Kaiser Maximilian II. (voller Titel) erteilt den beiden Brüdern Hans [VI.] und Hans Jakob [I.]von Stotzingen zu Dellmensingen und Geislingen auf ihre Bitte die Freiheit, die Geschäfte der Juden einzuschränken. In ihrer Bitte beriefen sie sich auf das Verbot aller Wucherverträge und Wuchergeschäfte im Allgemeinen und im Besonderen der Juden im göttlichen und weltlichen Recht, in den Reichsverfassungen, Reichssatzungen und Reichsordnungen, vor allem aber auf die Reformation und die Polizeiordnungen in den Reichsabschieden der Reichstage in Regensburg von 1532 und in Augsburg von 1548 und 1551. Außerdem klagten sie darüber, dass die unter verschiedenen Obrigkeiten sesshaften Juden ihre Wucherverträge und Wuchergeschäfte in den Fürstentümern des Ausstellers und im Heiligen Reich unverändert fortsetzen und dadurch die Untertanen des Ausstellers und des Heiligen Reiches verderben würden. Nach Bekanntgabe dieser Freiheit dürfen die Juden weder heimlich oder öffentlich noch mündlich oder schriftlich ohne Erlaubnis der beiden Brüder von Stotzingen auf die liegenden, unbeweglichen und eigenen Bestand- oder Lehengüter, auf die fahrenden und beweglichen Güter, auf Unterpfänder, Briefe und Verschreibungen oder auf Treu und Glauben der Untertanen, Leibeigenen, Zugehörigen, Diener oder Hintersassen mit oder ohne Wucher weder viel noch wenig leihen, tauschen, wechseln oder andere Verträge aller Art eingehen. Ausgenommen wird davon nur alles, was für die tägliche Ernährung und den täglichen Bedarf mit beweglichen Gütern und Bargeld gekauft und verkauft und auf den freien und offenen Messen und Jahrmärkten frei und aufrichtig gehandelt wird. Wegen der nach Bekanntgabe dieser Freiheit ohne Erlaubnis der beiden Brüder von Stotzingen und ihrer Nachkommen abgeschlossenen Verträge, Verschreibungen und Geschäfte, unabhängig davon ob sie durch Handgelübde auf Treu und Glauben oder durch beschwörte Eide bestätigt sind, dürfen die Juden vor dem kaiserlichen Hofgericht in Rottweil oder einem fremden Gericht keine Klage erheben oder Vorladung verlangen. Prozesse und Urteile auf der Grundlage von Klagen oder Vorladungen von Juden werden für ungültig erklärt. In den Verträgen, Verschreibungen oder Geschäften darf keine List und kein Beitrag enthalten sein. Untersagt werden dritte Personen wie Christen als Geldleiher und alle anderen Betrugsarten, die in den Reichsordnungen und vor allem im Reichsabschied von 1561 erwähnt werden. Bei Zuwiderhandlungen verfällt das als Hauptgut geliehene oder gezahlte Geld zusammen mit den Zinsen den beiden Brüdern von Stotzingen, ihren Erben und ihren Nachkommen. Zukünftig werden keine Klagen mehr von Juden zugelassen, die auf Verlangen der beiden Brüder von Stotzingen bei ihrer jeweiligen Herrschaft nicht offenlegen, was ihnen die Hintersassen, Untertanen, Leibeigenen, Diener und Zugehörigen vom Zeitpunkt der Bekanntmachung dieser kaiserlichen Freiheit an schuldig sind und keine ausreichenden Urkunden über die versprochenen, zugesagten und verschriebenen Pfänder und Unterpfänder vorlegen und Abschriften davon übergeben. Die beiden Brüder von Stotzingen, ihre Erben und Nachkommen sind zur Bezahlung verschwiegener Schulden nicht verpflichtet, die sie vielmehr einziehen und behalten können. Alle deswegen erhobenen Klagen oder Vorladungen von Untertanen, Hintersassen und Zugehörigen vor dem kaiserlichen Hofgericht in Rottweil, vor einem Landgericht oder einem ausländischen Gericht und alle ohne Erlaubnis der beiden Brüder von Stotzingen, ihrer Erben und Nachkommen unter Berufung auf andere kaiserliche Freiheiten abgeschlossene Verträge, Verschreibungen und Verzichte können keine Gültigkeit beanspruchen. Das von den Juden durch diese Prozesse erlangte bewegliche und unbewegliche Hab und Gut der beiden Brüder von Stotzingen, ihrer Erben und Nachkommen und ihrer Untertanen, Hintersassen, Leibeigenen, Diener und Zugehörigen darf von niemandem mit oder ohne Recht beansprucht, beschlagnahmt, belastet oder beschädigt werden. Alles, was die Juden unter Berufung auf ihre bereits erhaltenen oder ihnen von den Nachfolgern des Ausstellers zukünftig erteilten allgemeinen und besonderen Freiheiten dagegen vorbringen, wird für kraftlos erklärt. Bei jedem Verstoß gegen diese Freiheit müssen die Juden zehn Mark lötiges Gold in die Kammer des Ausstellers, seiner Nachkommen und des Reiches bezahlen. Allen Kurfürsten, Fürsten, geistlichen und weltlichen, Prälaten, Grafen, Freiherren, Herren, Rittern, Knechten, Hauptleuten, Landvögten, Vitzumen, Vögten, Pflegern, Verwesern, Amtleuten, Schultheißen, Hofrichtern, Landrichtern und allen anderen Richtern, Schöffen, Urteilsprechern, Bürgermeistern, Räten, Bürgern, Gemeinden, allen derzeitigen und zukünftigen Hofrichtern des kaiserlichen Hofgerichts in Rottweil und allen Untertanen des Reiches, vor allem jenen, bei denen Juden sesshaft sind, wird befohlen, auf Verlangen der beiden Brüder von Stotzingen, ihren Erben und Nachkommen in deren Gegenwart die bei ihnen sesshaften Juden vorzuladen, zur Offenlegung der zugesagten oder verschriebenen Pfänder und Unterpfänder von Untertanen, Hintersassen, Leibeigenen, Dienern, Zugehörigen einschließlich ihrer Frauen, Kinder und Dienstboten zu verpflichten. Die Juden müssen entsprechende Urkunden vorlegen, von denen den beiden Brüdern von Stotzingen, ihren Erben und Nachkommen besiegelte Abschriften zu übergeben sind. Die beiden Brüder von Stotzingen, ihre Erben und Nachkommen dürfen in dieser kaiserlichen Freiheit nicht beeinträchtigt werden. Für jeden Verstoß gegen diese kaiserliche Freiheit müssen 60 Mark lötiges Gold zur einen Hälfte in die Kammer des Ausstellers und des Reiches und zur anderen Hälfte an die beiden Brüder von Stotzingen, ihre Erben und Nachkommen bezahlt werden.

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Landesarchiv Baden-Württemberg
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