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Gutsarchiv Thannhausen (Bestand)
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, PL 16
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Deposita, nichtstaatliche Archive und Nachlässe >> Deposita
1570-1999
Überlieferungsgeschichte
Das 1996 im Staatsarchiv Ludwigsburg hinterlegte Archiv der Freiherren von Thannhausen enthält im wesentlichen die Überlieferung der kleinen gleichnamigen Herrschaft im Ostalbkreis seit Ende des 17. Jahrhunderts. Neben Unterlagen der Wirtschaftsverwaltung hat sich auch Schriftgut der Dorfherrschaft (v. a. Kontrakt- und Kaufprotokolle) erhalten. Vorhanden sind zudem Handakten und 'private' Papiere einzelner Mitglieder der Familie von Thannhausen.
Familie und Gut Thannhausen: Die Freiherren von und zu Thannhausen bewohnen bis heute ihren Stammsitz im Ries, östlich von Ellwangen. Ihr Schlößle liegt am Rand des Dorfs Tannhausen mit seiner sehenswerten Kirche, das heute Sitz einer der östlichsten Gemeinden des Bundeslandes Baden-Württemberg ist. Seit der Rechtschreibreform des Jahrs 1905 schreibt sich der Ort ohne h nach dem T, eine Schreibweise, die im vorliegenden Findbuch durchgängig gewählt wurde und die Unterscheidung von der gleichnamigen Familie erleichtert. Der Familienname wird manche(n) an den Minnesänger Tannhäuser des 13. Jahrhunderts denken lassen, der durchaus der Familie der Freiherren von und zu Thannhausen aus dem Ries entstammen könnte. Die ältere Genealogie der Freiherren kann freilich nur bruchstückhaft rekonstruiert werden. Der 1145 im Zusammenhang mit dem ehemaligen Straßburger Bischof Bruno urkundlich erwähnte Sigiboto de Tanehusen gilt als das älteste uns bekannte Mitglied der Familie. Noch wahrscheinlicher ist die Verwandtschaft der Freiherren mit Otto de Thanhusen, einem 1262 genannten frühen Vasallen der Grafen von Oettingen, in deren Lehensabhängigkeit sich die von und zu Thannhausen für einen Teil ihres Besitzes im 13. Jahrhundert - und bis in das 19. Jahrhundert - befunden haben. Bis in diese Zeit -1246 - geht auch eine Beweisschrift der Freiherren aus den 1650er Jahren zurück, die auf oettingischen Archivalien basiert (Nr. 216). Das als Depositum im Staatsarchiv Ludwigsburg für die Forschung bereitliegende Archiv der Freiherren von und zu Thannhausen umfaßt ausschließlich neuzeitliche Urkunden und Akten. Deshalb soll die mittelalterliche Geschichte der Familie hier nicht weiter behandelt werden. Die Freiherren haben zeitweise recht umfangreiche Besitzungen in mehr als einem Dutzend Dörfer besessen. Sie gingen in Spätmittelalter und früher Neuzeit weitgehend wieder verloren, bis die Familie seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert fast nur noch über Besitz im und um den Ort Tannhausen verfügte. Dieser Besitz war teilweise Allod (Eigengut), wodurch die Freiherren eine reichsunmittelbare Stellung bis zur Mediatisierung der reichsritterschaftlichen Gebiete 1806 halten konnten; sie waren für die Allodialbesitzungen nur dem Kaiser Untertan. Als Mitglieder der Ritterschaft des Schwäbischen Reichskreises gehörten die Freiherren zum Kanton Kocher der Reichsritterschaft mit Sitz in Esslingen am Neckar. Dorthin entrichteten sie Rittersteuern, von dort nahmen sie zum Beispiel Rechtshilfe in Prozessen wahr. Auch regelte der Kanton Vormundschaften für minderjährige Erben der freiherrlichen Familie. Eine Vorstellung vom Umfang des Allods vermittelt eine Aufstellung von 1810. Damals hatte Philipp Karl von und zu Thannhausen in der von ihm ererbten Hälfte des Guts sechs ?eigentümliche" Untertanen (Höfe), aber zehn, die aus Lehensuntertänigkeit stammten. Mit rund einem Dutzend allodialen, eigenen Höfen in beiden Gutshälften ist die Herrschaft Thannhausen somit eine der kleinsten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gewesen. 1734 hatte das Dorf Tannhausen 107 Haushalte, von denen die Freiherren als Allod oder Lehen 23 besaßen, das Domkapitel Augsburg aber 49, das Haus Oettingen 22, das Kloster Kirchheim am Ries acht, die Reichsstadt Dinkelsbühl fünf. Lehensherren der von und zu Thannhausen waren seit dem Hochmittelalter die Grafen von Oettingen (gefürstete Linien: 1674 Oettingen-Oettingen, 1734/1765 Oettingen-Spielberg, 1774 Oettingen-Wallerstein), deren Lehensbriefe aus der Zeit 1683-1844 sich im freiherrlichen Archiv erhalten haben. Der oettingen-wallersteinische Lehensbrief von 1683 weist sieben Höfe in Tannhausen und einen im benachbarten (heute bayerischen) Rühlingstetten aus, der des Jahrs 1802 neun in Tannhausen und den Rühlingstettener. Bis in das 19. Jahrhundert hinein sind immer wieder Freiherren in die Dienste einer der Linien des Oettinger Hauses getreten, meist als Offizier oder im Forstwesen. Lagen die oettingischen Lande den Freiherren von und zu Thannhausen schon geographisch nahe, so erschwerte bereits die Entfernung zum Hochstift Eichstätt eine enge Bindung zu den Eichstätter Bischöfen als zweite Lehensherren: Tannhausen und Eichstätt trennen über 60 Kilometer Luftlinie. Zudem umfaßte die eichstättische Belehnung nur vier Höfe in Tannhausen, darunter die als Schenckstatt bezeichnete Grünbaumwirtschaft. Ihre Wirte begegnen uns in den Akten bei rechtlichen Auseinandersetzungen wiederholt. Dagegen ließen sich keine Freiherren aus Tannhausen ermitteln, die in Diensten des Hochstifts standen. Die von den Freiherren ausgeübte Herrschaft zeigt sich in den Akten als eine familiär-patriarchalisch geprägte in überschaubarem Rahmen. Die hohe Gerichtsbarkeit wurde im ganzen Ort Tannhausen vom Haus Oettingen über seinen Landvogt in Utzwingen ausgeübt, während die Freiherren ihre Patrimonialgerichtsbarkeit nicht selten persönlich wahrnahmen oder später in Dinkelsbühl wahrnehmen ließen. Auch führten die belehnten Mitglieder der Familie die Gutsrechnungen in der Regel selbst, es lief also auch. die Verwaltung des Guts in einfachen Strukturen ab. Hohe Überschüsse ergab die Bewirtschaftung nicht. Der protestantische Freiherr Heinrich Konrad von und zu Thannhausen (1609-1680), nach dessen Tod die bis heute im Familienbesitz befindliche Überlieferung einsetzt, ließ sich wohl auch wegen der .geringen Wirtschaftskraft seines Guts als brandenburgischer Rat im fränkischen Ansbach und Oberamtmann zu Windsbach bestallen. Er bewohnte ein Haus in Ansbach. Nachdem seine Söhne bereits wieder in oettingischen Diensten gestanden hatten, kam es unter den beiden Enkeln Joachim Christoph Heinrich (1694-1744) und Johann Ludwig Ernst (1696-1769) nicht nur 1728/30 zur Rückkehr zum Katholizismus, sondern auch zur Teilung des Guts Thannhausen mit seinen Zugehörungen in zwei Hälften. Sie sollte rund 150 Jahre währen. Somit erwuchs neben der Hauptlinie der Familie eine zweite, jüngere, die ebenfalls Herrschaft ausübte und belehnt wurde. Ihre Mitglieder standen jedoch meist im Schatten und lebten auch nur selten auf Schloß Thannhausen. Mit Wilhelm Alfred Alexander verstarb ihr letztes männliches Mitglied 1856 als Student in Tübingen. Die Hauptlinie dominierte schon rein zahlenmäßig, nachdem Johann Joseph Konrad (1734-1798) in drei Ehen 18 Kinder in die Welt gesetzt hatte. Da der älteste Sohn das väterliche Gut jung verließ und bürgerlich heiratete, fiel dem zweitgeborenen Ignaz Friedrich (1770-1849) der Gutsanteil des Vaters zu. Sein ereignisreiches Leben bietet eine der interessantesten Biographien in der freiherrlichen Familie. Es ist geprägt von Studium, Kriegszeit - Verwundung in der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 - Hofforstmeisterdienst in Oettingen-Wallerstein und einem langen Lebensabend, den er zu intensiver Beschäftigung mit der schriftlichen Überlieferung der Familie und seiner eigenen Registratur nutzte. Seine markante Handschrift fällt beim Studium der Archivalien sofort ins Auge. Doch nicht nur historisches Interesse oder der Wunsch nach Tradierung für kommende Generationen bewirkte Ignaz Friedrichs ordnende Tätigkeit, es waren nicht zuletzt die großen Umbrüche seiner Zeit, die ihn in dieser Hinsicht forderten. Er hatte 1802 kaum die Herrschaft über seine Hälfte des Guts Thannhausen angetreten, da begannen mit der Besetzung des Hochstifts Eichstätt und dessen Übernahme durch Bayern - zeitweise den Großherzog von Toskana, Erzherzog Ferdinand von Österreich, der den beiden freiherrlichen Linien noch einmal einen Lehensbrief ausstellte - die einschneidenden politischen Umwälzungen. Sie führten schließlich 1806 zur Mediatisierung der reichsritterschaftlichen Gebiete und damit auch des Besitzes der Freiherren von und zu Thannhausen. Ignaz Friedrich verlor seine Souveränitätsrechte. Er war nun nur noch Untertan, zunächst des Königs von Bayern, ab 12. Januar 1810 dann des Königs von Württemberg. Der Hof in Rühlingstetten blieb bayerisch. Die Mediatisierung bedeutete auch das Ende der freiherrlichen Pa trimonialgerichtsbarkeit; die Akten und Protokollbücher lassen das deutlich erkennen. Zwar hat das Königreich Württemberg die Aulhebung der Patrimonialgerichte nach wenigen Jahren rückgängig machen müssen, und erst als Folge der Revolution von 1848 endete diese Rechtsinstitution, doch lebte sie bei den Freiherren von und zu Thannhausen nach 1810 nicht noch einmal auf. Zeitlich parallel mit der Mediatisierung vollzog sich der 1808 eingeleitete Konkurs Philipp Karls aus der jüngeren Linie, in dessen Verlauf es Ignaz Friedrich gelang, rund die Hälfte des betreffenden Grund und Bodens durch Kauf beziehungsweise Ersteigerung für die Familie zu erhalten - um den Preis neuer Verschuldung. Gegen Zahlung einer Allodifikations Taxe überließ das Königreich Bayern den Freiherren 1810 die ehemals eichstättischen Lehen. Einen letzten oettingischen Lehensbrief empfingen Ignaz Friedrich und die Söhne Philipp Karls 1844 von Fürst Johann Alois III. 1863 ist dann auch dieses Lehensverhältnis durch eine Geldzahlung der freiherrlichen Familie beendet worden. Nach dem Tod Ignaz Friedrichs orientierten sich die folgenden Familienmitglieder an ihrem neuen Landesherrn, dem König von Württemberg, und dienten bis weit in das 20. Jahrhundert hinein im Forstwesen des Königreichs und später der Weimarer Republik. Für das nun wieder vereinte Gut Thannhausen und weiteres Eigentum bestand von 1913 bis zur Aufhebung durch das Gesetz vom 6. Juli 1938 ein Familienfideikommiß, das eine ungeteilte Vererbung an den ältesten männlichen Nachkommen festschrieb. Am Schlößle in Tannhausen - wohl Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet - fanden vor allem im Zeitraum 1908-1928 umfassende bauliche Veränderungen statt, von denen nicht zuletzt die neuen Rundtürme das Äußere stark beeinflußten. Trotz der bekannt hohen Aufwendungen, die ein solcher historischer Bau erfordert, zeigt sich Schloß Thannhausen mit seinen Nebengebäuden dem Betrachter der Wende zum 21. Jahrhundert als ein äußerst ansprechendes Ensemble.
Zur Geschichte des Archivs: Es wurde bereits angeführt, daß die Überlieferung des Archivs Thannhausen mit ganz wenigen Ausnahmen nicht über das Jahr 1680 zurückreicht. Von einer bewußten Vernichtung des zu jener Zeit vorhandenen Archivguts ist nicht auszugehen; zu wichtig war es, insbesondere die rechtserheblichen Urkunden aufzubewahren, um Rechtspositionen zum Beispiel mit Hilfe der Lehensbriefe vertreten zu können. Man kann deshalb von einer Zerstörung des Archivs durch äußere Einflüsse ausgehen. Für das 17. Jahrhundert sind mehrere Großfeuer in Tannhausen überliefert: 1620 ist das gesamte Dorf niedergebrannt, 1667 wurden zwölf Häuser - darunter die Grünbaumwirtschaft - und acht Scheunen eingeäschert (Nr. 96). Für den Verlust des freiherrlichen Archivs wird man aber am ehesten einen Brand im Frühjahr 1685 verantwortlich machen können. Joachim Christoph von und zu Thannhausen bemühte sich im Juni um eine Bestallung als Amtmann, da er durch ein Feuer sehr großen materiellen Schaden erlitten hatte (Nr. 230). Auch eine intensive Korrespondenz mit Gläubigern setzte ein, offensichtlich in dem Bemühen, das Schloß wieder zu errichten und neues Inventar zu beschaffen. Ein weiterer Großbrand vom Mai 1690 hat das Schlößle, soweit es überhaupt schon wiederhergestellt worden war, anscheinend nicht getroffen. Das seit 1685 erwachsene Archivgut hat bis in das frühe 19. Jahrhundert wohl keine feingliedrige Ordnung erfahren, zumindest deutet heute nichts mehr darauf hin. Eine erste intensive Beschäftigung mit den Urkunden und Akten gab es erst unter dem bereits genannten Freiherrn Ignaz Friedrich (1770-1849). Wohl vor allem nach seiner Pensionierung im Jahr 1824 versah der oettingen-wallersteinische Holbeamte zahlreiche Akten mit beschrifteten Umschlägen und erstellte vielleicht auch ein Ordnungsschema, das sich aber nicht mehr erhalten hat. Ebenso fehlt ein Findbuch. Bei Ignaz Friedrich wird erstmals das Bewußtsein deutlich, über die Sicherung rechtserheblicher Unterlagen hinaus auch eine familienkundliche Überlieferung zu schaffen. Um 1840 begann er ein Familienbuch anzulegen, in dem ein autobiographischer Abriß natürlich nicht fehlt. Jedoch hat auch Ignaz Friedrich den Urkunden und Akten keine Signaturen gegeben. Eine zweite Phase intensiverer Bearbeitung erfuhr das Archiv im frühen 20. Jahrhundert unter den Freiherren Hugo (1844-1916) und Kuno (1873-1929), wiederum auch an neuen, nun bedruckten Umschlägen erkennbar. Eine Untergliederung nach Kasten, Fach und Faszikel wurde nicht durchgängig betrieben, und ein Ordnungsschema oder Findbuch hat sich nicht erhalten. Seit 1937 liegt als einzige Archivalien-Übersicht eine grobe Bestandsaufnahme der Schriftstücke gemäß der Lagerung im Archivschrank des Schlosses Thannhausen vor. Der Ellwanger Geschichtslehrer Nestle erstellte sie im Zusammenhang mit Kontakten der freiherrlichen Familie zum Staatsarchiv Stuttgart, das 1938 um eine genauere Beschreibung der angeführten Lehensurkunden nachsuchte. 1950 wurden vom Oberlandesgericht Stuttgart im Rahmen des Schutzes von Kulturgütern Sicherungsmaßnahmen am Archiv und eine Aufsicht durch die damalige Württembergische Archivdirektion verfügt. Dieses war Voraussetzung für einen Fideikommißauflösungsschein. Seither gab es wiederholt Gespräche über eine Deponierung des Bestands im Hauptstaatsarchiv Stuttgart und später im Staatsarchiv Ludwigsburg. Nachdem die Archivalien schon 1971 in Stuttgart hatten sicherungsverfilmt werden können, einigten sich Baron Michael von und zu Thannhausen und das Staatsarchiv Ludwigsburg 1995 über eine Verbringung der Schriftstücke von Schloß Thannhausen nach Ludwigsburg. Kurz vor Abschluß der Ordnung und Verzeichnung, die von August 1996 bis Januar 1997 währte, erfolgte dann im November 1996 die Unterzeichnung des Depositalvertrags. Das Archiv der Freiherren von und zu Thannhausen wird die Jahrhunderte nicht ohne Verluste durch menschliche Eingriffe überstanden haben, seien es nun bewußte Vernichtungen, unterlassene Reponierungen von Akten oder gar Diebstähle gewesen. Gleichwohl finden sich nach wie vor diejenigen Archivaliengruppen, die man bei einem Adelsarchiv dieser Größenordnung erwarten kann, mögen einige auch vergleichsweise bescheidene Ausmaße haben. Letztlich gewinnt das freiherrliche Archiv eine recht große Repräsentativität, sowohl im Hinblick auf Ordnung, Inhalt und Umfang eines kleineren neuzeitlichen Adelsarchivs, als auch hinsichtlich Fragestellungen der Geschichtswissenschaft und der Familien- und Ortsgeschichte. Ein intensives Studium der Urkunden und Akten verschafft eine Vorstellung von den Verhältnissen in einer kleinen südwestdeutschen Adelsherrschaft der Neuzeit. Als Kernlaufzeit ist das 18. und 19. Jahrhundert anzusehen, während das ausgehende 17. Jahrhundert und die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts geringe Anteile stellen. Eine besondere Dichte der Überlieferung erreicht das Archiv für das frühe 19. Jahrhundert.
Ordnung und Verzeichnung des Archivs: Im Mai 1995 wurden die Archivalien in derjenigen Abfolge im Staatsarchiv Ludwigsburg untergebracht, wie sie im Schloß Thannhausen vorgefunden worden war. Abgesehen von einigen Fehlreponierungen im Lauf der Jahrzehnte fanden sich die Akten noch in der 1937 festgehaltenen Gliederung vor. Ältere Ordnungsschemata ließen sich wie erwähnt nicht rekonstruieren. Eine genauere Sichtung der Archivalien führte zu dem Ergebnis, daß die Bestandsaufnahme der 30er Jahre nicht zu einem Ordnungsschema erhoben werden konnte. Vielmehr wurden im Verlauf der Verzeichnung rund 20 Prozent der Büschel umgeordnet und im übrigen auch viele ungenaue oder gar falsche Aktentitel geändert. Dagegen bestehen die Personalfaszikel zu einzelnen Mitgliedern der Familie und ihren Verwandten fort. Diese im 19. Jahrhundert in Adelsarchiven beliebte Aktenbildung, die nicht wenige Schriftstücke aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang riß, konnte schon wegen fehlender Signaturen nicht rückgängig gemacht werden. Im Fall Thannhausens hat die Zusammenfügung von Schriftstücken zu bestimmten Personen wohl im frühen 20. Jahrhundert stattgefunden. In der archivischen Fachliteratur wird für Adelsarchive eine Unterteilung der Archivalien in (Patrimonial-)Herrschafts-, (Guts-)Wirtschafts- und Familienarchiv empfohlen. Sie war in der 1937 dokumentierten Lagerung der Urkunden und Akten durchaus erkennbar, ist jetzt während der Bearbeitung des Archivs jedoch schärfer herausgearbeitet worden. Bei einem Bestand dieses Umfangs rund sechs laufende Meter Archivgut sowie drei Meter jüngere Dokumentation zur Familien- und Ortsgeschichte - wurde diese Umordnung zahlreicher Akten möglich. Ziel war es, zweierlei zu erleichtern: die Erkennbarkeit von Inhalt und Struktur dieses Archivs und damit dessen Auswertung. Den ersten Teil der neuen Ordnung bilden als Urkundengruppe die 20 neuzeitlichen Lehensbriefe. Sie sind durch Vollregesten erschlossen. Die anschließende und mit fast 300 Nummern bei weitem größte Gruppe stellen die Akten und Amtsbücher, dreigeteilt nach Herrschaft, Wirtschaft und Familie. Eine Unterteilung nach Akten und Amtsbüchern und ebenso das separate Ausweisen einer Gruppe der Rechnungen erwiesen sich vor allem wegen des geringen Umfangs als wenig sinnvoll. Kleine Gruppen bilden die Karten und Pläne sowie diejenigen bildlichen Darstellungen, die keinen direkten Bezug zu einzelnen Akten haben. Am Ende steht das umfangreiche Sammlungsgut. Hier ist als im Grunde eigene Provenienz, die nicht dem Archiv im Schloß Thannhausen zugehörte, die familien- und ortskundliche Dokumentation des Freiherrn Franz-Ferdinand von und zu Thannhausen hervorzuheben, die unter Mitarbeit des Oberlehrers Siegfried Jäkel aus Tannhausen vor allem seit den 1970er Jahren zusammengetragen und in einer Familiengeschichte verarbeitet worden ist. Die Dokumentation enthält im Unterschied zum Archivgut umfassendes Material über die mittelalterliche Geschichte von Familie und Besitzungen, so zahlreiche Fotokopien und Abschriften von Urkunden staatlicher, kommunaler und privater Archive. Bei einigen Fremdprovenienzen des freiherrlichen Archivs handelt es sich in der Regel um Dienstakten einzelner Freiherren oder naher Verwandter, die mit deren Privatnachlaß Eingang in das Archiv im Schloß Thannhausen fanden. Auf diese Weise haben sich dort Dienstakten etwa des oettingen-wallersteinischen Holkavaliers und Hofforstmeisters Ignaz Friedrich (1770-1849) erhalten, aber auch solche seiner Nachfahren, der württembergischen Oberförster Wilhelm Ernst (1803-1886) und Hugo (1844-1916). Als weitere Fremdprovenienz erscheinen Schriftstücke des Freiherrn und späteren Reichsgrafen Joseph Anselm Adelmann von Adelmannsfelden (1728-1805), der die Freiherren von und zu Thannhausen in seiner Eigenschaft als Ritterrat des Kantons Kocher der Reichsritterschaft juristisch unterstützte. Das Archiv der Freiherren hat die zwei Jahrhunderte seines Bestehens vergleichsweise gut überstanden. Einzelne leichtere Schäden sind überwiegen d auf Feuchtigkeit zurückzuführen. In vier Fällen erfolgte die Vergabe von Nutzungssperren aufgrund von Belangen des Personenschutzes. Die Indizes wurden vergleichsweise ausführlich gestaltet, um die Nutzung des Findbuchs und damit auch des Archivs selbst zu erleichtern. Dem gleichen Zweck dient eine genealogische Übersicht zur Familie der Freiherren von und zu Thannhausen, die die Laufzeit des Bestands berücksichtigt. Staatliche Archivalien, die das Ludwigsburger Depositum ergänzen, bietet das Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Dort befindet sich im Bestand H 180 Lagerbücher ritterschaftlicher und niederadliger Besitzungen das Lager-, Sal- und Zinsbuch von 1685 sowie in Bestand J 50 Sammlung von Familienpapieren Bü. 294 eine weitere Version der Familiengeschichte des Freiherrn Franz-Ferdinand, die etwa in der Fotoauswahl vereinzelt von denen abweicht, die im Staatsarchiv Ludwigsburg lagern. Das Archiv der Freiherren von und zu Thannhausen, das im Staatsarchiv Ludwigsburg die Signatur PL 16 führt, umfaßt 387 Bestellnummern bei einem Bestandsumfang von ca. 7,5 Regalmetern. Dazu zählen 18 in einem Kartenselekt zusammengefaßte Karten und Pläne.
Literatur: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. Hg. vom K. statistisch-topographischen Bureau. Stuttgart 1886. Hugo A. Braun: Das Domkapitel zu Eichstätt. Von der Reformation bis zur Säkularisation (1535-1806). Verfassung und Personengeschichte. Stuttgart 1991. Fr. Cast: Historisches und genealogisches Adelsbuch des Königreichs Württemberg. Stuttgart 1839. Genealogisches Handbuch des in Bayern immatrikulierten Adels. Hg. von der Vereinigung des Adels in Bayern e. V. München. Band XV. Neustadt/Aisch 1984. Dieter Kudorfer: Die Grafschaft Oettingen. Territorialer Bestand und innerer Aufbau (um 1140 bis 1806). Historischer Atlas von Bayern. Teil Schwaben. Reihe II, 3. München 1985. Dieter Kudorfer: Nördlingen. Historischer Atlas von Bayern. Teil Schwaben. Reihe II, 8. München 1974. Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Hg. von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg. Band 4. Stuttgart 1980. Franz-Ferdinand Freiherr von und zu Thannhausen: Tannhausen im Ries. In: Nordschwaben 4 (1980) S. 214-216.