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Zeitzeugengespräch mit Gerhard Münch, Jahrgang 1933
Enthält: 0.05 Die Kleiderfabrik wurde 1928 von August Münch und seinen Söhnen Rudolf
und Otto Münch gegründet.
0.40 Der Vater Rudolf Münch war der Techniker, der Onkel Otto Münch war der
Kaufmann, er war für den Verkauf der Ware zuständig, der Vater war für alles
andere zuständig, z.B. für die Beschäftigten der Produktion.
0.55 Der Sitz der Kleiderfabrik war in der Weißenburger Straße 42
1.05 Der Betrieb ist bis zum Kriegsbeginn gut gelaufen, dann wurde ein Zweig-
betrieb im Rathaus in Rothenfels am Main eröffnet, die Eltern waren von dort.
In diesem Betrieb wurden Uniformen produziert
1.30 Der Onkel Otto Münch wurde in den Krieg eingezogen, sein Bruder Rudolf
Münch musste sich um alles kümmern, das ging ganz gut, die Ware musste
immer zwischen Rothenfels und Aschaffenburg hin- und hertransportiert
werden
1.40 Gerhard Münch hat des Kriegsende in Rothenfels erlebt
1.55 Im Februar 1945 kam eine Nachricht, dass Rudolf Münch mit seiner Ehefrau
sofort nach Aschaffenburg kommen müsste, weil das Haus Denkmalstraße 6
bei einem Fliegerangriff schwer getroffen wurde
2.10 Am 24. Februar kamen sie in die Österreicher Kolonie und das dreistöckige
Elternhaus war ein Trümmerhaufen
2.30 Ein Tag später kam die Meldung, dass die Kleiderfabrik in der Weißenburger
Straße ausgebrannt ist
2.40 Gerhard Münch hat noch Fotos von seinem Vater, wie er die verglühten
Bügelmaschinen fotografiert hat
2.50 Nach dem Krieg kamen schon die ersten Kunden und fragten, ob man
Kleidung von "Alt" auf "Neu" machen kann: Die Kleidung wurde in Rothenfels
zertrennt und neu genäht
3.15 In Aschaffenburg wurde in der Erbsengasse ein neuer kleiner Betrieb eröffnet,
im 1. Stock, zu dieser Zeit wurde ein Neubau in der Auhofstraße 9a geplant
und begonnen
3.30 In der Weißenburger Straße arbeiteten vor dem Krieg etwa 50 - 60 Personen
3.55 1947 konnte die Kleiderfabrik in die neuen Räume in der Auhofstraße
einziehen
4.10 Gerhard Münch hat mit seinen Eltern selbst dort gewohnt
4.20 Der Betrieb ist sehr gut gelaufen und alte Verbindungen aus der Vorkriegszeit
lebten wieder auf
4.25 Im Anschluss an die bestehende Kleiderfabrik Imhof in der Auhofstraße wurde
ein Zusatzbau (= Anbau) errichtet. Münch konnte bis auf die Grenze bauen
4.50 Gerhard Münch hat dann ab 1953 im Betrieb unter der Anleitung des
Großvaters Schneider gelernt
5.10 1955 zog Gerhard Münch nach Mönchengladbach und besuchte die Beklei-
dungsfachschule, er hat sie 1957 als Bekleidungstechniker abgeschlossen
5.30 Anschließend hat Gerhard Münch im Ruhrgebiet in einer Kleiderfabrik als
Volontär gearbeitet
5.40 Von Mitte 1957 bis Anfang 1958 arbeitete er in Zürich bei der Fa. PKZ. Diese
Firma hatte (und hat auch heute noch) Einzelhandelsgeschäfte in der ganzen
Schweiz und war Kunde der Firma Münch
6.10 1958 hat Gerhard Münch eine Stelle in der elterlichen Kleiderfabrik angetreten
Ergänzung vom Korrekturgespräch: Gerhard Münchs Vetter Wolfgang Münch
kam schon einige Monate vor Gerhard Münch in die Firma und war für den
Verkauf in ganz Deutschland zuständig. Zu den größten Kunden gehörten
Peek & Cloppenburg, Breuninger in Stuttgart und Konen in München
6.20 Die Vollbeschäftigung war so gut, dass die Firma einen großen Mangel an
Arbeitskräften hatte, deshalb haben viele Betriebe Filialen im Landkreis
und auch jenseits des Spessarts eröffnet
6.40 Die Firma Münch eröffnete im Herbst 1959 einen Zweigbetrieb in Arnstein
(heute Main-Spessart-Kreis), dort wurden zunächst Herrenhosen produziert,
später auch Sakkos, siehe auch 35.30
7.00 Als Gerhard Münch die Lehre begonnen hatte, hat die Firma Herrenhosen,
Sakkos und Mäntel produziert, dann wurden die Hosenproduktion an
Zwischenmeister abgegeben, vieles wurde im Bachgau produziert
7.25 Später hat die Firma die Hosen in Arnstein selbst produziert, später
auch Sakkos. In diesem Gebäude waren ca. 60 Personen beschäftigt
7.40 Im Betrieb in der Auhofstraße waren zu Spitzenzeiten 140 Personen beschäf-
tigt, es hat immer etwas geschwankt
8.05 Die Vollbeschäftigung dauerte lange an, bis die starken Lohnerhöhungen
kamen und durch den Druck des Einzelhandels auf die Einkaufspreise kein
Gewinn mehr erzielt werden konnte
8.25 Die Firma Münch hatte keine eigenen Verkaufsgeschäfte, sondern belieferte
stets Einzelhandelsgeschäfte
0.10 Durch die Lohnerhöhungen und den Druck der Kunden auf die Preise wurde
das Ende der Kleiderfabriken eingeläutet
0.20 1975 musste die Firma Vergleich anmelden
0.30 Die Kleiderfabriken hatten keine große Eigenkapitaldecke, es wurde nie so viel
verdient wie in anderen Branchen. Wenn Gerhard Münch heute von Unter-
nehmen liest, "die weniger als 10% vom Umsatz verdienen, dann ist das
schlecht" - die Firma Münch & Söhne hatte manchmal nur 1 oder 2%!
0.35 Es konnte wenig Eigenkapital gebildet werden, das hat unter anderem zum
Vergleich geführt und durch den Verkauf des Gebäudes konnte die Insolvenz
vermieden werden
1.05 In Zagreb hatte die Firma kein Zweigwerk, ließ aber dort 1974 und Anfang
1975 Anzüge in einem staatlichen Betrieb produzieren
1.20 Münch hat vorher schon einen Versuch in der Tschechoslowakei gemacht,
sie hatten unglaublich viel Leute beschäftigt, aber haben den Auftrag
abgelehnt, die Firma musste für viel Geld die Waren wieder abholen lassen
1.35 Der Betrieb in Zagreb war sehr gut geführt, die Firma Münch hat den
Betreibern in Zagreb mitgeteilt, dass bald 400 - 500 Anzüge in diesem
Zeitraum kommen, das konnten sie einplanen
2.05 Es ist ein Preis vereinbart worden, wofür produziert wurde
2.10 Es war aber immer nur ein sehr kurzer Abschnitt, aber waren auch nur 1 ½
Jahre, dann ging es auch zu Ende, es fast zeitlich einher gegangen mit
dem Vergleich 1975
2.45 Im Januar / Februar 1976 ist alles geschlossen worden. Für eine andere
Kleiderfabrik wurde noch bis Ende Februar 1976 ein bisschen genäht
(siehe auch 13.00)
3.00 Das Gebäude wurde an die Fa. Imhof verkauft, er wollte mit seinem Unter-
nehmen die Räume beziehen, da mussten alle Maschinen rausgeräumt
werden, siehe auch 37.15
13.45 Münch musste das ganze Gebäude ausräumen incl. dem Hochdruckdampf-
Kessel und den Näh- und Spezialmaschinen, er hat sie dann teilweise
einlagern müssen, bis das Gebäude leer war
13.45 Teure Spezialmaschinen sind an andere Unternehmen verkauft worden
14.00 In Leider gab es jemand, der den ganzen Rest an Maschinen zu einem billigen
Preis aufgekauft hat
14.15 Ein paar größere Maschinen konnte Gerhard Münch bei einem
befreundeten Unternehmer einstellen, bis sie verkauft waren
3.25 Die Firma Imhof befand sich schon vor dem Krieg auf dem Gelände in der
Auhofstraße
3.55 Die erste Lücke nach Imhof war die Auhofstraße 9a, die Familie Münch
hat dort gewohnt
4.25 Gerhard Münch wollte später einmal in das Firmengebäude, um zu sehen,
was daraus geworden ist, und war "den Tränen nahe"
4.45 Nach dem Krieg haben sehr viele junge Männer den Schneiderberuf erlernt,
alle wollten Schneider werden, später wollte keiner mehr Schneider werden,
das war auch das Ende der ganzen Branche
5.15 Die Firma Münch & Söhne hatte auch Heimarbeiter, z.B. in Großwallstadt oder
Pflaumheim
7.05 Die Heimarbeiter waren sehr eingeengt, weil sie nicht die Spezialmaschinen
hatten, die sie gebraucht haben, z.B. keine Knopflochmaschine - die waren
so teuer, dass man sie gemietet hat, auch in den Kleiderfabriken
7.30 Die Heimschneider haben die Sakkos ohne Knopflöcher geliefert, was eine
komplizierte Tarifrechnung nach sich zog
7.40 Die Heimschneider hatten auch keine Bügelmaschinen, sie hatten nur ein
normales Bügeleisen - die Kleiderfabriken hatten Dampfbügelmaschinen -
das war schwierig für die Heimarbeiter. Für die Hosenmacher und die
Westenmacher im Bachgau war das nicht so tragisch, schwierig war es für die
Sakkomacher
8.05 Die Firma Bickert (später "Aubi") und andere waren größere Betriebe, die
Kleiderfabriken belieferten, bis sie sich als Kleiderfabrik selbstständig gemacht
hatten, es war ein großer Nachteil für die Heimarbeiter
8.25 Die Kleiderfabrik hat Heimarbeiter angeworben, in ihrer Fabrik zu arbeiten
8.40 Es war ein harter Verdienst, dass die Heimarbeiter überhaupt zu etwas
gekommen sind. Sie hatten eine kleine Stube und haben fast Tag und Nacht
gearbeitet
8.55 Gerhard Münch erzählt folgende Geschichte: "Ein Heimarbeiter hat gesagt: Ich
besitze eine eigene Herrenhose, und wenn ich die Ware hole zum Nähen,
mache ich erst eine Hose, die ziehe ich dann an und meine eigene lege ich
dann auf die Seite. Und wenn ich fertig bin in der Woche - am Freitag wird
geliefert - ziehe ich wieder meine eigene Hose an, und die, die ich anhatte,
geht zu den gelieferten Hosen" - das ist immer wieder als Witz erzählt worden
9.30 Die Heimarbeiter hatten immer blaue Säcke zum Liefern und trafen sich nach
der Lieferung z.B. im Weinhaus Stegmann [in der Kleberstraße], meistens kam
ein Bus, ein eigenes Auto hatten die Heimarbeiter nicht
9.50 Einige Heimarbeiter, die im Weinhaus Stegmann einkehrten, haben das Geld
gleich wieder versoffen
10.10 Heute wird beklagt, dass die Länder, die T-Shirts produzieren, keine hoch-
wertigen Sachen fertigen können. In Bangladesh werden die billigsten
Sachen gefertigt (siehe auch 10.40)
10.25 Die Näherinnen in Korea für Adler hatten das gleiche Können wie die
deutschen Arbeiterinnen in der Kleiderfabrik, die haben richtige Bekleidung
gemacht
10.45 Die Arbeiterinnen, z.B. in Bangladesh, müssen "vom Hunger leben",
damit ein T-Shirt in Deutschland billig angeboten werden kann
10.55 Das Grundmaterial ist die Baumwolle, es braucht schon einen Aufwand,
bis man den Stoff machen kann und nähen kann, dann soll ein T-Shirt
in Deutschland nur 5 Euro kosten, das ist heute "ein Drama auf dem
ganzen Sektor"
11.25 Für Heimarbeiter gab es keine festen Verträge, die Heimarbeiter haben
für mehrere Fabriken gearbeitet. Wenn die Fa. Münch viel Arbeit hatte,
wurden die Heimarbeiter angerufen
11.45 Das Gebäude, in dem das Café "Grenzenlos" in der Kolpingstraße ist, hat ein
Herr Dittmaier, der Vater eines Schulkameraden gebaut. Der Schulkamerad
wohnt in München, ihm gehört heute noch das Gebäude
12.00 Der Vater Dittmaier hat nur (!) mit Heimarbeitern gearbeitet, aber das war eine
Seltenheit
12.20 Die Arbeit für die Heimarbeiter wurde je nach Auftragslage vergeben, sie
hatten mal Arbeit, mal nicht, es war kein festes Arbeitsverhältnis
12.45 Die Firma Münch & Söhne hat Wert darauf gelegt, dass in der eigenen
Produktion alles läuft - die Heimarbeiter wurden dann aktiviert, wenn es viel
Arbeit gab (Niederschrift der Punkte dazwischen siehe nach 3.00, weil es
dasselbe Thema betrifft)
14.25 Gerhard Münch war ab dem Frühjahr 1976 arbeitslos, dann kam aber noch
im selben Jahr 1976 ein Angebot von der Fa. Adler durch einen "Headhunter"
(Arbeitsvermittler in großen Firmen, die Arbeitskräfte und Fachkräfte an
Betriebe vermitteln und auch abwerben)
15.55 Gerhard Münch sollte nach Wiesbaden zu einem Headhunter kommen. Die
Firma Adler hatte in Haibach erst ein Gebäude errichtet und hatte mit einem
Neubau begonnen, in Haibach hatte die Fa. Adler ein Zelt (etwa wie
ein Tennishallen-Zelt für den Winter)
16.25 Gerhard Münch und seine Bekannten fragten sich, was das für eine Firma ist,
die in Haibach baut, damals stand nur ein einziges Haus [und ein Zelt, s.o.]
von Adler in Haibach, und ein Einzelhandelsgeschäft wurde gerade gebaut
16.30 Er hat sich dort vorgestellt. Die Firma Adler kam ursprünglich aus der DDR,
die Firmeninhaber waren drei Männer und eine Frau
16.50 Der Firmenchef war Wolfgang Adler
17.05 Gerhard Münch hat dann ab Herbst 1976, als er in der Fa. Adler tätig war,
einen Modellmacher
angeworben und war zuständig für den Einkauf von Oberstoffen, Zutaten und
alles, was für die Herrenproduktion in Südkorea benötigt wurde. Im Herbst
1976 wurde dort schon Damenmode produziert und mit Herrenanzügen
begonnen
17.25 Die bis 1976 bestehende Firma von Gerhard Münch hatte Herrenkleidung
produziert, deshalb war er "vom Fach"
17.30 Gerhard Münch hatte Glück, dass er das Schneiderhandwerk erlernt hatte,
er hat gewusst, was man wo für die Firma beschaffen kann, es ist dann
mit Seefracht in Riesencontainern nach Südkorea verschifft worden
18.00 Die Seefracht war die preiswerteste Art des Transports, eine Luftfracht
ist sehr selten gemacht worden
18.10 In Münchs Anfangszeiten bei der Fa. Adler ist die Ware in Eisenbahn-
containern bis an die polnisch-russische Grenze gebracht worden, dann ist sie
wegen anderer Gleisbreiten umgeladen worden und ist mit der transsibiri-
schen Eisenbahn nach Sibirien, Japan und schließlich nach Südkorea
transportiert worden. Der Transport betraf nur die Rohstoffe, nicht den
Rücktransport der fertigen Bekleidung
18.40 Münch war schon früh (nach seinem Arbeitsbeginn 1976) für die Fa. Adler
in Südkorea, wo schon voll gearbeitet worden ist
18.50 Der Betrieb war erstklassig und lag in einem Zollgebiet: Alles, was übrig
blieb, musste zurücktransportiert werden, es durfte dort nicht verkauft
werden
19.05 In Südkorea wurde teilweise im Dreischichtbetrieb gearbeitet. Es gab eine
große Kantine, in der die Beschäftigten verköstigt wurden, zeitweise hatte der
Betrieb 1300 Beschäftigte
19.50 Die Techniker, die Adler eingestellt hatte, waren alles Deutsche, Gerhard
Münch hatte einmal für 2 ½ Wochen Vertretung für einen Techniker
gemacht
20.20 Gerhard Münch war meist eine Woche in Südkorea, er war auch oft in
Hongkong. Insgesamt war er zwischen 1976 und 1992 16 mal im Zweigwerk
Südkorea
20.45 Die Kommunikation erfolgte ausschließlich in englischer Sprache, die
Anweisungen mussten jeweils für die Näherinnen übersetzt werden, aber sie
waren sehr talentiert und hatten schon in der Bekleidungsindustrie gearbeitet
21.10 Später hat Adler noch einmal einen Zweigbetrieb in Sri Lanka eröffnet, aber
die dortigen Näherinnen hatten vorher nur in der Landwirtschaft gearbeitet,
deshalb wurden Näherinnen aus Südkorea nach Sri Lanka gebracht, um sie
in den Näharbeiten zu unterrichten
21.55 Der Zweigbetrieb in Sri Lanka existiert heute noch, allerdings hat der Besitzer
gewechselt
23.15 Es gab eine Zeit, in der sich Trachtenmoden sehr gut verkauften, diese
wurden ebenfalls in Sri Lanka produziert
23.20 Die Firma Adler wollte eine Verkaufsstelle in einem Vorort von Zürich eröffnen
und dort bayerische Trachten verkaufen
23.35 Münch hatte schon als junger Mann in Zürich gearbeitet und sich gewundert,
dass sich dort bayerische (!) Trachten verkaufen sollten - das Vorhaben war
dann auch nicht erfolgreich, letztendlich wurde die Verkaufsstelle an eine
andere Firma veräußert
24.20 Münch konnte "ganz gut" englisch und konnte diese Kenntnisse zusammen
mit seinen Fachkenntnissen am Arbeitsplatz der Fa. Adler sehr gut einsetzen
24.35 Man hatte auch keine Fernverbindungen (wie heute z.B. E-Mail), es ist noch
telefoniert worden, es waren umfangreiche Telefonate und Fernschreiben, zu
berücksichtigen waren auch noch die Zeitunterschiede
25.10 Die Firma Adler hat auch in Japan noch verschiedene Zutaten, z.B.
Futterstoffe, erworben
25.20 Mit den Asiaten gab es arbeitstechnisch keine Probleme, die Koreaner hatten
sehr gute Webereien für Stoffe für Herrenbekleidung
25.40 Mönchengladbach und Aachen waren in Deutschland die Zentren für
Oberstoffe, die Fa. Adler hat die Muster nach Südkorea geschickt und
dort wurden sie kopiert
25.55 Münch hat sogar in Süd-Afrika Oberstoffe weben lassen, die dann per Schiff
nach Korea gefahren wurden
26.05 Er hatte Verbindungen zu einem Bekannten, der erst Designer in einer
Weberei in Aachen war und später in Südafrika Fachmann für Muster
in einer dortigen Weberei war. Die Firma Adler ließ 1988 dort Ware
für Sakkos anfertigen. Die Südafrikaner hatten wunderbare Wollqualitäten,
die Stoffe wurden von Kapstadt nach Südkorea verschifft
27.45 In der Tschechoslowakei wurden während seiner Tätigkeit bei der Fa. Adler
ebenfalls Einkäufe für Oberstoffe für Herrenhosen getätigt, dort gab es auch
eine sehr gute Qualität
28.00 Gerhard Münch ist mit Kollegen zweimal im Jahr in die Tschechoslowakei
geflogen und musste sich folgendes anhören: "Wir machen Euch die
erstklassige Arbeit und unsere Ware wird verzollt, und die DDR, denen erlasst
ihr die Mehrwertsteuer!" Die DDR-Ware musste nicht verzollt werden,
außerdem war sie oft minderwertig.
28.40 Die tschechoslowakischen Geschäftsführer bedauerten, dass sie durch solche
Methoden benachteiligt wurden
26.55 1992 ist Gerhard Münch in den Ruhestand gegangen
27.00 Er hatte noch Verbindungen zu ehemaligen Geschäftspartnern und wurde
gefragt, ob er die Firmen beraten könnte. Münch hatte viel Erfahrung in der
Einteilung der Bandarbeit, es mussten zuvor Zeiten gestoppt und Listen
darüber geführt werden
28.50 Im Ruhestand hat Münch auch einen Bekannten beraten, der eine
Hosenkleiderfabrik eröffnen wollte (technische Einrichtung, Maschinen)
29.00 Nicht weit von Coburg war auf thüringischer Seite eine Kleiderfabrik, in der die
Fa. Adler etwa 1989 etwas anfertigen ließ. Beim Besuch der Firma staunte
Gerhard Münch: "Hier stehen Taschenautomaten, die bei uns gebaut worden
sind, warum setzt Ihr die nicht ein?" - "Das wird nicht zugelassen, die Leute
müssen vollbeschäftigt werden!"
29.30 Die Firma Beisler in Goldbach entwickelte Taschenautomaten für Sakkos,
damit kann man 2 - 3 Arbeitskräfte einsparen
29.40 In der DDR durften nur Maschinen gekauft werden, die zuvor freigegeben
wurden, alle anderen Gelder wurden für Waffen verwendet
29.50 "Nur wenn wir genug Waffen haben, dürfen wir Maschinen kaufen" war eine
Anweisung in der DDR, wer etwas dagegen sagte, musste Konsequenzen
fürchten
30.25 Ein Mann, mit dem er in der DDR näher bekannt war, war zweimal nach der
Wende in Aschaffenburg. Gerhard Münch hat ihn im Auftrag der Firma Adler
beraten, damit die Firma weiterexistieren kann, aber es hat nicht funktioniert
30.55 Münch war einmal mit zwei Kollegen aus der Vertretung der Fa. Adler in West-
Berlin, sie sind über Rostock nach Warnemünde gefahren. Ein Firmenchef der
Kleiderfabrik machte etwas Werbung: "Wir machen auch Jeans!"
31.30 Der Kollege aus West-Berlin sagte: "Wir wollen mal den Betrieb sehen!" -
"Den können wir jetzt nicht zeigen." Nach längerem Insistieren haben die
Firmenchefs nachgegeben und die Besucher aus dem Westen herumgeführt:
Sämtliche Maschinen waren zugedeckt, keine Arbeit, deshalb wollten sie
den Betrieb nicht zeigen
31.55 Die besten Nähmaschinen für Jeans werden in Italien gebaut. Diese Spezial-
maschinen standen alle in Warnemünde, waren aber zugedeckt
32.30 Eine der wenigen Aschaffenburger Kleiderfabriken, die Adler beliefert hat, war
die Fa. Vordemfelde, sie haben Anzüge geliefert
32.45 Wenn man als Kleiderfabrik C & A beliefert hat, haben die anderen Kunden,
z.B. Peek & Cloppenburg, gesagt: "Entweder wir oder C & A!" - C & A war
schon immer als "Preisbrecher" bekannt
33.15 Momentan ist die Branche am Boden. "Das Schlimme ist, dass keine
Fachleute mehr ausgebildet werden, die das ganze weitergeben können."
33.25 Bei den Herren wird "fast nichts mehr angezogen", bei den Damen ist das
noch etwas anders.
33.45 Das Ehepaar Münch hat ein Abonnement für das Stadttheater und Gerhard
Münch hat sieben Sakkos dafür, aber wenn er sich das übrige Publikum
ansieht, sieht er viele schlecht gekleidete Leute, sie legen keinen Wert auf
gute Kleidung
33.55 Gerhard Münch sagt, dass das unser Manko ist. Wenn er mit dem Zug nach
Frankfurt reist, sieht er immer Banker, die einen Sakko tragen, das ist bei uns
in Aschaffenburg inzwischen anders, hier gibt es nicht so viele Banker
34.25 Die Kleiderfabrik von seinem Schwiegervater Anton Mathes war viel größer
als die Fa. Münch & Söhne, die Firma war auch viel bekannter. Er ist früh,
1969, verstorben. In der Firma arbeitete auch der Bruder seiner Ehefrau
Gudrun, er hatte seit seinem 4. Lebensjahr Kinderlähmung. Sein Vater
investierte viel Geld zur Heilung, aber die Kinderlähmung "war nicht zu
bewältigen", er hat in der Kleiderfabrik als Finanzfachmann gearbeitet
35.30 Die Firma hatte einen Zweigbetrieb in Karlstadt. Als die Firma Münch im
nicht weit entfernten Arnstein einen Zweigbetrieb eröffnen wollte, kam es zum
Eklat mit seinem späteren Schwiegervater, weil viele der Arbeiter aus Arnstein
kamen und die Fa. Mathes Bedenken hatte, dass die Arbeitskräfte dorthin
abwandern würden
36.10 Alle Bemühungen, die Kleiderfabrik Mathes zu halten, waren erfolglos, der
Schwiegervater ist auch "den Preisen zum Opfer gefallen"
36.25 In diesem Gebäude ist jetzt die Krauss'sche Handelsschule beheimatet, in
den einzelnen Stockwerken befanden sich die riesigen Räume für die
Produktion
37.59 Schluss
Archivale
Name: Münch Gerhard
Information on confiscated assets
Further information
BZK no.
The Bundeszentralkartei (BZK) is the central register of the federal government and federal states for completed compensation proceedings. When a claim is entered into the BZK, a number is assigned for unique identification. This BZK number refers to a compensation claim, not to a person. If a person has made several claims (e.g. for themselves and for relatives), each claim generally has its own BZK number. Often, the file number of the respective compensation authority is used as the BZK number.
This number is important for making an inquiry to the relevant archive.
Delict according to Nazi judicial system
Conduct that was first criminalized under National Socialism (e.g. the Treachery Act, ‘Judenbegünstigung’) or which the Nazi judiciary prosecuted more severely (e.g. high treason).
Reason for persecution
The reasons provided here are based on the wording in the reasons for persecution stated in the sources.
Role in the proceeding
‘Verfolgt’ refers to a person who submitted a compensation claim for damage caused by Nazi persecution. If the application was submitted by a person other than the persecuted person, this other person is designated as ‘antragstellend’ and their relationship to the persecuted person, if there is one, is noted. In the sources, the persecuted person is sometimes referred to as ‘Geschädigter’ (aggrieved party) and the applicant as ‘Anspruchsberechtigter’(claimant).
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Additional information on reason for persecution
Additional or more specific information on membership and group affiliation which were the reason for the persecution.