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Preußische Regierung für die Hohenzollerischen Lande: Stehregistratur (Bestand)
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Sigmaringen, Ho 235 T 37-42
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Sigmaringen (Archivtektonik) >> Hohenzollerische Bestände >> Preußischer Regierungsbezirk der Hohenzollerischen Lande >> Preußische Regierung
(1889 -) 1932 - 1950
Überlieferungsgeschichte
Zur allgemeinen Behörden- und Verwaltungsgeschichte vgl. das Vorwort zu Ho 235 T 3.
Die sogenannte 'Stehregistratur' wurde in der preußischen Verwaltung 1932 eingeführt, um die bis dahin übliche 'Bodenregistratur' (übereinander gestapelte fadengeheftete Akten) abzulösen. Nach dem neuen System wurden die Akten gelocht in festen Ordnern aufrecht gestellt, um einen einfacheren und schnelleren Zugriff zu ermöglichen. Bei der Übernahme in das Archiv wurden die Archivalien aus den Ordnern entnommen, gebündelt und 'auf die Nase' gestellt, was allerdings zu Lasten der Erhaltung der Papiere ging. Einzelne fadengeheftete Vorakten wurden aus dem 19. Jh. bis zum Ende der preußischen Verwaltung fortgeführt. Hier sind vor allem die Verzeichnisse der ausgestellten Heimatscheine zu erwähnen (Nr.515 - 547).
Die neue Ablage wurde sehr bald in den verschiedenen Abteilungen der preußischen Regierung Sigmaringen (si. Systematik im nächsten Feld) eingeführt, so dass die meisten Akten ab 1932 laufen. Auffällig ist, dass die Polizei- und Gendarmerieakten im Unterschied zu denen der anderen Abteilungen fast vollständig erst 1942 einsetzen. Hier wurde die alte Registratur noch fortgeführt, die Unterlagen bis zu diesem Jahr sind demgemäß in den Abteilungen Ho 235 T 19 - 22 sowie T 29 - T 36 zu suchen. Möglicherweise wurden in den letzten Kriegstagen noch große Mengen Akten vernichtet. In allen Abteilungen kann festgestellt werden, dass sehr häufig zu einem Vorgang eine Akte Bd. 1 (oder auch Bd. 2, 3 usw.) vorhanden ist, die zu erwartenden Folge- und Vorbände aber nicht. Auch hier ist eine umfangreiche Aussonderung vor der Abgabe an das Archiv zu vermuten.
Nach Auflösung der Regierung Sigmaringen 1946 wurden die Akten relativ zeitnah in das Staatsarchiv Sigmaringen überführt. Der größte Teil der abgeschlossenen und laufenden Personalakten war schon zuvor an die Regierung Württemberg-Hohenzollern abgegeben worden.
Inhalt und Bewertung
Zeitlich deckt sich die Laufzeit dieses Bestandes weitgehend mit der Herrschaft des Nationalsozialismus. Die Manifestationen der Diktatur in den Akten sind allerdings nicht sehr hervorstechend, sondern eher in der Alltäglichkeit der Verwaltung enthalten. Ein in allen Abteilungen der Verwaltung belegter Vorgang ist die Entfernung erfahrener und engagierter Mitarbeiter der vorhergehenden Zeit aufgrund des 'Gesetzes über die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums' (7. April 1933). In der Folgezeit wurden viele der so freigemachten Stellen mit 'Parteigenossen' und 'Alten Kämpfern' besetzt, eine Maßnahme, die in Stellenausschreibungen immer wieder angemahnt wurde. Interessanterweise war eines der prominentesten Opfer dieser politischen Säuberungsaktion ('Entlassung wegen politischer Unzuverlässigkeit') der Sigmaringer Kreisarzt Dr. Eduard Krebsbach, der später als glühender nationalsozialistischer Aktivist und berüchtigter 'KZ-Arzt von Mauthausen' Karriere machte. Andererseits wurde der durch parteiinterne Querelen innerhalb der Ulmer NSDAP unliebsam gewordene Polizeichef von Ulm, Neu-Ulm und Laupheim, Wilhelm Dreher, 1942 auf den Posten des Regierungspräsidenten in Sigmaringen abgeschoben.
In den 'Belegen der Regierungshauptkasse Sigmaringen' zu diversen Polizeidiensten verstecken sich unter 'Reisekostenabrechnungen' oft Transporte von namentlich genannten Gefangenen, darunter auch politische Gegner/Opfer des NS-Systems.
Einzelne Inhalte von besonderem Interesse finden sich in folgenden Akten:
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 36: Archivwesen in Hohenzollern generell, Überlegungen zu Verlegung, Schließung oder Zusammenlegung des Staats- mit dem fürstlichen Archiv, Archive israelitischer Gemeinden (Hechingen und Haigerloch).
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 75: Nothaushalte der Jahre 1945-46, die die Probleme der Nachkriegszeit und Versuche ihrer Lösung illustrieren.
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 97, 706: Inventar der Dienstwohnung des Regierungspräsidenten 1940 und 1942, mit Erwähnung von aus der Nationalgalerie Berlin zu Dekorationszwecken entliehenen Gemälden.
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 118: Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, Einbindung der Beamtenschaft in den NS-Staat, Verfolgung jüdischer oder jüdisch verheirateter Beamter.
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 128: Machtkampf in der Sigmaringer NSDAP 1933, Verdächtigungen, Denunziationen und Strafsache gegen Hermann Ramsperger.
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 242: politische Aktivitäten der Beamten im Nationalsozialismus, Vorgehen gegen Studienrat Clemens Moser (Landrat Hechingen im Mai/Juni 1945, dann Präsident von Hohenzollern, Staatssekretär in Tübingen, Landeshauptmann beim Hohenzollerischen Landeskommunalverband).
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 441: u.a. Versuch der Machtübernahme im Kreis Hechingen im März 1933 durch den Hechinger Ortsgruppenleiter der NSDAP Dr. Theodor Johannsen.
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 503: Diskussion eines Anschlusses Hohenzollerns an Württemberg, nicht weiterverfolgt.
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 563: u.a. Fred und Irma West-Stiftung, heute noch Grundlage des Kinderfestes in Hechingen.
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 567: Anwendung des 'Hitler-Grußes', anmaßendes und beleidigendes Verhalten des SA-Sturmführers Ernst Hummel gegen einen Finanzamtsbeamten.
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 577: u.a. Liste der Ortsgruppen der NSDAP und ihrer Leiter im Kreis Sigmaringen 1942.
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 762: Übertragung der Burg Hohenzollern auf das vorm. regierende Haus 1937-1939.
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 1090 - 1092: Durchführung der Rassehygienebestimmungen, Berichte über Vergewaltigungen durch allierte Soldaten nach 1945 (Rechtfertigung für Schwangerschaftsabbrüche).
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 1094 - 1104: Erbhygienepraxis, Zwangssterilisationen und -kastrationen.
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 1112: Erweiterung und Neuanlage von Friedhöfen im Regierungsbezirk, u.a. der jüdische in Haigerloch 1936. Ho 235 T 37 - 42 Nr. 1119 - 1128: Mineralquellen und Kurwesen in Bad Imnau.
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 1254: Vorgehen gegen als 'staatsfeindlich' eingestuftes Verhalten von Kirchenvertretern, politische Denunziationen.
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 1280 - 1283, 1561, 1644: Kriegsereignisse unmittelbar im Regierungsbezirk.
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 1367 - 1369: Endphase des Krieges, totale Mobilmachung, Nachkriegszeit, Verhalten der Besatzungsmacht.
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 1660, 1664, 1665, 1670, 1675, 1684: Mietverträge der Regierung (sowohl An- wie Vermietung).
Ho 235 T 37 - 42 Nr. 1683: Öffentliche Einrichtungen: Altersheim in Gammertingen und Landeskrankenhaus. Der Bestand war inhaltlich lange nur durch den Aktenplan für die Preussischen Regierungen fassbar, der wohl 1932 erstellt worden war. Dieser gab aber keine Information über den Inhalt einzelner Akten, ja nicht einmal, ob zu einzelnen Unterpunkten überhaupt Vorgänge vorhanden waren. Teile dieses Aktenplans für die Allgemeine, Hochbau-, Innere, Gesundheits- und die Polizeiverwaltung sind im provisorischen Findbuch (Ho 235 T 37 - 42 Nr. 1796 u. 1797) eingeheftet.
Die dringend notwendige Erschließung des Bestandes 'Stehregistratur' (jetzige Signatur Ho 235 T 37-42) konnte schließlich in einem von der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg finanzierten Projekt durch den Unterzeichneten durchgeführt werden. Neben Übernahme der vorgegebenen Daten (Titel, Laufzeit, Umfang, Vorsignaturen) wurde der Inhalt des jeweiligen Faszikels im Feld 'Enthält' möglichst knapp paraphrasiert. Einzelne außergewöhnliche, unerwartete oder sonstwie erwähnenswerte Inhalte wurden ausgeworfen. Die eigentliche Verzeichnung erfolgte in den Monaten Februar bis Mai 2016, die Kontroll- und Korrekturarbeiten sowie die Formulierung dieses Vorwortes wurden im Juni durchgeführt.
Die wesentlichen Abteilungen der Präsidialverwaltung mit ihren Leitbuchstaben (die zugleich als erste Stelle der alten Systematiknummern/Vorsignaturen dienten), waren:
A = Allgemeine Verwaltung
H = Hochbauamt
I = Landrätliche Verwaltung (Inneres)
M = Gesundheitswesen (Medizin)
P = Polizei und Gendarmerie
Gem.Pr. = Gemeindeprüfungsamt
LB = Landwirtschaftliche Berufsschulen
LSch = Landwirtschaftliche Schulen
Lba = Lehrerinnenbildungsanstalt in Haigerloch
Die sehr umfangreiche Sammlung der Belege zu den Rechnungen der Regierungshauptkasse (nach Jahrgängen und den einzelnen Dezernaten sortiert) trug keine Vorsignaturen. Hier sei auf die Parallelüberlieferung in den Amtsbüchern der Regierung in Ho 235 T 44, insbesondere Teil 2, verwiesen.
Es ergab sich im Verlauf der Verzeichnung der Befund, dass die den allgemeinen Geschäftsgang regulierenden Verordnungen und Bestimmungen (meist Ausschnitte aus dem preußischen Besoldungsblatt) bei den verschiedenen Abteilungen des Bestandes immer wieder gesammelt und aufbewahrt wurden, häufig in sogar gleich betitelten Akten. In diesen Fällen wurde das Archivgut nur bei der Abteilung Allgemeinen Verwaltung aufbewahrt, bei den anderen Abteilungen ausgesondert.
Der konservatorische Befund zeigt leichte Randschäden an den Papieren zahlreicher Aktenbündel aufgrund der Verschnürung und Lagerung. Da die Verpackung stabil ist, ist nicht mit weiteren Schäden zu rechnen.
Yvonne Rundel-Schätzle verpackte den Bestand 2017 archivgerecht.