Kaiser Joseph II. bekundet, dass er auf Bitten von Hauptmann, Räten und Ausschuss der fränkischen Reichsritterschaft "Orts am Ottenwald", die die Errichtung einer "Fräulein-Stiftung" in Erwägung ziehen, zur Beförderung wahren Adels, Edelmuts und einer ausgezeichneten, rechtschaffenen Denkungs- und Lebensart dem Ritterkanton das Recht verleiht, "einen eigenen Kantons-Orden" entsprechend dem Entwurf der Intervenienten zu stiften, und dazu "folgende Artikel und Satzungen" erlässt: [1.] Der Orden hat folgende Gestalt: "ein weiß emaillirtes, mit Gold eingefaßtes, bestraltes Kreutz, belegt mit einem kleinen goldenen runden Schilde, in dessen Mitte der kaiserliche doppelte Adler erscheint. Dieser ist mit seinen gewöhnlichen Insignien geziert, auf der Brust aber trägt er unser erzherzoglich-oesterreichisches Wappen und auf den vier Kreutz-Theilen sind die Worte Caesari et Imperio in Gold zu sehen und zu lesen. Die Gegenseite dieses Kreutzes ist ebenfalls mit einem kleinen, runden Schilde versehen; dieser aber ist grün, mit Gold eingefaßt und in dessen Mitte ein weißes, rechtsschreitendes Pferd ersichtlich und auf dem Quertheile des Kreutzes ist das Wort Libertas in Gold zu lesen, wie all solches in diesem unserm kaiserlichen Gnadenbriefe mit Farben eigentlich entworfen und gemahlet ist. Dieses unser kaiserliches Gnadenzeichen soll sodann an einem breiten rothen Band mit schmaler weißer Einfassung vom Ritterhauptmann, Räthen und Ausschuß vorn über der Brust in größerer", von den übrigen Ordensmitgliedern hingegen in kleinerer Version im vierten Knopfloch "einer Uniform, welche der Kanton sich selbst hierzu wählen mag, getragen werden". [2.] Voraussetzungen für die Verleihung des Ordens sind die Inkorporation beim Ritterort Odenwald, der wirkliche Besitz eines inkatastrierten Ritterguts, die Eigenschaft als wirklicher, volljähriger Chef einer Familie mit Sitz und Stimme im Plenarkonvent und altadlige Abkunft von acht adligen Ahnen oder wenigstens die Zugehörigkeit zum "corpus equestris" seit unvordenklichen Jahren. In Ausnahmefällen darf das Ordenskapitel den Orden auch Personen verleihen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, wenn sie sich "um das ritterschaftliche Wesen" besondere Verdienste erworben haben. Desgleichen darf der Orden unter Umständen auch "noch nicht ganz majorennen Rittern, welche Chefs ihrer Familie sind", verliehen werden. [3.] Von den Mitgliedern des Ordens wird erwartet, dass sie unausgesetzt nach adligen Tugenden streben, die kaiserlichen Interessen fördern, für die Verfassung der Reichsritterschaft und insbesondere des Kantons Odenwald eintreten und die Statuten dieses Ordens beherzigen. [4.] Da der Orden der Kantonskasse nicht zur Last fallen soll, erhält das Kapitel von jedem Empfänger 75 Gulden für das Ordenszeichen und 25 Gulden für die Statuten. Außerdem hat jedes Mitglied jährlich 10 Gulden an die Ordenskasse zu entrichten. [5.] Aus diesen Erträgnissen sind die Bedürfnisse des Ordens zu bestreiten. Überschüsse sind verzinslich anzulegen, und wenn durch die Zinsen "eine jährliche Revenue" von 1500 Gulden existiert, soll davon "eine adeliche Fräulein-Stiftung für acht ottenwaldische Töchter, deren jeder jährlich einhundertfünfzig Gulden zu ihrem Unterhalt auszuwerfen sind", errichtet werden. Die Statuten des zu gründenden Fräuleinstifts sind dem Kaiser zur Bestätigung und Genehmigung vorzulegen. [6.] Mitglieder, die trotz Mahnung mit ihren Beiträgen drei Jahre im Rückstand sind, werden aus dem Orden ausgeschlossen, verlieren damit alle ihre bisherigen Einlagen und werden bei einer eventuellen Wiederaufnahme wie Neuaufzunehmende behandelt. [7.] Die Einhaltung der Statuten wird von einem eigenen Kapitel überwacht, das aus dem Ritterhauptmann, den Ritterräten, dem Ausschuss und vier Kapitularen bestehen soll. Die erste Wahl der Kapitularen geschieht durch das Ritterdirektorium, hernach durch die Generalkongregation "iuxta maioritatem votorum". Die Ergebnisse der Wahlen sind dem Kaiser anzuzeigen. [8.] Das Kapitel hat die Aufgabe, über die Erhaltung der Würde des Ordens zu achten, über die Würdigkeit der aufzunehmenden Kandidaten entsprechend Artikel 2 zu wachen, das demnächst zu errichtende Fräuleinstift "zu manutenieren", alle Ordensangelegenheiten zu regeln, vor allem die Generalkongregationstage einzuberufen, Ordensbedienstete anzunehmen, zu instruieren und zu entlassen, die Ordenszeichen auszuteilen und wieder entgegenzunehmen sowie alles zu tun, was dem Orden zum Nutzen gereichen mag. Gegen Mehrheitsbeschlüsse des Kapitels ist nur Rekurs an den Kaiser zulässig. [9.] Kapitel wird gehalten so oft wie nötig; über die Abhaltung von Generalkongregationen entscheidet das Kapitel. Der Generalkongregation ist die Ordensrechnung vorzulegen, außerdem berät sie über Verbesserungen. Beschlussfassungen, die ihr durch das Kapitel delegiert werden, sollen mit Mehrheit, dazu in Stille und Güte gefasst werden; die Stimmen abwesender oder nicht durch Bevollmächtigte vertretener Mitglieder werden "pro consentiente cum maioribus" gehalten. [10.] Weil die Ordensstiftung die Pflege adliger Tugenden und einen rechtschaffenen Lebenswandel bezweckt, sollen Mitglieder, die in eine "Criminal-Inquisition" verfallen und noch nicht rehabilitiert sind, sich auf notorische Missheiraten einlassen, von einem der höchsten Reichsgerichte "pro podigro" erklärt oder davon bedroht sind oder sonst durch eigene Schulden in Administration geraten, sich zum Schaden des Ordens unehrenhaft aufführen, gegen die Ordens- und Ritterpflichten verstoßen, sich an ritterschaftlichen Steuern vergreifen oder Hauptmann und Räten die gebührende Achtung versagen, ihre Güter abgeben und im Kanton nichts mehr behalten sowie die Ordenszeichen verkaufen, verpfänden oder öffentlich schmähen, nach vorangegangener unparteiischer Untersuchung oder nach sonstiger "Notorietät" aus dem Orden ausgeschlossen und aus dem Ordensbuch getilgt werden. Rekurs an den Kaiser bleibt vorbehalten. [11.] Wer sich ohne Vorwissen und Konsens des Kapitels ein Ordenszeichen machen lässt, dem wird es abgenommen und nie wieder erteilt. [12.] Die Ordenszeichen sind als Ordensgut anzusehen und bei Todesfällen dem Kapitel zurückzugeben oder dem volljährigen Sohn eines verstorbenen Vaters gegen Erlegung der Statutengelder auszuhändigen. [13.] Die Rechnungen sind durch das Kapitel jährlich abzuhören und der nächsten Generalkongregation vorzulegen; dabei hat jedes Mitglied das Recht, Verbesserungsvorschläge zu machen. [14.] Das Kapitel darf sich ein eigenes Ordenssiegel mit den Ordensinsignien und der Umschrift "Reichsritterschaftlich Ottenwaldisches Ordens-Sigill" beilegen. Pön: 150 Mark lötigen Goldes, je zur Hälfte an die kaiserliche Kammer und an den Ritterkanton Odenwald.