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Beiderseitige Schuldforderungen der Nachkommen der ehemaligen Halbwinnerin und jetzigen Halfen auf dem Oberbollheimer Hof
Enthält: Am 5.3.1676 klagt Henrich Eßer, dass Johann Scheben, Halfe des Kölner Antoniterstifts auf dessen Oberbollheimer Hof, ihm von Ländereien seiner verstorbenen Schwiegermutter noch einiges schuldig sei. Um ihn zur Zahlung, die trotz mehrerer Versuche einer Einigung in Güte nicht erfolgt war, zu zwingen, soll das Gericht die Pferde Schebens, die damals gerade in Kerpen an der Holzabfuhr beteiligt waren, in Arrest nehmen. Zur Auslösung soll Scheben eine Kaution stellen, bis die Schuld bezahlt ist. Bei der anschließenden Anhörung bestreitet Scheben seine Schuldigkeit, nimmt aber die Klage an. Er beruft den Schöffen Michael Sieger als Bürgen, den Eßer jedoch nicht anerkennt. Der Beklagte bittet nochmals eindringlich, ihm die Pferde zurückzugeben, da er sie dringend für die jetzt fällige Haferaussaat benötige (Nr. 1). Im sich anschließenden Gerichtsverfahren soll dieser Arrest annulliert und kassiert werden. Scheben argumentiert, dass Eßer, als Nichteingesessener in Kerpen, nach den Grundsätzen der Goldenen Bulle gar keine Berechtigung für einen Arrest habe, es sei denn, er leiste seinerseits eine Kaution, sich dem Prozess zu stellen und für die erlittenen Schimpf und Schande dem Arrestaten Schadensersatz zu gewähren (Nr. 2). Im Folgenden konkretisiert Henrich Eßer seine Forderungen: Seine Schwiegermutter, Anna Sinsteden, Witwe Zilckens, soll bei ihrem Abgang als Halbwinnerin des Oberbollheimer Hofs dem neuen Halfen Johann Scheben 90 Morgen mit Hafer besätes Ackerland hinterlassen haben, das Scheben dann erntete und genoss. Außerdem soll sie 11 1/2 Morgen Benden, von denen Eßer die Sommerheumaat zustand, ungenutzt hinterlassen haben, wie ebenso 40 Morgen, die sie gepflegt und bebaut hatte, und auf die der Nachfolger jetzt Erbsen säte. In Geld ausgedrückt ergeben sich daraus 360 Gulden für die 90 Morgen, dazu 28 Malter 1 Fass Hafer (von denen 10 abgeliefert wurden), 195 Gl 12 Albus für die Benden und 595 Gl für das für die jetzige Erbsenaussaat vorbereitete Feld, insgesamt 1150 Gl 12 Albus. Dass Scheben die Abgaben bereits an die Antoniterherren als Eigentümer des Hofs bezahlt haben will, lässt er nicht gelten (Nr. 3). Es stellt sich heraus, dass Eßer seine Forderungen über den inzwischen verstorbenen ehemaligen Amtmann von Pallandt bereits an die Antoniterherren gestellt hat und mit diesen bei der fürstlichen Hofkanzlei im Rechtsstreit liegt (Nr. 4, Nr. 12). Denn die Halbwinnerin Anna Sinsteden war einst wegen Schulden an die Hofherren aus dem Amt entlassen und ihre Güter in Beschlag genommen worden. Eßer beruft sich aber darauf, dass der vorherigen Abt Friedrich Fabritius diese Forderungen ihm und seiner Frau Gertrud Zilckens erlassen habe (Nr. 10, 12 und o.Nr.). Die Schulden, die Johann Scheben seinerseits an den Hofherrn hat, hätten nichts mit seinen, Eßers, Forderungen aus der Übernahme der Ländereien der Witwe Zilckens zu tun. Als seinen Gewährsmann führt er seinerseits Johann Zauns ein (Nr. 12). Er kann auch eine wiederholte Bestätigung der Schenkung durch die Senioren des Stifts, Antonius Stammel und Wilhelm Kramer, vorweisen (Nr. 18 = 22 und 23). Scheben bedarf des Geldes aber, um seine eigenen Schulden zu bezahlen. Er trägt dazu einen Brief des Vorstehers Fabritius vor, der seine Beschwerden gegen die Abgaben aus Ackerbau und Aussaat anerkennt - zumal den Halfen diesmal offensichtlich eine Missernte getroffen hatte. Der Abt aber erwartet, dass Scheben nach bestem Vermögen das Seine leiste (Nr. 6 und 7). Scheben bestreitet daher trotz der Dokumente das rechtmäßige Zustandekommen der Schenkung im Konsens mit dem Stiftskapitel. Später spricht er dem Vorsteher überhaupt das Recht ab, die Hafersaat, die von Ländereien der Halbwinnerin gewonnen wurden, die er ihr als Hypothek abgenommen hatte, zu verschenken (Nr. 24). Außerdem seien auch die übrigen Zilckens-Erben für die Schulden heranzuziehen. Er fordert seinerseits 1701 Gl als Entschädigung (Nr. 14 und o.Nr.). Am 22.6.1677 fällt das Gericht nach vorherigen Gutachten eines unparteiischen Rechtsgelehrten ein Interlocut (= Bei-)Urteil, d. h. nicht über die Klagsache, den Arrest, selbst, sondern über die Entschädigungsforderung Schebens auf der einen und der umstrittenen Schenkung an Eßer auf der anderen Seite. Beide sollen ihre Position eidlich versichern und durch weitere Beweise untermauern (das Schriftstück ist nicht vorhanden, der wahrscheinliche Inhalt geht aus dem Rechtsgutachten (o.Nr.) hervor). Am 22.9. wird der Prozess fortgesetzt. Eßer legt nun Vollmachten seiner Schwäger Godthart und Rutger Zilckens vor, die ihm allein den Rechtsstreit auferlegen und eine Beteiligung ablehnen (Nr. 25 und 26). Scheben bestreitet nach wie vor die Rechtmäßigkeit der Schenkung und fügt dazu eine Bescheinigung des jetzigen Vorstehers der Antoniterchorherren, Johann Adam Rickmeier, und des Seniors Stammel sowie der Kanoniker Johannes Schnickel und Johann Theodor Enbaven vom 5.12.1676 bei, in der sie noch ihre Kenntnis von der Schenkung des Alt-Abts und ihre Zustimmung abstreiten (Nr. 27 und 28). Er behauptet sogar, dass sie am 2.7. nach einer Visitation durch den Nuntius die Schenkung annulliert hätten; man wirft ihm vor, dass er die jüngeren Kanoniker, namentlich Enbaven dazu bestochen hätte (Nr. 29, 40). Dagegen bleiben die beiden Senioren ausdrücklich bei ihrer einst gegebenen Bestätigung, der schließlich auch die übrigen Stiftsherren beipflichten. Das benutzt wiederum Eßer für seine Position (Nr. 30, 34 und 35). Doch Scheben bleibt hartnäckig und fordert am 22.12. die erneute Aktenversendung an einen Unparteiischen (Nr. 36). Ihm kommen dabei Unstimmigkeiten im Kapitel der Antonitern zugute, dass nämlich die Chorherren Schnickel und Enbaven ihre Unterschrift vom 12.12. (Nr. 30) widerrufen und nach wie vor auf ihrer Unkenntnis von der Schenkung und deren Bestätigung bestehen, die Senioren aber nach wie vor die Durchsetzung der Schenkung wollen (Nr. 38, 40). Der Abt Johann Adam Rickmeier beendet schließlich am 10.1.1678 den Kapitelstreit per Dekret zugunsten Schebens, indem er die, wann und von wem auch immer, gegebene Bestätigung für Eßer annulliert, um weiteren Schaden für das Stift zu verhindern (Nr. 42). Am 13.4.1678 werden die Akten geschlossen und erneut einem Unparteiischen zur Begutachtung übergeben (Nr. 43, 44). Die Kosten dafür tragen die Parteien je zur Hälfte (Nr. 45). Am 31.5 1680 werden die Parteien zur Anhörung der Entscheidung auf den 29.5. geladen (Nr. 46). Johann Scheben lässt sich dabei allerdings durch Antonius Selstedten vertreten (Nr. 47). Das Gericht entscheidet zugunsten Eßers, der noch die Verpfändung der Güter seiner Schwiegermutter beglaubigen oder dafür eine Kaution stellen muss. Johann Scheben aber muss sich mit der Bestätigung der Schenkung begnügen. Weitere Rechtsmittel dürfen in Anspruch genommen werden, und die Kosten werden bis zur endgültigen Beendigung des Rechtsstreits aufgeschoben (Nr. 48). Johann Scheben beabsichtigt die Appellation an das Obergericht in Limburg (Nr. 49-60). Er wiederholt seine Position, dass er die Schulden der Zilckens-Erben an den Abt bezahlt habe und nicht ein zweites Mal entrichten müsse, und dass die Schenkung wie die Bestätigung derselben unrechtmäßig sei (Nr. 52). Gleichzeitig versucht er mittels Vorkaufsrecht den Hauskauf Eßers zu hintertreiben, den dieser getätigt hat, um die geforderte Kaution zu bezahlen (Nr. 50 und 56). Eßer indes will den Prozess am Kerpener Gericht fortsetzen lassen (Nr. 54 und 55). Dieses verlangt von beiden Seiten zunächst weitere Beweise und einen Vergleich (Nr. 51). Erst im März 1681 gegen die Akten dann an das Gericht in Limburg (Nr. 57-60).