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Briefe des Grafen Stanhope aus dem Zeitraum der Ungarnreise samt einem Reisejournal
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E 29/II Tucher/Gesamtgeschlecht und Jüngere Linie/Akten und Rechnungen
Tucher/Gesamtgeschlecht und Jüngere Linie/Akten und Rechnungen
16.06.1831 - 31.05.1832
Enthält:
1831 Juni 16: Brief des Grafen Stanhope aus München an den Grafen Sedlnitsky (= Josef von Sedlnitzky) in Wien.
Man kennt einander von einem früheren Besuch des Schreibers beim Adressaten. Empfehlung für den Baron (Gottlieb) von Tucher, den jetzigen Vormund Kaspar Hausers, dessen Schicksal dem Adressaten sicher bekannt ist, weil Fürst von Metternich im letzten Jahr Briefe von bayerischen Gerichten über Hauser erhalten hatte, derentwegen er Erkundigungen über den Pfarrer und Domprediger (Johann Samuel) Müller in Preßburg hatte einholen lassen. Tucher wird dem Adressaten Aktenstücke vorlegen, welche beweisen, dass Hausers Erzählungen weder Betrug noch Täuschung beinhalten. Seine Muttersprache scheint Ungarisch zu sein, weswegen er und Tucher eine Reise nach Ungarn unternehmen, und zwar, um Aufsehen zu vermeiden, unter Pseudonym: Hauser als Karl Heinlein, Tucher als Gustav von Taufstetten. Weiter wird der Gendarmerieoffizier (Joseph) Hickel mitreisen. Für Ungarn wird um die Bereitstellung eines österreichischen Polizisten erbeten, der der ungarischen Sprache mächtig ist. Hauser ist nach Meinung des Schreibers viel merkwürdiger und interessanter (...) wie der Mann mit der eisernen Maske.
(1831) Juni 30: Brief des Grafen Stanhope aus München an Baron (G. v. Tucher).
Erwähnt Briefwechsel , u.a. auch mit Feuerbach in Ansbach. Vorsichtsmaßnahmen für die Reise: Ein Zusammentreffen in Schwabach ist nicht ratsam, da der Ansbacher Kutscher erkennen würde, dass Hauser nicht nach Nürnberg gebracht wird. Besser wäre, Adressat würde erzählen, er nehme Hauser auf eine Reise in die Schweiz mit (vgl. Nr. 2845 Prod. 1), wobei Schreiber gebeten habe, ihn in der Nähe des Bodensees zu besuchen. Man müsse jedoch, so der Plan der Ablenkung, ausstreuen, dass Adressat über Regensburg reisen müsse, um dort einen Freund zu besuchen. - Belgienkrise erwähnt und die Befürchtung, es könne zum Krieg kommen. - Vielleicht reist Schreiber selber nach Wien, wo er gewöhnlich im Wilden Mann in der Kärntnerstraße logiert.
1831 Juli 10: Brief des Grafen Stanhope aus München an Staatsrat (von Feuerbach).
Dank für den Brief vom 3. und das darin geäußerte Vertrauen. Schreiber hatte sich an Tucher gewandt, der aber erst am 3. aus Neumarkt antwortete. Vielleicht müsste das Datum der 4. sein, da K(aspar) ja erst am 3. das Haus des Adressaten verlassen hatte. Tucher schrieb: "mit Heinlein geht es ganz vortrefflich, nur eine kleine Uebelkeit ging sehr schnell vorüber." Übernachtung war in Daßwang vorgesehen, sodass die Reisenden wohl am 6. oder 7. die österreichische Grenze erreicht haben. - Schreiber konnte dem König noch nicht vorgestellt werden, da der englische Gesandte momentan nicht hier ist. Kriegsgefahr erwähnt.
1831 Juli 12: Brief des Grafen Stanhope aus München an Staatsrat (von Feuerbach).
Anbei die Abschrift eines Briefes des Barons von T(ucher), worin er den Abbruch der Reise meldet. Weiter erhielt Schreiber einen Brief von Lord (Percy) Strangford, dem ehemaligen Botschafter in Konstantinopel, der den Fall Hauser der Königin (Adelheid von Sachsen-Meiningen) geschildert hat, welche lebhaften Anteil daran nimmt. Man wird ihr das Werk des Adressaten, sobald es erschienen ist, zusenden können (s. Bemerkungen).
Darin:
Abschrift des Briefes von 'Taufstetten' aus Wien vom 8. Juli.
Schreiber ist hier vor 2 Stunden angekommen. Adressat wird schon aus den Zeitungen erfahren haben, dass die Cholera bereits in Erlau, ja sogar schon hinter Erlau auftritt. So wird man die Ungarnreise aufgeben müssen. Schreiber hofft, den Adressaten in München anzutreffen, wo er ihm urkundliche Nachrichten vorlegen will. Rückreise über Salzburg und Altötting geplant.
1831 August 7: Brief des Grafen Stanhope aus Stuttgart (an Tucher).
Dank für die Zusendung des Reisejournals (s. nachfolgend). Die Abrechnung soll bis zur Rückkehr des Schreibers nach Nürnberg aufbewahrt werden. H(ickel) soll nur die Hälfte seines Lohnes erhalten haben? Schreiber will ihm den Ausfall ersetzen. Dies gilt auch für die geplante, künftige (Ungarn-) Reise. Anbei ein Brief mit einem Wechsel (hier nicht vorhanden). - Erinnerung an eine Unterredung mit K(aspar) am Abend vor der Abreise. Die gelehrte Bildung, insbesondere das Erlernen des Lateinischen, ist wohl nichts für ihn. (Ausführliche Erörterung einer pragmatisch ausgerichteten Ausbildung). - Wann kommt der Präsident (Feuerbach) zurück nach A(nsbach)? Wann ist das Kupfer-Blatt fertig, an dem F. arbeitet? (= Friedrich Fleischmann, s. Nr. 2847) Ist der Bürgermeister (Jakob Friedrich Binder) darüber informiert, dass zunächst keine Abzüge davon hergestellt werden sollen? Diese richtige Entscheidung verdankt man einer Bemerkung Kaspars. - Adresse hier ist zu der Besorgung des H H. Kellers Söhne.
Dabei:
1831 Juli 3 bis 12: Journal der Ungarnreise.
Juli 3: Bis über Feucht, Ochenbruck. Neumarkt. Daßwang. Beschreibung der Übelkeit (Hausers), auch in der Folge dergleichen Schilderungen (hier weggelassen).
Juli 4: Schambach, Hemau, Regensburg, Straubing.
Juli 5: Pleinting, Vilshofen, Schärding.
Juli 6: Sigharding.
Juli 7: 36 Stunden Fahrt.
Juli 8: St. Pölten (dort war übernachtet worden), Wien.
Juli 9: Aufenthalt in Wien.
Juli 10: Fahrt nach Preßburg. Auf der Fahrt dorthin äußerte Hauser bei Petronell den Wunsch, auf der Rückreise das Schloss des Grafen Traun in Petronell zu besichtigen - "so ein Schloß müßte es seyn". In Preßburg fiel ihm ein großer, runder, weißer Hut auf - so einen will er besessen haben. Alles Andere ließ ihn unberührt: die slowakische Sprache sowohl als die Tracht des gemeinen Landmanns. In einer Schenke hörte er eine Frau reden, von der er sagte, der Klang ihrer Stimme sey gleich der des Mannes, welcher ihn gebracht.
Juli 11: Nach dem Frühstück Abfahrt nach Petronell, Besichtigung des Schlosses. - Skizze mit dem Grundriss des Schlosses. - Hauser erkennt Unterschiede zu 'seinem' Schloss. So waren die Türme dort höher etc.
Juli 12: In der Esterhazyschen Gallerie (= Wien) sah Hauser das Porträt eines Mannes in niederländischer Tracht - datiert 1607. Dieses oder ein solches will er schon gesehen haben.
Auf der ganzen Rückreise nichts zu bemerken.
1831 August 22: Brief des Grafen Stanhope aus Stuttgart an Gottlieb von Tucher in Nürnberg.
Verweis auf den Brief vom 7. d.M. (s.o.). Anbei ein Kuvert mit Brief an die Herren Lödel und Merkel. Bitte um Nachricht, u.a. ob der Präsident (Feuerbach) in Ansbach ist. Post bitte an den Adler in Würzburg adressieren, wohin Schreiber morgen abreist. PS: Bitte an Herrn Merkel, die Post für den Schreiber aufzuheben.
1832 Januar 22: Brief des Grafen Stanhope aus Mannheim (an Feuerbach).
Schreiber hatte eine Audienz bei der Großherzogin (Stephanie), die das Thema Hauser nur oberflächlich kannte und sich auch entsprechend äußerte. Weitere Erkundigungen des Schreibers bei Hofe über die beiden früh verstorbenen Prinzen. Das Buch des Adressaten (s. Bemerkungen zu Prod. 4) über Hauser wird bei Hof gelesen. Die Großherzogin äußerte nach der Lektüre den Wunsch, Kaspar zu sehen. Aufregung bei einigen Hofleuten über die Gerüchte, die aus Bayern (!) stammen. Mehrere Hofdamen können bezeugen, dass der Prinz von 1812 wegen einer Zangengeburt eine Verletzung auf der rechten Seite des Kopfes hatte, welche auch der tote Prinz aufwies.- Plan, Hauser nach Baden zu bringen. Ein Plan des Schreibers, nach England zu reisen, könnte sich wegen der angeblich schon in London auftretenden Cholera zerschlagen.
1832 April 25: Brief des Grafen Stanhope aus Chevening an Feuerbach in Ansbach.
Reise des H (= 2. Ungarnreise Hickels) erwähnt. Ausführliche Erörterung der Erbprinzentheorie. Auseinandersetzung mit einer Schrift (Georg Friedrich) Daumers (= "Mitteilungen über Kaspar Hauser" 1832).
Darin:
Abschrift der englischen Dankesadresse König Ludwigs I. an Stanhope für dessen Zusendung seiner englischen Übersetzung von Feuerbach's Werk.
1832 Mai 31: Brief des Grafen Stanhope aus Chevening (an Feuerbach).
Dank für den Brief vom 12. d.M. Die Reise Hickels hat Gewissheit darüber erbracht, dass Hauser mit Ungarn nichts zu tun hat. Zweifel an den Sprachkenntnissen Hausers - ob er die ungarischen Worte, die er bei (Otto von) Pirch wiedererkannte, nicht schon vorher anderswo gehört hat? Hat er nur Theater gespielt und sich bloß verstellt? Zweifel an der Erbprinzentheorie: Für den 2. Prinzen von Baden (Alexander, 1816-1817) ist Hauser zu alt und der erste Prinz (gest. 1812) starb in den Armen seiner Großmutter (Amalie), und die Leiche wurde seziert, sodass hier ein Betrug ausgeschlossen erscheint. - Andere Themen, u.a. politische Entwicklung usf.
Umfang/Beschreibung: 10 Prod
Archivale
Bemerkungen: Acc.Nr. D 1/2014
Bemerkungen: Prod 1: Teilzitat daraus bei Johannes Mayer: Lord Stanhope - Der Gegenspieler Kaspar Hausers, Stuttgart 1988, S. 334, 336. Domprediger Müller war der Urheber der 'Kindsvertauschungstheorie'
Bemerkungen: Prod 2: Jahreszahl abgerissen, wegen des Reiseplans aber unschwer einzuordnen
Bemerkungen: Prod. 4: Das Werk Feuerbachs: "Caspar Hauser. Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben des Menschen." 1832 - erschien auch in englischer Übersetzung
Bemerkungen: Prod. 9: Der Brief des Königs abgedruckt bei Ivo Striedinger: Neues Schrifttum über Kaspar Hauser, in: ZBLG 1933, hier S. 476, datiert 1832 Januar 30
Bemerkungen: Prod. 10: Teilabdruck bei Johannes Mayer: Lord Stanhope - Der Gegenspieler Kaspar Hausers, Stuttgart 1988, S. 419 f.
Indexbegriff Person: Adelheid, (Königin der vereinigten Königreiche) geb von Sachsen-Meiningen
Indexbegriff Person: Amalie Großherzogin von Baden geb Hessen-Darmstadt
Indexbegriff Person: Baden, Alexander von
Indexbegriff Person: Binder, Jakob Friedrich
Indexbegriff Person: Daumer, Georg Friedrich Prof.
Indexbegriff Person: Esterhazy, Familie
Indexbegriff Person: Feuerbach, Paul Johann Anselm Dr. Ritter von
Indexbegriff Person: Fleischmann, Friedrich
Indexbegriff Person: Hauser, Kaspar
Indexbegriff Person: Heinlein, Karl = Kaspar Hauser
Indexbegriff Person: Hickel, Joseph
Indexbegriff Person: Keller, H (Stuttgart)
Indexbegriff Person: Lödel & Merkel
Indexbegriff Person: Ludwig I. (König Bayern)
Indexbegriff Person: Merkel, N
Indexbegriff Person: Metternich, Clemens Lothar Wenzel von
Altötting
Ansbach
Baden, Großherzogtum
Bayern
Belgien
Bodensee
Chevening
Daßwang
England
Erlau
Feucht
Hemau
Konstantinopel
London
Mannheim
München
Neumarkt
Ochenbruck
Petronell, Schloss
Pleinting
Preßburg
Regensburg
Regensburg
Salzburg
Schambach
Schärding
Schweiz
Sigharding
St. Pölten
Straubing
Stuttgart
Ungarn
Vilshofen
Wien
Wien, "Wilder Mann" Kärntnerstraße
Wien, Galerie Esterhazy
Wien, Kärntnerstraße "Wilder Mann"
Würzburg, zum Adler
Graf
Baron
Empfehlungsschreiben
Vormund
Fürst
Gerichte, bayerische
Erkundigung
Pfarrer, Preßburg
Domherr, Preßburg
Kindsvertauschung
Akten
Reise
Pseudonym
Geheimhaltung
Gendarmerieoffizier
Eiserne Maske - Mann mit der
Belgische Revolution
Kriegsgefahr
König von Bayern
Gesandter, engl in Bayern
Reiseplan
Übelkeit
Königin (England)
Lord
Botschafter englischer in Konstantinopel
Caspar Hauser. Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben des Menschen 1832
Mitteilungen über Kaspar Hauser 1832
Cholera 1831
Reise abgebrochen
Lohn, Ersatz
Reisekosten
Reisejournal
Schloss
Erinnerung
Hut
Slowakisch
Porträt
Grundrissskizze
Präsident
Großherzogin von Baden
Lektüre
Erbprinzentheorie (Kaspar Hauser)
Gerüchte
Hofdamen
Zangengeburt
Verletzung durch Zangengeburt
Dankesschreiben
Übersetzung
Englisch
Ungarisch
Betrügertheorie (Kaspar Hauser)
Leichenöffnung
Porträt Kaspar Hauser
Angaben zum entzogenen Vermögen
Sonstige Angaben
BZK-Nr.
Die Bundeszentralkartei (BZK) ist das zentrale Register des Bundes und der Länder zu den durchgeführten Entschädigungsverfahren. Bei der Aufnahme eines Verfahrens in die BZK wurde zur eindeutigen Identifizierung eine Nummer vergeben. Diese BZK-Nummer bezieht sich nicht auf eine Person, sondern auf ein Entschädigungsverfahren: Hat eine Person mehrere Ansprüche geltend gemacht (z.B. für sich selbst und für Angehörige), liegt im Normalfall für jedes Verfahren eine eigene BZK-Nummer vor. Häufig wurde als BZK-Nr. schlicht das Aktenzeichen der jeweiligen Entschädigungsbehörde übernommen.
Diese Nummer ist für eine Anfrage im entsprechenden Archiv wichtig.
Delikt nach NS-Justiz
Handlungen, die im Nationalsozialismus überhaupt erst kriminalisiert wurden (z.B. Heimtückegesetz, "Judenbegünstigung") oder die die NS-Justiz in verschärftem Maß verfolgte (z.B. Hochverrat).
Verfolgungsgrund
Die hier angegebenen Gründe orientieren sich am Wortlaut der in den Quellen genannten Verfolgungsgründe.
Rolle im Verfahren
„Verfolgte Person“ meint eine Person, die einen Entschädigungsanspruch für einen Schaden durch NS-Verfolgung geltend machte. Wenn der Antrag nicht von der verfolgten Person selbst, sondern von einer anderen Person gestellt wurde, so wird diese als „antragstellend“ angegeben und ihre Beziehung zur verfolgten Person, soweit vorhanden, vermerkt. In den Quellen wird die verfolgte Person mitunter als „Geschädigter“, die antragstellende Person als „Anspruchsberechtigter“ bezeichnet.
Suche im Archivportal-D
Weitere Archivalien zu dieser Person über die Wiedergutmachung hinaus können Sie eventuell im Archivportal-D finden.
Nähere Angaben zum Verfolgungsgrund
Ergänzende oder spezifischere Angaben zu Mitgliedschaft, Gruppenzugehörigkeit bzw. Gruppenzuschreibung, die Anlass für die Verfolgung war.