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Zeugenverhör bei Injurien und Tätlichkeit
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Schöffengericht Kerpen >> 4 Kriminalfälle der Niedergerichtsbarkeit >> 4.1 Beleidigung, üble Nachrede - ohne und mit Tätlichkeiten
1685 Dezember 3
Enthält: Vor dem Schultheiß Johann Adolf Schreiber und den Schöffen Werner Sieger und Peter Mercken bringt Lucia Becker ihre Klage gegen Steffen Draetz vor: Aus Anlass eines Streits, den der Beklagte am gestrigen Tag mit seiner Frau hatte, seien viele Leute, darunter auch ihre Kinder, aus Neugierde herbeigelaufen ("umb solches alles umbstendtlich zu ersehen"). Man sei dort "ahn der Wandt gestandten". Da sei der Beklagte herausgekommen, habe ausgerechnet ihr Kind ergriffen und auf die Straße gestoßen ("geschmißen"). Da lief sie, als sie davon erfuhr, schnell hin und fuhr ihn an: Man sehe nun, "dass ein jeder, wohe nur der Zaun ahm nidersten wehre, hinüberfallen und springen wolte". Darüber sei er so "ergrimmet", dass er sie eine Hure schimpfte, und dass schon ihr Vater ein Taugenichts gewesen sei, "auch folglichen ahn ihro nichts nutziges noch tugends sein könne". Ein Wortwechsel entstand, bis er einen Stock ergriff, nach ihr schlug und sie am Arm traf, "deßfals der Augenschein annoch ahn ihrem Arm vorhanden". Sie verlangt, dass er "anderen zum Exempel abgestraffet werden müße", dass man ihr einen Arzt zu bestellen gestatte und dass der Beklagte seine Beleidigungen widerrufe. Steffen Draetz erwidert zu seiner Verteidigung, dass die Klägerin ihn provoziert habe, indem sie ihn einen Stroh- und meineidigen Dieb und einen Schelm gescholten hätte. Außerdem habe sie mit einem Stein, den sie unter ihrer Schürze verborgen hielt, nach ihm geworfen - ob vor oder nach den Schlägen, ist zwischen beiden widersprüchlich. Das Gericht lädt die Parteien zum nächsten Termin. Inzwischen soll der Beklagte der Klägerin einen Arzt bestellen, "damit auß der Wundt nichts schedlichs entstehen möge", andernfalls müsse er für "dadurch emergirend(en) Schadt(en)" aufkommen.
