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Stadtarchiv Neuss (Archivtektonik) >> Stadt Neuss >> Akten
1456-1956
Zugangsbestimmungen: teilweise noch gesperrt
Vorwort: Bestands- und Bearbeitungsgeschichte Der Bestand B.02.03 Preußische Verwaltung umfasst Unterlagen, die im Rahmen der Verwaltungstätigkeit der Neusser Stadtverwaltung in der Zeit von 1814/1815 bis 1945 entstanden sind. Zur Ordnung des entstehenden Schriftguts wurde bereits Anfang 1814 ein Registraturplan/Aktenplan für die Bürgermeisterei Neuss geschaffen und ein Akteninventar angelegt. Der Registraturplan/Aktenplan sah eine Einordnung der Akten in fünf Sektionen (I Generalien, II Finanzen, III Polizei, IV Gemeindeverwaltung, V Militaria) und darunter in einzelne Fächer vor. Insgesamt gab es 107 Fächer. Jede Akte erhielt eine eigene Nummer, weitergezählt unabhängig von den Sektionen und Fächern. Die Korrespondenzbücher und Journale aus dem Zeitraum von 1814 bis 1843 sind in dem Akteninventar in einer eigenen Liste nachgewiesen worden. Eine Unregelmäßigkeit in der Numerierung der Fächer findet sich in der Ablage der Akten zu "Städtischer Etat und Rechnung". Für diese wurde anfänglich pro Rechnungsjahr ein Fach geschaffen (Fach 54 bis 75). Ab dem Jahr 1834 entschied man sich für die Einordnung in ein Fach (Fach 75). Die Fächer 54 bis 75 wurden gestrichen und nach dem ursprünglichen Fach 75 setzt die Numerierung mit Fach 54 fort. Zur besseren Orientierung in der aktuellen Verzeichnung dient bei der Angabe der zeitgenössischen Aktennummer (Registratursignatur) der Zusatz "(alt)". So lassen sich z. B. die Unterlagen zum Städtischen Etat (Bsp. Sekt. IV Fach 75 (alt) Nr. 1198 = B.02.03, Nr. 1296 Gemeinde-Etat und Rechnungsprüfung des Jahres 1834) von denen zu Kirchen-Bauten (Bsp. Sekt. IV Fach 75 Nr. 1136 = B.02.03, Nr. 1721 Baulicher Zustand des katholischen Pfarrhauses) bereits anhand der Registratursignatur unterscheiden. Eine Überarbeitung des Registraturplans im Jahr 1866 führte zur Anlegung eines zweiten Akteninventars ("Acten-Repertorium") mit Laufzeit bis Anfang der 1890er Jahre. Neben dem Austausch einiger Fächer zwischen den Sektionen III Polizei und IV Kommunalverwaltung wurden die Bereiche Armenwesen, Kultus (kirchliche Angelegenheiten) und Schulwesen aus der Sektion Kommunalverwaltung herausgenommen und bildeten nun eigene Sektionen (Sektion V - VII). Die Zahl der Fächer stieg auf 138 an. Die Zählung der einzelnen Akten innerhalb eines Fachs begann nun jeweils mit "1". Am Ende des Aktenrepertoriums befindet sich ein Verzeichnis der Prozesse und Kautionsverschreibungen "welche im feuerfesten Schranke des Rathauses aufbewahrt werden" und ein Verzeichnis "der im feuerfesten Gewölbe vorhandenen Karten, Pläne etc.". Vermutlich in den 1880er Jahren wurden die Fächer 121 bis 138, welche die Sektion VIII Militaria bildeten, überarbeitet und auf die Fächer 121 bis 127 aufgeteilt. Die neugeschaffenen Fächer 133 bis 136 waren für die Akten zu dem neuen Aufgabenbereichen Kranken-, Alters- und Unfallversicherung vorgesehen. Die beiden genannten Aktenrepertorien haben sich bis heute im Original erhalten und befinden sich im Bestand B.02.04.406 Stadtarchiv. Weitere zeitgenössische Aktenverzeichnisse der Bürgermeisterregistratur (seit Anfang der 1890er Jahre) sind nicht erhalten. Es liegt jedoch eine Aktenauflistung ("Findmittel der 3. Registratur") vor, die vermutlich in den 1960er Jahren von Walter Kopp (Halbtagskraft im Stadtarchiv von 1960 bis 1966) angefertigt wurde. Diese Aktenauflistung und Kopien der beiden älteren Aktenrepertorien dienten bis zum Abschluss der Verzeichnung des Bestandes B.02.03 als Findhilfsmittel. Die heute gültige Signatur wurde als Konkordanz mit Bleistift neben den jeweiligen Akteneintrag gesetzt. Einige Akten sind in allen drei Registraturordnungen geführt worden und tragen daher drei alte Aktennummern. Falls vorhanden, wurden diese, mit der jüngsten beginnend, mit in das Verzeichnungsformular aufgenommen. Neben der zentralen Bürgermeisterregistratur gab es bereits im frühen 19. Jahrhundert unabhängig geführte Verwaltungsbereiche mit eigenen Registraturen. Hierzu zählten die Armenverwaltung, die Hospitalverwaltung, die Stadtkasse, die Schulkommission und die Servis- und Einquartierungsdeputation. Einige Akten aus diesen Registraturen - die später teilweise in der Bürgermeisterregistratur aufgingen - lagerten im Bestand B.02.03 und wurden unter Angabe der Provenienz auch in diesem verzeichnet. Ende des 19. Jahrhunderts bewirkte die einsetzende Differenzierung der städtischen Aufgabenbereiche das Entstehen weiterer eigenverantwortlicher Registraturen, beginnend mit der Bauregistratur im Jahr 1895. Eigenständige Ämter entstanden und der Aktenbestand der Bürgermeisterregistratur nahm ab. Eine genaue Datierung von Aktenabgaben der Registratur an das Archiv ist nicht möglich. Aus Berichten des Archivs bzw. der Stadt an die Militärregierung aus dem Jahr 1945 über das städtische Archiv geht hervor, dass sich in dem fast unversehrt gebliebenen Archivraum des Museums u.a. Akten der preußischen Zeit von 1815 bis 1870 befanden. Ein Großteil der noch in der Registratur befindlichen Akten wurde beim Rathausbrand nach dem Bombentreffer am 31. Dezember 1944 vernichtet. Hierbei handelte es sich u.a. um "wertvolle Grundstücksakten, ein großer Teil der Vermessungspläne und die Akten der Kulturabteilung". In der Zeit der Archivleitung von Joseph Lange (1961-1978) erfolgte eine Ordnung des Bestandes nach Pertinenz (Sachgruppen) und der Archivmitarbeiter Hans Seeling (1969-1984) begann mit der Erschließung der preußischen Registratur. Ab 1978 wurde der Bestand wieder nach Provenienz, auf die drei Registraturen verteilt, geordnet. Dabei konnten jedoch nicht alle Akten wieder zweifelsfrei zurückgeordnet werden, zahlreiche unbeschriftete Kartons waren die Folge. Im Jahr 1981 begann Maria Werhahn, unter Anleitung von Archivdirektor Jürgen Huck (1978-1990), mit einer Verzeichnung des Bestandes auf Karteikarten. Es wurde eine Klassifikation erarbeitet und bis zum Jahr 1990 konnten 684 Nummern (14 Regalmeter) in einer Teilfindkartei aufgenommen werden. Vom März 1990 bis Mai 1994 verzeichnete Annette Barfurth-Igel insgesamt 1.844 Einheiten auf Karteikarten. In der Folgezeit wurde lediglich eine Weiterverzeichnung durch Praktikanten bis zur Einheit Nr. 1.867 vorgenommen. Im Zuge der Gliederung der Bestände nach dem Amtsantritt von Archivleiter Herrn Huck erhielt der Bestand die Bestandsbezeichnung "A 3 Preußische Zeit". Nach der Übernahme der Archivleitung durch Dr. Jens Metzdorf im Jahr 2002 wurde eine systematische Tektonik der Archivbestände erarbeitet. Seit deren Fertigstellung im Jahr 2006 lautet die Bezeichnung "B.02.03 Preußische Verwaltung". Im April 2005 begann die Bearbeiterin mit der Verzeichnung des Bestandes B.02.03 unter Verwendung des Verzeichnungsprogramms AUGIAS. Ziel war die erstmalige vollständige Verzeichnung der Akten der preußischen Verwaltung und die Zusammenführung der vorhandenen drei zeitlich aufeinanderfolgenden und sich teilweise überschneidenden Registraturschichten. Die erarbeitete Klassifikation orientiert sich dabei im Wesentlichen am zweiten Registraturplan. Ein Orts- und Personenindex ergänzt die Verzeichnung. Die verzeichneten Einheiten wurden mit der neuen Signatur versehen (Bleistift) und je nach Erhaltungszustand in Archivmappen gelegt oder mit einer Schürze aus säurefreier Kartonage umschlagen. Die Signaturetiketten wurden dann auf die Schürze oder Archivmappe aufgeklebt und ein Benutzerblatt eingelegt. Die Lagerung erfolgte in drei Archivkartongrößen. In Akten eingeheftete Fotos oder Großformate, wie z. B. Pläne und Plakate, wurden entnommen und fachgerecht separat gelagert. Anstelle des entnommenen Originals befinden sich nun säurefreie Blätter mit dem Verweis auf den Lagerungsort. Die Verzeichnung der Pläne erfolgte bei den entnommenen großformatigen Plänen im Feld "Entnommen", ansonsten im Feld "Darin". Das Format der Pläne ist in Breite mal Höhe angegeben und orientiert sich an der Verzeichnungspraxis im Bestand E.06 Karten und Pläne. Der Erhaltungszustand der Verzeichnungseinheiten wurde anfänglich in eine vom Restaurator des Stadtarchivs, Marcus Janssens, entworfene Tabelle eingetragen. Seit Verwendung der Version AUGIAS 8 erfolgt die Eingabe in das in der Verzeichnungmaske vorhandene Formular. Grundsätzlich wurde eine Einzelverzeichnung und -titelaufnahme vorgenommen. Anfang des Jahres 2008 war die Überarbeitung und Eingabe der Anfang der 1990er Jahre auf Karteikarten verzeichneten Einheiten abgeschlossen. Einige Akten bedurften einer intensiveren Bearbeitung, sowohl aus konservatorischer wie aus archivischer Sicht. Ihre Bindung war aufgelöst, sowie die Vorgänge entnommen worden. Hierzu gehörten folgende Akten: Vogelschützengesellschaft der hiesigen Junggesellen (B.02.03, Nr 719) und Scheibenschützengesellschaft (B.02.03, Nr 716). Soweit möglich erfolgte eine Zuordnung von Einzelfällen zu den ursprünglichen Akten. Ähnlich verhielt es sich mit der Akte "Geschlossene Gesellschaften" mit Schriftgut zum allgemeinen Vereinswesen, Vereinsgründungen und -unterstützungen. Sie war in der Zeit von Joseph Lange als Archivdirektor aufgelöst und als Loseblätter nach Vereinen sortiert worden. Eine Rekonstruktion des alten Aktenzusammenhangs wäre zu zeitintensiv gewesen. Es bot sich an, die teilweise bestehende thematische Vorordnung zu nutzen und einzelne Verzeichnungseinheiten zu den jeweiligen Vereinsgruppen (Gesellschaftsvereine, Musikvereine, Sportvereine usw.) zu bilden (vgl. B.02.03, Nr 1068 bis Nr. 1077, Nr 1641). Auch ein Großteil der Akte "Unterstützung von Vereinen und Organisationen" (sowohl in Neuss als auch reichsweit, vornehmlich letzteres) (3. Reg. Fach 96 Nr 2) lag als Loseblattsammlung vor. In dem ungeordneten Teil von B.02.03 ließen sich viele Unterlagen ausmachen, die ebenfalls diese Altsignatur trugen und teilweise thematisch zusammengefasst in Mappen lagen. Zur leichteren Eingruppierung und Recherche der daraus gebildeten Verzeichnungseinheiten wurden die Unterlagen zu "Unterstützung hiesiger Vereine" (3. Reg. F. 96-2) und Kollekten (Sammlungen für Unglücksopfer) bzw. Unterstützung von auswärtigen Vereinen getrennt und unter dem Klassifikationspunkt 3.04.04 Vereins- und Versammlungswesen bzw. 5.02.03 Kollekten, Sammlungen und Privatvereine (B.02.03, Nr 1898 und 1899) verzeichnet. Eine ähnliche Ausgangssituation fand sich bei einigen Akten mit ursprünglich eingehefteten Plänen. Die Baupläne der Akten "Neu- und Reparaturbauten" (B.02.03, Nr 1545 bis 1547) waren entnommen worden und lagerten größtenteils nach Straßen sortiert in Kartenschränken des Stadtarchivs. Eine Verzahnung von Akten und entnommenem Plan war jeweils nicht erfolgt. Einige Vorgänge aus diesen Akten waren ebenfalls aus dem Aktenzusammenhang geraten. Im Zuge der Neuverzeichnung wurde eine Zuordnung der ehemals einzeln verzeichneten Vorgänge (B.02.03, Nr 1044 bis 1104) und gesondert lagernder Baupläne zu den ursprünglichen Akten vorgenommen. Die zur Zuordnung nötige intensive Auseinandersetzung mit den Vorgängen und Plänen ermöglichte ausnahmsweise eine "Einzelfallverzeichnung" mit Angabe der Bauvorhaben mit Antragsteller und Grundstücks- bzw. Hausangabe. Die freigewordenen Signaturen wurden neu belegt. Die Zuordnung von Bauplänen und eine "Einzelfallverzeichnung" erfolgte bisher ebenso bei folgenden Akten: Bau von Dampfmaschinen (B.02.03, Nr 1423 und 1560), Bau von Fabrikanlagen (B.02.03, Nr 1599), Gast- und Schankwirtschaften (B.02.03, Nr 3614, vgl. auch: B.02.03, Nr 740, 3615 und 3621). Die Bestände B.02.03 Preußische Verwaltung und B.02.04.605 Bauordnungsamt sind eng miteinander verzahnt. Wie bereits erwähnt, lagerten die Baupläne zu Privatbauten (B.02.03, Nr 1545 bis 1547 Neu- und Reparaturbauten) nach Straßen sortiert in den Kartenschränken. Diese Lagerung sollte auch zukünftig beibehalten werden. Einige Baupläne aus den Hausakten des Bestandes B.02.04.605 waren ebenfalls bereits entnommen und nach Straßen sortiert plan gelegt. Es zeigte sich, dass die Hausakten (B.02.04.605) aus den Bauakten über Privatbauten (B.02.03) hervorgegangen sind. Bei einigen älteren Vorgängen, z. T. bis in die 1860er Jahre zurückreichend, findet man noch die ursprüngliche Registratursignatur. Es wurde entschieden, die aus den Hausakten des Bauordnungsamts entnommenen bzw. noch zu entnehmenden Pläne zukünftig weiterhin nach Straßen zu ordnen und gemeinsam mit den Hausbauplänen aus Akten des Bestandes B.02.03 aufzubewahren. Die Zugehörigkeit der einzelnen Pläne zum jeweiligen Bestand und der Akte bleibt durch die Verschränkung von Verweisen in der Akte und Signatur auf dem Plan erkennbar. Außerdem befinden sich einige Pläne, die ursprünglich in Zusammenhang mit Akten des jetzigen Bestandes B.02.03 entstanden sind, mittlerweile im Sammlungsbestand E.06 Karten und Pläne. Sie waren dem Bestand E.06 bereits vor der Neuverzeichnung des Bestandes B.02.03 zugeordnet worden. Es wurde entschieden, sie auch weiterhin dort zu belassen. Der eigentliche Entstehungszusammenhang ist über den Eintrag im Feld "Provenienz" des Verzeichnungsformulars nachvollziehbar. Zur Abgrenzung des Bestandes B.02.03 Preußische Verwaltung von anderen Beständen ist zu bemerken, dass sich die für die Jahre 1826 bis 1844 vom Bürgermeister geführten "Annalen der Stadt Neuss" in dem Bestand E.03 Chroniken (vor 2006: CD [Chroniken und Darstellungen]) befinden. Die Ratsprotokolle der Stadt Neuss sind als Amtsbücher in den Bestand B.01.01 Rat eingeordnet. Bei der Verzeichnung des Bestandes B.02.03 fanden sich einige Akten aus zeitgenössisch bereits eigenständigen Ämterregistraturen. Grund für die Durchmischung der Registraturen können sowohl zeitweilige Überschneidungen bei der Aufbewahrung und Führung der Registraturen als auch Unklarheiten in der archivischen Vorordnung gewesen sein. Zudem haben einige Unterlagen bereits bei ihrer Entstehung mehrere Ämter durchlaufen. Eine eindeutige Trennung der Provenienzen ist teilweise nicht mehr möglich. Bei den vorgefundenen Unterlagen aus der Provenienz des Standesamts (14 Verzeichnungseinheiten/ VE) und des Tiefbauamts (1 VE, ca. 50 unverzeichnete Akten, zahlreiche Pläne) war die Zuordnung zu den Registraturen der Ämter zweifelsfrei möglich. In Absprache mit den zuständigen Kollegen entschied sich die Bearbeiterin daher zu einer Bereinigung. Im Mai 2015 wurden 14 Akten mit Provenienz Standesamt, die Anfang der 1990er Jahre unter den Signaturen B.02.03, Nr 73 bis 80, 82 bis 87 verzeichnet worden waren, aus dem Bestand B.02.03 entnommen und dem Bestand B.02.04.305 Standesamt zugeordnet. Sie sind seitdem unter den Signaturen B.02.04.305, Nr 2208 bis 2221 verzeichnet. Ebenfalls entnommen und dem Bestand B.02.04.613 Tiefbauamt zugeordnet wurden die Unterlagen aus der Provenienz Tiefbauamt, darunter eine ehemals unter B.02.03, Nr 1168 verzeichnete Akte. Die unverzeichneten Akten (Laufzeit 1890 bis 1942) sind bis zur Verzeichnung des Bestandes B.02.04.613 Tiefbauamt nach den alten Registratursignaturen vorgeordnet und über eine Liste zu ermitteln. Neuss, den 7. Mai 2015 Erstellt von Sandra Gesell Das hier vorliegende Findbuch beinhaltet 3.600 Verzeichnungseinheiten und wurde als Auszug aus der noch in Bearbeitung befindlichen Verzeichnung des gesamten Bestandes B.02.03 Preußische Verwaltung im Mai 2015 erstellt und zur vorzeitigen Nutzung bereitgestellt. Zum Ende des Jahres 2021 sind 3776 Archivalien im Bestand B.02.03 Preußische Verwaltung verzeichnet. Behördengeschichte Staatliche Umgestaltung: Vom französisch besetzten Rheinland zur preußischen Provinz Die Verhandlungen auf dem Wiener Kongress (1814/1815) führten mit der Unterzeichnung der Schlussakte Anfang Juni 1815 zur Neuordnung des europäischen Staatensystems. Das Rheinland und somit auch Neuss wurde preußisch. Diese "Besitzergreifung" des katholischen Rheinlands durch das Königreich Preußen beendete die zwanzigjährige französische Besatzungszeit, die nach dem Ende des feudalen Systems im ehemaligen Kurfürstentum Köln eingetreten war. Zwischen 1794 und 1814 war Neuss zunächst französisch besetzt gewesen, bevor die Stadt dann ins Kaiserreich eingegliedert wurde. Die preußische Verwaltung löste nun die französische ab. Doch bevor die Rheinlande auf dem Wiener Kongress zum Königreich Preußen geschlagen wurden, trat seit Januar 1814 zunächst das Generalgouvernement Niederrhein als provisorische Verwaltung durch die Alliierten an die Stelle des französischen Roerdepartements, zu dem auch der Kanton Neuss gehört hatte. Mit dem Inkrafttreten der neuen Verwaltungsorganisation im April 1816 entstanden in den Rheinlanden zwei Provinzen (Jülich-Kleve-Berg, Niederrhein), die später (1822/1830) zu einer Provinz (Rheinprovinz) zusammengefasst wurden. Die Bürgermeisterei Neuss bildete zusammen mit 14 weiteren Bürgermeistereien den Kreis Neuss im Regierungsbezirk Düsseldorf. Die Bestrebungen von Staatskanzler Karl August von Hardenberg, die französische Kommunalverfassung in den westlichen preußischen Provinzen durch verschiedene Gemeindeordnungen für die Städte und Gemeinden zu ersetzen, führten zwar zu Verhandlungen zwischen Zentral- und Provinzialbehörden, scheiterten jedoch letztlich an dem Widerstand der Behörden vor Ort. Im Rheinland bestand man auf der rechtlichen Gleichstellung von Stadt- und Landgemeinden und die französische Municipalverfassung blieb vorerst bestehen. Lediglich die Begrifflichkeiten änderten sich, so wurde aus dem "Maire" der "Bürgermeister", aus dem "Adjoint" der "Beigeordnete" und die "Municipalräte" hießen fortan "Stadträte". Die Bestimmung der in diese Ämter einzusetzenden Personen erfolgte durch den Regierungspräsidenten (die Regierung), grundsätzlich ohne Mitspracherecht der jeweiligen Bürgermeisterei. Dies sollte sich - zumindest für den Stadtrat - erst mit der Einführung einer neuen Städteordnung, der Rheinischen Gemeindeordnung vom 23. Juli 1845, ändern. Diese löste in Neuss, wie in der gesamten Rheinprovinz die französische Kommunalverfassung ab. Die bereits 1831 erlassene Revidierte Städteordnung für die preußische Monarchie war in den westlichen Provinzen lediglich in Westfalen eingeführt worden. Als weitere Gemeindeverfassungen unter preußischer Verwaltung in Neuss fanden Anwendung: die Gemeindeordnung für den preußischen Staat von 1850 und die Städteordnung für die Rheinprovinz von 1856. Bürgermeister und Beigeordnete: Aufgaben und Entwicklung mit Blick auf die Kommunalverfassungen bzw. Städteordnungen bis Anfang des 20. Jahrhunderts Die Aufgaben des Bürgermeisters als Leiter der städtischen Verwaltungsgeschäfte gestalteten sich vielseitig. Als "erster Bürger" der Stadt stand er dem Gremium des Stadtrats vor und hatte das Recht und die Pflicht zur Einberufung desselben. Weitere wichtige Aufgabenbereiche stellten die Vermögensverwaltung, sowie das Etat- und Rechnungswesen dar. Wie in den anderen linksrheinischen, ehemals französisch besetzten Gemeinden und Städten der späteren Rheinprovinz gehörte auch das Führen der Personenstandsregister (Zivilstandsregister) zum Aufgabengebiet des Bürgermeisters. Zudem sollte der Bürgermeister stets Kenntnis der konkreten Verhältnisse in der Stadt haben. Wie in einem Rundschreiben der Regierung Düsseldorf vom 8. September 1838 formuliert, musste ihm "stets lebendig vor Augen schweben", in welchem Zustand sich die Brücken und Wege in der Stadt befinden. Weiterhin erwartete man eine persönliche Inspizierung der "in Ausführung begriffenen Bauten" und gelegentlicher Besuch der öffentlichen Anstalten, wie z. B. Schulen, Gemeindepflanzungen und Löschgeräte. Zur besseren Übersicht und Kontrolle seiner Tätigkeiten sollte jeder Bürgermeister im Regierungsbezirk Düsseldorf ab 1. Oktober 1838 ein "kurzes Tagebuch über seine persönliche amtliche Wirksamkeit außerhalb seines Geschäftslokals eigenhändig führen". Wie bereits innerhalb der Verwaltung während der "Franzosenzeit", in der dem Bürgermeister sogenannte Adjunkten zur Unterstützung bei den Amtsgeschäften beigegeben worden waren, gab es in der preußischen Verwaltung ebenfalls Beigeordnete mit der gleichen Funktion. Die zwei Beigeordneten, die bereits vor 1814/1815 ernannt worden waren, Joseph Anton Reuter als Erster und Franz Josten als Zweiter Beigeordneter, blieben bis in die 1820er Jahre im Amt. Ebenso wie das Bürgermeisteramt waren auch die Beigeordnetenstellen ehrenamtlich und daher unbesoldet. Es wurde lediglich eine Aufwandsentschädigung zur Deckung der laufenden Kosten gezahlt. Zur Führung dieser Ämter erklärten sich daher stets Personen bereit, die durch Erbschaft oder anderweitige Einkünfte entsprechend vermögend und nicht auf ein Gehalt angewiesen waren. Neben der Vertretung des Bürgermeisters in Krankheits- oder Abwesenheitsfällen konnten die Beigeordneten mit eigenen Zuständigkeiten betraut werden. An erster Stelle ist hier die Führung des Zivilstandsregisters zu nennen, die beispielsweise der Beigeordnete Franz Josten vom Juni 1813 bis zum Ende seiner Amtszeit im Jahr 1828 innehatte. Die Verantwortung für weitere Verwaltungsbereiche, wie Kommunalwegebau, Elementarschulwesen und vor allem die Hospital- und Armenverwaltung, hier insbesondere die Übernahme des Vorsitzes der Wohltätigkeitskommission, wurde an die Beigeordneten abgegeben. (Eine kurze Übersicht der ermittelten Zuständigkeiten der Neusser Beigeordneten ist in der Liste der Beigeordneten im Anhang zu finden.) Die reguläre Amtszeit von Bürgermeister und Beigeordneten betrug fünf Jahre, wobei eine Wiederernennung möglich war. Der Stadtrat wurde alle zehn Jahre zur Hälfte neu bestellt. Dabei stellten Landrat und Bürgermeister eine Vorschlagsliste zusammen, an der sich die (Bezirks-)Regierung orientieren konnte. Nach dem Ausscheiden des ersten Neusser Bürgermeisters unter preußischer Verwaltung, Heinrich Momm Anfang des Jahres 1823, konnte die Stelle wegen der zu erwartenden neuen Gemeindeordnung lediglich kommissarisch besetzt werden. Als Nachfolger ernannte die Königliche Regierung in Düsseldorf Ludwig Pithan, der bis dahin Bürgermeister von Gräfrath und Haan gewesen war. Es regte sich heftiger Widerstand in der Neusser Bevölkerung gegen diese Benennung, da Pithan kein Neusser war und der Stadtrat die Besetzung des Bürgermeisteramtes mit einem Auswärtigen für unvereinbar mit den Interessen der Stadt hielt. Der Stadtrat blieb sogar seiner Ernennung fern und schickte "Eingaben" an die Regierung und das zuständige Ministerium des Innern. Letztendlich musste sich der Stadtrat der Entscheidung zwar beugen, jedoch bat Pithan wegen der "unangenehmen Dienstverhältnisse" bereits nach einigen Monaten selbst um Entlassung. In der Folgezeit wurden nur noch Neusser Bürger zum Bürgermeister ernannt, die vorher zumindest Mitglied des Stadtrates waren, wobei die Mehrzahl bereits als Beigeordneter tätig gewesen war. Schied ein Beigeordneter aus seinem Amt aus, so schlug der Bürgermeister der Bezirksregierung - weitergeleitet durch den Landrat - drei Kandidaten vor, aus denen sie (in der Regel) den Nachfolger bestimmte. Nach Ablauf der fünfjährigen Amtszeit sowohl von Bürgermeister Joseph Anton Reuter als auch der beiden Beigeordneten (Franz Josten, Johann Mathias Haanen) im Jahr 1828, wurden deren Nachfolger in der Stadtratssitzung vom 24. September 1828 unter Vorsitz des ältesten Mitglieds des Stadtrats gewählt. Die Stadträte bestimmten mit Hilfe von Stimmzetteln jeweils drei Kandidaten pro freiwerdendes Amt. Die Regierung berücksichtigte zumindest bei der Besetzung der Bürgermeisterstelle und der Stelle des Ersten Beigeordneten die Kandidaten mit den meisten Stimmen. Bis in die 1840er Jahre war es in Neuss üblich, dass der Zweite Beigeordnete zum Ersten Beigeordneten "aufstieg", wenn dieser vor ihm ausschied. Daraufhin musste dann die Stelle des Zweiten Beigeordneten neu besetzt werden. Regulär wurden Bürgermeister und Beigeordnete nach Ablauf der gesetzlich festgelegten Amtszeit (fünf Jahre, sechs Jahre seit der Rheinischen Städteordnung von 1845) erneut ernannt, ausgenommen sie wünschten selbst den Rücktritt aus dem Amt. Auch religiöse Belange spielten im katholisch geprägten Rheinland eine Rolle. Laut Verfügung vom 26. März 1840 der Königliche Regierung Düsseldorf sollte mindestens eine Beigeordnetenstelle in jeder Stadt mit jemandem besetzt sein, der einer anderen Konfession als der jeweilige Bürgermeister angehörte. Hintergrund war eine Bestimmung der Kirchenordnung der evangelischen Gemeinden vom 5. März 1835 und frühere gesetzliche Erlasse, wonach die Teilnahme des Bürgermeisters oder eines Vertreters an den Versammlungen der Kirchenvorstände festgelegt war. In Neuss gehörten zu dieser Zeit sowohl Bürgermeister als auch Beigeordnete, sowie ein Großteil der Stadtratsmitglieder, der katholischen Religion an. Der Neusser Landrat Otto Wilhelm von Bolschwingh regte daraufhin die Ernennung eines dritten Beigeordneten für Neuss an, der evangelischer Konfession sein sollte. Dieser Vorschlag wurde von Seiten der Stadt Neuss jedoch mangels Bedürfnisses abgelehnt. Man argumentierte, dass in Neuss zwei Mitglieder des Stadtrates evangelisch seien und diese an den Versammlungen des evangelischen Kirchenvorstandes teilnehmen könnten. Als die Regierung das Thema im Oktober 1846 erneut aufgriff, war in Neuss bereits seit einigen Monaten der erste evangelische Beigeordnete Jakob Friedrich Hecking im Amt. Mit Einführung der Gemeindeordnung für die Rheinprovinz vom 23. Juli 1845 wurden die Gemeindeverordneten, also die Mitglieder des nun als Gemeinderat bezeichneten Stadtrats, nicht mehr durch Entscheidung der Königlichen Regierung bestimmt, sondern gewählt. Die Rechte der Gemeindeverordneten wandelten sich von der bis dahin beratenden Funktion zum Recht der Beschlussfassung über die Gemeindeausgaben. Bei Besetzung der Bürgermeister- und Beigeordnetenstellen blieb es bei dem bisherigen Verfahren: die Benennung durch die Königliche Regierung nach vorher eingereichten Vorschlägen. Nach § 103 behielt sich der König bei Gemeinden mit über 10.000 Einwohnern die Ernennung des Bürgermeisters vor, wobei dieser dann den Titel eines Oberbürgermeisters erhielt. Unklarheit herrschte im Neusser Gemeinderat über die Anwendbarkeit der Bestimmungen des § 107 der Gemeindeordnung von 1845 bezüglich des Diensteinkommens des Bürgermeisters. Zur Klärung forderte man die Entscheidung des Oberpräsidenten der Rheinprovinz ein. Dieser bestätigte, dass auch dem kommissarischen Neusser Bürgermeister Adam Breuer das Gesamteinkommen von 1.570 Talern zustünde, das zu zwei Dritteln als Besoldung und zu einem Drittel als Erstattung der anfallenden Bürokosten gedacht war. Mit Anstellung des ehemaligen Sekretärs des Bürgermeisters Michael Krings als Stadtsekretär zum 1. Januar 1850 wurde dessen Gehalt mit 450 Taler festgesetzt und aus der Dienstentschädigung des Bürgermeisters herausgerechnet, dieser erhielt nun nur noch 1.296 Taler und 16 Silbergroschen. Bis zum Jahr 1846 hatten stets zwei Beigeordnete genügt. Für fast drei Jahre, von Sommer 1846 bis 1849 gab es in Neuss insgesamt vier Beigeordnete. Seit 1849 waren dann kontinuierlich drei Beigeordnete als Vertreter und zur Unterstützung des Bürgermeisters tätig. Dies sorgte bei der Regierung Düsseldorf für Verwirrung, als sie im Juni 1857 die vorgeschriebene Neuwahl des Beigeordneten Jakob Le Hanne nach Ablauf seiner sechsjährigen Amtszeit anmahnte. Statt der vorhandenen drei Beigeordneten war dort nur einer bekannt. Bürgermeister Michael Frings versicherte daraufhin Anfang Februar 1851 zusammen mit der Ernennung des Ersten Beigeordneten Le Hanne durch die Regierung in Düsseldorf die Bestätigung der gewählten Beigeordneten Jakob Esser und Peter Schumacher erhalten zu haben. Als erste - und letztlich einzige - einheitliche Gemeindeverfassung für ganz Preußen wurde die Gemeindeordnung für den preußischen Staat vom 11. März 1850 erlassen. Sie bedeutete eine Zunahme der kommunalen Selbstverwaltung, da der Bürgermeister und die Beigeordneten nun vom Gemeinderat durch "absolute Stimmenmehrheit" gewählt werden konnten (§ 29). Sie wandelten sich somit von unmittelbaren Staatsbeamten zu Kommunalbeamten. Die gesetzliche Amtszeit des Bürgermeisters erhöhte sich außerdem von sechs auf zwölf Jahre. Zur Ermittlung der Wahlberechtigten zur Gemeinderatswahl wurden bei der Berechnung des Steueraufkommens ferner alle direkten Steuern (z.B. Grundsteuer, Gewerbesteuer) einbezogen. Dadurch erlangten mehr Neusser das Wahlrecht. Zudem erhielt der Gemeinderat nach § 153 der Gemeindeordnung die Wahlmöglichkeit zwischen einem "collegialischen" Gemeindevorstand mit mehreren Schöffen neben dem Bürgermeister und seinem Stellvertreter (= Magistratsverfassung) und einem Bürgermeister mit den erforderlichen Beigeordneten (= Bürgermeistereiverfassung). Der Neusser Gemeinderat beriet dann an drei Terminen im Dezember 1850 darüber, wobei die Mehrheit der Gemeindeverordneten sich für die Beibehaltung der bisherigen Verwaltungsform mit einem Bürgermeister und mehreren Beigeordneten entschied. Die Einführung der neuen Gemeindeordnung nahm einige Zeit in Anspruch. Offiziell beendet war sie mit der öffentlichen Bekanntmachung der Königlichen Regierung vom 4. Februar 1851 . Schied nun der Bürgermeister oder ein Beigeordneter aus seinem Amt aus, kam es zur öffentlichen Neuwahl im Stadtrat. Der Kandidat mit den meisten Stimmen wurde dem Regierungspräsidenten dann zur formalen Bestätigung vorgeschlagen. Gab es keine Beanstandung erfolgte die offizielle Ernennung durch die zuständige Regierung in Düsseldorf. Hatte der Kandidat die Wahl angenommen und waren auch von Seiten der Genehmigungsbehörde keine Bedenken geäußert worden, konnte ihm in der nächsten Stadtratssitzung der Eid abgenommen und er offiziell in sein Amt eingeführt werden. Der erste nach diesem Verfahren gewählte Bürgermeister war Michael Frings (1795 bis 1872). Er war somit der erste nicht mehr kommissarische Bürgermeister seit Heinrich Momm. Seit dem Rücktritt Momms im Jahr 1823 war das Amt des Bürgermeisters in Erwartung einer neuen Gemeindeordnung nämlich stets kommissarisch vergeben worden. Die Wahl Frings' erfolgte am 3. Januar 1851 im Gemeinderat. Sein Vorgänger Heinrich Thywissen hatte bereits im April 1850 ein Gesuch um Entlassung an den Landrat gerichtet (gemeinsam mit den Beigeordneten). Nach Unstimmigkeiten zwischen Gemeinderat und Regierung über die Neubesetzung der Stelle hatte er sich allerdings bereit erklärt, das Amt des Bürgermeisters bis zur Einführung der neuen Gemeindeordnung weiterzuführen. Abgelöst wurde die preußische Gemeindeordnung von 1850 durch die Rheinische Städteordnung vom 15. Mai 1856, die am 13. Juni 1856, mit dem Tag der Verkündung im Gesetzblatt auch in Neuss in Kraft trat. Wie bereits bei der Gemeindeordnung von 1850 entschied sich die Stadt Neuss für die Beibehaltung der Bürgermeistereiverfassung. Die Wahl der Stadtverordneten erfolgte weiterhin nach dem Dreiklassenwahlrecht, wobei nun nicht mehr alle direkten Steuern zur Bestimmung der Wahlberechtigten Berücksichtigung fanden. Die Zahl der berechtigten Wähler nahm wieder ab. Die Wahl von Bürgermeister und Beigeordneten nahm die - nun so genannte - Stadtverordnetenversammlung vor. Die Bestätigung der Amtsträger erfolgte durch die Regierung bzw. bei Gemeinden mit über 10.000 Einwohnern durch den preußischen König (§ 32). Neuss hatte bereits im Jahr 1852 erstmals über 10.000 Einwohner. In der Stadtverordnetenversammlung vom 20. Juli 1857 berieten die Mitglieder entsprechend § 28 der Rheinischen Städteordnung über die Anzahl der notwendigen Beigeordneten. Man entschied sich wegen "der umfangreichen und ausgedehnten hiesigen Verwaltung" wieder für drei Beigeordnete. Die Wahl der ersten beiden Beigeordneten fand daraufhin im August statt, die Wahl des dritten Beigeordneten im Oktober 1857. Während die Ernennung der ersten beiden Beigeordneten durch königlichen Erlass anstandslos erfolgte, verneinte die Regierung Düsseldorf die Notwendigkeit eines dritten Beigeordneten für Neuss. Aus Neusser Sicht war das Bedürfnis für einen dritten Beigeordneten sehr wohl vorhanden. Als Grund für einen größeren Verwaltungsaufwand in Neuss gegenüber Städten gleicher Größe wurde das umfangreiche städtische Patrimonialvermögen angegeben. Erst nach erneuter Forderung nach einem dritten Beigeordneten wurde dieser, in der Person des Carl Conrad Loerick, gleichnamiger Neffe des ehemaligen Neusser Bürgermeisters (1828 bis 1842) und Neusser Landrats (1843 bis 1849), im Mai 1858 bestätigt. Die Festlegung der Reihenfolge, in welcher die Beigeordneten den Bürgermeister vertraten, unterlag laut § 28 der Städteordnung vom 15. Mai 1856 der Genehmigung der Regierung. Daher hatte die Anzeige z. B. des Rücktritts eines Beigeordneten der Regierung stets zeitnah zu erfolgen, was in der Praxis nach Ansicht der Regierung nicht immer geschah. Auffällig sind die zeitlichen Abstände zwischen Abgabe der Amtsgeschäfte eines Beigeordneten und der Ernennung und Amtseinführung eines Nachfolgers, die im Laufe der Jahre immer länger wurden. Als beispielsweise der Erste Beigeordnete Dr. Clemens Sels im März 1873 nach nur einjähriger Amtszeit sein Amt niederlegte, verging über ein Jahr bis zur Amtseinführung seines Nachfolgers Franz Heinrich Kaumanns im Juli 1874. Hier waren vor allem Unstimmigkeiten zwischen Regierung und Stadt über die Rechtmäßigkeit der Amtsniederlegung ausschlaggebend. Die Wahl eines Nachfolgers fand daher vorläufig nicht statt. Bei Bürgermeister und Stadtverordneten herrschte die Meinung, zwei Beigeordnete würden vorerst genügen. Vorrangiger Grund dafür war die Anstellung eines eigenen Zivilstandsbeamten im März 1873. Bereits im Januar 1873 war nämlich die Stelle des Stadtsekretärs inklusive der Funktion eines Zivilstandsbeamten ausgeschrieben worden. Übernommen wurden diese Posten dann durch den Regierungssupernumerar August Decker aus Düsseldorf. Die Regierung beharrte dennoch monatelang auf der Amtsweiterführung durch Sels und ließ von dieser Forderung erst nach der Entscheidung des Oberpräsidenten ab. Ähnlich langwierig gestaltete sich die Suche nach einem Nachfolger für Heinrich Rosellen, der im Januar 1880 von seinem Amt als Beigeordneter zurückgetreten war. Zwar fand direkt in der Stadtratssitzung vom 19. Januar 1880, in der der Rücktritt Rosellens angenommen wurde, die Wahl seines Nachfolgers in der Person von Peter Wilhelm Kallen statt, doch fand dieser keine Bestätigung durch die Königliche Regierung. Der daraufhin gewählte Josef Broix wiederum, nahm die Wahl nicht an. Auch der dann gewählte Möbelhändler [Heinrich Wilhelm] Bracht wurde von der Regierung nicht bestätigt, dafür erhielt stattdessen Heinrich Floeren am 10. Januar 1881 die Bestätigung und konnte am 7. Februar 1881 in sein Amt als Zweiter Beigeordneter eingeführt werden. Mit Regierungsverfügung vom 7. April 1888 wurde die Schaffung einer vierten Beigeordnetenstelle in Städten mit mehr als 10.000 Einwohnern angeordnet. Neuss hatte bereits im Jahr 1885 die Zahl von 20.000 Einwohnern überschritten und fiel somit unter diese Regelung. In der Ratssitzung vom 3. Dezember 1895 beschlossen die Stadtverordneten die Anstellung eines fünften Beigeordneten. Das Amt des fünften Beigeordneten füllte dann Peter Wilhelm Kallen allerdings erst von 1905 bis 1913 aus. Wachstum der Stadt und Zunahme der Verwaltungsgeschäfte führten dazu, dass in der Ratssitzung vom 2. September 1904 schließlich die Schaffung einer ersten hauptamtlichen, besoldeten Beigeordnetenstelle erfolgte. Seit dem 24. Oktober 1904 war dieses Amt des kommunalen Spitzenbeamten, bis zur allerhöchsten Bestätigung vom 16. Januar 1905 zuerst kommissarisch, durch den Gerichtsassessor Josef Klein aus Köln besetzt. Er sollte das Amt des Ersten Beigeordneten über 20 Jahre bekleiden und war während der Zeit des Ersten Weltkriegs sogar der einzige in Neuss tätige besoldete Beigeordnete. Klein war während seiner langen Amtszeit für zahlreiche Verwaltungsbereiche zuständig. Im Februar 1921 bewilligte die Stadtverordnetenversammlung ihm "für seine Verdienste um den Auf- und Ausbau der Armenverwaltung und des Wohlfahrtsamtes […] und für seine außergewöhnlich erfolgreiche Förderung des künstlerischen Lebens der Stadt" eine Gehaltszulage von 5.000 Mark jährlich. Die von der Stadt gleichzeitig beantragte Verleihung der Amtsbezeichnung Bürgermeister, als Ehrung, wurde vom Innenminister mit Rücksicht auf die Größe der Stadt Neuss jedoch abgelehnt. Als weitere herausragende Persönlichkeit unter den Neusser Beigeordneten aus dieser Zeit sei hier noch Wilhelm Thywissen (1850 bis 1929) genannt. Erstmalig im Jahr 1886 als unbesoldeter Beigeordneter gewählt und bestätigt, starb er 78jährig im Jahr 1929. Er führte das Amt des unbesoldeten Beigeordneten als ehrenamtliche Funktion insgesamt über 38 Jahre aus, unterbrochen lediglich durch einen Zeitraum von fast viereinhalb Jahren von August 1904 bis Januar 1909. Zu seinen Zuständigkeiten zählten dabei u. a. die Armenverwaltung (ab 1886), das Museumswesen (ab 1912) und die Organisation der Lebensmittelversorgung in der Zeit des Ersten Weltkriegs. Insbesondere für diese Tätigkeit erhielt er den größtmöglichen Dank der Stadt Neuss durch die Verleihung der Ehrenbürgerwürde in der Stadtverordnetenversammlung vom 11. November 1919. Anhang: Liste der Bürgermeister Liste der Beigeordneten (unbesoldet, besoldet) Liste der Bürgermeister/ Oberbürgermeister (Die Tagesdaten sind den Akten B.02.03, Nr. 1691 Bürgermeister- und Beigeordnetenstelle, Bd. 1 (1817-1850) und Nr. 3525 Bürgermeister- und Beigeordnetenstelle, Bd. 2 (1857-1927) entnommen, die in eckigen Klammern anderweitig ermittelt) Das Tagesdatum bezeichnet den Tag der Aufnahme bzw. Abgabe der Amtsgeschäfte 1814, 1. Juni bis 1823, 9. Januar Heinrich Momm (9. bis 16. Januar 1823: Führung der Verwaltung durch 1. Beigeordneten Reuter) 1823, 16. Januar bis 1823, Juni Ludwig Pithan (kommissarisch) 1823, 28. Juni bis 1828 Okt. Joseph Anton Reuter (kommissarisch) 1828, 9. Oktober bis 1843 Carl Conrad Loerick (kommissarisch) 1844, 3.1. bis 1849, 13. Mai Adam Breuer (kommissarisch) 1849, Mai 16 bis 1851, [Febr. 15] Heinrich Thywissen (kommissarisch) 1851, [Febr. 15] bis 1858 [Febr.] Michael Frings 1858, [Febr. 8] bis 1882, [7. Febr.] Johann Joseph Ridder 1882, 8. Febr. bis [1889, Juni] Carl Wenders 1890, 12. Juni bis 1902, 12. Juni Engelbert Tilmann 1902, 12. Juni bis 1921, 10. Feb.* Franz Gielen (Oberbürgermeister seit Kreisfreiheit 1913) 1921, [April 4*] bis 1930 [11. Juni] Heinrich Hüpper (OB) 1930 [7. Juli] bis 1934 [26. März] Wilhelm Henrichs (OB) 1934, [4. Apr.] bis 1938 [12. Apr.] Wilhelm Gelberg (OB) 1938, [21. Apr.] bis 1945 [2. o. 5. März] Wilhelm Tödtmann (OB) Liste der Beigeordneten (laut Engels, Preußische Zeit, S. 378-379) Das erste Datum bezeichnet die Ernennung, das zweite Datum in Klammern das Datum der Einführung bzw. Vereidigung in der Stadtratsitzung) Besondere Arbeitsgebiete/Aufgaben (soweit ermittelbar) Unbesoldete Beigeordnete - 1823, Juni Joseph Anton Reuter (1. Beigeordneter) (ab 1823 BM) 1813, 14.4. - 1828 Franz Josten (2. Beigeordneter) (1. Beigeordneter seit 1823) Führung d. Zivilstandsregister (Juni 1813 - Okt. 1828) 1823, 28.8. (6.9.) - 1828 Johann Mathias Haanen (2. Beigeordneter) Kommunalwegebau (seit 1824) 1828, (9.10.) - 1834, 23.5. Ludwig Sels (1. Beigeordneter) Führung d. Zivilstandsregister ( Okt. 1828 - Anf. 1834) 1828, (9.10.) - 1832 Carl Joseph Zehnpfennig (2. Beigeordneter) Polizeiverwaltung, seit 1831: Elementarschulwesen, Vorsitzender der Armen- und Hospitalkommission 1832, 18.4. (9.5.) - 1843 Adam Breuer (2. Beigeordneter, 1. Beigeordneter seit 23.5.1834) (ab 1844 BM) Armen- und Hospitalverwaltung 1834, 23.5. (13.6.) - 1842, 15.12 Joseph Albert Müller (2. Beigeordneter) Zivilstandsregister, Einquartierungswesen 1842, 15.12 - 1848, Dez. Michael Frings (2. Beigeordneter) (6.3.1843) (1. Beigeordneter seit 8.12.1843/3.1.1844) (ab 1851 BM) Armenwesen, Vorsitz der Wohltätigkeitskommission 1843, 8.12 - 1848, Jan. Peter Wilhelm Stadler (2. Beigeordneter) (vorher: (3.1.1844) Stadtsekretär, ab 27. Jan./ Febr. 1848 Stadtrentmeister) 1846, 16.7. (10.8.) - 1849 Albert von Steffens (3. Beigeordneter) 1846, 16.7. (10.8.) - 1849 Jacob Friedrich Hecking (4. Beigeordneter) 1849, 26.5. (18.6.) - 1851 Johann Baptist Ibels (1. Beigeordneter) Zivilstandsregister, Aufsicht über Schulbesuch in den Elementarschulen 1849, 26.5. (18.6.) - 1851 Peter Wilhelm Werhahn (2. Beigeordneter) Kommunalwege, städtisches Eigentum, Bauwesen 1849, 26.5. (18.6.) - 1851 Max Heinrich Schmitz (3. Beigeordneter) Armenwesen, Vorsitz der Wohltätigkeitskommission 1851, 4.2. (19.2.) - 1857 Jakob Le Hanne (1. Beigeordneter) 1851 (19.2.) - 1857 Jakob Esser (2. Beigeordneter) Städtisches Eigentum 1851 (19.2.) - 1857 Peter Schumacher (3. Beigeordneter) Leitung des Armen- und Hospitalwesens 1857, 27.10. (26.11.) - 1871 Jakob Ibels (1. Beigeordneter) Feuerlöschwesen, Militäreinquartierung 1857, 27.10. (26.11.) - 1875 Caspar Thywissen (2 Beigeordneter) Kommunalwegebau, Grundvermögen, Bauwesen 1858, 5.5. (14.6.) - 1875, 21.6. Carl Conrad Loerick (3. Beigeordneter) Armen- und Hospitalverwaltung 1872, 3.2. (5.3.) - 1873 (März) Dr. Clemens Sels (1. Beigeordneter) 1874, 5.6. (6.7.) - 1888, 3.4. (+) Franz Heinrich Kaumanns (1. Beigeordneter) 1875, 1.11. (29.11.) - 1880, Jan. Heinrich Rosellen (3. Beigeordneter) Vorsitz der Armen- und Hospitaldeputation 1881, 10.1. (7.2.) - 1886 Heinrich Floeren (2. Beigeordneter) 1886, 5.5. (7.6.) - 1904, 9.8. Wilhelm Thywissen (3. Beigeordneter) (1. Beigeordneter lt. Regierungsverfügung v. 17.8.1888) Armenverwaltung 1908, 12.12 . - 1929, 4.7. (+) (2. Beigeordneter) (3. Beigeordneter (Febr. 1910) (Reg.verf. v. (9.2.1909); 2.7.1920), (2. Beig. lt. Regierungsverfügung v. 2. Jan. 1915); 6. Beigeordneter [StVV v. 1.9.1921]), (4. Beigeordneter **) Museumswesen (ab 1912), Städtische Lebensmittelversorgung (seit Beginn des Ersten Weltkriegs) 1886, 1.12.- 1913, 15.1. (+) Theodor Melchers (2. Beigeordneter) (7.2.1887) (3. Beigeordneter lt. Regierungsverfügung v. 2.1.1909) (4. Beigeordneter lt. Regierungsverfügung v. 23.4.1910) 1888, 18.7. (3.9.) - 1895, 19.12. (+) Heinrich Kistemann (3. Beigeordneter) 1888, 18.7. (3.9.) - 1894 Franz Werhahn (4. Beigeordneter) 1894, 26.5. (10.7.) - 1895, 3.11 (+) Heinrich Jaegers (4. Beigeordneter) 1896, 9.3. (28.4.) - 1902, 14.10 Robert Better (3. Beigeordneter) 1896, 27.5. (7.7.) - 1913, 1.6. (+) Peter Wilhelm Kallen (4. Beigeordneter) (3. Beigeordneter d. Kabinettsorder v. 20.10.1902) (5. Beigeordneter: Febr. 1905) 1903, 12.1. (3.2.) - 1909 Theodor Leuchtenberg (4. Beigeordneter) 1905 (7.2.) - 1909, 31.12. Leo Zirkel (3. Beigeordneter) (4. Beigeordneter lt. Regierungsverfg. vom 2.1.1909) 1920, 22.6. (20.7.) - 1921, 22.7.* Matthias Braun (7. Beigeordneter) 1920, 22.6. (20.7.)(*) - [Mai] 1924 Dr. Rudolf D'heil (4. Beigeordneter) (7. Beigeordneter [StVV v. 1.9.1921]) Schlachthof, Fleisch- und Milchversorgung 1920, 22.6. (20.7.) - [Mai] 1924 Josef Schmitz (8. Beigeordneter) Marktwesen Besoldete Beigeordnete 1905, 16.1. (28.2.) - 1925, 31.3.** Josef Klein (1. Beigeordneter) Armen- und Krankenhausverwaltung (bis 1920); Arbeitsnachweis und Erwerbslosenfürsorge (seit 1918); Besatzungsangelegenheiten (seit 1919); Lese- und Bücherhalle (seit 1905); Polizei-, Militär- und Meldewesen (bis 1919); Sparkasse (seit 1920); Stadtausschuss (seit 1920); Städtische Beamte, Angestellte und Arbeiter (seit 1920); Steuersachen; Versicherungsamt; Volksschulen u. Fortbildungs- schulen (seit 1920); Wohlfahrtsamt (1910-1920) 1910, 12.4. (26.4.) - 1920 (15.2.)* Dr. Udo Beitzen (2. Beigeordneter) [1914-Anf. 1919 Soldat] 1920 (1./27.4.)* - 1921 Heinrich Hüpper (2. Beigeordneter) (1921 - 1930 Oberbürgermeister) 1920, 8.5. (13.7.)* - 1925, 31.3. Ferdinand Kern (6. Beigeordneter) (5. Beigeordneter [StVV v. 1.9.1921] Vorsitzender des Mieteinigungsamtes 1920, 8.5. (15.6.)(*) - 1933 Peter Goertz (5. Beigeordneter) 4. Beigeordneter [StVV v. 1.9.1921] (3. Beigeordneter ** [1925]) (2. Beigeordneter [1930]) Armenverwaltung, Krankenhaus, Gartenbauverwaltung, Sportwesen, Feuerlöschwesen 1921, 30.6. (15./22.7.)* - 1930 Dr. Fritz von Hansemann (2. Beigeordneter) (1. Beigeordneter **) Bauwesen, Kanalisation, Deichschau, Vermessungswesen, Hafen- und Ringbahn, Innungswesen, Polizei 1921 (1.9.)* - 1933, 31.8. Karl Thielemann (3. Beigeordneter), (2. Beigeordneter ** [1925]) (1. Beigeordneter(Dez. 1930, nach Ausscheiden von Hansemann), praktisch als solcher tätig, förmlich: kein StVV-Beschluss zur Neubesetzung des Amtes, u.a. Straßenbahn, Wohnungsamt, Erwerbslosenfürsorge Polizeidezernent ([1927] - 1933) 1933, 19.4. (kommissarisch) - 1935 (14.5.) Dr. Gottfried Entner (1. Beigeordneter) 24.5.1934 1933 - 1934 Walter Sager (2. Beigeordneter) 1934, 28.5. - 1945 Friedrich Wilhelm Spielkamp (3. Beigeordneter) 1935, (30.3.)19.12. - 1936, Juli Dr. Werner Koch (2. Beigeordneter, 1. Beigeordneter, seit 7.1.1936) 1936, 28.2. - 1945 Dr. Emil Werner (2. Beigeordneter) [1943 - 1945 Soldat] 1937, 16.4. (4.5.) - 1945 Ernst Albrecht (1. Beigeordneter) bzw. 5.4. (9.4.) [1939 -1942 Soldat] [seit 1942 aus dem Dienst der Stadtverwaltung beurlaubt] * Angaben aus dem Verwaltungsbericht 1913-1924 ** Angaben aus dem Verwaltungsbericht 1924-1928