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Notgemeinschaft der Inneren Mission (Bestand)
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Archiv für Diakonie und Entwicklung (Archivtektonik) >> Zentrale und übergeordnete Organisationen >> Central-Ausschuss für Innere Mission
1931-1944
Die Notgemeinschaft entstand, um den Schaden, der durch den 1931 erfolgten Zusammenbruch der Dt. Ev. Heimstättengesellschaft mbH vor allem Kleinsparer schwer belastete, aufzufangen.
Vorwort: Zu den größten Notständen, die sich nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland ergaben, gehörte eine katastrophale Wohnungsnot - bereits 1919 fehlte mindestens eine Million Wohnungen -, die auch durch staatliche Baumaßnahmen und Zwangsbewirtschaftung nicht gemildert werden konnte. Die evangelische Kirche und die Innere Misson sahen sich zunehmend mit den aus dieser Not resultierenden Missständen konfrontiert, und es war klar, dass auch sie zu deren Bekämpfung aufgerufen waren. Auf dem Kirchentag in Bethel 1924 wurde eine "schnelle und wirksame Abhilfe" der "unerhörten" Wohnungsnot gefordert, und der Deutsche Evangelische Kirchenausschuss fasste am 25. Juni 1925 in Eisenach eine besondere Entschließung, die "in der Bekämpfung der Wohnungsnot den Ausgangspunkt aller sozialen Fürsorge" erblickte (Martin Gerhardt, Ein Jahrhundert Innere Mission, Bd. 2 S. 331). Dieser vielbeachtete Erlass setzte eine umfassende Diskussion in Gang und führte zur Gründung einer "Kommission für Wohnungs- und Siedlungswesen" beim Central-Ausschuss für die Innere Mission der deutschen evangelischen Kirche (später "Evangelischer Reichsausschuss für Wohnungs- und Siedlungswesen"), die sich aber vorwiegend literarisch betätigte. Der CA, der nach übereinstimmender Meinung auch maßgeblicher kirchlicher Kreise zu praktischem Handeln berufen war, ergriff die Initiative und gründete am 20. Mai 1926 die "Deutsche Evangelische Heimstättengesellschaft m.b.H" (Devaheim), deren satzungsgemäßer Zweck war "die Beschaffung von Mitteln zur Förderung und Errichtung des Baues oder Erwerbes von Eigenheimstätten, Altersheimen oder anderen gemeinnützigen Bauwerken, desgleichen die Beschaffung von Land zu gärtnerischer oder landwirtschaftlicher Nutzung, und zwar für die evangelische Bevölkerung Deutschlands" war (Gerhardt, aaO. S. 332). Dieser Gründung folgten am 12. Juni 1926 die Erichtung einer Bausparkasse, am 9. August 1928 die Gründung der "Deutschen Heimstättenbank, gemeinnützige Aktiengesellschaft" und am 15. Juli 1930 die "Deutsche Entschuldungs- und Zweckspar-Aktiengesellschaft" (Deuzag). Während die Devaheim anfangs gewinnbringend gearbeitet hatte, ließ der Erfolg mit der Zeit nach. Daran änderte sich mit der Übernahme der Geschäftsführung Anfang Februar 1929 durch den Direktor Wilhelm Jeppel nichts. Auch seine Finanzmanipulationen konnten die finanzielle Situation der Gesellschaft nicht mehr verbessern. Im April 1931 war die Zahlungsunfähigkeit der Devaheim und der Deuzag nicht mehr zu verschleiern, im Mai wurden die Zahlungen eingestellt und eine treuhänderische Verwaltung der Betriebe eingesetzt.
Nachdem durch ein Rundschreiben der Devaheim vom 16. Mai 1931 die Zahlungsfähigkeit einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde, lag das erste Augenmerk darauf, den Schaden von ca. 14.000 Kleinsparern abzuwenden, für die der Zusammenbruch der Devaheim eine finanzielle Katastrophe bedeutete. Bereits am 18. Mai konnte ein erster Sanierungsvorschlag vorgestellt werden, in dem die Bildung eines Freundeskreises bzw. Hilfskomitees zur Erhaltung der Gesellschaft gefordert wurde. Aufgabe dieses Hilfskomitees sollte "die Mobilisierung aller an der Erhaltung der Devaheim und Deuzag interessierten Kreise innerhalb der Inneren Mission zur aktiven Hilfeleistung über den Weg der Landes- und Provinzialverbände und der Anstaltsverbände sein" (Hans Harmsen, Das Hilfswerk für die Devaheim-Deuzag-Sparer, in: Die Innere Mission, 1931 S. 302). Unter dem Vorsitz des Vorsitzenden des Provinzial-Ausschusses für Innere Mission in der Provinz Brandenburg, Generalsuperintendent D. Otto Dibelius, wurde eine "Notgemeinschaft der Inneren Mission (Hilfskomitee in Sachen Devaheim-Deuzag)" gegründet, deren "Arbeitsausschuss" die vom CA berufenen Herren Pastor Eduard Fritsch, Adolf Runck (Direktor der Evangelischen Zentralbank) und Direktor Böcking angehörten. Der von Direktor Böcking ausgearbeitete Sanierungsplan sah u.a. vor, Sicherheiten in Höhe von 6 Millionen Mark aufzubringen, wobei der CA eine Garantiesumme von 2 Millionen Mark übernehmen, 4 Millionen Mark durch Vermittlung der Landes- und Provinzialverbände seitens der Anstalten und Einrichtungen der Inneren Mission beschafft werden sollten.
Am 26. Juni 1931 wurde in gemeinsamen Verhandlungen zwischen der Notgemeinschaft und den Aufsichtsräten der Gesellschaften beschlossen, den Sanierungsplan anzunehmen, die Überführung der Gesellschaften auf die "Cental-Bausparkasse" einzuleiten und die Geschäfte unter dem Firmennamen "Devaheim-Deuzag-Zwecksparkasse AG, Central-Bausparkasse" weiterzuführen. Die durchaus berechtigten Hoffnungen auf ein Gelingen des Sanierungsplanes - Anfang Juli waren weitere 100.000 Mark Spargelder auf dem Treuhandkonto eingegangen, was das Vertrauen der Bausparer in die Innere Mission zeigte - wurden durch den Zusammenbruch der Danatbank am 13. Juli 1931 zunichte gemacht. Die wirtschaftliche Lage des CA verschlechterte sich dramatisch, zumal andere Banken mit ihren Forderungen nachstießen und Bemühungen um eine Auslandsanleihe scheiterten, so dass der CA sich nicht in der Lage sah, für die Verluste der Sparer einzutreten.
Als weitere Verhandlungen der Notgemeinschaft und des CA mit der Central-Bausparkasse scheiterten, da diese keine Geldmittel zur Verfügung stellen konnte, musste am 13. August Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt werden; schon am gleichen Tage kam es in einer tumultuösen Gläubigerversammlung zur Bildung des "Reichsschutzverbandes der Geschädigten des Devaheimkonzerns", der am 20. August 1931 die Gründung einer "Interessenvertretung evangelischer Anstalten und Einrichtungen in Sachen Devaheim-Deuzag" folgte. Dabei handelte es sich um einen Zusammenschluss von 100 Anstalten, Einrichtungen und Kirchengemeinden, die durch den Zusammenbruch der Devaheim ebenso auf das schwerste geschädigt waren.
Die Notgemeinschaft sah nun ihre Aufgabe darin, die noch vorhandenen Werte zu bewahren, zusammenzufassen und gleichmäßig an die Sparer zu verteilen. In einem neuen Hilfsplan wurde eine Auffangstelle für die Konkursmasse und die Überführung der sich für die Sparer ergebenden Quote an eine neu zu gründende bzw. bereits bestehende Bausparkasse vorgesehen. Nach vielfachen Verhandlungen veröffentlichte der Vorsitzende des Gläubigerausschusses, Direktor Runck, einen Plan für die "Durchführung der Hilfsaktion bei Devaheim-Deuzag", der die Einrichtung einer "Treuhandstelle der Devaheim- und Deuzag-Sparer" und die Organisation einer "Zwecksparkasse" vorsah. Die Vorstandsmitglieder der Notgemeinschaft stimmten in ihrer Sitzung am 20./21. September 1931 diesem Plan zu und verpflichteten sich in einem Schreiben ihres geschäftsführenden Vorsitzenden, Staatssekretärs a.D. Dr. Erich Hoffmann, vom 24. September 1931 an den Gläubigerausschuss, die der Notgemeinschaft zufließenden Gelder der Treuhandstelle oder ihren Rechtsnachfolgern zur Verfügung zu stellen. Und zwar 1. für die Einrichtung einer neuen Zwecksparkasse, 2. für den Erwerb der vorhandenen Zuteilungshypotheken, 3. für die Bildung eines Härtefonds, zur besonderen Berücksichtigung notleidender Sparer aller Arten nach Ermessen der Treuhandstelle oder ihrer Nachfolger und 4. zur weiteren Gutschrift für die geschädigten Sparer (Harmsen, aaO. S. 312). Am 25. September 1931 erfolgte die Gründung der neuen Zwecksparkasse unter dem Namen "Allgemeine Bau- und Zweckspar-AG" und am 26. September 1931 die der Treuhandstelle.
Noch einmal musste das Sanierungswerk einen herben Rückschlag erleiden. Als nämlich 1932 die Evangelische Zentralbank, die zwar keine Verbindung zu Kirche und Innerer Mission hatte, aber den Namen "evangelisch" trug, zusammenbrach und ihre Direktoren Friedrich Paul Runck und Adolf Runck verhaftet und zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Wiederum traten schwere Verluste für Einzelsparer (v.a. Tausende von Geistlichen), Anstalten und Vereine ein, die einen weiteren Vertrauensverlust für die Innere Mission brachten, so dass die Arbeit der neuen Bausparkasse nicht in Gang kam.
Erst nach einem Abkommen zwischen der Notgemeinschaft der IM e.V., der Interessengemeinschaft der Devaheim- und Deuzag-Sparer e.G.m.b.H., dem CA, der Bausparkasse Rat und Tat G.m.b.H. und der Bausparkasse der Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot, die das Gesellschaftskapital und die Geschäftsführung von Rat und Tat in ihren Händen hielt, gelang es, die Arbeit fortzusetzen, so dass bis zum März 1939 die "Weitersparer" ihre Zuteilungen erhielten und bis 1944 die "Stillhaltesparer" schließlich 52 % ihrer ehemaligen Konkursforderungen erhielten.
Die Notgemeinschaft, die ursprünglich als Freundeskreis bzw. Hilfskomitee gegründet worden war, wandelte sich, um Rechtsfähigkeit zu erlangen, in ihrer Sitzung am 13. Juli 1931 in einen eingetragenen Verein unter dem Vorsitz von Dibelius um. Bereits in der Mitgliederversammlung am 5. September 1931 bat Dibelius darum, vom Vorsitz entbunden zu werden, was von den Mitgliedern abgelehnt wurde. Statt dessen wurde eine Satzungsänderung beschlossen, nach der der Vorstand aus zwei Vorsitzenden, nämlich Dibelius und dem neugewählten Erich Hoffmann, bestehen sollte. Hinzu kamen als Schriftführer Arbeitersekretär Gustav Hülser und zwei Beisitzer. Zur Unterstützung des Vorstands gab es einen Beirat, dem eine Anzahl hervorragender Sachverständiger angehörte. Sitz des Vereins war Berlin.
Die Geschäftsführung wurde von einem eigenen Büro in der Prinz-Albrecht-Straße 3 in Berlin aus wahrgenommen. Ab April 1933 führte Dibelius laut Beschluss der Mitgliederversammlung vom 28. Januar 1933 von seinem Büro in der Kaiser-Wilhelm-Straße 11 a in Berlin-Steglitz die Geschäfte selbst. In einem Schreiben an Hoffmann vom 13. Oktober 1933 (NG 1) teilt Dibelius mit, dass er die Geschäftsführung abzugeben wünscht, und bereits seit Dezember 1933 ist das Büro der Notgemeinschaft in der Geschäftsstelle des Provinzial-Ausschusses für Innere Mission in der Provinz Brandenburg in der Grabenstraße 11 in Berlin-Lichterfelde-Ost angesiedelt.
Wann Dibelius aus dem Vorstand ausgeschieden ist, lässt sich nicht genau ermitteln. In der Mitgliederversammlung am 4. Januar 1939 (NG 1) wird lediglich festgestellt, dass er aus dem Vorstand ausgeschieden ist. Es scheint, dass er seine Mitwirkung 1934 eingestellt hat und seit dieser Zeit Pfarrer Arnold Schuhmacher aus Frankfurt einen Sitz im Vorstand innehatte. Am 4. Januar 1939 wird jedenfalls Pastor D. Theodor Wenzel, der geschäftsführende Direktor des Provinzial-Ausschusses für Innere Mission in der Provinz Brandenburg, einstimmig in den Vorstand gewählt, wo er als Schriftführer tätig wird. Vorsitzende sind Hoffmann und Schuhmacher. Aus den Akten lässt sich nicht erschließen, wann sich die Notgemeinschaft aufgelöst hat. Auf eine Anfrage des CA wird mit Schreiben vom 5. April 1948 mitgeteilt, dass noch kein formeller Beschluss zur Auflösung gefasst wurde (NG 61). Im Jahre 1953 bestand er jedenfalls noch und hatte Verfügung über die Gelder der bestehenden Uraltkonten (NG 61).
Die Akten der Notgemeinschaft der Inneren Mission e.V. kamen 1970 zusammen mit den Akten des Provinzial-Ausschusses für Innere Mission in der Provinz Brandenburg in das Archiv des Diakonischen Werkes der EKD. Hier wurden sie im Verlauf der Verzeichnungs- und Ordnungsarbeiten an dem Aktenbestand Provinzial-Ausschuss wieder zu einem eigenen Bestand zusammengefasst. Die Akten wurden von Frau Hanna Kröger verzeichnet und 1994 von Frau Annerose Schwittlinsky geordnet, die auch diese Einleitung und das Findbuch geschrieben hat.
Berlin, 16. August 1994 gez. Dr. H. Talazko
Im Zuge der Retrokonversion wurde das Findbuch im Jahr 2006 in die Archivdatenbank Augias eingegeben.
Literatur in Auswahl:
Martin Gerhardt, Ein Jahrhundert Innere Mission, 2. Bd. S. 330-348.
Hans Harmsen, Das Hilfswerk für die Devaheim-Deuzag-Sparer, in: Die Innere Mission, 1931 S. 101-313.
Ders., Devaheimfrage im Reichstag und Landtag, in: Die Innere Mission, 1932 S. 27 f.
Hermannn Schumacher, Devaheim, Innere Mission und Kirche, Berlin 1931.
Ute Siepermann, "Hüter und Mehrer des Erbes"? Gründung und Ausbau der Bausparkasse Devaheim durch den Centralausschuss für die Innere Mission, Diplomarbeit, 2006.
Weitere Quellen:
Sachthematisches Verzeichnis A 20 (Zusammenstellung der CA-Akten über Devaheim / Deuzag und Sanierung des CA)
ADW, BP 2584 A-F
Bundesarchiv, Bestand Reichskanzlei: Central-Ausschuss für die Innere Mission der deutschen evangelischen Kirche (1931-32) BA, R 43 II, Nr. 166 Bd. 1. Als Mikrofilm vorhanden im ADW unter Film-Nr. 75
Abkürzungen:
AG Aktiengesellschaft
bzw. bezeihungsweise
CA Central-Ausschuss für die Innere Mission der deutschen evangelischen Kirche
dt. deutsch
EOK Evangelischer Oberkirchenrat, Berlin
ev. evangelisch
o.D. ohne Datum
o.V. ohne Verfasser
u.a. unter anderem
v.a. vor allem
Die Bundeszentralkartei (BZK) ist das zentrale Register des Bundes und der Länder zu den durchgeführten Entschädigungsverfahren. Bei der Aufnahme eines Verfahrens in die BZK wurde zur eindeutigen Identifizierung eine Nummer vergeben. Diese BZK-Nummer bezieht sich nicht auf eine Person, sondern auf ein Entschädigungsverfahren: Hat eine Person mehrere Ansprüche geltend gemacht (z.B. für sich selbst und für Angehörige), liegt im Normalfall für jedes Verfahren eine eigene BZK-Nummer vor. Häufig wurde als BZK-Nr. schlicht das Aktenzeichen der jeweiligen Entschädigungsbehörde übernommen.
Diese Nummer ist für eine Anfrage im entsprechenden Archiv wichtig.
Delikt nach NS-Justiz
Handlungen, die im Nationalsozialismus überhaupt erst kriminalisiert wurden (z.B. Heimtückegesetz, "Judenbegünstigung") oder die die NS-Justiz in verschärftem Maß verfolgte (z.B. Hochverrat).
Verfolgungsgrund
Die hier angegebenen Gründe orientieren sich am Wortlaut der in den Quellen genannten Verfolgungsgründe.
Rolle im Verfahren
„Verfolgte Person“ meint eine Person, die einen Entschädigungsanspruch für einen Schaden durch NS-Verfolgung geltend machte. Wenn der Antrag nicht von der verfolgten Person selbst, sondern von einer anderen Person gestellt wurde, so wird diese als „antragstellend“ angegeben und ihre Beziehung zur verfolgten Person, soweit vorhanden, vermerkt. In den Quellen wird die verfolgte Person mitunter als „Geschädigter“, die antragstellende Person als „Anspruchsberechtigter“ bezeichnet.
Suche im Archivportal-D
Weitere Archivalien zu dieser Person über die Wiedergutmachung hinaus können Sie eventuell im Archivportal-D finden.
Nähere Angaben zum Verfolgungsgrund
Ergänzende oder spezifischere Angaben zu Mitgliedschaft, Gruppenzugehörigkeit bzw. Gruppenzuschreibung, die Anlass für die Verfolgung war.