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Teilnachlass der Bertha (Engelberta) Freiin von Biegeleben (1843-1917), mit Unterlagen zu deren Beziehungen zum Haus Urach (Bestand)
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, GU 202
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Archiv der Herzöge von Urach
1864-1917 und o. J.
Inhalt und Bewertung
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Unterlagen von und über Bertha von Biegeleben finden sich auch in den Beständen GU 20, GU 99, GU 107, GU 117, GU 120 und GU 123.
1. Biografie: Bertha (Engelberta) Freiin von Biegeleben war Mitglied einer ursprünglich aus dem Herzogtum Westfalen stammenden Familie. Das Herzogtum Westfalen gehörte bis zur Säkularisation 1802 zum Kurfürstentum Köln, also zum weltlichen Herrschaftsgebiet des Kölner Erzbischofs. Bevor die Biografie der Baroness von Biegeleben geschildert wird, soll an dieser Stelle zunächst auf die Geschichte der Familie Biegeleben eingegangen werden. Als deren Stammvater gilt Hans-Heinrich Byggeleven auf dem Byggelevenhof in Westicke, der 1432 in Kirchenbüchern des Dekanates Menden (Sauerland) erwähnt wird. 1560 wird ein Hans Biggeleben auf dem besagten "Biegeleben-Hof" genannt. Im 17. Jahrhundert stellte die Familie Biegeleben Bürgermeister und Stadtkämmerer in Menden. Ende des 17. Jahrhunderts schließlich stieg Caspar Ferdinand Biegeleben (1678-1745) zum Fürstlich Osnabrückischen Hofrat und Kaiserlichen Geheimen Rat auf. Am 30. Dezember 1723 wurde Caspar Ferdinand Biegeleben in den Reichsadelsstand erhoben. Er war damit das erste Mitglied der Familie, das einen Adelstitel führte. Caspar Joseph Biegeleben (1766-1842) hatte in Arnsberg, das bis 1802 zum Kurkölnischen Herzogtum Westfalen und nach 1802 zeitweise zur Landgrafschaft bzw. zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt gehörte, die Ämter eines Kurkölnischen und später Hessen-Darmstädtischen Geheimen Rates inne. 1819 stieg er zum Direktor der Großherzoglich Hessischen Hofkammer und Regierungspräsident der Provinz Starkenburg in Darmstadt auf. Über die Tätigkeit in Arnsberg kam also ein Zweig der Familie schließlich in das Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Dort stellten die Biegeleben über Generationen leitende Beamte und Juristen und - wie so manchen Familien des niederen Adels - gelang auch dem Geschlecht Biegeleben über eine Karriere als Beamter und Jurist der Aufstieg in den erblichen Adelsstand: Am 2. Januar 1810 wurden Caspar Joseph Biegeleben und seine Brüder, der Großherzoglich Hessische Hofgerichtsrat zu Arnsberg Engelbert Biegeleben (1770-1856) und der Großherzoglich Hessische Hofkammerrat Peter Biegeleben (1775-1857), in den einfachen Adelsstand durch den Großherzog von Hessen-Darmstadt erhoben. Der bereits mehrfach erwähnte Caspar Joseph Biegeleben wurde zum Stammvater der bayerischen, österreichischen und der hessischen Linien der Familie: Sein ältester Sohn Engelbert (1836-1873), der Großherzoglich Hessischer Stadtgerichtsassessor war, begründete die I. (bayerische) Linie der Familie von Biegeleben, und der zweitälteste Sohn Ludwig Freiherr von Biegeleben (1812-1872), k. u. k. Wirklicher Geheimer Rat, wurde der Stammvater der II., in Österreich, Tirol und Südtirol lebenden Linie. Auf ihn wird später noch Bezug genommen. Der drittälteste Sohn Maximilian (1817-1898) war der Ahnherr der III., vor allem im Großherzogtum Hessen-Darmstadt ansässigen Linie. Schließlich wurde der jüngste Sohn Peter von Biegeleben (1822-1892) der Begründer der IV., ebenfalls Hessen-Darmstädtischen Linie. Auch in den folgenden Generationen stellte die Familie von Biegeleben in den genannten Linien zahlreiche Juristen, Beamte und Diplomaten. Schließlich gelang den Linien I bis III noch der Aufstieg in den Freiherrenstand. Als Erster wurde am 5. Oktober 1868 der k. u. k. Geheime Rat und Sektionschef im Österreichischen Außenministerium Ludwig von Biegeleben und mit ihm die II. (österreichische) Linie in den Freiherrenstand erhoben. 1893 wurde noch das Wappen der Linie gebessert. Die Mitglieder der o.g. I. (bayerischen) und III. (hessischen) Linien erhielten im Jahre 1893 vom Großherzog von Hessen-Darmstadt den Freiherrentitel verliehen. Mit der Erhebung war auch hier eine Wappenbesserung für die I. und die III. Linie verbunden. Lediglich die IV. Linie behielt den einfachen Adelstitel bei. Mit der Zugehörigkeit zum Freiher renstand war die einstmals bürgerliche Familie endgültig in den Adelsgesellschaften von Hessen-Darmstadt, Österreich und Bayern angekommen. Als Beweis hierfür dient etwa das Heiratsverhalten der Familienangehörigen. So gab es in allen oben aufgelisteten Linien des Adelsgeschlechtes Biegeleben Verbindungen zwischen Mitgliedern derer von Biegeleben und Persönlichkeiten aus teilweise uradligen und sogar höherrangigen alteingesessenen Adelsfamilien. Zu nennen sind hier Heiraten von Vertretern der Familie Biegeleben mit Mitgliedern der Familien der Grafen von Hoensbroech, Trauttmansdorff-Weinsberg und Degenfeld-Schonburg, der Freiherren und später Grafen von Hertling, der Freiherren Westerweller von Anthoni und Buol von Berenberg sowie der Brentano di Tremezzo. Doch zurück zu Bertha Freiin von Biegeleben. Sie wurde am 22. Januar 1843 in Baumgarten (heute Paruszowice in Polen) im damaligen preußischen Kreis Kreuzburg (heute Kluczbork) in Oberschlesien als Tochter des Rittergutsbesitzers August Engelbert von Biegeleben und der Emilie von Biegeleben (geb. von Lingk) geboren. Baroness Bertha von Biegeleben entstammte also einem in Preußen und Schlesien ansässigen und begüterten Ast der Familie von Biegeleben. Anhand der im Hauptstaatsarchiv Stuttgart zur Verfügung stehenden Unterlagen und Literatur konnte leider der genaue Zusammenhang zwischen der engeren Familie des Freifräuleins von Biegeleben und den oben geschilderten Linien nicht geklärt werden. Den Taufnamen "Engelberta" erhielt die Freiin von Biegeleben in Anlehnung an den zweiten Vornamen ihres Vaters August Engelbert. Sie selbst hat ihn jedoch anscheinend nie verwendet, soweit sich dies anhand der Unterlagen in diesem Bestand verifizieren lässt. Bertha von Biegeleben unterschrieb alle ihre Briefe und Postkarten, die sich in diesem Bestand befinden, stets mit dem Rufnamen "Bertha". Auch wird sie in den an sie gerichteten Briefen im vorliegenden Teilnachlass immer mit diesem Rufnamen angeredet. Lediglich auf dem Sterbebildchen, das zu ihrem Ableben 1917 gedruckt wurde und im Bestand GU 123 (Carola Hilda Fürstin von Urach Gräfin von Württemberg) Büschel 389 verwahrt wird, findet sich der Vornamen Engelberta. Über die Ausbildung und Erziehung der Bertha Freiin von Biegeleben gibt es in dem vorliegenden Teilnachlass keine Unterlagen. Ihr wurde wahrscheinlich die für adlige Fräulein dieser Zeit übliche Bildung zuteil. Dazu gehörte auch das Erlernen der französischen Sprache, die sie offenbar gut beherrschte. Diese Sprachkenntnisse waren für die junge Adlige während ihres Dienstes bei Florestine Gräfin von Württemberg, einer geborenen Prinzessin von Monaco, die 1867 als Gemahlin von Wilhelm (I.) Herzog von Urach zur Herzogin von Urach erhoben wurde, von großem Vorteil, denn häufig fungierte die Baroness als Dolmetscherin zwischen ihrer frankophonen "Chefin" Herzogin Florestine einerseits und dem Personal oder anderen Personen, mit denen die Herzogin Kontakt hatte, auf der anderen Seite. So finden sich die von Fräulein von Biegeleben vorgenommenen Übersetzungen der französischsprachigen Instruktionen Herzogin Florestines an den Schlossverwalter Zierold und an den Architekten Johann Georg Rupp im Bestand GU 20 (Schloss Lichtenstein: Bau, Nutzung und Verwaltung). In diesem Zusammenhang sollte nicht unerwähnt bleiben, dass bisher in den GU-Beständen kein Schriftstück der Florestine Herzogin von Urach Gräfin von Württemberg in deutscher Sprache gefunden wurde. Offenbar verkehrte die Herzogin mit ihren Kindern, Verwandten und Teilen des Personals nur auf Französisch. Im Jahre 1864 trat Bertha Freiin von Biegeleben im Alter von 21 Jahren ihren Dienst als Hofdame bei Florestine Gräfin von Württemberg an. Über die genauen Umstände und Gründe für die Einstellung des Fräuleins von Biegeleben g ibt es in dem vorliegenden Bestand keine Informationen. Vom Zeitpunkt des Dienstantritts an war das Leben der Hofdame sehr eng mit dem der Florestine Herzogin von Urach Gräfin von Württemberg, deren Gemahl Wilhelm (I.) Herzog von Urach Graf von Württemberg sowie deren Kindern und Stiefkindern verbunden. Baroness von Biegeleben wohnte in den Palaisbauten des Hauses Urach in Stuttgart, zunächst in der Neckarstraße 18 und später in der Neckarstraße 68, dem ehemaligen Palais Taubenheim, oder auf Schloss Lichtenstein, um stets für die hohen Herrschaften erreichbar und verfügbar zu sein. Der englischsprachige Begriff "lady-in-waiting" für eine Hofdame veranschaulicht sehr deutlich diese Funktion. Freiin von Biegeleben begleitete auch Herzogin Florestine auf ihren zahlreichen Reisen zu deren Verwandten aus dem Hause Grimaldi nach Monaco, Paris und Schloss Marchais (Normandie) sowie auf weiteren ausgedehnten Reisen, wie etwa im Jahre 1867 nach Rom (siehe Bü 58). Ebenso nahm die Hofdame an Familienfeiern - wie Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen - in den Adelshäusern Urach und Württemberg teil. Das Verhältnis der Baroness von Biegeleben zu ihrer "Chefin" Herzogin Florestine war offensichtlich sehr eng und vertrauensvoll. Dies erkennt man u. a. daran, wie sehr bewegt und betroffen sie in ihrem Tagebuch 1897 die Erkrankung und das Sterben der Herzogin Florestine schildert (Bü 57). Auch schreibt das Freifräulein von Biegeleben in ihren Lebenserinnerungen (Bü 58) sehr positiv über die Herzogin. Zu den beiden Söhnen Florestines, Wilhelm (II.) Herzog von Urach Graf von Württemberg und Karl Fürst von Urach Graf von Württemberg, pflegte die Baroness ebenfalls gute Beziehungen. Besonders eng war das Verhältnis zwischen dem Freifräulein und Fürst Karl. Der umfangreiche Briefwechsel zwischen beiden zeugt davon. Fürst Karl war auch sehr traurig über den Umzug der Freiin von Biegeleben nach Darmstadt, wie diese in Ihrem Tagebuch 1897 berichtet (Bü 57). Mit Herzogin Florestine verband Baroness von Biegeleben auch eine tiefe Verankerung im katholischen Glauben. Das adlige Fräulein besuchte - wie aus ihren Tagebuchaufzeichnungen in Unterrubrik 2.1 ersichtlich ist - beinahe täglich die Heilige Messe, entweder in der Kapelle des Palais' Urach in Stuttgart oder in den katholischen Kirchen Stuttgarts. Mit dem Tod der Herzogin Florestine im Jahre 1897 scheidet Bertha Freiin von Biegeleben nach 33 Dienstjahren als 54-jährige Dame aus dem Dienst des Hauses Urach aus. Weshalb sie nicht von Florestines Schwiegertochter, Amalie Herzogin von Urach Gräfin von Württemberg (geb. Herzogin in Bayern), als Hofdame übernommen wurde, ist nicht ersichtlich. Die Baroness verlässt 1897 das Haus Urach und Stuttgart und zieht zu ihren Verwandten nach Darmstadt (Bü 57). Sie trat auch nicht in den Dienst einer anderen Familie oder Persönlichkeit, sondern lebte als Privatière oder Pensionärin. In den folgenden Jahren hielt das Freifräulein den Kontakt mit den Angehörigen des Hauses Urach jedoch aufrecht, wie die zahlreichen Briefe in diesem Bestand in Unterrubrik 1.1 beweisen. Sogar mit den Kindern des Herzog Wilhelm und der Herzogin Amalie korrespondierte sie (Bü 43). Am 17. November 1917 starb Bertha Freiin von Biegeleben, die unverheiratet blieb, in Darmstadt.
2. Zum Inhalt des Bestandes: Den weitaus umfangreichsten Teil des Bestandes stellen die Korrespondenzen der Bertha Freiin von Biegeleben in Rubrik 1 dar. Dabei handelt es sich ausschließlich um sogenannte unilaterale Korrespondenzen, das bedeutet, dass bis auf ganz wenige Ausnahmen fast nur Briefe an das Edelfräulein vorhanden sind, nicht aber Abschriften oder Mehrfertigungen der ausgehenden Schreiben. Von besonderem Interesse sind dabei die Briefe von Angehörigen des Hauses Urach an Baroness von Biegeleben in Unterrubrik 1.1, die mit großem Abstand nach Umfang und Bedeutung die größte und wichtigste Untergruppe innerhalb der Korrespondenzen darstellt. Diese Unterrubrik enthält die oben erwähnten Briefe von Herzogin Florestine (Unterrubrik 1.1.1.1, Bü 1 bis 4), Fürst Karl (Unterrubrik 1.1.1.2, Bü 21 bis 42), Herzogin Amalie (Unterrubrik 1.1.1.3, Bü 5), Herzog Wilhelm (II.) (Unterrubrik 1.1.1.4, Bü 6 bis 20) und den Kindern von Herzog Wilhelm (II.) und Herzogin Amalie (Unterrubrik 1.1.1.5, Bü 43). Briefe von den Mitgliedern der mit dem Haus Urach verwandten Adelsfamilien finden sich in Unterrubrik 1.1.2. Darunter sind u. a. Briefe und Postkarten von Donna Mathilda Altieri Principessa di Oriolo e di Viano (geb. Fürstin von Urach Gräfin von Württemberg), einer Halbschwester von Wilhelm (II.) Herzog von Urach, und von deren Tochter Donna Theodolinda ("Linda") Altieri Principessa di Oriolo e di Viano (verh. di Napoli Principessa di Resuttano) (Unterrubrik 1.1.2.1, Bü 87) vorhanden. Auch mit Angehörigen der Fürstenfamilie von Monaco korrespondierte Bertha von Biegeleben: Schreiben der Caroline Fürstin von Monaco (geb. Gibert de Lametz), der Mutter der Herzogin Florestine, und des Albert I. Fürst von Monaco, des Neffen der Herzogin, weist die Unterrubrik 1.2.2.4 (Bü 45 und 44) auf. Außerdem seien hier noch Briefe Fürst Charles' III., des Bruders der Herzogin Florestine, in Bü 4 genannt. Erwähnenswert sind noch Briefe von Mitgliedern der Stuttgarter Hofgesellschaft an das Freifräulein von Biegeleben in Unterrubrik 1.1.2.6 (Bü 59). Es sind dies u. a. Schreiben des Kabinettschefs Julius Griesinger, der Anna Freifrau Hiller von Gaertringen (geb. von Salviati), der Hofdame der Amalie Herzogin von Urach Gräfin von Württemberg (geb. Herzogin in Bayern), des Ministerialdirektors im württembergischen Außenministerium und Ministerium des Königlichen Hauses, Hugo Freiherr von Linden, der Olga Gräfin von Üxküll-Gyllenband, der Palastdame der Charlotte Königin von Württemberg, und des Hofmarschalls und Forschungsreisenden Max Graf von Zeppelin. Die Briefe verdeutlichen die guten Kontakte der Freiin von Biegeleben zu den Mitgliedern der Hofgesellschaft und Adelsfamilien in Stuttgart. Von Verwandten Berthas von Biegeleben väterlicherseits gibt es leider nur sehr wenige Briefe in Unterrubrik 1.2. Feldpostbriefe von Berthas Bruder Peter von Biegeleben aus dem Deutschen Krieg 1866 und dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 sind in Büschel 48 vorhanden. In Büschel 92 sind ein Brief der "Namenscousine" Bertha Freiin von Biegeleben (geb. Freiin Kübeck) über die Erkrankung ihres Gatten Rüdiger Freiherr von Biegeleben, des österreichischen Gesandten in Siam (Thailand), China und Japan, enthalten. Interessant ist ein Billett der Anna Freiin von Biegeleben, die mit dem bayerischen Ministerpräsidenten und späteren Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten Georg Graf von Hertling vermählt war. In dem Billett berichtet Gräfin von Hertling über Äußerungen ihres Gemahls Graf Georg zu Ausführungen des Karl Fürst von Urach Graf von Württemberg über die Neuordnung des Balkan in Fürst Karls Denkschrift zur politischen Neuordnung Europas durch Deutschland aus dem Jahre 1914, die im Bestand GU 120 Büschel 270 verwahrt wird. Rubrik 2 vereinigt Selbstzeugnisse der Bertha von Biegeleben in Form von Tagebüchern (Unterrubrik 2.1 bzw. Bü 52 bis 57) und Lebenserinnerungen (Unterrubrik 2.2 bzw. Bü 58). Diese Tagebücher und Lebenserinnerungen stellen zusammen mit den Briefen diejenigen Quellen in diesem Bestand dar, die den wohl besten Blick auf das Leben der Hofdame von Biegeleben und ihrer "Chefin" Herzogin Florestine in diesem Bestand liefern. Rubrik 3 besteht aus größtenteils aktenmäßig formierten Drucksachen und Rundschreiben sowie Briefen zu Ereignissen, v. a. in den Häusern Urach und Württemberg, an denen Bertha von Biegeleben - sehr wahrscheinlich meistens als Hofdame und Begleiterin der Herzogin Florestine - teilnahm. Darunter finden sich in Unterrubrik 3.2 Materialien zum 25-jährigen Regierungsjubiläum König Karls von Württemberg 1889 (Bü 68) und zu den Zeremonien zur Beisetzung von König Karl und Königin Olga von Württemberg 1891 bzw. 1892 (Bü 69 bzw. 70). Speisekarten der Hoftafel unter König Karl und König Wilhelm II. von Württemberg bilden die Unterrubrik 3.3 (Bü 73 und 74). Auch zu Staatsbesuchen Kaiser Wilhelms II. im Jahre 1888 in Stuttgart (Bü 67) und zu offiziellen Besuchen von anderen deutschen Regenten (Bü 72) gibt es Dokumente in der Rubrik. Die an die Hofdame von Biegeleben gerichteten Kondolenzschreiben, hauptsächlich von Angehörigen des Adels, zum Tode der Herzogin Florestine (Bü 46 und 47) in Unterrubrik 3.1. veranschaulichen einerseits das hohe Ansehen, welches die Herzogin in der Stuttgarter Hofgesellschaft genoss, und die große Anteilnahme. Auf der anderen Seite zeigen diese Briefe - mehr noch als die o.g. Briefe in Bü 59 - das Netzwerk und die Beziehungen des Fräuleins von Biegeleben, die sie im Laufe ihrer über 30-jährigen Tätigkeit als Hofdame der Herzogin Florestine knüpfen konnte. Einladungen und Programme zu Veranstaltungen in Stuttgart außerhalb des Hofes umfasst Rubrik 4, darunter solche von katholischen Einrichtungen in Stuttgart. Letztere visualisieren die Religiosität und Verbundenheit des Fräuleins von Biegeleben mit der katholischen Kirche in Stuttgart. Fotos und Scherenschnitte bilden Rubrik 5. In Büschel 97 (Unterrubrik 5.1) gibt es zwei Scherenschnitte mit den Profilen der Bertha von Biegeleben. Fotos von ihr verwahrt der Bestand GU 99 (Fotoarchiv der Herzöge und Fürsten von Urach Grafen von Württemberg). Aufnahmen von den Beisetzungen der Maria Gabriele Fürstin von Urach Gräfin von Württemberg im Jahre 1908 (Bü 83) und der Wera Herzogin von Württemberg (geb. Großfürstin von Russland) (Bü 81) sind in Unterrubrik 5.2 vorhanden. Fotos vom Besuch König Christians IX. König von Dänemark bei seinem in Hanau stationierten Regiment (Bü 80), dessen Kommandeur Wilhelm (II.) Herzog von Urach war, sowie von Kaiser Wilhelm II. (Bü 84) enthält Unterrubrik 5.4.2. Unter den Drucksachen in Rubrik 6 verdienen vor allem die anonym veröffentlichten Gedichte in dem Band Eighteen hundred and sixty-six Erwähnung (Bü 66). Als Autor der deutschsprachigen Sonette zum Deutschen Krieg 1866 gilt der bereits genannte Diplomat Ludwig Freiherr von Biegeleben (1812-1872), der Begründer der in Österreich ansässigen Linie der Familie Biegeleben. Er trat 1842 als Diplomat in Großherzoglich Hessische Dienste und hatte 1848 das Amt eines Unterstaatssekretärs des Äußeren in der Provisorischen Reichsregierung unter Heinrich von Gagern inne. 1850 wechselte er in das Österreichische Außenministerium und leitete dort das für die deutsche Politik des Kaisertums zuständige Referat. Biegeleben war ein Befürworter des Deutschen Bundes und einer großdeutschen Lösung mit Österreich an der Spitze Deutschlands und wurde damit zu einem Gegner des preußischen Ministerpräsidenten und späteren Reichskanzlers Otto Fürst von Bismarck. Nach dem Sieg des Königreichs Preußen über Österreich veröffentlichte Biegeleben anonym die oben erwähnteGedichtsammlung und übte dabei heftige Kritik an dem Sieger Preußen und dem Verlierer Österreich. Bei demvorliegenden Bestand handelt es sich nur um einen Teilnachlass der Hofdame Bertha Freiin von Biegeleben mit Unterlagen zu deren Beziehungen zum Haus Urach. Wann und wie dieser Teilnachlass in das Archiv der Herzöge und Fürsten von Urach Grafen von Württemberg gelangte, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Vermutlich wurde er aus Gründen der Diskretion testamentarisch dem Haus Urach vermacht. Über den Verbleib der übrigen Nachlassunterlagen des Fräuleins von Biegeleben gibt es ebenso keine Informationen. Material über Bertha Freiin von Biegeleben verwahrt das Hauptstaatsarchiv Stuttgart v. a. in den Beständen GU 105 (Wilhelm (I.) Herzog von Urach Graf von Württemberg), GU 107 (Florestine Herzogin von Urach Gräfin von Württemberg), GU 117 (Wilhelm (II.) Herzog von Urach Graf von Württemberg), GU 118 (Amalie Herzogin von Urach Gräfin von Württemberg (geb. Herzogin in Bayern)), GU 120 (Karl Fürst von Urach Graf von Württemberg), GU 123 (Carola Hilda Fürstin von Urach Gräfin von Württemberg), GU 128 (Margarete Fürstin von Urach Gräfin von Württemberg) und GU 201 (Prälat Konrad Kümmel). Dabei handelt es sich v. a. um Briefe des Fräuleins von Biegeleben an die genannten Personen. Archivalien der Familie der Freiherren von Biegeleben befanden sich im Archiv der Österreichischen Linie der Freiherren von Biegeleben in Schloss Sigmundslust (Tirol). Im Jahre 1997 wurde das Schloss allerdings an Hans Pröll verkauft. Heute ist es im Besitz der Privatstiftung Familie Pröll. Wo dieses Archiv heute untergebracht ist, konnte leider nicht ermittelt werden. Außerdem verwahren die Archive der mit den Freiherren von Biegeleben verwandten Familien noch Archivalien von bzw. zu den Freiherren von Biegeleben: Es sind dies das Archiv der Freiherren von Buol in Bozen-Gries (Südtirol) und der Grafen von Hoensbroech in Schloss Türnich. Einzelne Unterlagen von bzw. über Mitglieder der Familie von Biegeleben sind auch im Hessischen Staatsarchiv in Darmstadt vorhanden.
3. Zur Ordnung und Verzeichnung des Bestandes: Der vorliegende Bestand gelangte zusammen mit dem Archiv der Herzöge und Fürsten von Urach Grafen von Württemberg als Depositum unter Eigentumsvorbehalt im Jahre 1987 ins Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Dort bildet das Archiv des Hauses Urach innerhalb der Beständegliederung (Tektonik) die GU-Beständeserie. Bei der Neuordnung des Archivs durch Ltd. Archivdirektor Wolfgang Schmierer erhielten die Unterlagen der Bertha (Engelberta) Freiin von Biegeleben die Signatur GU 202. Die Archivalien des vorliegenden Bestandes dürfen nur nach vorheriger Genehmigung durch den Direktor des Hauptstaatsarchivs Stuttgart eingesehen werden. Der Bestand GU 202 wurde 2020 bis 2021 vom Unterzeichneten erschlossen. Er umfasst 0,7 lfd. Meter mit 97 Nummern. Stuttgart, im Juli 2021 Eberhard Merk
4. Literatur und Archivalien (Auswahl): Kneschke, Ernst Heinrich (Hg.): Neues allgemeines Deutsches Adels-Lexicon. 1. Bd. Leipzig 1859. S. 418. Vivenot, Alfred von: Biegeleben, Ludwig Maximilian Freiherr von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB) Bd. 2. Leipzig 1875. S. 620-622. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Freiherrlichen Häuser: 22. Jg. Gotha 1872. S. 49-51; 45. Jg. Gotha 1895. S. 68-72 (mit Stammtafel); 55. Jg. Gotha 1905. S. 56-58; 81. Jg. Gotha 1931. S. 47-49. Genealogisches Handbuch des in Bayern immatrikulierten Adels. Bd. I. Schellenberg 1950. S. 329-333. Genealogisches Handbuch der Freiherrlichen Häuser. Freiherrliche Häuser B Bd. I (Bd. 7 der Gesamtreihe). Glücksburg/Ostsee 1954. S. 29-34. Genealogisches Handbuch des Adels. Adelslexikon Bd. I A-Bon (Bd. 53 der Gesamtreihe). Limburg an der Lahn 1972. S. 389f. Borodajkewycz, Taras von: Biegeleben, Ludwig Maximilian Balthasar Theodor Freiherr von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB) Bd 2. Berlin 1955. S. 234f. Rumpler, Helmut: Die österreichische Sicht auf Bismarck. Eine Frage auf Leben und Tod. In: Damals. Artikel im Internet vom 23. Januar 2003. Wikipedia-Artikel über Kaspar Josef von Biegeleben (1766-1842), Jurist und Beamter, Politiker im Dienste von Kurköln und Hessen-Darmstadt; Ludwig von Biegeleben, Diplomat in Hessen-Darmstadt, bei der provisorischen Zentralgewalt und in Österreich, 1812-1874 Wikipedia-Artikel über Schloss Sigmundslust in Vomp (Tirol) GU 202 Bü 52 bis 57 Tagebücher der Bertha Freiin von Biegeleben Jgge. 1892-1897 GU 202 Bü 58 Erinnerungen der Bertha Freiin von Biegeleben an ihre Chefin Florestine Herzogin von Urach Gräfin von Württemberg (geb. Prinzessin von Monaco) und an ihre Zeit als deren Hofdame Meldebogen des Stadtarchivs Darmstadt zu Bertha Freiin von Biegeleben
0,70 lfd. Meter
Bestand
Biegeleben, Bertha (Engelberta) von; Freiin, Hofdame der Florestine Herzogin von Urach, 1843-1917