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Kloster Fürstenzell Urkunden (Bestand)
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Bayerisches Hauptstaatsarchiv (Archivtektonik) >> Beständetektonik des Bayerischen Hauptstaatsarchivs >> 1 Abteilung I: Ältere Bestände >> 1.7 Klöster >> Kloster Fürstenzell
1246-1786
Vorwort: 1. Klostergeschichte Das Zisterzienserkloster Fürstenzell, Filia von Aldersbach und Schwester von Fürstenfeld und Gotteszell, liegt südwestlich von Passau im Ortenburger Hügelland zwischen Donau und Inn, nahe an der heutigen Grenze zu Oberösterreich (Innviertel). Das am Zellerbach, einem Quellbach des Sulzbaches, gelegene Kloster ist durch den Neuburger Wald von Passau getrennt. Fürstenzell bestand bis zur allgemeinen Klostersäkularisation in Bayern 1803 fort. Trotz umfangreicher Überlieferung bildet die Geschichte des Klosters weitgehend ein Forschungsdesiderat. Die Zisterze entstand auf einem vom Passauer Stift St. Nikola erworbenen wüsten Gut mit Kapelle nahe dem Pfarrdorf Irsham. 1274 wurde die bischöfliche Genehmigung erteilt, 1275 der Gründungsabt gewählt. Auf dem Generalkapitel 1277 erfolgte die Aufnahme in den Orden. Der Name (cella principum) rührt vom Mitstifter, Herzog Heinrich XIII. von Niederbayern. Initiator der Klostergründung war der ihm als Ehrenkaplan verbundene Passauer Domscholaster und „physicus“ Magister Hertwig. Er dürfte identisch sein mit dem als Leibarzt Herzog Ottos II. belegten Bamberger Stiftskanoniker. Hertwig hatte das Klostergrundstück erworben, war Adressat der bischöflichen Gründungsgenehmigung und empfing als Zwischeninstanz weitere Zuwendungen. Mit einem Stiftergrabstein im Chor und einer Stifterszene im Urbar, beides aus dem 15. Jahrhundert, wird seiner im Kloster gedacht. Bei der Gründung engagierten sich zudem benachbarte Niederadlige, insbesondere die Ministerialen von Rottau (1274 Stiftung an das zu errichtende Kloster) und von Essenbach (1275). Hochadlige Förderer waren die benachbarten Grafen von Ortenburg (1270 Hof Sulzbach) mit ihren Ministerialen, die Grafen von Schaunburg (1281 Zollprivileg in Aschach) und die Grafen von Hals (1308 Untervögte des Klosters). 1280 verlieh König Rudolf Fürstenzell die gleiche „liberalitas et regalis gratia“, wie sie andere Klöster Österreichs und Bayerns genießen. 1282 stellte Papst Martin IV. Fürstenzell mit allen Besitzungen unter apostolischen Schutz. Die (nieder-)bayerischen Herzöge förderten das Kloster „des stiffter wir haizzen“, und das als „wittelsbachischer Stützpunkt gegenüber Passau“ gesehen wird, mit Gerichtsfreiheit, Pfändungsverbot, Befreiung von allen Real- und Personallasten, Salzbezugs- und Salztransportrechten und abgabenfreier Beförderung von Lebensmitteln und Bedarfsartikeln. Die Entwicklung belasteten kriegerische Ereignisse (Belagerung von Neuburg erw. 1294 und 1343, Einquartierungen erw. 1319) wie auch häufige Abtwechsel (im ersten Jahrhundert 23 Äbte, 12 davon mit Profess in anderen Klöstern, wovon 14 resignierten und 3 zum Abt von Aldersbach avancierten). So werden erst das spätere 14. und das 15. Jahrhundert als Blütezeit des Klosters angesehen; in diese Zeit fallen der Erwerb der benachbarten Adelssitze und Hofmarken Hirschstein bei Irsham und Neuhofen von den Familien von Hader und Poppenberger. Fürstenzell blieb ein (gut dokumentiertes) durchschnittliches Kloster und „brachte es niemals zu größerem Reichtum“ (Goez). Der Grundbesitz konzentrierte sich auf die nähere Umgebung des Klosters, wo es gelang, ein „ziemlich geschlossenes Territorium aufzubauen, in dem sie [die Mönche] die einzigen Grundherren waren“ (Kartenskizze und Ortsliste mit Belegen bei Blickle). Fernbesitz, insbesondere Weinberge, besaß Fürstenzell im heute österreichischen Teil der Diözese Passau, bei Krems an der Donau, in Kritzendorf bei Klosterneuburg und im heutigen Wiener Vorort Sievering. Landshuter Erbfolgekrieg, Reformationszeit und Dreißigjähriger Krieg brachten eine lange Krisenzeit. Der nachfolgende Aufschwung spiegelt sich insbesondere in einer umfangreichen Bautätigkeit wieder. Der 1748 konsekrierte barocke Kirchenneubau von Johann Michael Fischer wird angesichts seiner Größe und Pracht als „Dom des Rottals“ bezeichnet. Die südlich an die Kirche anliegenden Klostergebäude wurden ab 1674 neu gebaut, West- und Südflügel nach 1770. „Freskengeschmückte Höhepunkte“ sind der Festsaal im Prälatenstock des Westflügels und das Refektorium im Südflügel. Der von Joseph Deutschmann reich mit Schnitzwerk ausgestattete repräsentative Bibliothekssaal zählt zu den herausragenden Bibliotheksräumen des Landes. Die Klosterkirche wurde 1807 Pfarrkirche unter Abriß der bisherigen Pfarrkirche in Irsham. 1996-2002 erfuhr die Kirche eine Generalrestaurierung. Die Klostergebäude wurden komplett von der Bierbrauerfamilie Wieninger erworben und blieben dadurch weitgehend erhalten. 1928 an die bischöfliche Brauerei Hacklberg weiterverkauft, erwarben sie 1930 Patres der deutschen Provinz des Ordens „Societas Mariae“ (Maristen). Bis 1962 bestand ein Missionsseminar, zudem seit 1948 ein Internatsgymnasium. Ein Teil der Gebäude diente bis 2004 als geistliches Bildungszentrum der Diözese Passau. 2007 verkauften die Maristen die Klostergebäude an die Pharmafirma CNP International. Die Fortführung des klösterlichen Landwirtschafts- und Brauereibetriebs nach 1803 trug zum wirtschaftlichen Aufstieg des Ortes Fürstenzell bei (Besiedlung des Klosterangers, 1888 Bahnhof, nach 1945 nahezu Verdoppelung der Einwohnerzahl durch Flüchtlingsansiedlungen). Eingemeindungen im Zuge der Gebietsreformen 1972 und 1978 machten Fürstenzell zu einer Gemeinde von 80 km² Fläche mit 124 Gemeindeteilen, Weilern und Einöden. 1975, zum Gründungsjubiläum des Klosters, wurde Fürstenzell zum Markt erhoben. 2. Überlieferung Über das alte Fürstenzeller Klosterarchiv informieren eingehende Verzeichnisse, die der resignierte Abte Benedikt Ärb zu Beginn des 18. Jahrhunderts anlegte (KL Fürstenzell 1 und 2). 1705 wurden unter dem Titel „Basis privilegiorum et confirmationum monasterii Cellae Principum“ insgesamt 988 noch rechtsgültige Urkunden nach einem zweistufigen Signaturensystem (dazu Geier S 22) verzeichnet. Ein „Registratur Aufsuecher“ von 1713 erfasste nicht mehr rechtsgültige Urkunden, Kopialbücher und Urbare. Aus dem Jahr 1774 liegt anlässlich einer geplanten Neuordnung ein unvollständiger „kurzer Abriß des alten und neuen Archivs“ vor (KL Fürstenzell 3). Aus den Verzeichnissen lässt sich ersehen, dass nach der Säkularisation 1803 das umfangreiche Urkundenarchiv mit reicher mittelalterlicher Überlieferung nahezu vollständig erhalten blieb – im Gegensatz zur Registratur und zur umfangreichen Klosterbibliothek. Die über 1000 Urkunden und weiteres Archivgut kamen 1805 nach München und werden heute im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in den Beständen Kloster Fürstenzell Urkunden und Literalien verwahrt. Von letzteren (KL Fürstenzell Nr. 1-17) seien besonders genannt ein manche Ergänzung der frühen urkundlichen Überlieferung enthaltendes Kopialbuch und ein Salbuchfragment des 14. Jahrhunderts (KL Fürstenzell 4 und 17), ein Totenrodel von 1522 (KL Fürstenzell 7), der „Libellus Fundationum et Anniversarium“ von 1605 (KL Fürstenzell 5), eine ortalphabetische „Rapsodia über die Güter, Unterthanen und Jura“ mit Erläuterungen zur Besitzgeschichte von 1752 (KL Fürstenzell 9) und ein Bücherverzeichnis von 1804 (KL Fürstenzell 16). Anderes Fürstenzeller Archivgut gelangte nach der Säkularisation in die Handschriftenabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek, darunter ein spätmittelalterliches Urbar („Grundpuech unser lieben Frawen Gotzhaus und Stift zw Furstenzell“) von 1474 mit farbiger Stifterszene und zahlreichen weiteren farbigen Ausschmückungen (Cgm 7201), ein Necrologium des 15./16. Jahrhunderts (Clm 1027) und eine Klostergeschichte des 18. Jahrhunderts (Cgm 1853). 83 Urkunden des noch bestehenden Klosters wurden 1765 unter dem Titel „Monumenta Furstencellensia“ in Band 5 der Monumenta Boica abgedruckt. Das Necrologium edierte Max Fastlinger 1920 in Band 4 der MGH Necrologia Germaniae. Von Edgar Krausen stammt ein Überblick über Literatur, Handschriften und archivalische Überlieferung, von Johann Geier ein Überblick über die Archivgeschichte Fürstenzells. Die Besitzgeschichte wurde 1970 von Renate Blickle im Rahmen des Historischen Atlas von Bayern aufgearbeitet. 3. Literatur Ludwig Heinrich KRICK: Die ehemaligen stabilen Klöster des Bistums Passau. Chronologische Reihenfolgen ihrer Mitglieder von der Gründung der Klöster bis zu ihrer Aufhebung. Mit einem Anhange: Jahreskataloge der Mitglieder der Klöster. Passau 1923, hier S. 272-290. Edgar KRAUSEN: Die Klöster des Zisterzienserordens in Bayern (Bayerische Heimatforschung 7). München-Pasing 1953, hier S. 43-45. Max HEUWIESER: Fürstenzell, in: Alte Klöster in Passau und Umgebung. Geschichtliche und kunstgeschichtliche Aufsätze. Hrsg. von Josef Oswald. Zweite, im Text- und Bildteil erweiterte Auflage Passau 1954, S. 265-280. Johann GEIER: Die Urkunden des Klosters Fürstenzell, in: Mitteilungen für die Archivpflege in Bayern 15 (1969) S. 21-24. Renate BLICKLE: Landgericht Griesbach (= Historischer Atlas von Bayern. Teil Altbayern 19). München 1970, insbes. S. 148-175. Ludwig SCHNURRER: Urkundenwesen, Kanzlei und Regierungssystem der Herzöge von Niederbayern 1255-1340 (Münchener Historische Studien. Abt. Geschichtliche Hilfswissenschaften 8). Kallmünz 1972, insbes. S. 232 und 236 (Mag. Hertwig) und S. 333-335 (Gründungsgeschichte des Klosters Fürstenzell). Cella Principum. Das Fürstenzeller Heimatbuch. Red. Alois KAPSNER. Fürstenzell 1995. Elke GOEZ: Pragmatische Schriftlichkeit und Archivpflege der Zisterzienser. Ordenszentralismus und regionale Vielfalt, namentlich in Franken und Altbayern (1098-1525) (= Via regularis. Ordnungen und Deutungen religiosen Lebens im Mittelalter 17). Münster, Hamburg, London 2003, insbes. S. 85-88. Stephan DEUTINGER: Fürstenzell, in: Handbuch der Historischen Stätten. Bayern I: Altbayern und Schwaben. Hrsg. von Hans-Michael Körner und Alois Schmid unter Mitarbeit von Martin Ott, Stuttgart 2006, S. 252f. 4. Bestandsgeschichte Die zunächst auf die Bestände Klosterurkunden Fürstenzell (859 Originalurkunden und 27 Kopien), Gerichtsurkunden Griesbach (Nr. 1542-1579, 1924-1956), Landau an der Isar (Nr. 878-919) und Passau (insges. 45 Urkunden), Fürsten-, Kaiser- und Kaiser-Ludwig-Selekt (insges. 33 Urkunden) sowie das Staatsarchiv Landshut (insges. 12 Urkunden aus Rep. 44) aufgeteilten Urkunden wurden in den Jahren 1967 und 1968 von Johann Geier provenienzmäßig wieder zusammengelegt und bilden seitdem den Bestand Kloster Fürstenzell Urkunden. Die Urkunden wurden in chronologischer Folge durchnumeriert (Nr. 1-1063) und durch eine Aussteller-/Siegler-Liste erschlossen. Als Nachträge dem Bestand hinzugefügt wurden zwei Papierurkunden aus den Klosterliteralien (Nr. 997/1 und 987/1), eine Urkunde aus dem Bestand Klosterurkunden Osterhofen (Nr. 361/1) sowie zwei Urkunden aus dem Kaiser-Ludwig-Selekt (als Nr. 256/1 und 256/2, nun Nr. 1064 f.). Der mit Vorurkunden des Essenbacher Besitzes bis 1246 zurückreichende Urkundenbestand hat seinen Schwerpunkt im späten Mittelalter. Immerhin 91 Urkunden der erst 1274 gegründeten Zisterze stammen aus dem 13. Jahrhundert, darunter 20 deutschsprachige Urkundentexte, die im Corpus altdeutscher Originalurkunden ediert sind. Aus dem 14. Jahrhundert stammen weitere 358 Stücke (Nr. 92-446, 361/1, 1064f. aus KLS), aus dem 15. Jahrhundert 354 Stücke (Nr. 447-800). Die über 150 zwischenzeitlich in Gerichtsurkunden-Beständen verwahrten Urkunden sind durch eingehende Regesten erschlossen: die Gerichtsurkunden Griesbach von Reichsarchivsekretär Hans Oberseider, die Gerichtsurkunden Passau und Landau von Reichsarchivrat Dr. Knapp. Der Urkundenbestand wurde 2008 von Dr. Martin Armgart (Urk. Nr. 1-403) und Dr. Peter Urbanek (Urk. Nr. 404-1069) im Rahmen des DFG-Projektes „Urkundenportal“ bearbeitet und regestiert. Die lateinischen Urkunden ab Nr. 404 wurden zum größeren Teil von Frau Dr. von Walter erschlossen. Dr. Martin Armgart / Dr. Peter Urbanek