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Abbildung eines Wandgemäldes mit einem androgynischen Adonis
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Schwarz-Weiß-Fotografie eines Gemäldes (möglicherweise ein Ausschnitt), das drei Personen zeigt, die in einer Gruppe im Halbkreis um eine vierte Person in der Mitte herumstehen. Diese sitzt auf einem Stuhl, dessen Stuhlbeine kunstvoll mit kleinen Figuren gestaltet sind. Die Person ist fast unbekleidet, nur ein Teil ihrer Oberschenkel sowie ein Teil des linken Arms sind mit einem Tuch bedeckt. An den Füßen, die auf einem Schemel stehen, trägt sie Sandalen. Sie ist halb seitlich abgebildet, einen Arm hat sie auf die Rückenlehne des Stuhls gelegt, den anderen hält sie angewinkelt nach oben und hat eine Strähne ihres Haars zwischen die Finger geklemmt.
Die umstehenden drei Personen tragen allesamt lange Gewänder. Die links im Bild befindliche hält einen Handspiegel, in dem das Gesicht der sitzenden Person zu sehen ist. Die Person ganz rechts hält eine kleine Kiste/Schatulle in der Hand. Die im Halbkreis in der Mitte stehende Person legt eine Kette mit Verzierungen um die vor ihr sitzende Person um Hals und Brust.
Im Hintergrund sind eine Säule, ein Stück Mauer sowie ein drapiertes Stück Stoff zu sehen, das vielleicht als Vorhang dient. Vorn im Bild steht ein kleiner Engel, der aus einem Krug Flüssigkeit in eine Schale gießt.
Kontext:
Das Bild erschien u. a. in der 1905 erschienenen Publikation „Geschlechtsübergänge“. Dort ordnete es der Autor, der Sexualwissenschaftler und Sexualreformer Magnus Hirschfeld, in das Kapitel „Hermaphroditen in der Kunst“ ein und schreibt dazu: „Bild 75 zeigt uns auf einem pompejanischen Wandgemälde den androgynischen Adonis, der angeredet wird […] (o, Jungfrau und Jüngling). Auf dem Bilde findet sich noch eine zweite Androgyne, die den Spiegel haltende Person mit Bart, weiblichen Brüsten und weiblichem Gewand, nach Römer stellt sie die „mannweibliche Aphrodite" vor.“ (vgl. Hirschfeld, Magnus (1913): Geschlechtsübergänge. Mischungen männlicher und weiblicher Geschlechtscharaktere (Sexuelle Zwischenstufen), Max Spohr,Text vor Tafel XXXI)
Mit dieser Abbildung wollte Hirschfeld vermutlich auf eine lange historische Tradition von geschlechtlichen Identitätskonzepten verweisen, die jenseits der zweigeschlechtlichen, heterosexuellen Norm lagen und als sog. „Zwischenstufe“ gelesen werden konnten.
Sehr verkürzt gesagt, beschreibt das von Hirschfeld entwickelte Konzept der Zwischenstufen die Tatsache, dass jedes Individuum sowohl „männlich“ als auch „weiblich“ ausgeprägte Eigenschaften vereint, die einen oder mehrere der vier Bereiche betreffen können: 1. die Geschlechtsorgane, 2. sonstige körperliche Eigenschaften, 3. den Geschlechtstrieb und/oder 4. sonstige seelische Eigenschaften.
Mit dieser Theorie öffnete Hirschfeld bereits 1907 das gängige Konzept des biologisch-genitalen Geschlechts für Aspekte, die u.a. auf der erlebten Identität der Individuen beruhten.
Damit ebnete die „Zwischenstufentheorie”, die „während der Institutszeit die wissenschaftliche Leitidee für die meisten Mitarbeiter“ blieb, den Weg für das Verständnis von sexueller Vielfalt und Variabilität. (vgl. Herrn, Rainer (2022): Der Liebe und dem Leid, Suhrkamp, S. 31). Einher gingen damit auch eine Entpathologisierung und Entkriminalisierung des vermeintlich Abweichenden, von Menschen also, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm standen.
Bildunterschrift in Hirschfeld: Geschlechtsübergänge: Hermaphroditen in der Kunst
Bildunterschrift in Neugebauer: Hermaphroditismus beim Menschen: Abb. 2. (Aus Hirschfeld, Geschlechtsübergänge. Verlag von W. Malende, Leipzig.)
Hirschfeld, Magnus, 1913: Geschlechtsübergänge. Mischungen männlicher und weiblicher Geschlechtscharaktere (Sexuelle Zwischenstufen), Leipzig, Text vor Tafel XXXI:
Neugebauer, Franz Ludwig von, 1908: Hermaphroditismus beim Menschen, Leipzig
Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Berlin
FSIFS-109_a
Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin
Fotografische Sammlung des ehemaligen Instituts für Sexualwissenschaft