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Überlieferungsgeschichte
Die Sigmaringer Gesangvereine "Männerchor" und "Frohsinn" bis 1945
Die Ursprünge des in Vereinen organisierten Gesangs reichen in Sigmaringen vor das Jahr 1848 zurück. In den 1830er Jahren fand sich im Gasthaus "Traube" mehrfach ein wechselnder Personenkreis zum gemeinsamen Gesang zusammen. 1839 entwickelte sich daraus ein kurze Zeit bestehender gemischter Gesangverein, der unter Protektion der späteren Fürstin Josephine von Baden stand. Ebenfalls kurzlebig war ein zweiter vor 1848 gegründeter Verein, der sich offenbar bereits unter dem Namen "Frohsinn" zusammenfand. Ungeachtet der sehr überschaubaren Einwohnerzahl der Stadt Sigmaringen entstanden aus diesen Wurzeln zwei Gesangvereine, die über mehrere Jahrzehnte parallel zueinander existierten. Erklären lässt sich dies vor allem deshalb, weil die Vereinsziele und die Mitgliederstruktur nicht in unmittelbarer Konkurrenz zueinander standen. Hatte sich der vorwiegend aus Beamten bestehende "Männerchor" in erster Linie der Pflege des Kunstgesangs verschrieben, stand im von Handwerkern dominierten "Frohsinn" zunächst der volkstümliche Gesang im Vordergrund, verbunden mit dem ausgeprägten Streben nach vereinsinterner Geselligkeit.
Der "Männerchor" Sigmaringen
Im Oktober 1844 gründete sich in Sigmaringen der ältere der beiden Männergesangvereine. Seit Mitte der 1850er Jahre präsentierte sich der Verein immer wieder mit Konzertveranstaltungen der Öffentlichkeit. In den 1860er Jahren trat der Gesangverein einige Jahre unter dem Namen "Männerchor Danubia" in Erscheinung, der sich aber nicht gegen die 1859 angenommene Bezeichnung "Männerchor Sigmaringen" durchsetzen konnte. 1855 erhielt der Verein eine erste Satzung. Die Bestellung eines mit der Vertretung nach außen befassten Vorstands ließ allerdings noch bis 1889 auf sich warten. Die Mitgliederzahl des "Männerchors" bewegte sich zwischen 16 aktiven Sängern im Jahr 1855 und 35 Sängern 1890. Die Proben fanden zunächst im Gasthaus Donau, später im Museum und schließlich im Bräuhaus statt. Zur Erweiterung des finanziellen Spielraums sowie zur Erschließung eines festen Zuhörerkreises nahm der "Männerchor" ab 1855 auch Passivmitglieder auf, deren Zahl sich 1893 auf 198 summierte. Zusätzlich zu den Auftritten veranstaltete der "Männerchor" regelmäßig Ausflüge und Feste, darunter schon vor 1900 aufwändig organisierte Fasnachtsbälle.
Die Bemühungen des Vereins um den deutschsprachigen Kunstgesang führten nicht nur zum Kontakt mit zahlreichen auswärtigen Gesangvereinen, sondern auch oft zu gemeinsamen Veranstaltungen mit dem Sigmaringer Orchesterverein. Seit dem Beitritt des "Männerchors" zum Schwäbischen Sängerbund 1857 nahm der Verein mit einigem Erfolg an auswärtigen Gesangswettbewerben und Sängerfesten teil. Zu diesem Zweck war im Jahr 1856 auch schon eine Fahne angeschafft worden. 1860 folgte der Erwerb eines Klaviers. Zu besonderen Anlässen brachte der Verein auch im gemischten Chor Stücke zu Gehör.
Der Gesangverein "Frohsinn" Sigmaringen
Die Gründung eines zweiten Gesangvereins in Sigmaringen stand im Zusammenhang mit dem 1858 in der Stadt abgehaltenen "hohenzollerischen Liederfest", welches Ende Mai unter Beteiligung von 26 Gesangvereinen stattgefunden hatte und unter anderem durch den "Männerchor" organisiert worden war. Kurz danach fand sich eine 21 junge Männer umfassende Gruppe zum Gesangverein "Frohsinn" zusammen. Bis 1860 stieg die Mitgliederzahl auf über 40. Allerdings sorgte die Mitgliederstruktur für erhebliche Fluktuation. Der hohe Anteil mobiler Handwerksgesellen und zur Wehrpflicht eingezogener Männer führte bei vielen Sängern zu einer nur kurzen Mitgliedschaft. Eine erste Krise erlebte der Verein zwischen 1866 und 1871. Bedingt durch die Kriege gegen Österreich und Frankreich sind in diesen Jahren keine Aktivit äten des Vereins nachweisbar.
Ein Jahr nach der Reichsgründung wurde das Vereinsleben 1872 mit neu gefassten Statuten wieder aufgenommen. 1879 erfolgte nach langjährigen Vorüberlegungen auch beim "Frohsinn" die Beschaffung einer Vereinsfahne. Die Konsolidierung des Gesangvereins muss sich in den folgenden Jahren fortgesetzt haben. 1889 war der aus der Fahne, einem Klavier und Instrumenten sowie Musikalien bestehende Besitz des "Frohsinn" bereits so umfangreich geworden, dass in der Laizer Straße 46 Räumlichkeiten zu seiner Aufbewahrung genutzt wurden (vgl. Nr. 14).
Die inzwischen 40 Sänger hielten ihre Proben dem "Männerchor" entsprechend zunächst überwiegend im Gasthaus Donau ab, ehe der Verein 1896 ins Gasthaus Kronprinz wechselte. Mit der Einweihung der Stadthalle stand schließlich beiden Vereinen ab 1930 ein geeigneter Raum zur Verfügung, der nicht nur für die Abhaltung der regulären Chorproben, sondern auch für größere Veranstaltungen genutzt werden konnte.
Das Vereinsleben des "Frohsinn" war nach außen hin von den Konzerten jeweils im Frühjahr und im Herbst bestimmt. Darüber hinaus fanden zahlreiche interne Veranstaltungen statt, die reihum in allen Gasthäusern der Stadt Sigmaringen abgehalten wurden. Sie dienten neben dem gemeinsamen Gesang der Pflege der Geselligkeit. Übliche Anlässe waren neben Familienabenden unter anderem Hochzeiten und Geburtstage. Auch Ausflüge fanden immer wieder statt, teilweise verbunden mit einer Teilnahme an auswärtigen Sängerfesten. Nach 1900 sind immer wieder größere Jahresausflüge nachweisbar, welche unter anderem in die Schweiz führten und dem "Frohsinn" Gelegenheit boten, Kontakt zu anderen Gesangvereinen anzuknüpfen. In den Jahren um 1900 setzte zudem die lange Tradition der "Frohsinnbälle" ein, die der Gesangverein am Fasnachtsdonnerstag (dem "Auseligen") mit umfangreichem Programm ausrichtete. Weil auch der "Männerchor" an Fasnacht eine Ballveranstaltung organisierte, entstand hierin ein langjähriger Wettstreit der beiden Vereine.
Trotz phasenweise rascher Wechsel in Vorstandschaft und Dirigentenamt blühte der Gesangverein "Frohsinn" auf und zählte an der Wende zum 20. Jahrhundert zwischen 100 und 150 Mitgliedern. Vor dem 1. Weltkrieg stieg die Zahl der aktiven und passiven Mitglieder sogar zeitweise auf deutlich über 200.
Entsprechend der beim "Männerchor" geübten Praxis beteiligte sich auch der "Frohsinn" ab 1904 immer wieder an Gesangswettbewerben, unter anderem im Rahmen von Wertungssingen des Badischen Sängerbundes, dem der Verein 1908 beigetreten war. 1911 folgte zusätzlich der Beitritt zum Hohenzollerischen Sängerbund. Einige Erfolge bei verschiedenen Wettbewerben im Rücken, unternahm der "Frohsinn" ab 1927 wie bereits der "Männerchor" den Versuch, neben dem volkstümlichen Gesang auch im Kunstgesang Akzente zu setzen. Es folgten einige Erfolge bei Wettsingveranstaltungen, so dass sich zwischen den Repertoires des "Frohsinn" und des "Männerchors" Ansätze einer Angleichung zeigten. Zu einer grundlegenden Neuerung kam es im Jahr 1931, als erstmals Damen bei einem Konzert des "Frohsinn" mitwirkten. In den folgenden Jahren bildete sich innerhalb des Vereins parallel ein Frauenchor, mit dem zusammen auch immer wieder Auftritte im gemischten Chor stattfanden.
Zusammenschluss von "Männerchor" und "Frohsinn"
Die beiden Sigmaringer Gesangvereine entwickelten sich rasch zu einem festen Bestandteil des städtischen Kulturlebens. Beide Vereine trugen regelmäßig bei Festen und Veranstaltungen der Stadt und anderer Vereine zum Gelingen bei. Und obwohl "Männerchor" und "Frohsinn" über Jahrzehnte selbstständig blieben, fanden sie sich bereits früh zu gemeinsamen Veranstaltungen zusammen. Im Jahr 1862 fand ein Liederfest im Hofgarten statt, an dem neben "Männerchor" und "Frohsinn" auch and ere Sigmaringer Vereine teilnahmen, so etwa der Orchesterverein. Auch das 1879 in Sigmaringen abgehaltene Schwäbische Liederfest mit mehreren Tausend Besuchern wurde von den beiden Gesangvereinen gemeinsam organisiert. Eine weitere Veranstaltung in größerem Rahmen war schließlich die Begehung des 90jährigen "Männerchor"-Jubiläums im Jahr 1934. Erneut wurden die Feierlichkeiten zusammen mit dem "Frohsinn"durchgeführt.
Als Organe des Vereins waren in der Satzung vom 8. Februar 1879 der Vereinsausschuss sowie die Generalversammlung vorgesehen. Dem Ausschuss gehörten der Vorstand und der Chorleiter mit ihren Stellvertretern, Schriftführer und Kassierer sowie der Fähnrich und zwei Beigeordnete an. Die Beigeordneten waren aus den Passivmitgliedern zu bestimmen. Jedes Jahr hatte eine Generalversammlung stattzufinden, welche den Vereinsausschuss bestimmte. 1894 erschien die Satzung im Druck und behielt wohl zumindest bis zum 1. Weltkrieg Gültigkeit (vgl. Nr. 10).
Ungünstig wirkten sich auch auf die Sigmaringer Vereine Verschlechterungen der politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen aus. Nachdem bereits der 1. Weltkrieg die Aktivitäten beider Gesangvereine über mehrere Jahre zum Erliegen gebracht hatte, blieb das Vereinsleben auch im Zuge der Wirtschafts- und Währungskrisen der Weimarer Republik deutlich eingeschränkt. Zwar wurden weiterhin regelmäßige Auftritte abgehalten, auch bei Wettsingveranstaltungen, allerdings waren sowohl der "Männerchor" als auch der "Frohsinn" durch Finanzknappheit und den Rückgang vor allem der Anzahl der Passivmitglieder deutlich behindert. Zusätzliche Probleme erwuchsen im Zuge des Untergangs der Weimarer Republik. Die wachsende Vereinnahmung der Bürger in die Verbände und Gliederungen des NS-Staats ließ die Zahl der aktiven Mitglieder von "Männerchor" und "Frohsinn" sinken. Gleichzeitig waren die Gesangvereine zur Beteiligung an den nationalsozialistisch inspirierten Veranstaltungen und Feiern angehalten. Der Druck zu einer Zusammenlegung der beiden Gesangvereine kam dennoch von außen. Vor allem der "Frohsinn" wehrte sich gegen eine Fusion und lehnte die von Stadt, Kreis und NS-Kulturgemeinde forcierte Zusammenlegung zwei Mal mit großer Mehrheit ab. 1936 führte an der Fusion gleichwohl kein Weg mehr vorbei. Die beiden Sigmaringer Gesangvereine schlossen sich zur "Sängervereinigung Männerchor-Frohsinn Sigmaringen" zusammen. Der "Frohsinn" brachte 39, der auch zuvor stets mitgliederschwächere "Männerchor" 36 aktive Sänger in den neuen Verein ein.
Der Gesangverein nach 1945
Anders als während des 1. Weltkriegs wurden die Proben und Auftritte während des 2. Weltkriegs lange Zeit weitergeführt, nicht zuletzt um Feierlichkeiten und Veranstaltungen von Partei und NS-Staat zu umrahmen. Zur mehrjährigen Einstellung aller Vereinsaktivitäten kam es erst nach dem Ende des 2. Weltkriegs. Verantwortlich war dafür neben der Zerstreuung der Vereinsmitglieder und allgemein ungünstigen Rahmenbedingungen nicht zuletzt das von der französischen Besatzungsverwaltung verhängte umfassende Vereinsverbot. Nach einigen Vorüberlegungen ab 1948 gelang ein Jahr später mit 51 Mitgliedern die Neugründung des Gesangvereins "Männerchor-Frohsinn". Ebenfalls erneuert wurde die Mitgliedschaft im Schwäbischen Sängerbund. Bereits 1957 verfügte der Verein wieder über 32 Sängerinnen und 64 Sänger. Der aus dem "Frohsinn" herrührende Frauenchor lebte ebenfalls wieder auf (vgl. Nr. 53), so dass auch weiter im gemischten Chor gesungen wurde. Verwies der neue Name noch auf beide Wurzeln des Vereins, so ging der Bezug zum "Männerchor" verloren, als sich der Verein ab 1964 nur noch "Gesangverein Frohsinn" nannte.
Mit der Wiedergründung 1949 knüpfte der Gesangverein verschiedentlich an ältere Traditionen an. Konzerte fanden weiterhin im Früh jahr und Herbst statt. Neben dem jährlichen Fasnachtsball wurden kleinere und größere Vereinsausflüge organisiert. In den 1950er und 1960er Jahren unterhielt der "Frohsinn" wieder regelmäßige Kontakte zu Gesangvereinen der näheren Umgebung, aber auch zu entfernteren Vereinen wie etwa dem "Bürgerlichen Sängerverein Lörrach" oder dem "Deutschen Männergesangverein Zürich". Von besonderer Bedeutung waren die langjährigen Kontakte zum "Boxmeer Vocaal Ensemble". Die seit einer ersten Begegnung im Jahr 1970 regelmäßigen Treffen der Vereine in Sigmaringen und den Niederlanden bildeten eine wesentliche Grundlage für die 2001 geschlossene Städtepartnerschaft zwischen Sigmaringen und Boxmeer.
Eine deutliche Veränderung ergab sich nach dem 2. Weltkrieg im Hinblick auf das Repertoire der Sängerinnen und Sänger. Ein Großteil des vor 1945 beschafften Notenbestands war nicht länger zeitgemäß und stand zudem nach dem Krieg gar nicht mehr zur Verfügung. Bei Kriegsende wurde die Sammlung im Schulhaus aufbewahrt, welches im Anschluss von den französischen Besatzungsbehörden genutzt wurde (vgl. Nr. 43). Womöglich infolge unsachgemäßer Aufbewahrung oder mutwilliger Zerstörung gingen die Musikalien in diesem Zeitraum zum größten Teil verloren.
Organisatorisch änderte sich nach dem 2. Weltkrieg nur wenig. In den Satzungen vom 5. März 1958 und vom 9. April 1981 waren weiterhin die Mitgliederversammlung als oberstes Beschlussorgan sowie der Vorstand vorgesehen. Letzterer bestand aus dem geschäftsführenden Vorstand, welcher 1958 nur aus dem Vorsitzenden und seinem Stellvertreter, ab 1981 zusätzlich aus dem Schriftführer sowie dem Kassierer bestand. Zum erweiterten Vorstand gehörten zudem der Chorleiter sowie ein aus drei aktiven und einem passiven Mitglied bestehender Beirat. Weitere Funktionsträger (Notenwart, Fahnenträger, Vergnügungsleiter) gehörten dem Vorstand ohne Stimmrecht an.
Seit den 1960er Jahren finden sich vermehrt Hinweise auf Nachwuchsprobleme des Vereins, die der "Frohsinn" auch in den folgenden Jahrzehnten nicht mehr dauerhaft zu überwinden vermochte. 1967 kam es zudem zu einer schweren inneren Krise, als Chorleiter und Vorstand ihre Ämter zur Verfügung stellten und der Verein kurz vor der Auflösung stand. Musikalisch blieb der Chor trotz alledem leistungsfähig. In den 1970er und1980er Jahren fand eine ganze Reihe anspruchsvoller Konzerte statt, zum Teil zusammen mit dem Heeresmusikkorps 10 sowie dem Soldatenchor des in Sigmaringen stationierten Instandsetzungsbataillons 10. Für die engen Kontakte zur Bundeswehr war Chorleiter Bernhard Kempf verantwortlich, welcher durch seine Tätigkeit als Berufsoffizier über die entsprechenden Verbindungen verfügte. Einen besonderen Höhepunkt bildete im Jahr 1977 die aufwändige Inszenierung von Carl Orffs "Carmina Burana", an der im Rahmen der 900-Jahr-Feiern der Stadt Sigmaringen über 200 Mitwirkende in historischer Kostümierung auftraten. Mit großem Aufwand und einer viertägigen Reihe von Veranstaltungen feierte der Frohsinn im Juni 1983 sein 125-jähriges Bestehen. Im Vorfeld des Jubiläums hatte sich der Verein mit der Beschaffung von Trachten um ein nach außen einheitliches Erscheinungsbild bemüht. Im Museum "Runder Turm" fand zudem eine Ausstellung "125 Jahre Chorgesang in Sigmaringen" statt (vgl. Nr. 93).
Vor allem die Überalterung des Vereins und die beständig abnehmende Mitgliederzahl waren dafür verantwortlich, dass es für den Gesangverein seit der ersten Hälfte der 1990er Jahre immer schwieriger wurde, öffentliche Auftritte zu absolvieren. Als Konsequenz musste sich der "Frohsinn" daher weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Auch die Frohsinnbälle am Auseligen Donnerstag mussten eingestellt werden. Lediglich in kleinerem Rahmen fanden noch Auftritte statt, vor allem in Altenheimen. A ngestrebte Kooperationsbemühungen mit Chören in Inzigkofen und Mengen scheiterten rasch. Erschwert wurde die Situation durch mehrere Chorleiterwechsel sowie periodische Unstimmigkeiten in der Vorstandschaft. 2004 erfolgte im 146. Jahr seines Bestehens die Selbstauflösung des Gesangvereins "Frohsinn".
Geschichte des Bestands
Schon früh existierte innerhalb des Gesangvereins ein lebhaftes Bewusstsein für die eigene Tradition. Dieses beinhaltete auch eine Wertschätzung der zur Geschichte des "Frohsinn" und seiner Vorläufer noch vorhandenen Unterlagen. Bereits 1972 wurde über die Sicherung des Vereinsarchivs beraten. Genau 20 Jahre später beschloss der Vorstand, eine Durchsicht und Ordnung der Vereinsüberlieferung ins Werk zu setzen. Konkrete Aussagen über die Art der Maßnahmen und deren Umsetzung fallen schwer. Im Ergebnis gelang jedenfalls die Sicherung zahlreicher Unterlagen, darunter auch solcher, die bis weit ins 19. Jahrhundert zurückreichen.
Bei dem heute den Bestand bildenden Schriftgut handelt es sich zum allergrößten Teil um die Überlieferung des Gesangvereins "Frohsinn". Dies gilt auch für die Zeit vor 1945, als neben dem "Frohsinn" der "Männerchor" existierte. Von den ursprünglich als Provenienz des "Männerchors" zu betrachtenden Stücken ist anzunehmen, dass sie im Kontext der 1936 vollzogenen Fusion den Eigentümer wechselten und auf diesem Weg überliefert wurden.
Nach der Auflösung des "Frohsinn" gelangten 2004 wesentliche Teile der vor allem beim Vereinsvorstand sowie den Vorstandsmitgliedern erwachsenen Registratur auf den Dachboden der Stadthalle, wo sich bis dahin auch das Probelokal des Gesangvereins befand. Womöglich war dort bereits zuvor der noch vorhandene Altaktenbestand aufbewahrt worden. Im Kontext der umfangreichen Umbauarbeiten an der Stadthalle mussten die Unterlagen 2010 rasch von dort entfernt werden. Lediglich das vorgefundene Notenmaterial wurde vor Ort bewertet. Alle übrigen Unterlagen wurden vom Staatsarchiv Sigmaringen zunächst unbewertet übernommen und dem als Depositum im Staatsarchiv verwahrten Stadtarchiv Sigmaringen zugeordnet.
Inhalt des Bestands
Der vorliegende Bestand setzt sich aus zwei Provenienzen zusammen. Bei dem deutlich größeren Teil handelt es sich um die Überlieferung des Gesangvereins "Frohsinn", dessen Laufzeit mit der Vereinsgründung einsetzt und sich bis zu dessen Selbstauflösung erstreckt. Ein sehr viel kleinerer Teil besteht aus Unterlagen, die aus der Provenienz des "Männerchors" stammen. Zum größeren Teil handelt es sich um Schriftgut aus den 1920er und 1930er Jahren betreffend die Verwaltung der Finanzen des "Männerchors". Vor diesem Hintergrund ist zu vermuten, dass die Schriftstücke im Zuge der Fusion an den "Frohsinn" übergegangen sind. In der Überlieferung des "Männerchors" finden sich auch Unterlagen zu der für die Geschichte beider Vereine wichtigen Vereinigung im Jahr 1936 (vgl. Nr. 147). Demgegenüber muss die ins 19. Jahrhundert zurückreichende Überlieferung des "Männerchors" als verloren gelten.
Die in dem Vereinsarchiv enthaltenen Unterlagen bieten ein breites inhaltliches Spektrum. Anhand der dichten Überlieferung wird das Vereinsleben wie auch die Entwicklung des Gesangvereins ab seiner Gründung greifbar. Abgesehen von den Abschnitten mit geringer oder völlig eingeschlafener Vereinsaktivität bestehen lediglich für die Frühphase des Vereins im 19. Jahrhundert, für die 1920er Jahre sowie für die Jahre zwischen 1936 und 1945 größere Überlieferungslücken. Von besonders hohem Quellen- und Informationswert sind die aus dem 19. Jahrhundert erhalten gebliebenen Unterlagen. Sie bieten nicht nur vielfältigen Einblick in den Verein und das gesellschaftliche Milieu seiner Mitglieder, sondern auch in dessen Umfeld und das städtische Kulturleben vor 1900.
Z usammengesetzt ist der Bestand im wesentlichen aus zwei Materialarten. Auf der einen Seite sind Unterlagen überliefert, die zur Verwaltung des Vereinslebens entstanden sind. Auf der anderen Seite enthält das Vereinsarchiv umfangreiches Sammlungsschriftgut. Bei den im Rahmen der Verwaltung des Gesangvereins entstandenen Unterlagen handelt es sich neben Protokollserien zum Verlauf der Vorstandssitzungen um umfangreiche Korrespondenzen sowie um Schriftstücke zur Finanz- und Mitgliederverwaltung. Besonders viel Korrespondenz hat sich aus den 1960er-1980er Jahren erhalten. Oft handelt es sich um eingegangene Einladungen mit beigefügten Veranstaltungsprogrammen, aber auch Durchschläge der ausgehenden Schreiben sind zahlreich vorhanden. In den 1970er Jahren enthält die Korrespondenzserie zudem viele Zeitungsausschnitte, unter anderem mit Berichten über die Fasnachtsbälle des "Frohsinn". Informationen über die Fasnachtsveranstaltungen des Gesangvereins befinden sich auch in anderen Teilen des Bestands. Neben Berichterstattung, Einladungen und Programmen sind vielfach Plakate und sogar die Texte aufgeführter Programmeinlagen vorhanden.
Von hohem und über die Geschichte des Sigmaringer Volksgesangs deutlich hinausweisendem Quellenwert ist die im Bestand überlieferte Musikaliensammlung. Sie enthält in erster Linie die bei der Räumung der Stadthalle vorhandene Sammlung solcher Noten, die sich bereits vor 1945 im Besitz des "Männerchors" beziehungsweise des "Frohsinn" befanden. Neben Chorstücken sind in großer Zahl "Couplets" aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts überliefert. Dabei handelt es sich um mehrstrophige Lieder mit eingängigem Refrain. Die Sammlung spiegelt die inhaltliche Breite des Genres. In lustiger oder auch parodierender Weise behandeln die Stücke alltägliche Begebenheiten, transportieren dabei aber auch immer wieder national stark aufgeladene, teils antisemitische Inhalte. Hinzuweisen ist schließlich auf die äußere Form der Couplets, welche oft mit ausgestalteten und farbig gedruckten Titelblättern versehen wurden. In der Regel bestehen die Musikalienhefte aus Blättern mit Text sowie den für die einzelnen Stimmen vorgesehenen Noten. Als Einlegeblatt sind oft die Texte der einzelnen Strophen beigefügt. Zusätzlich sind in einigen Fällen die Noten einzelner Stimmen und Instrumente vorhanden.
Über die auf den meisten Stücken angebrachten Stempel lässt sich nachvollziehen, ob sich die Partitur vor der Fusion der beiden Vereine im Besitz des "Frohsinn" oder des "Männerchors" befand. Vermutlich handelt es sich bei den im vorliegenden Bestand überlieferten Musikalien um die Dirigentenpartituren, welche der Chorleiter getrennt von den Chorsätzen aufbewahrt hat. Dies würde erklären, weshalb die Stücke in den Jahren nach 1945 nicht mit dem größeren Teil der Musikaliensammlung verloren gegangen sind (s.o.). Neben der Notensammlung enthält der Bestand weiteres Sammlungsgut. Dabei handelt es sich um Fotografien und Postkarten, gedruckte Einladungen beziehungsweise Veranstaltungsprogramme sowie Festschriften.
Bearbeiterbericht
Aufgrund des bei der Übernahme des Vereinsarchivs herrschenden Zeitdrucks musste eine gründliche Bewertung des Bestands zunächst unterbleiben. Parallel zur Erschließung erfolgte vor diesem Hintergrund eine Nachbewertung der Unterlagen, die den Bestand auf das archivwürdige Schriftgut reduzierte. Die Verzeichnung der Unterlagen erfolgte zwischen November 2011 und Januar 2012 durch ein von der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg finanziertes Erschließungsprojekt. Als Grenzjahr für die Nachkassation von Schriftstücken wurde das Jahr 1949 festgesetzt. Maßgeblich für diese Entscheidung war die bis dahin über mehrere Jahre komplett eingestellte Vereinsaktivität. Zudem ließ das nach 1949 entstandene Schriftgu t wenig Kontinuität zu den aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg überlieferten Unterlagen erkennen. Bei allen früher als 1949 entstandenen Unterlagen wurde auf eine Kassation verzichtet. Einzige Ausnahme waren solche Schriftstücke, von denen mehr als zwei Exemplare vorhanden waren und bei denen aus Vermerken oder Beschriftungen keine zusätzlichen Informationen hervorgingen.
Die vor 1900 entstandenen Unterlagen wurden allesamt in preußischer Fadenheftung vorgefunden. In einigen Fällen wurde die Heftung in den 1960er oder 1970er Jahren zusätzlich mit einer Textilklebebindung verstärkt (vgl. etwa Nrr. 3-9). Schriftgut mit einer Laufzeit ab etwa 1930 befand sich bei der Übernahme des Bestands in Leitz-Ordnern. Die Ordner wurden im Zuge der Erschließung allesamt kassiert und kleinere Teile des Altbestands nach sachlich-inhaltlichen Kriterien neu formiert.
In Abhängigkeit von bestehenden Redundanzen sowie der Überlieferungsdichte erfolgte die Bewertung des nach 1945 entstandenen Schriftguts. In größerem Umfang waren Quittungen, Rechnungen und andere Unterlagen zu den Finanzen des "Frohsinn" von der Kassation betroffen. Über die vorhandene Kassenbuchüberlieferung hinausgehend wurden lediglich solche Unterlagen übernommen, die Bezüge zum Vereinszweck aufweisen (Notenanschaffungen, Dirigentenhonorare, Saalmieten, Musikbegleitung) oder Rückschlüsse auf Aktivitäten zuließen, die nicht an anderer Stelle dokumentiert sind (Busrechnungen etc.). In Zeiträumen ohne Überlieferung eines Kassenbuchs wurde daher ein höherer Anteil der vorgefundenen Rechnungen und Quittungen als archivwürdig eingestuft.
Ein durchgängiges Ordnungsschema der nach 1949 entstandenen Unterlagen war nicht erkennbar. Einige Leitz-Ordner wiesen zwar Ansätze zur Bildung von Vorgängen oder einer sachthematischen Gliederung der Schriftstücke auf. Andere, insbesondere solche mit Korrespondenzen, folgten jedoch einer alphabetischen Gliederung. Um eine einheitliche Erschließung wie auch eine möglichst zielgerichtete Benutzung des Vereinsarchivs zu gewährleisten, wurde der nicht geheftet oder gebunden vorgefundene Teil des Bestands daher neu formiert. Dies ermöglichte die Bildung von Serien, die in sich einer jeweils chronologischen Ordnung folgen. Wo dies möglich war, wurden aus den Unterlagen zudem Vorgänge gebildet und umfangreicheres Schriftgut (etwa zu den Vereinsjubiläen) unter sachthematischen Gesichtspunkten zusammengefasst.
Bei den nach 1970 entstandenen Unterlagen setzte sich der Bestand teilweise aus verschiedenen Provenienzen zusammen. Besonders deutlich wurde dies bei den Protokollen der Vorstandssitzungen, von denen sich mehrfach Exemplare verschiedener Vorstandsmitglieder erhalten haben. Im Rahmen der Verzeichnung wurden die Stücke auf eine Serie reduziert, wobei jeweils die am besten erhaltenen Protokolle im Bestand verblieben sind. Übernommen wurden zudem solche Schriftstücke, aus denen zusätzliche Informationen hervorgehen, etwa durch handschriftliche Vermerke oder Ergänzungen.
Heterogen blieb die aus Korrespondenz, Einladungen und Veranstaltungsprogrammen bestehende Serie von Verwaltungsunterlagen. Aufgrund der in großer Zahl überlieferten gedruckten Programme und Einladungen wurde auf diese nicht einzeln, sondern lediglich summarisch verwiesen. In dieser Serie finden sich auch oft Zeitungsausschnitte mit Berichten zu Aktivitäten und Veranstaltungen des "Frohsinn". Da die Artikel in zahlreichen Fällen mit den zur Vorbereitung von Veranstaltungen entstandenen Unterlagen des Vereins in Zusammenhang stehen, wurde auf die Bildung einer getrennten Serie mit Zeitungsausschnitten verzichtet.
Im Hinblick auf den besonderen Quellenwert der Musikaliensammlung war eine Einzelstückverzeichnung der Stücke angemessen. Die Erschließung erfolgte dabei alphabetisch nach dem Fami liennamen des Komponisten. Zusätzlich genannte Verfasser der Liedtexte wurden ebenfalls in die Titelaufnahme aufgenommen. Die Erscheinungsjahre der Partituren mussten zum größten Teil erschlossen werden. Über die Besitzstempel sowie vereinzelt über die unterschiedlichen Nummerierungssysteme (der "Männerchor" setzte einen Buchstaben vor die laufende Inventarnummer der Partitur) ließ sich die Provenienz der Musikaliensammlung in den meisten Fällen eindeutig rekonstruieren. Somit konnten zwei Serien gebildet und die Stücke demjenigen der beiden Gesangvereine zugeordnet werden, von dem die Partituren beschafft worden sind. Wo vorhanden, wurden auch angebrachte Vermerke über die Aufführung einzelner Stücke in die Verzeichnung aufgenommen.
Kassiert wurden die im Bestand enthaltenen Zeitschriften. Maßgeblich war hierfür, dass es sich bei den überlieferten Ausgaben der "Schwäbischen Sängerzeitung" sowie der "Deutschen Sängerbundzeitschrift "Lied und Chor"" um keine auch nur annähernd vollständige Serie handelte. In den wenigen Einzelexemplaren waren zudem keine Berichte über den Gesangverein publiziert.
Infolge der anhand der dargestellten Kriterien durchgeführten Nachbewertung der Unterlagen reduzierte sich das ursprünglich 7,3 lfd.m. umfassende Vereinsarchiv während der Erschließung deutlich. Der Bestand umfasst nun 429 Verzeichnungseinheiten mit 3,5 lfd.m. Die Unterlagen sind unter der Signatur Dep. 1 T 41 Nr. ... zu bestellen. Bei der Übernahme des Bestands wurde eine Benutzung der Unterlagen nach den Vorgaben des Landesarchivgesetzes vereinbart. Für einen Teil der nach 1945 entstandenen Verzeichnungseinheiten sind daher die noch laufenden Sperrfristen zu beachten.
Sigmaringen im Januar 2012
Andreas Neuburger
429 Einheiten (4,0 lfd.m)
Bestand
Korrespondierende Bestände
Dep. 1 T 35: Stadtarchiv Sigmaringen: Männerchor Sigmaringen
Literatur
Hüpper, Georg: Ein Jahrhundert Vereins- und Zeitgeschichte, in: 1858 ¿ 1958, 100 Jahre Männerchor-Frohsinn Sigmaringen. Jubiläumsfeier am 7. und 8. Juni 1958 in Sigmaringen, Sigmaringen [1983], S. 11-26.
Darstellungen zur Geschichte des Männergesangvereins Frohsinn finden sich darüber hinaus in den im Bestand enthaltenen Festschriften, die zu den Vereinsjubiläen angefertigt worden sind.