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Schulden aus der Erbschaft, Beschlagnahmung; Appellation
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Schöffengericht Kerpen >> 1 Zivilsachen >> 1.2 Erb- und Besitzstreitigkeiten
1686 - 1689
Enthält: Die Ursache für den Streit zwischen den Erben von Johann Schmidt: Merten Curt, Jacob Schmidt (Sohn und Schwiegersohn) und Johann Wolff d. J. (Enkel des Erblassers), auf der einen und Johann Wolff, dem Sohn von Theiß Wolff (des Bruders der Mutter der Kläger) auf der anderen Seite liegt lange zurück. Seit 1642 war Theiß Wolff dem Johann Schmidt aus der geschwisterlichen Erbteilung 54 Tlr und aus dem Jahr 1643 11 Malter Roggen schuldig geblieben, für die er mit seinen mobilen und immobilen Gütern zu haften erklärt hatte. Nach dem Tod von Theiß Wolff wollten die Kläger nun als Entschädigung dafür gerichtlich seine Erbschaft pfänden (das "pignus praetorium" erheben) und die Ernte ("erreiffte Früchten") beschlagnahmen lassen. Dies wurde ihnen am 7.11.1684 vom Gericht zugestanden. Im Winter 1684/85 verhandelte man zunächst über Formalien: über die Kaution, die die Beklagten forderten, und über die Klageinlassung. Nachdem die Kaution beim Gericht vorlag, begann am 22. Mai der Prozess über die Hauptsache, die Schuldenerstattung. Die Beklagten beriefen sich darauf, dass die Schuld inzwischen verjährt sei ("Praescription"), und dass ihr Vater ohnehin verarmt gewesen sei. Die Kläger bestreiten hingegen die Armut. Sie halten entgegen, dass sie bei der Beschlagnahmung nicht nur die Feldfrüchte (d. h. den Ertrag aus Grundbesitz), sondern auch ein Pensionsanrecht auf eine Kapitalverschreibung von 200 Rtlr vorgefunden hätten. Sie argumentierten, dass in der Zwischenzeit auch Zahlungen erfolgt seien. 1660 hatten sie Theiß Wolff, der bei den Eltern der Kläger als Pferdeknecht gedient hatte, quasi als Abschlag auf die Schuld, 3 Gl seines Lohnes ausbezahlt, den Rest des Arbeitslohns aber zurückbehalten. Das bedeute aber, dass seither nicht 40 Jahre (so die Verjährungsfrist nach der Jülicher Landordnung, § 60), sondern nur 24 Jahre vergangen seien, dass also das Schuldverhältnis noch bestünde und die Forderung nach Schadloshaltung berechtigt sei. Eine Rolle in der Diskussion, ob die Verjährung überhaupt geltend gemacht werden dürfe, spielten die unterschiedlichen Jurisdiktionsbereiche, aus der die Beteiligten kamen. Während Theiß Wolff und seine Schwester, die Mutter der Kläger, aus Kerpen, also aus "spanischen Landen", stammten, lebten die Kläger selbst schon lange ("longissimi temporis") außer Landes, Merten Curt in Golzheim und Jacob Schmidt in Frauwüllesheim, also im Jülicher Land. Natürlich fehlt es auch nicht an gegenseitiger Polemik und Beleidigungen: so soll der Bevollmächtigte der Kläger den Anwalt der Beklagten, Dr. Bernhardt zum Pütz, beim Bier ("auff der Bierbanck in Matthißen Wolffs Hauß") als "Brandenweinssuffer" bezeichnet haben. Am 23.9.1687 ergeht, nach Einholung des Votums eines unparteiischen Richters, das Urteil, das den Klägern in allen Punkten Recht gibt. Johann Wolff soll die 54 Tlr und die 11 Malter Roggen sowie die Gerichtskosten zahlen. Bis dahin bleibt das Verbot auf seine Früchte mit der Möglichkeit, "servatis servandi" eine Zwangsversteigerung anzuordnen, bestehen. Johann Wolff bringt daraufhin einen neuen Aspekt ein: er wirft die Frage auf, ob Jacob Schmidt bei der Erbteilung [wohl von Theiß Wolffs Erbe] nicht wenigstens in einer Forderung befriedigt worden sei, indem ihm ein "fuchs geraundtes" Pferd und eine Kuh für das Korn überlassen worden waren. Er bezweifelt außerdem, dass sein Vater bei der Erbteilung mit seinen Geschwistern einst seinen rechtmäßigen Anteil erhalten habe. Er schlägt vor, dazu die Möhn Noel Wolff, Peter Essers Witwe zu Langenich, ebenfalls eine Schwester seines Vaters, die sich an diese Zeit noch erinnern könnte, zu befragen. Sie, die jetzt etwa 80 Jahre zählt, gibt zu Protokoll, dass ihr Bruder von der Verteilung des Nachlasses der Eltern Jacob Wolff und Maria Weffers, nämlich Forderungen von 400 Rtlr Schulden bei dem alten Scheiffarts' Halfen Reinhard Zaun in Bergerhausen und gewisse rechtmäßige Forderungen bei Johann Schruder und Peter Hamecher in Langenich, ausgenommen wurde. Denn Theiß Wolff sei, wie schon sein Vater, auf den Hof zu Langenich verheiratet gewesen, woraus ihm die gereiten Güter mit ihren Früchten und Mobilien zustanden - unangesehen, dass in den folgenden Kriegswirren die Soldaten von diesen Gütern alles, was man nicht nach Kerpen in Sicherheit hatte bringen können, weggenommen hätten. Sie, Noelen, und ihre Geschwister Heinrich, Margarethe zu Wellersheim [Frauwüllesheim?] und Geirtgen Wolff hätten daher das elterliche Erbe allein unter sich aufgeteilt. Die Sieger sehen sich dadurch bestätigt, fordern nun den Umschlag auf die Güter des Beklagten bzw. seines Vaters und reichen dazu, neben der Gerichtskostenrechnung, eine Abrechnung der Schulden und der inzwischen aufgelaufenen Zinsforderungen, insgesamt 391 Gl 29 Albus, sowie eine Zusammenstellung der Unterpfandgüter ein (2.12.1687). Die Seite der Unterlegenen (Heinrich Esser als Bevollmächtigter) lassen daraufhin zwei Zeugen, Hillbrandt Gaw, 30 Jahre alt und 2 Jahre lang Pferdeknecht auf dem Bußbaumshof in Langenich, und Jacob Wolff, 50 Jahre alt aus Heimerzheim, ein Onkel von Jacob Schmidt, laden, die beide bezeugen, dass Jacob Schmidt bzw. auch seine Ehefrau bekannt hätten, dass die Kornschuld mit einem Pferd und einer Kuh beglichen worden sei (10.12.). Johann Wolff fügt mit "Species facti" (13.1.1688) gegen seine Verwandten Jacob Schmitz und Giertgen (!) Curth hinzu, dass auch die Kapitalschuld gelöscht sei, dadurch dass Theiß Wolff auf dem Kapitelshof, nachdem er sich ein zweites Mal verheiratet hatte, seine Schwestern Margarethe, Noel und Giertgen mit je einer Obligation von 54 Tlr kölnisch ausgezahlt habe. Er erhebt darüber hinaus jetzt Gegenklage. Mittels einer ausführlichen Beschreibung aller Schuldigkeiten, Verpflichtungen und Zahlungen, die in die Erbschaft eingeflossen und/oder bisher geleistet wurden, einschließlich einer Pacht von 15 Morgen Land von Zensis von Niederzier, die 1624 Johann Schmidt (wohl der Vater von Jacob) innegehabt und genutzt hatte (Pachtzettel von 1611) (17.2.), versucht er zu beweisen, dass er von weiteren Forderungen zu absolvieren sei. Vor allem geht es um die Aufteilung der 400 Rtlr Kapital von Reinardt Zaun aus Bergerhausen nach der Ablösung zu je 80 Rtlr auf die Erben. Die Gegner weisen die Klage zurück und bestehen auf dem Urteil vom 27.9.1687, gegen das Johann Wolff inzwischen beim Hohen Rat in Brüssel appelliert hatte, der den Fall an das zuständige Gericht in Limburg weitergab. Nun schaltet sich auch Heinrich Esser, der bisher als Bevollmächtigter für Johann Wolff fungierte, direkt in das Verfahren ein, weil er einige der umstrittenen Unterpfandgüter gepachtet hatte. Jacob Schmitt als Gläubiger hatte, in Erwartung der Immission, das Land anscheinend bereits an den Boten Gerhard Kroich weiterverpachtet, so dass Esser nun um seinen Besitz fürchtet. Er bittet daher den Amtmann von der Vorst, ihm die diesjährigen Erträge aus seinem gepachteten Land zu lassen. Dies wird ihm zugestanden unter der Voraussetzung, dass er die Pacht wie vereinbart zahlt (20./27.6. und 28.1.1689). Inzwischen nahm sich das Gericht in Limborg der Appellation an. Es musste allerdings wiederholt in Kerpen um die Übersendung entsprechender Akten nachsuchen (22.9.1687, 24/14.9.1689), wohl auch deshalb, weil die Appellationsgegner ihre Unterlagen nur zögernd einbrachten, und wegen des währenden Streits um die Verpachtung und Bebauung der Ländereien (s. o.). Schließlich fordert das Kerpener Gericht, dass der Kläger (jetzt Johann Wolff und Kons.) zuerst die Hälfte der Gerichtskosten bezahlen soll, damit der Gerichtsschreiber beauftragt werden könne, die Akten zusammenzustellen (zu konscribieren, kollationieren, versiegeln, verschließen und "gehörigen Orts" zu überbringen) (22.7.1689). Am 13.9.1689 geht daraufhin die Ladung an die Parteien auf den 27.9., die Aktenzusammenstellung einzusehen und ihrer Versendung zuzustimmen.
Schriftstücke: 26
Archivale
Eßer, Heinrich, Bauer
Kroich, Gerhard
Schmidt, Jacob
Wolff, Johann