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Eigentumsstreit über ein Pferd / Besitzentfremdung
Schöffengericht Kerpen >> 1 Zivilsachen >> 1.2 Erb- und Besitzstreitigkeiten
1674
Enthält: Nachdem am 26.6.1674 Quirin Bergerhausen, Halfe zu Onnau, seine Klage gegen Michael Seiger (alias: Sieger) eingereicht hatte, kam es am 5.7. zur Verhandlung. Dem Beklagten wurde vorgeworfen, ein Pferd des Klägers weggenommen. Seiger entgegnet, dass er es als Ersatz für sein eigenes Pferd mitgenommen habe. Was geschehen war, geht aus den "Facti species", einer Darstellung des Sachverhalts für den unparteiischen Rechtsgelehrten, hervor: Beim Durchzug der Kriegstruppen, die seinen Hof plünderten und die Ernte verdarben, musste Quirin Berghausen mit seiner Familie von seinem außerhalb des Dorfes am Busch gelegenen Hof [zu Onnau] fliehen. Bei der Rückkehr hatte er vor seinem Hof ein von den Soldaten zurückgelassenes, weil lahmes Pferd vorgefunden, das er mit auf den Hof nahm und pflegte, um es für sich einzusetzen. Als bald darauf wieder Truppen seinen Hof überfielen, um ihm auch noch das Letzte zu rauben und zu verderben, musste er wieder fliehen, das Pferd zurücklassend. Die Soldaten zogen ab, ließen aber das Pferd da. Michael Seiger [NB: aus einem anderen Territorium, d. h. aus der Herrschaft Kerpen, während Onnau im Kurkölnischen lag], der an dem, bis auf einen anwesenden Knecht unbewohnten Hof vorbeikam [NB: ein adliges Gut, nämlich der Freiherren von dem Bongardt], nahm es ohne Rücksicht auf die Ermahnungen des Knechts mit, um es sich seinerseits anzueignen. Nach seiner Rückkehr forderte Quirin Bergerhausen das Pferd natürlich zurück, zunächst in Gutem, dann, als Seiger sich weigerte, und nachdem die Kriegsgefahr vorüber war, durch eine Klage am Gericht. Der Beklagte weigert sich abermals, bekennt sich bestenfalls dazu, die Kosten für die Kurierung des Pferds schuldig zu sein. Es gilt also zu entscheiden, ob der Beklagte das Pferd unentgeltlich zurückgeben oder ob ihm ganz oder teilweise ein Recht daran zustehe und er nur die Heilungskosten erstatten soll. Das Gericht beschließt mit dem Votum des unparteiischen Rechtsgelehrten, dass Michael Seiger das Pferd nicht hätte wegnehmen dürften, da der Kläger es zuerst in Besitz genommen habe ("primus occupans"). Er müsse es, allerdings unter ermäßigten Gerichtskosten, restituieren [zurückerstatten]. Der Beklagte ist nicht zufrieden und appelliert, der Kläger widerspricht der Appellation und fordert Vollstreckung des Urteils. Das Gericht entscheidet mit dem Votum des Rechtsgelehrten, dass vorläufig, auch wegen Geringfügigkeit, eine Kaution des Beklagten genüge. In der Zwischenzeit (22.7.) fand auch eine Besichtigung des Zustands der Felder im Gebiet von Blatzheim durch den dortigen Statthalter, Johann Bolhem, statt. Es werden etliche Morgen Land (die aufgezählt werden) als in so schlechtem Zustand vorgefunden, dass sie kaum Ertrag hervorbrächten. Gerade bei Quirin Bergerhausen, dem Halfen des Bongardtshofs, wurden etwa 15 Morgen durch im vergangenen Winter bei Blatzheim liegende Truppen zertreten und die Hälfte der Früchte vernichtet. 3 1/2 Morgen Gerste wurde gar völlig zerstört, so dass nichts mehr als Unkraut davon abfiel. Am 14.8. schickt Quirin Bergerhausen Wilhelm Duisterwalt als Vertreter vor Gericht, damit, nachdem über die Appellation noch nicht entschieden ist, das bereits gefällte Urteil endlich durchgesetzt und das Pferd, samt Erstattung der durch den frivolen Verzug entstandenen Kosten, zurückgegeben werde. Michael Seiger, der persönlich erscheint, lenkt ein. Der Gerichtsbote soll das Pferd abholen und dem Kläger zuführen. Bemerkenswert ist die angehängte Gerichtskostenrechnung: An Gerichtsgebühren entfielen demnach vom 26.6. bis zum 14.8. 24 Gulden. Quirin Bergerhausen macht für die durch die Wegnahme des Pferds versäumten 31 Arbeitstage Arbeitskosten von 15 Gulden 12 Albus (12 Albus pro Tag) geltend, die das Gericht auf 12 Gulden 22 Albus herabsetzt, während es die Gerichtskosten in ihrer Höhe belässt.
Schriftstücke: 5 (+1)
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BZK no.
The Bundeszentralkartei (BZK) is the central register of the federal government and federal states for completed compensation proceedings. When a claim is entered into the BZK, a number is assigned for unique identification. This BZK number refers to a compensation claim, not to a person. If a person has made several claims (e.g. for themselves and for relatives), each claim generally has its own BZK number. Often, the file number of the respective compensation authority is used as the BZK number.
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Delict according to Nazi judicial system
Conduct that was first criminalized under National Socialism (e.g. the Treachery Act, ‘Judenbegünstigung’) or which the Nazi judiciary prosecuted more severely (e.g. high treason).
Reason for persecution
The reasons provided here are based on the wording in the reasons for persecution stated in the sources.
Role in the proceeding
‘Verfolgt’ refers to a person who submitted a compensation claim for damage caused by Nazi persecution. If the application was submitted by a person other than the persecuted person, this other person is designated as ‘antragstellend’ and their relationship to the persecuted person, if there is one, is noted. In the sources, the persecuted person is sometimes referred to as ‘Geschädigter’ (aggrieved party) and the applicant as ‘Anspruchsberechtigter’(claimant).
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