Erzbischof Heinrich von Köln bekundet: Das Stift Meschede an der Ruhr (Ruram) sei durch Schenkungen von Kaisern, Königen und Edelherren mit Gütern ausgestattet worden. Durch Verfügungen (auctoritate) seiner Vorgänger umfaßte es 20 weltliche Kanonissen und zehn Kanoniker. Es sei durch eine Äbtissin, die in der gen. Zahl eingeschlossen sei, regiert worden. Zu Kanonissen durften nur Personen aufgenommen werden, die von beiden Elternteilen her edelfrei oder frei waren. Die Kirche, die auf dem Land ohne eine Befestigung errichtet worden war, sei durch die Schlechtigkeit der Nachbarn und Feinde an Gütern und Rechten ausgehöhlt worden. Schließlich seien Zucht und Sitte so verdorben, daß aus dem Haus Gottes ein Haus von Dirnen wurde, was man besser aus Scham verschweige. Die Kanonissen dieses Stifts seien von den Menschen so sehr verachtet worden und das Stift sei zu solcher Armut gelangt, daß edelfreie Personen nicht gefunden werden konnten, die unbesetzte Präbenden annehmen wollten. Aus diesem Grunde sei auch das Amt der Äbtissin seit vier Jahren unbesetzt, und niemand konnte gefunden werden, der in der Lage wäre, die Last der Regierung zu übernehmen. Daher habe auch der Gottesdienst aufgehört. Obwohl der schlechte Ruf des Stifts offenkundig sei und auch häufig Klagen zu ihm gelangten, habe er sich in die Nähe von Meschede begeben. Er habe die Pröpstin Aleydis und die Kanonisse Megthildis von Sponheim (Spainheym) in die Stadt Soest (Susaciensi) zitiert. Diese hätten den Sachverhalt zugegeben. Später habe habe er einen Inquisitor mit einem Notar zum Stift Meschede gesandt, die dieselben Aussagen von den wenigen noch vorhandenen Kanonissen erhielten. Trotz großer Bedenken wegen der glänzenden Vergangenheit des Stifts sei er zu der Überzeugung gelangt, daß das Stift unter einer weiblichen Herrin nicht mehr in den früheren Zustand gebracht werden könne. Mit Zustimmung der Pröpstin, Dekanin und der übrigen Kanonissen, die nur die Bitte äußern, daß in ausreichender Weise für ihren Lebensunterhalt gesorgt werde, und mit Zustimmung seiner führenden Leute (prioribus nostris) und auf den Rat anderer kluger Leute setzt der Erzbischof fest: Der Konvent der Kanonessen wird aufgehoben. An ihre Stelle wird keine andere Person aufgenommen. Eine von anderer Seite erfolgte Aufnahme ist ungültig. Zur Wiederaufnahme des Gottesdienstes wird, ein Kollegiem von weltlichen Kanonikern eingerichtet. Die Zahl der Kanonikate beträgt 15. Die Güter, die früher zur Abtei, zur Propstei, zu den Pfründen der Kanonissen und Kanonikern des Stifts gehörten, werden zu einem Stock zusammengelegt. Davon werden für den jeweiligen Propst nach der Gewohnheit des Landes Einkünfte von 50 Mark Pfennigen, wie sie bei Meschede üblich sind, abgetrennt, wobei die Propstei als 15. Präbende zählt. Die übrigen Einkünfte und Güter werden zu gleichen Teilen in 14 Präbenden aufgeteilt. Die Verwaltung dieser Güter bleibt beim Dekan und Kapitel. Die Rechte der Dignitäten und Ämter, nämlich des Propstes, Dekans, Scholasters, Thesaurars und Cantors werden neu festgelegt. Dem Propst stehen die Rechte und Herrlichkeiten (dominia), die Belehnungen der Ministerialen und der anderen treuen Leute und die Vergabe der Güter zu, die früher zur Abtei und Propstei gehörten, und er kann dies alles nutzen. Die Lehen der früheren Propstei verbleiben bei ihm. Das Dekanat der Christianität Meschede, das die Äbtissin jemandem anzuvertrauen pflegte, soll der Propst, sobald es das nächste Mal frei wird, entweder selbst leiten oder durch einen Kanoniker des Stifts leiten lassen. Von den Einkünften des Dekanats hat er dem Thesaurar jährlich zu Martini sechs Mark zur Verbesserung der Einkünfte der Thesaurarie zu geben. Für die Erhaltung der zum Stift gehörenden Güter und Menschen hat er sich besonders zusammen mit dem Dekan und Kapitel einzusetzen, da er an Rang und Menge der Einkünfte den übrigen Kanonikern voransteht. Dies hat in Einklang mit den Beschlüssen (placita) des Stifts zu geschehen. Für den Dekan, Scholaster und Cantor sollen besondere Einkünfte bestimmt werden, wie es die Möglichkeiten des Stifts erlauben. Dekan und Scholaster sollen die doppelten Präsenzgelder erhalten. Nach dem Propst soll der Dekan die erste Stelle im Chor und Kapitel einnehmen, danach soll der Scholaster folgen. Damit die frühere Zuchtlosigkeit vermieden wird und die neuaufzunehmenden Kanoniker stärker zum Gottesdienst verpflichtet werden, ordnet der Erzbischof an, daß von den 15 Präbendeninhabern sieben Priester, vier Diakone und die restlichen Subdiakone sein müssen. Kein Kanoniker darf in den Genuß seiner Einkünfte gelangen, wenn er nicht den Weihegrad hat, den seine Präbende vorschreibt, und wenn er nicht persönlich Residenz hält. Die Wahl der Prälaten, deren Bestätigung sich der Erzbischof vorbehält, die der Kanoniker und der Benefizianten, die früher der Äbtissin zustand, soll nun Sache des Kapitels sein. Die Personen müssen mindestens 25 Jahre und betreffs Charakter und Kenntnissen geeignet sein. Der Propst soll von der Last eines Dekans frei bleiben. Zu den Wahlen von Prälaten und Kanonikern soll er nicht gerufen werden. Wenn er kommt, ist er zuzulassen. Die Kanoniker sollen nur würdige Prälaten wählen. Die betreffenden Personen müssen mindestens 25 Jahre alt oder Kanoniker sein. Sie müssen die heiligen Weihen haben oder vor dem Empfang der Einkünfte zu diesen gelangen können. Wenn jemand gegen diese Vorschrift zum Prälaten oder Kanoniker gewählt wird, ist die Wahl ungültig und die Kanoniker verlieren für dieses Mal ihr Wahlrecht. Siegelankündigung des Erzbischofs und des Kölner Domkapitels. Geschehen und gegeben 1310 Mai 18 (quintodecimo Kalendas Junii) als Heinrich als König der Römer regierte.