Indizes sind unvollständig geblieben. Die Rotbergische Archiv- und Registraturordnung ließe sich weitgehend wiederherstellen und auch wohl komplettieren, jedoch würden dann die zeitbedingten Mängel nur schwer zu eliminieren sein.
Nach Auflösung des alten Reiches war das Archiv des westfälischen Grafenkollegiums in Detmold verblieben und an das dortige Landesarchiv abgegeben worden. Fast 100 Jahre blieb der Bestand dort in der unvollständigen Ordnung Rotbergs liegen, ohne daß erkennbare Verluste eintraten. Im Jahre 1902 machte sich der neue lippische Archivrat Kiewning daran, diesen Bestand neu zu verzeichnen oder, wie es das Ergebnis zeigt, neu zu klassifizieren. Kiewning, der seine Arbeit im Jahre 1904 abschloß, beließ nämlich weitgehend die alten Aktentitel, die sie zur Zeit Rotbergs erhalten hatten, auch mit den gelegentlichen Fehlern, die Rotberg unterlaufen waren. Kiewning ordnete hingegen neu den Bestand und gab ihm eine im wesentlichen brauchbare Klassifikation. In seinem neuen Findbuch schloß er dem Bestand Grafenkollegium auch die lippischen Parallelakten an, deren Klassifikation der des Grafenkollegiums angeglichen wurde.
Bei der Neuverzeichnung dieses Bestandes und der Anlage eines erschließenden Inventars ergaben sich folgende Probleme und Aufgaben:
Die Klassifikation Kiewnings mußte beibehalten werden, da eine abermalige Neusignierung des 1969 durchlaufend signierten Bestandes - Kiewning hatte Abteilungs- und Gruppenchiffren als Signaturbestandteil verwandt - untunlich erschien. Klassifikationsfehler, die Kiewning durch die chronologische Reihung innerhalb seiner Gruppen verursacht hatte, konnten durch Verweise korrigiert werden.
Bei der Erschließung des Akteninhalts, die über die in Anlehnung an die alten Aktenbezeichnungen gewählten Aktentitel hinausgeht, wurde eine jahrweise Analyse des Inhalts in geraffter substantivischer Form bevorzugt, da sich eine Erschließung der einzelnen Schriftstücke bei dem Umfang des Bestandes nicht durchführen ließ und auch seinem Wert nicht entsprochen hätte. Ich bin mir gewisser Schwächen dieser Methode - Wiederholungen, sprachliche Zwänge, ungenügende Kenntlichmachung der Parteilichkeit des Schreibenden etc. - wohl bewußt, halte aber diesen Weg der Bedeutung des Bestandes adäquat. Nur bei einigen Protokollbänden wurde auf eine genauere Erschließung verzichtet, da entweder Parallelüberlieferung vorhanden ist oder es sich um Schriftstücke des internen Geschäftsverkehrs handelt. Auch in der Drucktype hervorgehoben wurden die in abgekürzter Form gebrachten Titel der zahlreich einliegenden Druckschriften. Die Mängel der vorgefundenen Klassifikation wie auch die Querverbindungen zwischen verschiedenen Sachbetreffen können etwas durch den Gebrauch der Indizes behoben werden, zumal der Sachindex starke Zusammenfassungen aufweist.
1.) Direktoren des niederrheinisch-westfälischen Grafenkollegiums:
Graf Salentin Ernst v. Manderscheid-Blankenheim (1698-1705)
Graf Friedrich Adolf zur Lippe (1698-1718)
Graf Franz Georg v. Manderscheid-Blankenheim (1705-1731)
Graf Simon Henrich Adolf zur Lippe (1719-1734)
Graf Ferdinand v. Plettenberg-Wittem (1731-1737)
Graf Simon August zur Lippe (1736-1738)
Graf Ambrosius Franz v. Virmond-Bretzenheim (1738-1744)
Graf sp. Fürst Friedrich Alexander v. Wied-Neuwied (1738-1791)
Graf sp. Fürst Franz Georg Karl v. Metternich-Winneburg (1784-1806)
Fürst Leopold I. zur Lippe ((1792) 1795-1802)
2.) Syndizi des niederrheinisch-westfälischen Grafenkollegiums:
Buck, Hieronymus (1697-1713)
v. Broich, Johann Jakob (1713-1729)
v. Ley, Maximilian Heinrich (1731-1740)
v. Meinertzhagen, Abraham (1740-1747)
3.) Unvollständige Liste der Reichstagsgesandten des westfälischen Grafenkollegiums:
Dr. Johann Ludovici (1698)
v. May, Georg Casimir (1699-1702)
Schäffer, Reinhard (1699-1701)
Henning, Heinrich (1702-1712)
Planer v. Plan, Christoph Ignatius (1712-1733)
v. Pistorius, Wilhe1m Friedrich (1743-1778)
v. Fischer, Christian Hiskias Heinrich (1779-1796)
v. Haimb, Johann Ernst (1779-1791)
v. Wolf (1791 ff.)
v. Mollenbec (1796-1806)
4.) Direktorialräte:
Broescke, Friedrich Hermann, Regierungsrat (1738 ff.)
Scheffer, Henrich, Regierungsrat (1747 ff.)
Thalmann, Johann Christian, Kanzleidirektor (1754 ff.)
Schanz, Friedrich Christian, Regierungsrat (1754/1767-1775)
Rotberg, Johann Adolph (1775-1806)
v. Hertwich, Karl Caspar (1784-1806)
5.) Das Archiv der reichsgräflich westfälischen Reichstagsgesandtschaft ist nach 1806 nicht mit dem Kollegialarchiv vereinigt worden. Es wurde 1807 von dem fränkischen Legationskanzlisten Johann Friedrich Christoph Petrasch geordnet und die interessierten ehemaligen Mitstände davon unterrichtet (vgl. StA Koblenz A 30 Nr. 3961: Repertorium über sämtliche in dem reichsgräflich westfälischen Gesandtschaftsarchiv in Regensburg sich befindende Akten). Das Archiv war gegliedert nach den Amtsperioden der letzten drei evangelischen Reichstagsgesandten des Kollegiums, v. Pistorius, v. Fischer und v. Mollenbec, innerhalb dieser Gliederungsgruppen nach Sachgebieten.
6.) z. B. Staatsarchiv Koblenz, A 29 A, Grafschaft Blankenheim.
In diesem Bestand enthalten u. a. die Nummern 49-55 und 61 neben den Berichten des westfälischen Reichstagsgesandten Korrespondenzen im Namen des Grafenkollegiums, auch solche mit dem lippischen Kondirektor und mit dem Kollegialsyndikus. Bei anderen Akten dieses Bestandes läßt sich die Mischung von Kollegialkorrespondenz und Regierungskorrespondenz des gräflichen Hauses Manderscheid nicht so eindeutig feststellen, obwohl z. B. die Nummern 71-75 Kollegialsachen enthalten, die auch sonst jedem gräflichen Mitstand zugingen (z. B. Grafentagsprotokolle). Entsprechend sind Einzelschriftstücke reichsgräflich westfälischer Provenienz auch in den Akten der lippischen Regierung festzustellen (StA Detmold [heute: Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Ostwestfalen-Lippe] L 41 a Nr. 1720 ff.).
Bei jeder intensiveren Beschäftigung mit der Geschichte des westfälischen Grafenkollegiums werden immer auch die Archive der beteiligten größeren Mitstände (neben Lippe und Manderscheid etwa die Archivbestände Sayn-Altenkirchen, Sayn-Hachenburg, Wied-Neuwied, Wied-Runkel und Metternich-Winneburg) hinzuzuziehen sein.
7.) Im Fürstlichen Archiv zu Neuwied (Bestand C 30, Schrank 103, Gefach 62 Nr. 9) befindet sich eine "Spezifikation aller vorhandenen reichsgräflich westfälischen Kollegialakten" etwa aus dieser Zeit, die folgendes Ordnungsschema vorsieht:
1. Korrespondenzakten und übrige Kollegialia (57 Faszikel bereits mit Nachträgen)
2. Konferenzen, Grafentage und Engere Korrespondenz (20 Faszikel)
3. Komitialrelationen (9 Faszikel)
8.) Im Fürstlichen Archiv zu Neuwied ließen sich noch zahlreiche Akten feststellen, die ganz oder zum Teil provenienzmäßig zum Bestand des Grafenkollegiums gehören und nur z. T. in Abschriften im Kollegialarchiv vorlagen. Sie entstammen weitgehend den Jahren 1740-1754, d. h. den ersten anderthalb Jahrzehnten des Neuwieder Direktoriums. Es handelt sich bei diesen Akten um folgende Sachgebiete:
1. Rekurse verschiedener Reichsstände an den Reichstag
Fstl. Archiv Neuwied:
C 30, Schrank 103, Gefach 60 Nr. 11-13
C 30, Schrank 103, Gefach 61 Nr. 14
2. Korrespondenzen u. a. mit dem Kondirektor Graf von Virmond
Fstl. Archiv Neuwied: C 30, Schrank 103, Gefach 61 Nr. 5-6
3. Reichsvikariatsangelegenheiten
Fstl. Archiv Neuwied:
C 30, Schrank 103, Gefach 60 Nr. 10
C 30, Schrank 103, Gefach 61 Nr. 17
4. Korrespondenzen um die Einrichtung der Engeren Korrespondenz
Fstl. Archiv Neuwied:
C 30, Schrank 103, Gefach 61 Nr. 20
C 30, Schrank 103, Gefach 62 Nr. 21
C 30, Schrank 103, Gefach 67 Nr. 1-10
5. Registratur
Fstl. Archiv Neuwied:
C 30, Schrank 103, Gefach 62 Nr. 4 u. 9
C 30, Schrank 103, Gefach 68 Nr. 4
9.) Mit dem Archiv wurde auch die kleine Bibliothek der Direktorialkanzlei nach Detmold überführt. Bis auf eine Ausnahme sind die in einem Verzeichnis im Fürstlichen Archiv zu Neuwied (Bestand C 30, Schrank 103, Gefach 62 Nr. 4) aufgeführten Bände alle heute in der Bibliothek des Staatsarchivs Detmold nachzuweisen und auch an ihren alten Signaturen, zumeist von der Hand des Direktorialrats Rotberg, zu erkennen.
gez. Sagebiel
Hinweis:
Der von Martin Sagebiel neu verzeichnete Bestand L 41 a (Nr. 1-1719) umfasst nicht die unter den Klassifikationspunkten III (Lippe als Mitglied des Westfälischen Grafenkollegiums) und IV (Lippe. Die auswärtigen Angelegenheiten) des alten analogen, maschinenschriftlichen Findbuchs L 41 a verzeichneten Akten L 41 a Nr. 1720-2136, die 1902-1904 von Hans Kiewning knapp erfasst worden sind. Letztere stammen aus der Registratur der lippischen Regierung, sind aber - damals wie heute z.T. nicht provenienzgerecht - hier, in L 41a, verzeichnet worden. Im Knochschen Rep. XLI findet man eine gewohnt tiefe Erschließung der Nr. L 41a Nr. 1720-2136 auf den S. 569 ff.
Be, im Jan. 2022.
558 Kartons = 2136 Archivbände 1473-1808. - Findbuch: L 41 a.
Bestand
German
Sagebiel, Martin D., Archiv des niederrheinisch-westfälischen Grafenkollegiums, Detmold 1975 (Das Staatsarchiv Detmold und seine Bestände 1); Arndt, Johannes, Hochadel in Nordwestdeutschland. Die Mitglieder des Niederrheinisch-Westfälischen Reichsgrafenkollegiums zwischen individuellem Aufstiegsstreben und korporativer Selbstbehauptung (1653-1806); Arndt, Johannes, Das niederrheinisch-westfälische Reichsgrafenkollegium und seine Mitglieder (1653-1806) (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abt. Universalgeschichte, Bd. 133), Mainz 1991; Arndt, Johannes, Die Grafschaft Lippe und die Institutionen des Heiligen Römischen Reiches im 17. und 18. Jahrhundert, in: Zeitschrift für Historische Forschung, 18 (1991), S. 149-176.
Kesting, Hermann: Geschichte und Verfassung des niedersächsischen Grafenkollegiums mit einem Beitrag zur Entwicklung der Kuriatstimmen. [Teildruck] Münster 1916.
Münster, Phil. Diss.
ders.: Geschichte und Verfassung des Niedersächsisch-Westfälischen Reichsgrafenkollegiums. In: Westfälische Zeitschrift. 106. Band. Münster 1956. S. 175-246.
Johannes Arndt , Das Niederrheinisch-Westfälische Grafenkollegium und seine Mitglieder1653-1806, Mainz 1991
The Bundeszentralkartei (BZK) is the central register of the federal government and federal states for completed compensation proceedings. When a claim is entered into the BZK, a number is assigned for unique identification. This BZK number refers to a compensation claim, not to a person. If a person has made several claims (e.g. for themselves and for relatives), each claim generally has its own BZK number. Often, the file number of the respective compensation authority is used as the BZK number.
This number is important for making an inquiry to the relevant archive.
Delict according to Nazi judicial system
Conduct that was first criminalized under National Socialism (e.g. the Treachery Act, ‘Judenbegünstigung’) or which the Nazi judiciary prosecuted more severely (e.g. high treason).
Reason for persecution
The reasons provided here are based on the wording in the reasons for persecution stated in the sources.
Role in the proceeding
‘Verfolgt’ refers to a person who submitted a compensation claim for damage caused by Nazi persecution. If the application was submitted by a person other than the persecuted person, this other person is designated as ‘antragstellend’ and their relationship to the persecuted person, if there is one, is noted. In the sources, the persecuted person is sometimes referred to as ‘Geschädigter’ (aggrieved party) and the applicant as ‘Anspruchsberechtigter’(claimant).
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Additional information on reason for persecution
Additional or more specific information on membership and group affiliation which were the reason for the persecution.