Ernsts, Kurfürsten von Cöln, neu aufgerichtete und bestätigte Erb-Landes-Vereinigung der Stände des Herzogtums Westfalen. Druck der Bestätigung vom 6. Juli 1590. Mit hinzugeschriebener Bestätigung der Kurfürsten Maximilian Heinrich, d. Arnsberg d. 20. August 1633, und Joseph Clemens, d. Arnsberg d. 16. September 1695. Ernst, Erzbischof zu Cöln, Kurfürst, Bischof zu Lüttich, Administrator der Stifte Münster, Hildesheim und Freisingen, Fürst zu Stablo usw., Domdechant und Kapitel der Domkirche zu Cöln, auch Ritterschaft und Städte des Westfälischen Fürstenhauses und Landes, bekennen, da die, nach dem Tode des Erzbischofs Dietrich, im Jahre 1463 aufgerichtete Landesvereinigung, aus vielen Ursachen, einer Erneuerung, Erläuterung und Befestigung bedarf, die auch auf dem Landtage zu Geseke, im Junius 1584, proponiert worden, so ist hieraus ein Ausschuss von Ritterschaft und Städten (nämlich Adrian von Ense, Friedrich Bernd von Hörde, Ludolf von Landsberg, Christoph von Meschede, Johann Wrede, Raban von Hanxleden und Gontewan von Plettenberg, auch die Verordneten der Städte Brilon, Rüden, Geseke, Werl, Attendorn, Menden und Arnsberg) deputiert worden, der mit Landdrost und Räten (nämlich Eberhard, Grafen zu Solms, Landdrost in Westfalen, Neveling von der Recke, Teutsch-Ordens-Landkommenthur in Westfalen und Kommenthur zu Mühlheim Dietrich Ketteler zu Hovestadt, Hermann von Hatzfeld, Caspar von Fürstenberg, Philipp von Meschede, Johann Droste zu Erwitte, Heinrich Rhams, Lic., Westfälischen Räten) dieses Werk vorgenommen, und ihr Bedenken angezeigt, nach welchem eben auf dem Landtage zu Meschede, im December 1585, die Erb-Landesvereinigung folgender Gestalt vollzogen worden: 1) Dechant und Kapitel, auch Ritterschaft, Städte und gemeine Landschaft, sollen keinem Herrn des Erzstifts Cöln huldigen oder dienen ehe er die Landesvereinigung beschworen, und jedem Stande darüber Brief und Siegel gegeben. 2) Das geistliche Gericht zu Werl soll ordentlich bestellt werden, dass jedermann dabei unverzüglich Recht finde, und der Landesherr soll die Sachen nicht von demselben avocieren. 3) Weil in Westfalen sowohl geistlich als auch weltlich Recht und Gericht ist, soll die kostspielige Vorladung der Westfälischen Untertanen nach Cöln, in erster Instanz, unterbleiben. 4) Die weltlichen Gerichte sollen, nach Gewohnheit und Recht der Städte, Freiheiten und Landschaften, ihren freien Gang haben. 5) Die Untertanen sollen dagegen auch dem Landesherrn und seinen geistlichen und weltlichen Gerichten gehorsam sein, und die Amtleute sollen die Gerichte handhaben helfen. 6) Das freie Gericht in Westfalen soll nach der Reformation Erzbischof Dietrichs gehalten werden. 7) Der Landesherr soll alle Grafen, Freiherrn, Ritterschaft, Städte, Freiheiten und Untersassen, geistlich und weltlich, bei ihren Rechten und Privilegien lassen. 8) Insbesondere soll die Gewohnheit gehandhabt werden, dass adlige Töchter, welche Brüder haben, bei ihrer Verheiratung mit einem ziemlichen Brautschatz ausgesteuert werden und dagegen auf die Succession in die nämlichen Güter Verzicht tun; auch sollen Klosterjungfrauen oder Mönche, wenn sie gleich von Adel oder aus den Städten, nicht mit den weltlichen succedieren; wenn ihnen jedoch der Brautschatz, oder die ? Profession bedungene Leibzucht, binnen drei Jahren nicht ausgezahlt wird, sollen sie dafür, pro quota haereditaria, in die Güter immittiert werden; und wenn die Brüder ohne eheliche Kinder sterben, soll den weltlichen Schwestern, oder wenn keine vorhanden, den geistlichen, ihr Erbteil wieder zufallen; wenn aber die Geistlichen ihren Orden und Gelübde verlassen, sollen sie der Succession und Leibzucht verlustig sein. 9) Die Töchter sollen sich ohne der Eltern Wissen und Willen nicht verheiraten; außerdem sollen ihnen die Eltern bei ihrem Leben nichts von ihren Gütern schuldig sein, und sie sollen auch nach deren Tode nur den halben Brautschatz, den sie sonst ganz gehabt hätten, erhalten müssen, von ihren Brüdern zu fordern haben; es ? denn, dass die Eltern, bei der Verheiratung der Töchter, die Ordnung der Rechte verletzt und dadurch Ursache gegeben hätten, dass sich die Töchter, mit der Obrigkeit oder anderer ehrbarer Leute Vorwissen, an ihres Gleichen verheiratet, in welchem Falle dann die Strafe nicht statt haben soll. 10) Der Landesherr soll ohne Rat und Willen seines Kapitels, Ritterschaft und Städte keinen Krieg anfangen. 11) Derselbe soll die Untersassen und ihre Güter nicht verpfänden. 12) Derselbe soll die Bündnisse zwischen dem Erzstift und der Stadt Cöln, dem Stifte Münster, dem Lande von dem Berge und der Stadt Dortmund halten, wenn sie durch gedachte Lande und Städte erneuert und gehalten werden;. 13) außerdem aber, ohne Wissen und Willen des Kapitels, Ritterschaft und Städte, kein Bündnis schließen. 14) Er soll Bilstein, Fredeburg und Kaiserswerth bei dem Erzstifte behalten und dieselben, so wie Werl und andere Schlösser, mit guten Cölnischen Leuten besetzen. 15) Er soll keine Leist-Schuld machen, ohne Vorwissen des Kapitels. 16) Er soll des Erzstifts Schlösser, Städte und Ämter in Westfalen nicht veräußern oder verpfänden ohne Rat, Wissen und Willen des Kapitels und der Landschaft. 17) Was vom Erzstifte Cöln abgekommen, soll er wieder herbei zu bringen suchen. 18) Wenn gegen eine rechtmäßige Wahl eines Landesherrn Widerspruch und Zwietracht erhoben wurde sollen Ritterschaft, Städten und Landschaft dem rechtmäßig Erwählten und seinem Kapitel helfen und gehorsam sein. 19) Ein rechtmäßig erwählter Landesherr soll gleich nach seiner Confirmation die Priesterweihe annehmen; und wenn such zwischen dem Landesherr und den Untersassen Klagen erheben, soll der Landesherr die Untersassen nicht mit Gewalt überfahren, sondern die Sache an das Kapitel bringen und dieses dieselbe nach Güte oder Recht entscheiden und dessen Entscheiodung sollen die Parteien annehmen, jedoch mit vorbehalt des ferneren Rechtsganges. 20) Wenn das Domkapitel zu Cöln nötig findet, die Westfälische Landschaft wegen wichtiger Angelegenheiten einzuberufen, so sollen zwölf Personen aus der Landschaft, ohne des Landesherren Verhinderung, auf des Erzstifts Kosten, dem Domkapitel folgen; nämlich zwei von den Westfälischen Städten, welche das Domkapitel zu bestimmen hat, fünf aus der Ritterschaft, wozu für jetzt Dietrich Ketteler, Adrian von Ense, Caspar von Fürstenberg, Ludolf von Landsberg und Philipp von Meschede ernannt werden, an deren Stelle, wenn einer abgeht, auf dem Westfälischen Landtage ein oder mehr andere ernannt werden sollen; und fünf aus den Städten Brilon, Rüden, Werl, Geseke und Arnsberg, welche der Landdrost ernennen soll. 21) Weil sich in der Truchsässischen Unruhe gezeigt hat, dass aus unordentlichen Westfälischen Landtagen große Beschwerung entstanden, so soll künftig kein Landtag ohne Vorwissen des Domkapitels gehalten, auch der Einwilligung des Domkapitels in dem usschreiben jedesmal gedacht werden und das Domkapitel bevollmächtigte Gesandte auf den Landtag schicken. 22) Auf den Westfälischen Landtagen sollen alle Fremden abgewiesen werden, und der älteste adlige Rat soll, bis man sich darüber eines anderen verglichen wird, die Beratschlagungen der Stände dirigieren. 23) Der Landesherr soll für seine Lande diesseites und jenseits des Rheins einen beständigen Rat aus geistlichen und weltlichen Personen halten; doch soll unter den Geistlichen kein Dechant einer Kirche und die Weltlichen sollen Untersassen des Stifts sein, auch sollen sich immer zwei aus dem Domkapitel darin befinden. 24) Wenn die Landschaften Klagen gegen die Räte haben, sollen sie dieselben nur bei ihrem Landesherrn und dem Kapitel, aber nicht bei fremden Herren anbringen; auch sollen die Räte mit ihrem Gegenbericht, wie billig, gehört werden. 25) Es soll niemand in dem Erzstifte Cöln den anderen befehden, berauben, brennen, noch geistlichen oder weltlichen Personen Gewalt zufügen, sondern jeder soll sich an Recht und redlichen Austrag begnügen lassen; wer aber dagegen handelt ulnd in diesem oder anderen Punkten die Landesvereinigung überschreitet, soll seine Privilegien und Lehngüter verlieren und aus seinen Erbgütern den angerichteten Schaden erstatten. 26) Der Landesherr, seine Amtleute und Diener sollen keinen, der das Erzstift oder einen Untersassen desselben befehden oder sonst mit Gewalt beschädigt hat, bis zur Befriedigung der Sache, Geleit geben; und war es wissentlich geschehen, so soll ihm das Geleit sogleich wieder aufgesagt werden. 27) Wenn ein Untersasse des Erzstifts Cöln im Lande Westfalen an seinem Erbteil verkürzt ist, so soll der Landesherr die Parteien vor sich oder seine Räte fordern und gütlich zu vergleichen suchen, wenn aber kein gütlicher Vergleich gefunden werden kann, die Sache an den ordentlichen Richter weisen. 28) Wenn ein Untersasse an seinem Lehen vo dem Landesherrn verkürzt wird, so soll die Sache vor dem Domkapitel nach Güte oder Recht ausgetragen werden. 29) Der Landesherr soll alle Briefe halten, die er, seine Vorfahren und das Kapitel gegeben haben, oder noch geben werden. 30) Wenn in Zukunft der Landesherr oder die Seinigen wider diese Punkte oder seine dem Kapitel getane Verschreibung handeln würden, oder Neuerungen wider die katholische Religion oder sonst in geistlichen oder weltlichen Sachen vornähmen, und auf Erinnerung des Kapitels nicht davon abstehen wollten, so soll das Kapitel die gesammte Erzstiftliche Landschaft und aus Westfalen insbesondere die oben erwähnten zwölf Personen zusammenberufen und ihnen das zu erkennen geben; und wenn dann der Landesherr die Beschwerden nicht abstellen wollte, so sollen die Landstände sich zu dem Kapitel halten, und dem Herrn nicht gehorchen, bis er seiner Verschreibung Genüge tut. Darauf und nicht anders sollen auch Räte, Amtleute und Landstände dem Herrn schwören, hulden und geloben, mithin solchen Fällen nicht wider ihre Eide zu handeln, sondern derselben ipso iure ledig sein. Auf alle vorgeschriebenen Punkte vergleichen sich Ernst, Erzbischof und Kurfürst, Dechant und Kapitel zu Cöln und gemeine Ritterschaft und Städte in Westfalen, für sich, ihre Nachkommen und Erben, samt und sonders; und soll diese Landesvereinigung auf allen Westfälischen Landtagen, auch jährlich in den Städten, öffentlich verlesen werden. Der Kurfürst Ernst hat die Urkunde eigenhändig unterschrieben, auch hat eben derselbe, sowie das Domkapitel, und von seiten der Landschaft, Goswin Ketteler, Johann von Hanxlede, Johann Droste, Adrian von Ense, Caspar von Fürstenberg, Philipp von Meschede, auch Bürgermeister, Räte und Gemeinden der Städte Brilon, Rüden, Werl, Geseke, Attendorn und Arnsberg, ihre Siegel angehangen. Unmittelbar hierauf folgen die Bestätigungen der Kurfürsten Maximilian Heinrich und Joseph Clemens, ebenfalls von beiden unterschrieben und von dem ersten mit anhängenden Siegel, von dem letzteren aber mit beigedrucktem Siegel bekräftigt.