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Handwerkerpatent Kaiser Karls VI. (verkündet durch Johann Frantz, Bischof zu Kostantz, und Eberhard Ludwig, Herzog zu Würtemberg)
A 2 c (Zünfte) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18)
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18) >> Bd. 8 Zünfte Allgemeines
1731 Oktober 31
Regest: Johann Frantz, Bischof zu Costantz, und Eberhard Ludwig, Herzog zu Würtemberg, verkündigen das von Kaiser Karl VI. am 16. August 1731 zu Wien erlassene Patent folgenden Inhalts:
Zur Abstellung bei den Handwerken eingeschlichener Mißbräuche, insbesondere bezüglich der Handwerks-Knechte, Söhne, Gesellen und Lehrknaben werden frühere Reichsabschiede und Mandate erneuert und verbessert.
I) Die Handwerker im H. Röm. Reich sollen unter sich keine Zusammenkünfte ohne Vorwissen ihrer ordentlichen Obrigkeit halten noch Handwerks-Artikel allein für sich ohne Genehmigung der Obrigkeit aufrichten dürfen. Solche, die sich mit Einführung eigenwilliger Gebräuche hiegegen vergehen und auch auf obrigkeitliche Ahndung nicht davon abstehen, sollen für handwerksunfähig erklärt werden.
II) Das Auftreiben der Gesellen wie auch derselben unvernünftiges Aufstehen und Austreten wird gänzlich verboten. Bei allen Handwerken und Zünften soll jeder Lehrjunge, der aufgedungen wird, seinen Geburtsbrief oder eine andere gültige Urkunde seines Herkommens an dem Ort, wo er in die Lehre tritt, in die Meister-Lade legen und, wenn er losgesprochen worden ist, den erhaltenen Lehrbrief ebenfalls, also beides im Original, der Meister-Lade zur Verwahrung geben, auch solange bis er sich an einen bestimmten Ort, aus welchem er seines Vorhabens wegen beglaubigte Nachricht unter dem dasigen Obrigkeits- und Handwerks-Siegel mitbringen muß, wirklich setzen und Meister werden will, daselbst lassen. Das Handwerk soll ihm zu seinem Fortkommen auf der Wanderschaft beglaubigte Abschrift, jedoch nur eine einzige, von seinem Geburts- und Lehrbrief gegen Erlegung von 30 bis höchstens 45 Kreuzern Schreibgebühr aushändigen, sodann ohne weiteres Entgelt ein gedrucktes Attestat nach diesem Formular:
Wir geschworene Vor- und andere Meister des Handwerks derer N. in der ... Stadt N. bescheinigen hiemit, daß gegenwärtiger Gesell Namens N., von N. gebürtig, so ... Jahr alt und von Statur ... auch ... Haaren ist, bei uns allhier ... Jahr ... Wochen in Arbeit gestanden und sich solche Zeit über treu, fleißig, still, friedsam und ehrlich, wie einem jeglichen Handwerks-Purschen gebühret, verhalten hat, welches wir also attestieren und deshalben unsere sämtliche Mitmeister diesen Gesellen nach Handwerks-Gebrauch überall zu fördern geziemend ersuchen wollen.
N., den ...
(L. S.) N., Obermeister.
(L. S.) N., Obermeister.
(L. S.) N. als Meister, wo obiger Gesell in Diensten gestanden
Wenn der Gesell auf seiner Wanderschaft in einer Stadt Arbeit sucht, so sind auf Vorweisung des Attestats alle Meister, die Gesellen brauchen, verbunden, ihn zu fördern. Der Gesell hat die mitgebrachten Abschriften vom Geburts- und Lehrbrief und das Handwerks-Attestat in die dasige Meister-Lade zur Verwahrung niederzulegen. Will er abermals weiterwandern, soll er seine Abreise seinem Meister mindestens 8 Tage vorher (wo nicht bei manchen Professionen wie z. B. Barbierern und Buchdruckern ohnedies eine längere, wohl gar 1/4 oder 1/2jährige Zeit hergebracht ist) ankündigen. Die Meister haben Achtung zu geben, ob die Entlassung etwa eines begangenen, noch nicht kundbaren Verbrechens halber begehrt werde, und solches der Obrigkeit anzuzeigen. Der Geselle muß in diesem Fall bis zu Austrag der Sache an Ort und Stelle bleiben. Wird der Gesell ordnungsmäßig entlassen, so werden ihm seine Geburts- und Auslernungs-Urkunde samt mitgebrachtem Attestat zugestellt, und es hat ihm auch das Handwerk des letzten Orts ein neues Attestat seines Wohlverhaltens gegen höchstens 15 Kreuzer Gebühren zu erteilen. Wenn einem Gesellen an dem eingewanderten Ort keine Arbeit gegeben wird, so sollen die dasigen Obermeister des Handwerks auf sein mitgebrachtes jüngstes Attestat ohne Entgelt notieren, daß zwar Umfrage gehalten worden, jedoch kein Meister gewesen sei, der einen Gesellen gebraucht hätte. Einem Gesellen, der mit Abschriften des Geburts- und Lehrbriefs und Handwerks-Attestat nicht versehen ist, soll von keinem Meister bei 20 Rthlr Strafe Arbeit gegeben oder ihm das Geschenk gehalten oder sonst eine andere Handwerks-Guttat erwiesen werden. Wenn ein Gesell, dem wegen üblen Verhaltens seine in die Lade gelegte Kundschaft vorenthalten wird, sich mit Schimpfen und Aufwiegeln betätigt, so soll er unverzüglich zur Haft gebracht und bestraft werden.
III) Wenn ein Handwerks-Gesell an einem Ort nach den daselbst üblichen und bestätigten Ordnungen sein Handwerk gelernt hat, soll er an andern Orten, auch wenn daselbst andere Ordnungen wären und weniger oder mehr Lehrjahre erfordert würden, allenthalben für redlich und tüchtig gelten.
IV) Wie schon in der Polizei-Ordnung von 1548 und 1577 versehen (= vorgesehen), sollen die Kinder der Landgerichts- und Stadtknechte, der Gerichts-, Fron-, Turm-, Holz- und Feld-Hüter, Totengräber, Nachtwächter, Bettelvögte, Gassenkehrer, Bachstecher, Schäfer und dergleichen bei dem Handwerk zugelassen werden, nur die Schinder nicht, bis auf deren 2. Generation, sofern die erste eine andere ehrliche Lebensart erwählt und mit den Ihrigen darin mindestens 30 Jahr lang continuiert hat.
V) Wenn je ein Meister oder Geselle etwas Unredliches und dem Handwerk Nachteiliges begangen zu haben bezichtigt würde, so soll weder ein Meister den andern noch ein Gesell den andern noch ein Meister den Gesellen noch ein Gesell den Meister zu schmähen, viel weniger gar auf- und umzutreiben sich unterfangen, sondern an dem Weg Rechtens sich genügen lassen. Wenn ein Meister oder Geselle sich unterstünde, einem Angeschuldigten in Treibung seines Handwerks hinderlich zu fallen, der ist als unredlich zu achten und vermittelst vorläufiger summarischer obrigkeitl. Erkenntnis von der Handwerks-Arbeit provisorisch zu suspendieren, so daß solchen, was sie andern nach ihrer Halsstarrigkeit und unverschämtem Richten zugedacht, widerfahre, solange bis die Injurie oder das Verbrechen rechtlich erörtert oder die Sache gütlich beigelegt worden ist. Wollten Meister oder Gesellen einen Jungen zum Handwerk nicht zulassen oder in bereits angetretener Lehre nicht fortfahren lassen und es würde darüber bei der Obrigkeit geklagt, so müßten sie Red und Antwort geben und obrigkeitlicher Erkenntnis gehorsamst nachkommen. Von den Meistern will man übrigens nicht vermuten, daß sie, entgegen ihrer Bürger- oder Untertanenpflicht, wider ihre Obrigkeit einen Aufstand und Rebellion zu erregen sich erfrechen sollten. Außerdem würde es keiner Obrigkeit an hinlänglichen Zwangs- und Straf-Mitteln fehlen. Wofern aber die Gesellen sich gelüsten ließen, einen Aufstand zu machen, keine Arbeit mehr zu tun oder selbst haufenweis auszutreten, so sollen dergleichen Frevler nicht allein mit Gefängnis, Zuchthaus, Festungsbau und Galeerenstrafe belegt, sondern auch nach Beschaffenheit der Umstände und hochgetriebener Renitenz und wirklich verursachten Unheils am Leben gestraft werden. Nötigenfalls wird eine Obrigkeit eine benachbarte, desgleichen die Kreis-Ausschreib-Ämter oder Kreis-Obristen bei Zeiten um Hilfe anrufen. Diese sind verpflichtet, die ausgetretenen Gesellen zu verhaften und entweder der beleidigten Obrigkeit zurückzuliefern oder wenigstens selber gehörig zu bestrafen. An keinem Ort im Reich, wohin dergleichen mutwillig aufstehende oder austretende Handwerks-Pursche ihre Zuflucht nehmen möchten, soll denselben in Wirtshäusern oder sonst Unterschleif gegeben, viel weniger Aufenthalt gestattet oder sie mit Speis und Trank versehen und nicht allein gegen die frevelnden Handwerks-Pursche selbst, sondern auch gegen die Hehler als Mithelfer mit obigen Strafen unnachläßlich verfahren werden.
VI) Der mehrfache Unterschied der Haupt- und Nebenladen hat große Confusiones und Trennung verursacht, also daß ein Handwerk an einem Ort redlicher sei als an dem andern und die Gesellen an sich ziehe. Daher werden hiemit alle solche Hauptladen oder sogenannte Haupthütten aufgehoben und den Landesherrschaften überlassen, in ihren Landen Zünfte und Laden einzurichten und diesen die Gesetze allein vorzuschreiben. Es wird verordnet, daß in Zukunft eines Landes und Orts Lade so gut und gültig wie die andere zu achten sei. Wenn es nötig erscheint, daß Handwerker von verschiedenen Orten, ja gar Territorien unter sich correspondieren, so müssen die Briefe über jedes Ortes Obrigkeit gehen, bei Vermeidung von 20 Rthler Strafe. Auf gar keine Weise dürfen Meister und Gesellen in particulari in Handwerksangelegenheiten, die vor die ganze Lade ihres Orts gehören, miteinander correspondieren, zu welchem Ende der mit dem Bruderschafts-Siegel vorgenommene Mißbrauch den Gesellen abzustellen, und da sie ohnedies keine Bruderschaft ausmachen können, dieses ihnen abzufordern und in der Meisterlade zu verwahren ist. Alle Abschickungen der Meister und Gesellen an die Zünfte anderer Orte ohne schriftliche Erlaubnis der Obrigkeit werden bei empfindlicher Ahndung untersagt.
VII) Übermaße bei Aufding-, Lossprech- und Meisterrechts-Kosten u. s. w. sollen von den Obrigkeiten beschränkt werden. Jeder wandernde Gesell soll an einem Ort nicht mehr als höchstens 4-5 gute Groschen oder 15-20 Kreuzer rhein. bar oder an Essen und Trinken auf der Herberge bekommen, hingegen des Bettelns vor den Türen sich gänzlich enthalten. Wenn aber Gesellen, deren viele nur des Geschenkes halber von einem Ort zum andern laufen, eine angebotene Arbeit anzunehmen verweigern, so wäre ihnen das Geschenk nicht zu halten.
VIII) Es sollen auch einige Strafen von geschenkten oder nichtgeschenkten +) Handwerksmeistern, Söhnen und Gesellen nicht mehr gebraucht werden.
IX) Die Handwerker gehen manchmal so genau, daß sie die Lehrjungen, denen an ihren Lehrjahren wenig Tage oder Stunden abgehen, zu dem Gesellenstand nicht wollen kommen lassen. Ferner haben sie bei deren Loszählung (= Lossprechung) allerhand seltsame, teils lächerliche, teils ärgerliche und unehrbarliche Gebräuche, wie Hobeln, Schleifen, Predigen, Taufen, wie sie es heißen, ungewöhnliche Kleider anlegen, auf der Gasse herumführen und dergl. Desgleichen halten sie auf ihre Handwerksgrüße, läppische Redensarten und dergleichen ungereimte Dinge so scharf, daß derjenige, der in Ablegung oder Erzählung derselben nur ein Wort oder Jota fehlet, sich einer gewissen Geldstrafe untergeben, weiterwandern oder wohl öfters einen fernern Weg zurücklaufen und von dem Ort, wo er hergekommen, den Gruß anders holen muß. Gemeiniglich entziehen sich die Gesellen des Montags und sonst außer den ordentlichen Feiertagen der Arbeit. Solche in dieser Ordnung benannte oder nicht benannte Mißbräuche sollen von den Obrigkeiten abgeschafft und das den Handwerks-Purschen nicht gebührende Degentragen in den Städten nicht gestattet werden. Der sogenannte Handwerks-Gruß, weil bei dem oben verordneten Attestat um so unnötiger, fällt gänzlich weg und wird der z. B. bei dem Maurer-Handwerk vorhandene Unterschied zwischen Grüßern und Brief-Trägern völlig aufgehoben. Wenn ein Gesell, welcher sein Handwerk einmal redlich erlernt hat, außer demselben sein Brot sucht, nach der Hand aber seinem erlernten Handwerk nachgehen oder Meister werden will, soll ihm das Dienen außer dem Handwerk nicht im mindesten nachteilig sein. Junge Meister dürfen nicht von den älteren mit Herumschicken, Aufwarten und dergleichen Diensten zu hart beschwert werden.
X) Bei einigen Handwerkern will der wider alle Vernunft laufende Mißbrauch einreißen, daß die Handwerksgesellen vermittelst eines unter sich selbst anmaßlich haltenden Gerichts die Meister vorstellen, denselben gebieten, ihnen allerhand ungereimte Gesetze vorschreiben und bei deren Verweigerung sie schelten, strafen und gar von ihnen aufstehen, auch die Gesellen, die nachgehends bei ihnen arbeiten, auftreiben und für unredlich halten. Das wird hiemit gänzlich abgeschafft, ebenso die sogenannten Gesellen-Gebräuche. Obrigkeiten, welche etwa seither sogenannte Gesellen-Briefe selbst ausgestellt haben, sollen solche ungesäumt wieder einziehen. Da bei einigen Zünften und Ämtern die böse Gewohnheit eingeschlichen ist und die angehenden Meister dahin beeidigt werden, daß sie der Zünfte Heimlichkeiten verschweigen sollen, so sind sie von solchem Eid hiemit völlig losgesprochen und ihnen dergleichen geheime Verbindung inskünftig bei scharfer Strafe seitens der Obrigkeit nicht mehr nachzusehen.
XI) Es ist öfters vorgekommen, daß bei den Handwerkern, insonderheit den sogenannten geschenkten +), zwischen den unehelich erzeugten und vor oder nach der priesterlichen Copulation geborenen Kindern ein Unterschied gemacht werden will, wie auch denen, die aus kaiserl. Machtvollkommenheit legitimiert worden sind, also daß teils (= teilweise) Handwerker auch diejenigen, welche auf solche Weise legitimierte oder auch von einem andern noch im ledigen Stand geschwächte Weibspersonen heiraten oder mit denen, mit welchen sie sich verunkeuschet haben, zur Straf copuliert worden sind, nicht passieren (= zulassen) wollen. Solche Unterschiede sollen aufgehoben sein.
XII) Die Handwerksgesellen werden zum Teil mit der Verfertigung ganz ungebräuchlich kostbarer und unnützlicher Meisterstücke und übermäßiger Unkosten in Zehrung und Mahlzeiten bei Vorzeigung der Stücke beschwert. Es soll der Obrigkeit eines jeden Orts überlassen werden, solche Exzesse abzuschaffen. Wenn das Handwerk ein Meisterstück, weil es den vordem üblich gewesenen unnutzbaren Meisterstücken nicht gleich ist, verwerfen wollte, soll die Obrigkeit von Amts wegen vorgreifen, und derjenige, der es gefertigt, nichts desto weniger zur Meisterschaft zugelassen werden, wenn er sonst dazu tüchtig erfunden worden. Falls auch sonst zwischen den Meistern und denen, die ein Meisterstück verfertigt haben, Streit vorfiele, ob es recht und gut gemacht sei, so steht es der Obrigkeit zu, dasselbe der Beurteilung uninteressierten Handwerks eines anderen Orts zu untergeben oder mit Zuziehung sattsam sachverständiger Person zu entscheiden. Der, welcher an einem Ort das Meisterstück gemacht hat und Meister geworden ist, soll, wenn er sich an einem andern Ort setzen will, daselbst ohne Machung eines neuen Meisterstücks zugelassen werden, wenn nicht die Obrigkeit des Orts aus erheblichen Ursachen ein anderes notwendig findet.
XIII) Es mögen sich auch folgende Unordnung und Mißbräuche einschleichen:
1) Die Rot- und Weißgerber treiben einander auf wegen Verarbeitung der Hundshäute und sonstiger unnötiger Irrungen (= Streitigkeiten), und diejenigen, die dergleichen nicht verarbeiten, halten die andern für unredlich und wollen haben, daß die Handwerks-Pursche, welche an dergleichen Orten gearbeitet haben, von den andern sich abstrafen lassen sollen. Wenn ein Handwerker einen Hund oder Katze tot schlägt oder ertränkt, ja nur ein Aas anrührt und dergleichen, so will man daraus eine Unredlichkeit erzwingen, sogar daß die Abdecker sich unterstehen dürfen, solche Handwerker mit Steckung des Messers und auf andere Weise zu beschimpfen und so zu nötigen, daß sie sich mit einem Stück Geld gegen sie abfinden müssen. Unter dem falschen Wahn daraus fließender, jedoch ganz unbegründeter Unredlichkeit ist selbst denen, welche öfters, auch wohl bloß unwissend und unversehens mit Abdeckern getrunken, gefahren oder gegangen oder einen von ihnen oder ihr Weib und Kinder zu Grabe tragen helfen oder von der Leichenbegleitung gewesen oder die solche Personen, welche sich aus offenbarer und von den Gerichten dafür erkannter Melancholie ums Leben bringen, abschneiden, aufheben und zu Grabe tragen oder die in Kriegs- und Pestzeiten in Ermangelung eines Abdeckers oder bei großen Viehseuchen das Vieh aus den Ställen schaffen und vergraben, ferner Tuchmachern, die Raufwolle ++) verarbeiten, ja öfters gar noch aller dieser Leute Kindern der größte Streit und Verdruß erregt worden.
2) Die Handwerker haben diese Gewohnheit, daß, was ein Meister angefangen hat, der andere nicht ausmachen soll. Insonderheit die Bader oder Wundärzte machen Schwierigkeiten, das Band aufzulösen oder die Kur eines Verwundeten, die ein anderer angefangen hat, auf Begehren des Beschädigten zu übernehmen und zu vollenden. Oder wird den Barbierern und Badern ein Vorwurf gemacht, wenn sie die Maleficanten, die auf der Tortur gewesen sind, in die Kur nehmen. Auch wollen Zünfte wegen eines von den Eltern begangenen Verbrechens den Sohn an der Fortsetzung des Handwerks hindern. Wenn man von einem Meister aussteht und einen andern gebrauchen will, wenn auch jener bereits bezahlt ist, so verweigert dieser (der andere) die Arbeit. Was ein Meister, wie Schlosser, Schmied und dergleichen, verfertigt oder was sonst gemacht erkauft wird, das wollen andere nicht anschlagen noch sonst ihre Arbeit daran legen.
3) Handwerker vereinigen und vergleichen sich zu Zeiten miteinander eigenmächtig über den Preis ihrer Arbeit, daß unter ihnen keiner solche geringer verkaufen oder um keinen geringeren Taglohn arbeiten soll oder wenigstens einer dem andern zu wissen tut, wie teuer er seine Ware geboten hat.
4) Ein Handwerker, der wegen ihm beigemessenen Verbrechens zu Gefängnis und Inquisition gekommen ist, seine Unschuld aber durch ausgestandene Tortur oder andere rechtliche Wege ausgeführt hat und darüber obrigkeitlich absolviert worden ist, wird nicht geduldet.
5) Wenn ein Meister oder sein Weib ein Verbrechen begangen hat und nach ausgestandener Strafe wieder angenommen wird, werden solche Personen, ja, was noch unverantwortlicher, ganze Zünfte für unredlich gehalten und die Handwerks-Pursche stehen auf und treiben einander um.
6) An etlichen Orten will man keinen zur Meisterschaft kommen lassen, der bereits verheiratet ist. An manchen Orten darf ein unverheirateter Gesell, wenn er zum Meister angenommen ist, das Handwerk nicht eher und anders wirklich treiben noch den Laden eröffnen, er tue denn, und zwar ins Handwerk, heiraten.
7) An manchen Orten ist der Mißbrauch, daß ein junger Meister, obschon er auf seinem Handwerk viele Jahre gewandert ist, gleichwohl das Handwerk nicht treiben darf, bis er seine gewisse Jahre (= eine bestimmte Zahl von Jahren) an dem Ort gewohnet und die sogenannte Bruderschaft etliche Jahre besucht oder sich durch ein gewisses Stück Geld in die Zunft eingekauft hat, während den Meisters-Söhnen des Orts wie auch denen, die Meisters-Witwen oder -Töchter heiraten, verschiedenes zum Vorteil, in Verkürzung der Wanderjahre, dann auch bei dem Meisterstück, zu nicht geringem Schaden des hierdurch mit schlechten Handwerksleuten beladenen gemeinen Wesens zugestanden werden will. Ferner will an diesen und jenen Orten nicht mehr als die einmal eingeführte Zahl der Meister geduldet oder keinem, obwohl vorzüglich fleißigen und geschickten, darum auch häufigere Arbeit bekommenden Meister mehr Gesellen als seine Mitmeister zu halten gestattet werden.
8) An verschiedenen Orten im Reich kommen bei dem Papiermacher-Handwerk die Mißbräuche vor, daß, wenn die hohe Obrigkeit aus bewegenden Ursachen den Papiermachern eine Freiheit gibt, daß in gewissem Bezirk ihrer Lande und Gebiets fremden Papiermachern die Lumpen zu sammeln nicht solle gestattet werden, die andern einen solchen Meister, welcher diese Freiheit erlangt hat, oder denjenigen, welcher einen, der eine Papiermühle gepachtet hat, nach Ablauf der Pachtjahre überbietet, für unredlich halten, die Gesellen daselbst nicht arbeiten noch die Jungen, die allda gelernt haben, passieren lassen wollen, sodann daß gedachte Gesellen den Meistern absonderliche Maße geben, wie sie selbige speisen und sonst tractieren sollen; ingleichen, daß sie in ihren Sachen keine obrigkeitliche Erkenntnis noch Attestat als von ihrem Handwerk zulassen wollen, ferner die Gesellen bei Meistern, die sich nicht des Glättens mit dem Stein, sondern des Hammerschlags bedienen, nicht arbeiten, sondern sie für unehrlich halten wollen.
Die Erfahrung bezeugt, was für große Ungelegenheiten durch solche und andere hier nicht genannte Mißbräuche, Unordnungen und Mutwillen durch das ganze H. Röm. Reich verursacht werden. Die Obrigkeiten werden aufgefordert, sie abzustellen und gegen die Übertreter nach Anleitung dieser neuen Verordnung mit allem Ernst wirklich zu verfahren und insonderheit darauf zu sehen, daß die guten Künstler und Handwerker wie auch die jüngeren Meister insgemein nicht dergestalt, wie an vielen Orten im Gebrauch ist, mit den Zunft- oder Aufnahms-Kosten, Innungs-Geldern und dergleichen übernommen und dadurch die Orte selbst mit kunstreichen und geschickten Leuten sich zu versehen gehindert werden. Einem jeden Stand bleibt ohnedies unbenommen, einen guten Arbeiter und Künstler auch wider der Zunft Willen anzunehmen und zur Meisterschaft kommen zu lassen, besonders an den Orten, wo so viel Meister, die eine Zunft machen könnten, nicht wären.
XIV) Es ist nötig, mit Hintansetzung der bisherigen Langmut Meistern und Gesellen den rechten Ernst zu zeigen. Wenn sie fortfahren sollten, sich zügellos aufzuführen, so dürften Kaiser und Reich leicht Gelegenheit nehmen, nach dem Beispiel anderer Reiche alle Zünfte insgesamt aufzuheben und abzuschaffen. Diese erneuerten Reichsordnungen sollen den Handwerksmeistern und Gesellen jährlich vorgelesen, auf jeder Zunftstube öffentlich angeschlagen, besonders aber den Lehrjungen bei ihrer Lossprechung deutlich vorgehalten und sie darüber zu deren künftiger Festhaltung ins Gelübd genommen werden.
XV) Zwecks Durchführung dieser erneuerten und verbesserten Ordnung sollen die Kreise und Stände mit ihren Nachbarn gute Verbindung halten und insbesondere übermäßige Lohnforderungen der Handwerker verhindern.
Ad mandatum Sacrae Caesareae Majestatis
Carl Vt. J. A. Graf von Metsch.
proprium E. Freyh. von Glandorff.
Beschreibstoff: Pap.; gedruckt
Archivale
Bemerkungen: Überformat M. 628 Schr. 15
+) Fischer: Schw. WB: "Geschenkte Handwerke" sind solche, in deren Herberge ein Zehrpfennig für die Weiterreise gewährt wurde, also die reicheren im Gegensatz zu den "ungeschenkten".
++) Fischer: Schw. WB, VI 2: Die Raufwolle kommt entweder von kranken Tieren, die die Wolle im Lauf des Jahres abwerfen, die der Schäfer sammelt, oder von den Fellen geschlachteter oder gestorbener Tiere.
Genetisches Stadium: Or.
Information on confiscated assets
Further information
BZK no.
The Bundeszentralkartei (BZK) is the central register of the federal government and federal states for completed compensation proceedings. When a claim is entered into the BZK, a number is assigned for unique identification. This BZK number refers to a compensation claim, not to a person. If a person has made several claims (e.g. for themselves and for relatives), each claim generally has its own BZK number. Often, the file number of the respective compensation authority is used as the BZK number.
This number is important for making an inquiry to the relevant archive.
Delict according to Nazi judicial system
Conduct that was first criminalized under National Socialism (e.g. the Treachery Act, ‘Judenbegünstigung’) or which the Nazi judiciary prosecuted more severely (e.g. high treason).
Reason for persecution
The reasons provided here are based on the wording in the reasons for persecution stated in the sources.
Role in the proceeding
‘Verfolgt’ refers to a person who submitted a compensation claim for damage caused by Nazi persecution. If the application was submitted by a person other than the persecuted person, this other person is designated as ‘antragstellend’ and their relationship to the persecuted person, if there is one, is noted. In the sources, the persecuted person is sometimes referred to as ‘Geschädigter’ (aggrieved party) and the applicant as ‘Anspruchsberechtigter’(claimant).
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Additional information on reason for persecution
Additional or more specific information on membership and group affiliation which were the reason for the persecution.