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Injurien und Tätlichkeiten wegen Einquartierungen
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Schöffengericht Kerpen >> 4 Kriminalfälle der Niedergerichtsbarkeit >> 4.1 Beleidigung, üble Nachrede - ohne und mit Tätlichkeiten
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Enthält: Tilman Schmidt und Hubert Noppenius, derzeit Bürgermeister und Gerichtsschreiber, also ehrbare Männer des Ortes, klagen gegen Johann Zaun und Wilhelm Kurffgen, dass Zaun sie beschimpft, beleidigt, schließlich tätlich angegriffen und verletzt hätten. Aus den Frageartikeln für die Vernehmung der Täter und der Zeugen, die der Anwalt der Kläger beim Gericht vorlegt, und den Antworten lässt sich das Geschehen rekonstruieren: Demnach war Zaun am 14.2. vom Schloss auf der Straße am Kloster kommend an der Herren Haus stehen geblieben und hatte seinen Stiefsohn Kurffgen geheißen, draußen zu bleiben, er wolle hineingehen und das Spiel anfangen. In der Küche, wo er Frau Noppenius antraf, hatte nach den beiden Männern gefragt. Auf deren Aussage hin, der Bürgermeister, den er in der Stube wähnte, sei nicht da, bezichtigte er sie der Lüge. In der Stube fand er aber in der Tat nur Noppenius und den Junker Leeck, den Cousin des Drossart, vor, die ihn nach seinem Begehren fragten. Nun nennt Zaun den Grund für sein Auftreten. Er beschwerte sich, dass Noppenius ihm ein Billett zu viel angeschlagen (d. h. ihm zu viel Beitrag zur Einquartierung abverlangt) habe. Noppenius rechtfertigte sich damit, dass er auf Befehl des Bürgermeisters, der Deputierten und der "Nachbarn" (d. h. der Gemeinde) gehandelt hätte, da Zaun 18 Morgen mehr als die 40 Morgen, die sie der Berechnung der Billettierung zugrunde gelegt hatten, besäße. Wütend verließ Zaun das Zimmer und im Vorhaus schimpfte er alle Billettierer Diebe und Schelme, die gehängt werden sollten. Dann traf er Bürgermeister Schmidt auf dem Markt und fragte ihn, warum er ihm das Billett nicht abnehmen könne. Über die Antwort, das könne er nicht allein entscheiden, kam es zum Wortwechsel, bei dem der Beklagte den Gegner Dieb und Schelm nannte. Er nehme ihm sein Geld ab und wolle ihm, als (Mit-)Bürgermeister nichts mehr geben, sondern eher seinen Soldaten. Schließlich bedrohte und schlug er ihn mit einer Mistgabel. Es entsteht ein Tumult, Noppenius und Frau kommen, zur Hilfe gerufen aus dem Haus gelaufen. Im Handgemenge, an dem sich nun auch Kurffgen mit einer Mistgabel beteiligt, werden Noppenius an der Hand zwei Finger ausgerenkt oder gebrochen. Unter den Schmähworten erinnert Zaun an ein früheres Ereignis: Noppenius hätte ihn vor drei Jahren aus Kerpen vertreiben und in Jahres Frist aus dem Dorf laufen sehen wollen und ihn damals beschimpft, dass "die, so von dem Teuffel kommen, ietzo in Kerpen regierten". Noppenius protestiert, aber Zaun bleibt dabei. Am Dienstag, den 15.2., droht der Beklagte sogar, Bürgermeister oder Gerichtsschreiber eine Kugel durch den Leib schießen zu wollen. Die Kläger fordern 200 Goldgulden zur Wiedergutmachung der Schmähung oder öffentlichen Widerruf und Erstattung aller Kosten und Schaden sowie eine Kaution "non offendendo" (d. h. sich weiterer Beleidigung zu enthalten) oder die Inhaftierung der Beklagten zu deren Erzwingung. Zaun gesteht zwar die äußeren Zusammenhänge, die Schmähungen und Handgreiflichkeiten streitet er so, wie sie ihm vorgehalten wurden, jedoch ab. Er verlangt seinerseits das zurück, was ihm "gewaldthatlich baussen der Gebuir abgepresset" wurde (d. h. das Billett). Bis er das erhalten habe, werde er auch die geforderte Kaution nicht leisten. Die Klage solle indes annulliert werden. Die Kläger geben sich damit natürlich nicht zufrieden und bitten um neuerliche, nun mündliche Befragung. Sie erklären sich, wohl oder übel, dabei auch mit den von den Beklagten benannten Zeugen, Milcher Müller, Theiß Hamecher und Giel Plück, einverstanden. Der Fortgang des Prozesses ist nicht überliefert.
Schriftstücke: 3
Archivale
Hamecher, Theiß
Müller, Milcher
Noppenius, Hubert, Gerichtsschreiber
Plück, Giel
Schmidt, Tilman, Bürgermeister
Wilhelm Kurffgen
Zaun, Johann
Angaben zum entzogenen Vermögen
Sonstige Angaben
BZK-Nr.
Die Bundeszentralkartei (BZK) ist das zentrale Register des Bundes und der Länder zu den durchgeführten Entschädigungsverfahren. Bei der Aufnahme eines Verfahrens in die BZK wurde zur eindeutigen Identifizierung eine Nummer vergeben. Diese BZK-Nummer bezieht sich nicht auf eine Person, sondern auf ein Entschädigungsverfahren: Hat eine Person mehrere Ansprüche geltend gemacht (z.B. für sich selbst und für Angehörige), liegt im Normalfall für jedes Verfahren eine eigene BZK-Nummer vor. Häufig wurde als BZK-Nr. schlicht das Aktenzeichen der jeweiligen Entschädigungsbehörde übernommen.
Diese Nummer ist für eine Anfrage im entsprechenden Archiv wichtig.
Delikt nach NS-Justiz
Handlungen, die im Nationalsozialismus überhaupt erst kriminalisiert wurden (z.B. Heimtückegesetz, "Judenbegünstigung") oder die die NS-Justiz in verschärftem Maß verfolgte (z.B. Hochverrat).
Verfolgungsgrund
Die hier angegebenen Gründe orientieren sich am Wortlaut der in den Quellen genannten Verfolgungsgründe.
Rolle im Verfahren
„Verfolgte Person“ meint eine Person, die einen Entschädigungsanspruch für einen Schaden durch NS-Verfolgung geltend machte. Wenn der Antrag nicht von der verfolgten Person selbst, sondern von einer anderen Person gestellt wurde, so wird diese als „antragstellend“ angegeben und ihre Beziehung zur verfolgten Person, soweit vorhanden, vermerkt. In den Quellen wird die verfolgte Person mitunter als „Geschädigter“, die antragstellende Person als „Anspruchsberechtigter“ bezeichnet.
Suche im Archivportal-D
Weitere Archivalien zu dieser Person über die Wiedergutmachung hinaus können Sie eventuell im Archivportal-D finden.
Nähere Angaben zum Verfolgungsgrund
Ergänzende oder spezifischere Angaben zu Mitgliedschaft, Gruppenzugehörigkeit bzw. Gruppenzuschreibung, die Anlass für die Verfolgung war.