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Galerie Zwirner (Bestand)
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Zentralarchiv des internationalen Kunsthandels e.V. ZADIK, A002
Zentralarchiv des internationalen Kunsthandels e.V. ZADIK (Archivtektonik)
Inhalt: Die ersten Teile des Bestandes kamen am 21.12.1993 ins ZADIK, weitere Teillieferungen erfolgten in unregelmäßigen Abständen bis heute (21.3.2013). Die Ordnung des Bestandes geht zurück auf Winfried Dörstel. Der Bestand wurde nach und nach erschlossen, die Erschließung ist noch nicht beendet.
Geschichte: Adressen:
1959 Galerie Zwirner, Am Folkwang-Museum Essen, Kahrstraße 54
1962 Galerie Rudolf Zwirner, An St. Kolumba, Köln, Kolumbakirchhof 2
1964 Galerie Rudolf Zwirner, Köln, Albertusstraße 16
1972 Galerie Rudolf Zwirner, Köln, Albertusstraße 18
1983 Galerie und Lager Rudolf Zwirner, Köln, Bismarckstraße 50
Rudolf Zwirner (* 28. Juli 1933 in Berlin) zählt zu den wichtigsten Persönlichkeiten im internationalen Kunsthandel der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In den bewegten 1960er Jahren bereitete er „Kölns Weg zur Kunstmetropole“ (Wulf Herzogenrath) und prägte ihn entscheidend. Als führender Galerist und Kunsthändler war er in der Zeit eines sich radikal verändernden Kunstbegriffs einer der wesentlichen Mitbegründer des ‚Kunstmarkt Köln ’67, der „Mutter aller Messen für moderne Kunst“. Er war der erste Galerist in Deutschland, der sich in weiser Voraussicht auf ihren sicheren Erfolg der amerikanischen Pop Art zuwandte und, gemeinsam mit den Sammlern Wolfgang Hahn und vor allem mit Peter und Irene Ludwig, zu deren internationalem Durchbruch beitrug.
Im Alter von 22 Jahren hatte der damalige Jurastudent Zwirner das seine Zukunft prägende Kunsterlebnis. Der Besuch der ersten documenta in Kassel, 1955, beeindruckte ihn so, dass er sein Studium aufgab und ein Volontariat bei Hein und Eva Stünke in deren Kölner Galerie Der Spiegel begann. 1957 wechselte er nach Berlin in die renommierte Galerie von Gerd Rosen, wo er in der Grafikabteilung hospitierte. Hier lernte er unter anderen den Kunsthändler Heinz Berggruen kennen, der sich nach seiner Emigration 1947 in Paris niedergelassen hatte. Berggruen lud ihn 1958 zu einem Volontariat ein.
Ende 1958 wurde Zwirner von Hein Stünke in seiner Funktion als Mitglied des documenta-Rates zum Generalsekretär für die 2. documenta vorgeschlagen. Zwirners Aufgaben waren Organisation, Pressearbeit und Katalogredaktion der Großausstellung. Durch ‚learning by doing’ erlernte er hier die Organisation eines großen Kunstapparates. Hein Stünke hatte für seine Mitarbeit auf der documenta statt eines Honorars die Erlaubnis erhalten, einen Grafikstand zu betreiben, den Rudolf Zwirners Frau Ursula betreute. Der Erfolg des Grafikverkaufs ließ Stünke und Zwirner erkennen, dass viele Besucher Kunst nicht nur sehen, sondern auch kaufen wollten.
Nach seinem documenta-Engagement ging Zwirner im Oktober 1959 nach Essen, wo er im Winter 1959/60 in der Nähe des Folkwang Museums, in der Kahrstraße 54, seine erste Galerie mit der Ausstellung „Moderne Druckgrafik“ eröffnete. Ausschlaggebend für den Standort Essen war die Sammlerdichte im Ruhrgebiet; hier wollte er seine Kunst unter das breite Publikum bringen. Auf der documenta hatte Zwirner viele Künstler kennen gelernt, von denen er Grafiken kaufte oder in Kommission nahm. Auch von dem Bremer Galeristen Michael Hertz, der von Daniel Henry Kahnweiler die Generalvertretung für die Picasso-Grafik in Deutschland übernommen hatte, erwarb er Blätter. Es folgten in Essen u. a. Ausstellungen von Hann Trier und Victor Vasarély. Durch Vermittlung von Iris Clert kam eine Doppelausstellung von Jésus Raphael Soto und Vassilakis Takis zustande. Im März 1961 zeigte Zwirner eine Ausstellung japanischer Kalligraphie, im Juni präsentierte er erstmals Rupprecht Geiger, im Oktober die erste deutsche Einzelausstellung von Cy Twombly. Anfang 1962 stellte er Konrad Klapheck aus. Mit seinen avantgardistischen Ausstellungen mit Namen wie z. B. Ernst Wilhelm Nay, Karel Appel, Antonio Tapiés konnte Zwirner in Essen jedoch nicht reüssieren. Er entschied sich, nach Köln zu wechseln.
Im Sommer 1962 eröffnete er in der Innenstadt in einem Ladenlokal an der Kirche Sankt Kolumba, Kolumbakirchhof 2, seine erste Kölner Galerie. Wagemutig führte er sein Programm fort, mit Künstlern wie Geiger, Klapheck und Twombly. Er zeigte er die junge Künstleravantgarde des Nouveau Réalisme mit Jean Tinguely, Daniel Spoerri, Robert Filliou oder Marc Brusse.
1963 war Zwirner durch Klapheck auf die Pop-Art aufmerksam gemacht worden, die in der Pariser Galerie Ileana Sonnabend zu sehen war, die durch ihre Beziehung zu ihrem früheren Ehemann, dem New Yorker Galeristen Leo Castelli die Alleinvertretung der Pop Art in Europa beanspruchte. Im selben Jahr erhielt Zwirner von seiner Frau aus New York Informationen über die Künstler George Segal und Jim Dine. Über Ileana Sonnabend konnte Zwirner 1964 erstmals Werke z. B. von Jim Dine, Roy Lichtenstein, George Segal, Andy Warhol erwerben.
Im Dezember 1964 zog Zwirner in neue größere Räume in der Albertusstraße 16. Zur Eröffnung präsentierte er u. a. „Métamécaniques“ und Wasserplastiken von Tinguely. Zwirner hatte den Künstler Anfang der 1960er Jahre in Paris kennen gelernt, wohin er fast alle zwei Wochen reiste - bis New York zum neuen Marktzentrum wurde. Anfang 1965 zeigte er in deutscher Erstausstellung den Surrealisten René Magritte. Beeindruckt von der Kölner Fluxus-Szene um das Atelier von Mary Bauermeister wurden bei Zwirner zudem aufsehenerregende, oft skandalträchtige Fluxus-Veranstaltungen Programm, unter anderen im Mai 1965 mit Nam June Paik und Charlotte Moorman. Unvergessen ist, wie der noch nicht zum internationalen Superstar stilisierte Andy Warhol im Januar 1967 die Galerie mit seiner Kuhtapete ausstaffierte und heliumgefüllte Silberwolken durch den Raum schweben ließ. Die Ausstellung, auch wenn sich nichts verkaufen ließ, wurde im warholschen Sinne zu einem Ereignis mit Diskussionen über den Standort der Kunst und des Handels.
Wolfgang Hahn (1924 - 1987), Gemälderestaurator am Kölner Wallraf-Richartz-Museum, wurde Zwirners erster wichtiger Sammler in Köln. Hahns 1968 im Wallraf-Richartz-Museum präsentierte Sammlung, vor allem die Werke der Pop Art, inspirierten wiederum das Aachener Sammlerehepaar Peter und Irene Ludwig. Über die Vermittlung von Rudolf Zwirner als vertrautem Händler und Berater erwarb das Ehepaar Ludwig ihre epochalen Ikonen der amerikanischen Pop Art, die - neben anderen Werken – 1976 als Schenkung in das neugegründete Museum Ludwig gelangten. Auch bedeutende Werke von Gerhard Richter, wie z. B. ‚Akt, eine Treppe heruntersteigend’ oder die ‚48 Portraits’ konnte Zwirner an die Sammlung Ludwig vermitteln.
Im November 1970 besuchte Zwirner in New York gemeinsam mit Peter Ludwig die Ateliers von Pop-Art-Künstlern und begegnete z. B. John de Andrea oder Duane Hanson, letzterer hatte bis dahin noch nie eine Arbeit verkauft. Bei einer Auktion der Parke-Bernet Galleries ersteigerte Zwirner Roy Lichtensteins „Brushstroke“, Claes Oldenburgs Softskulptur „Stove“, Andy Warhols „Liz“ und „Spray“ von Lichtenstein. 1973 ersteigerte er aus der Sammlung des New Yorker Taxi-Unternehmers Robert C. Scull Jasper Johns „Painted Bronze“ und 1974 „Passage“ von Jasper Johns aus dem Jahre 1962. Von dem Kunsthistoriker und Sammler Henry Geldzahler kaufte er „129 Die in Jet“. Neben den Werken amerikanischer Künstler bot Zwirner dem Sammler auch europäische Kunst an: die englischen Pop-Künstler Peter Blake, David Hockney oder Richard Hamilton, heute prominente Werke des Museums Ludwig.
Neben Pop Art erweiterte Zwirner sein Galerieprogramm und zeigte in den folgenden Jahren auch Vertreter der Minimal und Concept Art. 1972 eröffnete Rudolf Zwirner gleich nebenan in der Albertusstrasse 18 einen hochmodernen Galerieneubau. Zu seinen Künstlern zählten Richard Tuttle, David Hockney, Jannis Kounellis, Georg Baselitz, Sigmar Polke, Richter und viele mehr.
Neben seiner Tätigkeit als Galerist war Zwirner stets erfolgreich aktiv in der Lobbyarbeit. Nach Gründung des Vereins progressiver Kunsthändler (1966) initiierte er zusammen mit Hein Stünke 1967 die weltweit erste Messe für zeitgenössische junge Kunst, den ‚Kunstmarkt Köln’ (1984 umbenannt in ART COLOGNE). 1973 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Europäischen Kunsthändlervereinigung, deren Generalsekretär er bis zu ihrem Übergang in den Bundesverband Deutscher Galerien (BVDG) im Jahr 1975 war.
1976 war Zwirner Initiator der Kölner „Premierentage“, einem langen Wochenende, an denen die Galerien der Stadt bis heute gemeinsam mit einem jungen Programm eröffnen.
Mehrfach war Zwirner als Kurator für Ausstellungen tätig: 1981 kuratierte er innerhalb der Ausstellung „Westkunst“ in der Kölner Messehalle die zeitgenössische Abteilung „Heute“ mit 37 Künstlern der jungen Generation. 1988 organisierte er für das Kölner Museum Ludwig die Ausstellung „Köln sammelt“. 1994 folgte "Drawing-Room: Sammlung Speck Köln", in der Neuen Galerie Graz gemeinsam mit Peter Weibel. 1994/95 zeigte er die Ausstellung „Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft“ des ZADIK in der Bundeskunsthalle Bonn und 1997 gemeinsam mit Eckart Gillen die Schau ‚Deutschlandbilder’ im Berliner Martin-Gropius-Bau.
1992 gab Rudolf Zwirner seine Galerietätigkeit auf, im selben Jahr in dem sein Sohn David Zwirner seine Galerie in New York gründete. Ein Jahr später übernahm er die Gründungsleitung (bis 1996) des vom BVDG nach einer Idee von Gerhard F. Reinz und Hein Stünke gegründeten Zentralarchivs des internationalen Kunsthandels ZADIK. Zwirner, der seit 1996 in Berlin lebt, überließ sein Galeriearchiv dem ZADIK: Es stellt eine unerschöpfliche Quelle für die Forschung über Entwicklung der Kunst und des modernen Handels dar.
1993 war Zwirner Initiator und Leiter der Messe für Osteuropäische Kunst Art Hamburg; des ersten Kunstmarkt für ausschließlich osteuropäische Galeristen bzw für Händler mit osteuropäischer Kunst.
Am 27. Juni 2000 ernannte ihn die Hochschule für Bildende Künste Braunschweig zum Honorarprofessor. 2006 wurde er für seine Verdienste mit dem Art Cologne Preis des BVDG ausgezeichnet.
Rudolf Zwirner ist Verfasser zahlreicher, kenntnisreicher Aufsätze zur Geschichte des Kunstmarktes seit den 1950er Jahren, die er selbst wesentlich mit gestaltet hat.
Adressen:
- ab 09.12.1959: Essen, Kahrstraße 54
- seit 27.07.1962: Köln, Kolumbakirchhof 2
- seit 16.12.1964: Köln, Albertusstr. 16
- seit 15.06.1972 bis 1992: Köln, Albertusstraße 18
Zu zitieren als: Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung e. V., ZADIK, Köln, A2, ...