Die beiden Ritter Jörg von Rechberg von Hohenrechberg zu Ellwangen und Wigenlos von Weichs zu Weichs, Pfleger zu Friedberg, entscheiden die seit einiger Zeit bestehenden Auseinandersetzungen zwischen dem Domkapitel des Hochstifts Augsburg wegen dessen Maier- und Bauernschaft, Müllern und anderen armen Leuten zu Jettingen auf der einen Seite und Ursula vom Stain, geborene von Güssenberg, Witwe des verstorbenen Hans vom Stain, als Trägerin der Nachkommen von Berthold vom Stain, und der beiden Brüder Diepolt und Hans vom Stain auf der anderen Seite: (1) Dekan und Domkapitel klagten, dass Ursula vom Stain die Wiesen einiger armer Leute von Unterwaldbach, Burtenbach, Jettingen und anderen Orten mit Wechseln abgenommen (abgewechselt) und sie zusammen mit einigen Tagwerken einer Moosflecken genannten Viehweide der Gemeinde Jettingen gegeben hatte. Dadurch wurde der Nutzen für das Vieh der armen Leute und den Söldnern das Mähen eingeschränkt. Ursula vom Stain behauptete in ihrer Antwort das Gegenteil. Entschieden wird, dass sich das Domkapitel und die armen Leute von Jettingen mit dem von Ursula vom Stain angebotenen Untergang zufrieden geben sollen, der zwischen dem Ausstellungsdatum dieser Urkunde und Pfingsten stattfinden wird und bei dem die jeweiligen Anteile beider Seiten mit Grenzsteinen gekennzeichnet werden. (2) Das Domkapitel klagte, dass Ursula vom Stain die Burckmäder genannten Wiesen, wo die Gemeinschaft von Jettingen immer schon das Weiderecht besaß, nicht rechtmäßig empfangen hate. Ursula vom Stain antwortete auf die Klage, dass sie sich mit diesen Wiesen nicht anders als nach dem Inhalt der Wechselbriefe verhalte. Entschieden wird, dass es bei dem zwischen Hans vom Stain und den armen Leuten von Jettingen vorgenommenen Wechsel und dem Wechselbrief bleiben soll. (3) Das Domkapitel klagte, dass die Herrschaft von Jettingen ihr Vieh auf eine Weide trieb, wo nach nach Meinung des Domkapitels seine armen Leute berechtigt seien, bei Nacht ihre Pferde und bei Tag ihre hinkenden und kranken Rinder zu weiden. Als die Bauernschaft um den 25. Juli (Sannt Jacobs tag) ihre Pferde auf diese Weide treiben wollte, wurde es ihnen verboten. Außerdem wurde das Gras verkauft und der Bauernschaft der Zugang zu dieser Weide bestritten, indem Ursula vom Stain sagte, dass die Viehweide uneingeschränkt zum Schloss gehöre. Es wird entschieden, dass die Viehweide beziehungsweise die Wiesen ausgemessen und in der Mitte in zwei gleiche Hälften aufgeteilt werden. Weil die obere Hälfte gegen den Markt etwas besser sein soll als die untere Hälfte, werden der unteren Hälfte von der oberen Hälfte zwei Tagwerke dazu gegeben. Die Wahl zwischen den beiden Hälften wird Ursula vom Stain zugesprochen. Beide Seiten werden verpflichtet, künftig sich auf ihre eigene Hälfte zu beschränken und auf die andere Hälfte kein Vieh mehr zu treiben. (4) Das Domkapitel klagte, dass seinen armen Leute von Ursula vom Stain ohne Rechtsgrundlage und unter Androhung von Geldstrafen die Lieferung von Zimmerholz, Kalk, Steinen, Ziegeln und das Viehtreiben (mit den nötzen ußzefaren) befohlen werde und auch seine Maierhöfe entgegen dem alten Herkommen davon betroffen seien. Außerdem würden ihre armen Leute mit der Lieferung von Brennholz nach dem alten Herkommen der Knöringer und anderer Herrschaftsinhaber von Jettingen beschwert. Ursula vom Stain widersprach dieser Klage und entgegnete, dass die Maier und andere Untertanen in Jettingen ihr zu allen Diensten und Geboten verpflichtet seien. Es wird entschieden, dass vier Bauern des Domkapitels in Jettingen jeweils 9 Klafter und zwei Lehner jeweils 5 1/2 Klafter Brennholz, wie solche Klafter üblicherweise in den Hof geschüttet werden, jedes Jahr Ursula vom Stain oder ihren Nachkommen an drei Terminen zwischen Ostern und Pfingsten, zwis chen dem 11. November (Sannt Martins) und dem 24. Dezember (Weihennachttagen) und zwischen dem 6. Januar (hailigen Obersten) und dem Weissen Sonntag liefern sollen, wenn sie vier Tage davor dazu aufgefordert werden. Von allen anderen Brennholz-, Zimmerholz-, Wein-, Turnierzeug- und Kalklieferungen und vom Viehtreiben werden sie befreit. Die armen Leute des Domkapitels sind aber verpflichtet, den Acker der Herrschaft, die Praittin genannt, zu düngen, zu bestellen, abzuernten und das Heu und Korn nach dem alten Herkommen einzubringen. Die anderen Dienste, die sie Ursula vom Stain, ihren Erben und Nachkommen schuldig sind, sollen sie wie die anderen Untertanen der Herrschaft Jettingen ohne Widerrede leisten. Die armen Leute des Domkapitels, deren Höfe und Güter Ursula vom Stain oder ihre Nachkommen durch Kauf erwerben oder die auf andere Art und Weise zum Schloss und Burgstall [Jettingen] kommen werden, sind gegenüber der Herrschaft zu keinen Diensten verpflichtet. Wenn Ursula vom Stain oder die ihr folgende Herrschaft außerhalb der bereits genannten Dienste den armen Leuten des Domkapitels zu Jettingen etwas gebieten kann oder etwas zu gebieten erwirbt, sollen diese Gebote den Maiern vor oder in ihren Höfen nach alter und guter Gewohnheit und unter Strafandrohung bekannt gegeben werden. Wenn zukünftig einer oder mehrere Höfe durch Ursula vom Stain oder andere Besitzer der Herrschaft Jettingen verändert, abgetrennt oder auf andere Art und Weise abgegeben werden, werden die Dienste und Hilfen der armen Leute des Domkapitels aufgehoben. (5) Das Domkapitel klagte, dass seine armen Leute, wenn sie Flachs anbauen und es im gleichen Jahr ernten wollten, dem Pfarrer den Zehnt schuldig seien oder wenn sie im Frühling den Dinkel zur Fütterung ihres Viehs ernten wollten, Ursula vom Stain von einem anderen Acker zusätzlich zu dem ihr dort gebührenden Zehnten wider Recht und Billigkeit noch so viel von dem Flachsland und Dinkelfeld nähme, wie sie möchte. Ursula vom Stain antwortete auf die Klage, dass sie das Recht dazu habe. Es wird entschieden, dass die armen Leute des Domkapitels jedes Jahr einen 1/2 Jauchert mit Flachs anbauen können, diesen auf dem Feld zwar nicht verkaufen sollen, aber dafür auch den Zehnten nicht schuldig sind. Den Zehnten sind sie ebenfalls nicht schuldig, wenn der Dinkel zur Fütterung abgeschnitten wird. (6) Das Domkapitel klagte, dass die bebauten Äcker ihrer armen Leute Ulrich Mair und Lienhart Steger bisher nicht verglichen und vergütet (widerlegt) worden seien. Ursula vom Stain antwortete auf die Klage, dass sie die Äcker bereits ausreichend zur Zufriedenheit der Bauern vergütet habe. Es wird entschieden, dass Ursula vom Stain für die bebauten Äcker das vergüten muss, was bisher noch nicht vergütet wurde. (7) Das Domkapitel klagte, dass sein Müller in der Herrenmühle zu Jettingen entgegen dem alten Herkommen am Betrieb der Wehre behindert werde. Außerdem würden er und sein Bruder nach altem Herkommen zum Eggen herangezogen. Ursula vom Stain antwortete auf die Klage, dass wegen des Betriebs der Wehre bereits eine Vereinbarung getroffen worden sei und sie es bei dieser belassen wolle. Beim Eggen ist es nach ihrer Aussage das alte Herkommen in der Herrschaft Jettingen, dass die Herrschaft darüber entscheiden kann, wer zum Eggen verpflichtet wird oder 10 ß bezahlen muss. Die 10 ß, die der Bruder des Müllers bezahlen musste, hat sie von ihm als Hausgenossen verlangt und nicht wegen des Eggens, da in der Herrschaft Jettingen jeder Hausgenosse im Jahr 10 ß anstelle von Diensten bezahlen muss. Es wird entschieden, dass es beim Betrieb der Wehre bei der getroffenen Vereinbarung bleibt und sie zwischen dem Ausstellungsdatum dieser Urkunde und Pfingsten umgesetzt werden soll. Beim Eggen sind der Müller, seine Erben und seine N achkommen der Herrschaft nur verpflichtet, mit einer Egge auszufahren. Die Herrschaft kann aber darüber entscheiden, von dem Müller das Eggen oder 10 ß zu fordern. Wenn der Müller oder andere arme Leute des Domkapitels einen oder mehr Hausgenossen haben, kann die Herrschaft 10 ß von den Hausgenossen einziehen. Alle anderen Dienste, die der Müller, seine Erben und Nachkommen der Herrschaft zu leisten haben, bleiben davon unberührt. (8) Das Domkapitel klagte, dass seine armen Leute bei den Leibfällen nur die Kleider zu geben schuldig seien, die sie am Oster- oder Pfingsttag getragen haben. Statt dessen forderte Ursula vom Stain für den Leibfall eine erhebliche Geldsumme. Es wird entschieden, wenn von den armen Leuten des Domkapitels der eine oder andere in Jettingen ein Leibeigener ist und es zukünftig zu einem Leibfall kommt, hat die Herrschaft in Jettingen Anspruch auf das Hauptrecht und den Leibfall. Wenn aber der eine oder andere Leibeigener eines anderen Leibherren ist, hat dieser Leibherr ebenso Anspruch auf das Hauptrecht und den Leibfall, die Ursula vom Stain und ihre ihre Nachkommen in der Herrschaft Jettingen nicht beanspruchen können. Wenn das, was bei einem Leibfall entrichtet werden muss, nicht vorhanden ist, soll es mit Geld oder auf andere Art und Weise bis zur Zufriedenheit der Herrschaft ausgeglichen werden. Wenn ein Leibherr vollständig oder teilweise etwas an einem Leibfall nachgibt, wird dadurch die Gerechtigkeit von Ursula vom Stain oder ihrer Nachkommen in der Herrschaft Jettingen nicht beeinträchtigt, sondern es soll ihr der Leibfall auf die genannte Art und Weise gegeben oder mit Geld verglichen werden. (9) Das Domkapitel klagte, dass es als Grund- und Vogtherr bei seinen armen Leuten keine Steuern erheben könne, weil Ursula vom Stain nicht zulasse, dass außer von ihr und ihren Nachkommen in der Herrschaft Jettingen Steuern erhoben werden. Es wird entschieden, dass das Domkapitel künftig bei seinen armen Leuten in Jettingen Steuern erheben kann. Die Marktsteuer und andere Gerechtigkeiten von Ursula vom Stain bleiben davon unbeeinträchtigt. Abschliessend wird bestimmt, dass die Bauern, Lehner, Söldner, Müller und andere arme Leute des Domkapitels der Herrschaft Jettingen gerichts- und dienstbar sind, die entsprechenden Eide schwören müssen und alle Gerechtigkeiten und Gewohnheiten der Herrschaft Jettingen einzuhalten haben.

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