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Archiv der Hansestadt Lübeck (Archivtektonik) >> 01 Regierung und Volksvertretung bis 1937 >> 01.1 Altes Senatsarchiv (ASA)
1251-1915
Erschließungszustand, Umfang: erschlossen
8 lfm
Vorwort: Einleitung
Die Geschichte der "hanseatischen Diplomatie" im Sinne eines sich von Italien aus verbreitenden modernen Diplomatieverständnisses inkl. Konsulatswesen und fest etablierten Botschaftern im Unterschied zu früheren politischen Verhandlungen der Hanse nahm erst im Ende des 16./Anfang des 17. Jahrhunderts mit ersten Vertretungen auf der iberischen Halbinsel ihren Anfang. Die Hanse als dominierende Wirtschaftsmacht im Nord- und Ostseeraum hatte zu diesem Zeitpunkt schon ihren Zenit überschritten und büßte an Einfluss ein. Neue Wirtschaftsmächte wie die späteren Niederlande begannen den Handel zu dominieren und erschlossen sich mit ihren Handelskompanien (Bsp. niederländische Ostindien-Kompanie - VOC) neue Märkte jenseits der damaligen europäischen/hansischen? Grenzen. So versuchten die Hansestädte ab dem 17. Jahrhundert, sich über das alte Kontorswesen (Tyskebrygge in Bergen, Oostersches Haus in Brügge/Antwerpen, Stalhof in London, Peterhof in Novgorod) hinaus über die Entsendung von Agenten und festen Residenten ihren Einfluss und ihre Informationsquellen an den neuen Zentren der Macht zu sichern. Einer der wichtigsten Bausteine in diesem System waren die Gesandtschaften bei den Generalstaaten der Vereinigten Niederlande. Nachdem man schon 1570 ein hanseatisches Konsulat in Portugal errichtet hatte, folgte um das Jahr 1609 die Gründung einer vollgültigen hanseatischen Vertretung in Den Haag.
Zunächst betraute man mit der diplomatischen Vertretung verdiente Männer aus den eigenen hanse-städtischen Ratskreisen, späterhin waren es (niederländische) Berufsdiplomaten. Dementsprechend wechselte die Verkehrssprache der Gesandtschaftsberichte vom anfänglichen Mittelniederdeutsch und Latein sehr rasch ins Niederländische und Französische.
Mit dem Verkauf des letzten der vier Hansekontore in Antwerpen 1863 endete diese alte Form der handelspolitischen und wirtschaftlichen Vertretung. Die hansestädtischen Konsulate in den Niederlan-den und Belgien bestanden jedoch noch einige Jahre weiter. 1868 wurde mit der Ernennung von Kon-sul Hepner dann eine Gesamtvertretung des Norddeutschen Bundes in den Niederlanden geschaffen.
Einen Schlusspunkt fand die Hanseatische Diplomatie letztlich mit der Aufgabe der Hansischen Ge-sandtschaft zu Berlin im Jahre 1920.
Liste der hanseatischen Residenten und Agenten in den Niederlanden:
Dr. Ryswick, hanseatischer Agent in den Niederlanden (ab 1619)
Dr. Leo van Aitzema (* 19.11.1600 Doccum, † 23.2.1669), hanseatischer Resident in Den Haag (ca. 1625 - 1669)
Daniel Lipstorp (* 10.5.1631 in Lübeck; † 1.9.1684), Advocatus Curiae in Holland (1672 - 1675)
Heinrich Hünecken (* 1638/39 Bremen, † 3.3.1708 Leiden), hanseatischer Resident in Den Haag (1669-1708)
Gerard von Breijer (1694? - † 5.11.1737 Utrecht), hanseatischer Resident in Den Haag (1709 - 1737)
Johan von Meinertzhagen (* 20.5.1707 s'Gravenhage, † 20.8.1747), hanseatischer Resident in Den Haag (1738 - 1747)
Baron Nicolaus von Denecken Herr van Nieuwlande (* 20.7.1709 Bremen, † 2.4.1772 Goes), Lübe-cker und Bremer Resident in Den Haag (1748 - 1763)
Martin Michael Klefeker (* 1704/05?, † 8.5.1778 s'Gravenhage), Geheimkorrespondent und Syndikus der Stadt Hamburg, hanseatischer Resident in Den Haag (1763 - 1778)
Karl Wilhelm von Martens (* 23.1.1751, † 1794 Karlsbad), hanseatischer Chargé d'affairs in Den Haag (1779 - 1791)
George François de Bosset (* 28.1.1756 Neuchâtel, † 28.7.1813 Kassel), hanseatischer Chargé d'af-fairs und Ministerresident (ab 1806) in Den Haag/Amsterdam (1787-1810)
Johann Georg Rücker († 31.1.1857), Generalkonsul zu Antwerpen (1820 - 1857), zugleich Hausmeis-ter des Hansekontors (- 1857)
Jacob Joseph van Paesschen, hanseatischer Konsul zu Antwerpen (1814 - 1820)
Liste der niederländischen Agenten und Residenten bei den Hansestädten:
Foppe van Aitzema (* um 1580 Midlum, † 27.10.1637 Wien), Resident der Generalstaaten bei den Hansestädten (1619 - 1637)
Matthias Römer († 1675), Resident der Generalstaaten in Hamburg und Lübeck (1653-1675)
Gerard Kuisten (* um 1647, † 23.10.1708 Hamburg), Resident der Generalstaaten in Hamburg und Lübeck (1675-1708)
Jan Jacob Mauricius (* 3.5.1692 Amsterdam, † 21.3.1768 Hamburg), niederl. Minister beim Nieder-sächsischen Kreis (1725-42 und 1756-1768)
Daniel Baron de Hogguer (* 1722, † 1793), niederl. Gesandter beim Niedersächsischen Kreis (1774 - 1793)
Balthasar Elias Abbema (* 29.11.1739 Rhenen, † 25.9.1805 Amsterdam), Resident der Generalstaaten bei dem niedersächsichen Kreis und den Hansestädten (1795-1800)
Johan Godard Reinhold, Chargé d'affairs (1800-1809)
Christiaan Diderik Emerens Johan Bangeman Huygens (* 31.10.1772 's-Hertogenbosch, † 29.3.1857 Maastricht), niederl. bevollmächtigter Minister bei den Hansestädten (1815-1825)
Während sich die drei Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck dazu entschlossen, ein für alle zu-ständiges Generalkonsulat für Belgien einzurichten, das seinen Sitz in Antwerpen hatte und in Perso-nalunion mit der Hausmeisterstelle des dortigen Hanseatischen Hauses geführt wurde, konnten sich die Städte im Falle der Niederlande nie über eine entsprechende gemeinschaftliche konsularische Ein-richtung einigen. In Amsterdam waren die Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck erst sehr spät (ab 1837) und lange Zeit auch getrennt vertreten.
Inhalt des Bestandes Altes Senatsarchiv Externa (ASA Externa) Batavica:
Der Bestand ASA Externa Batavica spiegelt die Geschichte der diplomatischen Beziehungen der Hanse mit den Niederlanden und Flandern wider. Er beinhaltet u.a. Privilegien, Handels- und Schiffahrts-verträge, Dokumente zu Verhandlungen und Tagfahrten der Hansestädte sowie Akten des Hansekon-tors zu Brügge/Antwerpen. Bei den Kontorsakten handelt es sich vor allem um die Korrespondenz der jeweiligen Hausmeister sowie deren Rechnungslegung.
Den qualitativen und quantitaven Kern des Bestandes bildet die Korrespondenz der hanseatischen Agenten und Residenten in den Niederlanden. Fast täglich gaben die Abgesandten ihren Auftragge-bern Meldung über diplomatische Verhandlungen und politische Entscheidungen aus ganz Europa, Nord-Afrika, Amerika und Asien. Von den niederländischen Gesandten sind in Lübeck hauptsächlich Akten bezüglich ihrer Akkreditierung und Abberufung überliefert.
Bestandsgeschichte:
Als das Brügger Hansekontor im Jahre 1568 nach Antwerpen übersiedelte, wurde auch das Archiv des Kontors mit den wichtigsten schriftlichen Unterlagen des Kontors dorthin überführt. Von Antwerpen aus gelangte danach ein Großteil dieses Bestandes in den Jahren 1591-1594 ins Kölner Stadtarchiv. Ein Teil der Archivalien des ehemaligen Brügger Hansekontors jedoch landete - nach Umwegen über die Kontore in London und Antwerpen - in den Jahren 1604 resp. 1699 in Lübeck. Hierzu zählen die noch erhaltenen Flandrischen Kopiare. Wichtige Unterlagen und Schriftwechsel des Brügger Hanse-kontors gelangten während dessen Bestehen in der Regel in Abschrift an den Rat der Stadt Lübeck.
Eine erste systematische Verzeichnung und Ordnung des Batavica-Bestandes erfolgte Mitte des 18. Jahrhunderts durch Johann Carl Heinrich Dreyer. In den 1860er Jahren wurde diese Dreyer'sche Ver-zeichnung durch den Ratssyndikus Eduard Balthasar Winckler vervollständigt und ergänzt.
Kriegsbedingt erfolgte im Juli 1943 eine Auslagerung des Bestandes in die Bergwerkstollen der Kali-werks Wintershall AG in Bernburg (Sachsen-Anhalt). Nach dem Krieg gelangte ein Großteil der Bata-vica-Akten nach Potsdam, wo sie unter DDR-Verwaltung gestellt und in der Orangerie des Schlosses Sanssoucci in Potsdam lagerten. Im Rahmen einer großen Rückführungsaktion 1987-1990 konnten das Archiv der Hansestadt Lübeck diese Akten wieder in Empfang nehmen.
Bearbeitung des Bestandes:
Die Akten wurden nach dem numerus-currens-Prinzip erfasst und digital verzeichnet. Pro physischer Einheit wurde ein Datensatz angelegt. Bei umfangreicheren, größeren Faszikeln wurden z.T. erkennbare Einzelvorgänge /-akten herausgelöst. Ältere Sammelakten, die z.T. schon ediertes Urkundenmate-rial der Hanserezesse, des Hansischen Urkundenbuches bzw. des Urkundenbuchs der Stadt Lübeck enthalten, wurden nach der Methode der Einzelblatterfassung bearbeitet.
Die inhaltliche Nennung der Vorgänge im Enthält-Feld orientiert sich an der vorgefundenen physischen Ordnung der Akte.
Bei dem Nachweis und der Erfassung von Editionen wurde Vollständigkeit angestrebt, evtl. Nachweislücken sind jedoch möglich.
Die Klassifikation des Bestandes orientiert sich an den Vorgängerverzeichnissen von Dreyer und Winckler, es wurde jedoch von dem dortigen geographischen Ordnungsprinzip zugunsten einer strin-genteren sachlichen Ordnung abgewichen. Die Ordnung der Verhandlungsakten erfolgt chronologisch. Von einer Anlehnung an vorhandene Editionen bzw. einem städteorientierten Ordnungsprinzip wurde hier bewusst Abstand genommen.
Zum Bestand wurde ein geographischer, personenbezogener und sachthematischer Index angelegt. Die Einträge erfolgten sowohl anhand der Titelangaben und des Enth.-Vermerkes als auch übergeordneter Sachbegriffe.
Die Schreibweise von Namen und Begriffen orientiert sich an der heutigen Orthographie, ältere Schreibweisen oder Erklärungen werden ggf. durch nachgestellte Klammern angeführt.
Editionen:
Häpke, Rudolf (Bearb.): Niederländische Akten und Urkunden zur Geschichte der Hanse und zur deutschen seegeschichte. Hrsg. vom Verein für Hansische Geschichte.
Bd. 1. 1531-1557. München, Leipzig, 1913
Bd. 2. 1558-1669. Lübeck, 1923.
Kölner Inventar 1531-1591. Von K. Höhlbaum und H. Keussen. Inventare hansischer Archive des 16. Jahrhunderts. 2 Bde. Leipzig, 1896 und 1903
Danziger Inventar 1531-1591. Bearb. von Paul Simson, mit einem Akten-Anhang. Berlin, 1913.
Literatur:
Fink, Georg: Diplomatische Vertretungen der Hanse seit dem 17. Jh. bis zur Auflösung der Hanseati-schen Gesandtschaft in Berlin 1920, in: HGBll 56 (1931), S. 112-155.
Hemmie, Dagmar: Der langwierige Verkauf des Hanseatischen Hauses zu Antwerpen. Einblick in die neuerschlossenen "Batavica"-Akten des Archivs der Hansestadt Lübeck. In: HGBll 129 (2011), S. 231-246.
Schutte, O.: Repertorium der buitenlandse vertegenwoordigers, residerende in Nederland 1584-1810. s'Gravenhage, 1983.
Vandewalle, André: Das Archiv der Hansestadt Lübeck und das Brügger Hansekontor, in: ZVLGA 78 (1998), S. 271-279.
Zitierweise:
AHL ASA Externa Batavica (Aktennr.)
Vocabularium niederländischer und französischer Begriffe
Baljuw (bailjuw) Vogt
Bewindhebber (van de O.I. kompanie) Direktor (der Ostindienkompanie)
Generale petitie Generalpetition (= jährlich vom Staatsrat aufgestellte und an die Generalstän-de präsentierte Aufstellung der finanziellen Forderungen)
Generaliteits reeckenkamer zuständig für die Finanzen der Vereinigten Niederlande. Sie überprüf-te die Zahlungseingänge aus den Provinzen, von den Admiralitäten, dem Schatzmeister usw. Jede Provinz hatte zwei Repräsentanten bei der Rechen-kammer.
Ho. Mo. Hoogmogende [Herren Staten General] (= Anrede der Delegierten der Gene-ralstände)
Ontfanger general Generalschatzmeister der Vereinigten Niederlande, s. auch: Thresorier general
Raedspensionaris Ratspensionär (= Leiter der holländischen Delegation bei den Generalständen; de facto oberster Leiter der Verwaltung, Außenpolitik und Verwaltung, füh-render Staatsmann der niederländischen Republik)
Raedt van State Staatsrat (= Verwaltungs- und Ausführungsorgan der Generalstände)
Staat van oorlog Kriegsstaat (= jährliche außergewöhnliche Ausgabe für die Landesverteidi-gung mit Aufschlüsselung der Anteile der Provinzen)
Stadhouder Statthalter (= fürstlicher Beamter im Dienst einer jeden Provinz, mit Kompe-tenz über die Religionsausübung, Justiz und den militärischen Oberbefehl im Kriegsfall, de facto dominiert vom Hause Oranien)
Staten General Generalstände, Generalstaaten (= Versammlung der ständischen Vertreter der niederländischen Provinzen; wichtigstes Gesamtstaatsorgan mit Kompetenz über Kriegsfrage und die Finanzen, Aufsicht über Handelsgesellschaften)