In addition to the technically required cookies, our website also uses cookies for statistical evaluation. You can also use the website without these cookies. By clicking on "I agree" you agree that we may set cookies for analysis purposes. You can see and change your cookie settings here.
Weimarische Zeitung, Nr. 47, 24.02.1854, S. 187: „Auf unsrer Bühne hat man dem Schauspiel Ottfried die aufmerksamste und lebhafteste Anerkennung gezollt. Man folgte dem Gang der eigenthümlichen piquanten Handlung mit sichtbarer Spannung; das oberflächliche Leben der eleganten Welt wurde mit eben solcher Feinheit erfaßt, als der Dichter es geschildert, die Salonscenen voller Witz und Geist, selbst der Dialog, der nicht allein mit Anmuth und Grazie, auch gedankenreich und schwungvoll ausgeführt ist, fanden ihr vollkommen sicheres Verständniß, was uns abermals den Beweis liefert, daß unser Publicum den ästhetischen Instinct besitzt, den natürliche Bildungsfähigkeit in sich schließt. Freilich müssen wir einen Theil dieses Verständnisses auch auf Rechnung der vortrefflichen Darstellung setzen. Das künstlerisch individualisirte Zusammenspiel brachte eine solche Natürlichkeit mit sich, daß man die Bühne vergaß, daß wir nicht Schauspieler, sondern die Menschen selbst vor uns sahen. Wir wissen nicht, ob Herrn Siedler oder seinem Lehrer, Herrn Marr, der Preis des Abends gebührt, das dürfen wir aber dreist behaupten, daß Letzterer mit den sichtbaren Fortschritten seines talentvollen Schülers zufrieden sein muß. Wie einfach und seelisch wußte Herr Siedler den in sich, mit der Welt und seinen Bestrebungen uneins gewordenen Ottfried darzustellen; er wußte ihn zu seiner eigenen poetischen Schöpfung zu machen, Vortrag und Empfindung trugen die Färbung hiervon. Besonders vorzüglich gehalten war das erste frappante Begegnen mit Sidonien; erst fesselt ihn die geistvolle Energie des Weibes, dann erregen ihre hochfliegenden Reflexionen sein ganzes Sein, allmählig erblicken wir in den Zügen unsres Darstellers eine förmliche Verklärung des Gedankens, der zündende Gewißheit wird, als Graf Hugo dazwischen tritt. Die Uebergänge waren so warm gehalten, als seien sie wahr und warm empfunden. Herr Marr, als Commerzienrath, war, wie er in Gattungen fein chargirter Charactere immer ist, meisterhaft. Da reißt er uns aus einer Täuschung in die andere und läßt uns Erfahrungen machen, die uns das Leben täglich bietet. Der einfache Sinn jeder Stelle in seiner Rolle beschäftigt ihn, ihn lockt das nächste Verständniß jedes Moments, er sucht alle Fäden auf, an denen der Moment seiner Rolle mit der Situation zusammenhängt, während die Characteristik sich ihm anschmiegt, wie ein leichtes, behagliches Gewand. Frau Don: Sidonie, die geistreiche, oft auch schöngeistige, geistvoll blasirte Dame von Welt, löste ihre Aufgabe mit der angenehmen Sicherheit, die den Zuschauer nie auf eine Schwierigkeit stoßen läßt, welche unüberwunden bliebe; wir machen der geschätzten Darstellerin unser Compliment, daß sie sich nicht durch die oft absichtliche Geistreichheit, die in Sidoniens Reflexion ausgeprägt ist, verleiten ließ, in Spiel und Ausdrucksweise absichtlich zu werden. Der Graf Hugo des Herrn Grans war durchaus richtig intonirt; sein Bestreben, Consequenz in der Darstellung zu beobachten, wird lebhaft von uns anerkannt, allein die äußere und innere Gestaltung des blasirten Grafen ermangelte dennoch jener Wahrheit, wie sie uns das Leben vorführen würde. Vorerst ist das Hin- und Herschwanken der Bewegungen ignoble, die Art, sich im Salon zu geriren, ein wenig zu geräuschvoll, selbst der Ton, in welchem er seine Unterhaltungen führte, hatte eine bürgerliche Aufdringlichkeit. Unerachtet dieser Fehler aber konnte die Rolle auf unserer Bühne von Keinem besser gespielt werden. Die andern Rollen waren aufs Beste besetzt und vertreten, kamen zu besten Geltung, so daß wir behaupten, die ganze Darstellung hatte ein durchaus künstlerisches Relief.“