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Porträtfoto von König Ludwig II. von Bayern (2)
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Schwarz-Weiß-Fotografie von König Ludwig II. von Bayern. Er sitzt mit überschlagenen Beinen auf einem kunstvoll geschnitzten Stuhl und ist vom Kopf bis zu den Waden zu sehen. Die Aufnahme erfolgte leicht seitlich vor einer neutralen Wand. Ludwig II. trägt eine dunkle Hose, eine dunkle lange Jacke, darunter eine dunkle Weste und ein helles Hemd, mit einer Schleife am Kragen. Die rechte Hand hat er auf den linken Oberschenkel gelegt, die linke auf den rechten. Er blickt direkt in die Kamera.
Kontext:
Der Sexualwissenschaftler und Sexualreformer Magnus Hirschfeld und weitere Zeitgenossen veröffentlichten das Porträt meist mit weiteren Fotografien von Ludwig II. Hirschfeld schreibt zu den Porträts, dass in diesen „unverkennbar die feminine Natur des Königs zum Ausdruck kommt“ (Hirschfeld, Magnus (1913): Geschlechtsübergänge. Mischungen männlicher und weiblicher Geschlechtscharaktere (Sexuelle Zwischenstufen), Max Spohr, Text vor Tafel XX). Die Fotografien dienen ihm als Beleg für die These, dass „Bewegungen und Gesten, die unwillkürliche Haltung des Kopfes und der Hände, die Art, die Hände zu geben und die Füße zu setzen“ Aufschluss über die „feminine“ bzw. „virile“ Psyche eines Menschen gebe (vgl. ebd.).
Mit dieser Lesart konnte König Ludwig II. von Bayern als sog. „Zwischenstufe“ gedeutet werden. Sehr verkürzt gesagt, beschreibt das von Hirschfeld entwickelte Konzept der Zwischenstufen die Tatsache, dass jedes Individuum sowohl „männlich“ als auch „weiblich“ ausgeprägte Eigenschaften vereint, die einen oder mehrere der vier Bereiche betreffen können: 1. die Geschlechtsorgane, 2. sonstige körperliche Eigenschaften, 3. den Geschlechtstrieb und/oder 4. sonstige seelische Eigenschaften.
Mit dieser Theorie öffnete Hirschfeld bereits 1907 das gängige Konzept des biologisch-genitalen Geschlechts für Aspekte, die u.a. auf der erlebten Identität der Individuen beruhten. Damit ebnete die „Zwischenstufentheorie”, die „während der Institutszeit die wissenschaftliche Leitidee für die meisten Mitarbeiter“ blieb, den Weg für das Verständnis von sexueller Vielfalt und Variabilität. (vgl. Herrn, Rainer (2022): Der Liebe und dem Leid, Suhrkamp, S. 31). Einher gingen damit auch eine Entpathologisierung und Entkriminalisierung des vermeintlich Abweichenden, von Menschen also, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm standen.
Der Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld und andere, die sich für die Rechte (sexueller) Minderheiten einsetzen, griffen in ihren Schriften und weiteren aufklärerischen Arbeiten oft auf historische oder bekannte Persönlichkeiten zurück, die nicht in geschlechtliche Normvorstellungen passten. Damit verwiesen sie auf eine lange Traditionslinie von Identitätskonzepten, die jenseits der zweigeschlechtlichen, heterosexuellen Norm lagen.
Bildunterschrift in Hirschfeld: Geschlechtsübergänge: Feminine Motilität beim Mann (König Ludwig II. von Bayern).
Bildunterschrift bei Levy-Lenz: Hexenkessel der Liebe: Weibliches Gebaren:
König Ludwig II. von Bayern
(links oben und rechts unten)
(Vgl. Seite 202)
Bildunterschrift bei Neugebauer: Hermaphroditismus beim Menschen: ohne Bildunterschrift
Hirschfeld, Magnus, 1913: Geschlechtsübergänge. Mischungen männlicher und weiblicher Geschlechtscharaktere (Sexuelle Zwischenstufen), Leipzig, Text vor Tafel XX
Levy-Lenz, Ludwig, 1931: Hexenkessel der Liebe. Ein Querschnitt durch Erscheinungsformen menschlichen Geschlechtslebens, Leipzig, Seite 202
Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Berlin
FSIFS-098_c
Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin
Fotografische Sammlung des ehemaligen Instituts für Sexualwissenschaft