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Marchtal: Akten der Reichsabtei Obermarchtal: Militaria, Criminalia, Civilia, Jurisdictionalia und Regalia, Forestalia, Feudalia, Causae subditorum, Polizeisachen (Bestand)
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Überlieferungsgeschichte
Geschichte und Verwaltung
Das Prämonstratenserkloster Marchtal geht auf ein im Jahr 993 von Herzog Hermann II. von Schwaben errichtetes, den beiden Aposteln Petrus und Paulus geweihtes Kanonikerstift zurück. Das Stift hatte jedoch aufgrund des häufigen Besitzerwechsels nur bis 1171 Bestand.
Auf Betreiben der Gattin Elisabeth des Pfalzgrafen Hugo II. von Tübingen (¿ 1182) erfolgte damals eine Neugründung. Besetzt wurde das Kloster mit Prämonstratensern aus Mönchsrot, anfangs war es als Doppelstift angelegt. Bis Ende des 13. Jahrhunderts erweiterten diese ihre Besitzungen entlang der Donau beträchtlich. Die vor der Burg und dem Stift entstandene Siedlung wurde zur Unterscheidung vom Stift nunmehr Obermarchtal, die weiter donauwärts gelegene Siedlung Untermarchtal genannt. Ferner hatten die Chorherren Besitzungen in Reutlingen, Ammern bei Tübingen, Kirchbierlingen, Hausen am Bussen, Unterwachingen, Weilersteußlingen und Schmalstetten. Im 14. Jahrhundert wurde der Besitz durch Kauf zahlreicher Höfe weiter ausgebaut und nach und nach wurde das Stift Grund- und Niedergerichtsherr in folgenden Orten: Unterwachingen, Oberwachingen, Mittenhausen, Hausen am Bussen, Datthausen, Sauggart, Dieterskirch, Seekirch, Reutlingendorf, Alleshausen und Bremelau. 1640 gehörten zum Gericht Marchtal: der mit Munderkingen geteilte Ort Algershofen, Gütelhofen, Luppenhofen, Hausen am Bussen, Kirchbierlingen, Weisel, Sontheim, Schaiblishausen und Spetzgart.
Im 18. Jahrhundert kamen ferner Uttenweiler und Dietershausen dazu. Das Gericht war mit acht Männern besetzt (Gerichtsammann, Unterammann, Gerichtsmänner aus den Orten).
Das Stift Marchtal kam nach seiner Gründung allmählich unter die Vogtei der Pfalzgrafen von Tübingen, ab ca. 1278 bis 1420 war das Prämonstratenserchorherrenstift Marchtal dem Bistum Konstanz inkorporiert. Vor 1387 war der Eintritt in das Biberacher Bürgerrecht erfolgt, womit Marchtal - selbst Niedergerichtsherr - auch das Hochgericht dieser Stadt nutzte. Abt Simon Götz (1482-1514) wurde 1490 für seine Verdienste um das Haus Habsburg zum Hofkaplan ernannt und die Abtei - 1440 war Marchtal zur Abtei erhoben worden, 1500 wurde sie Reichsabtei, 1609 erhielt der Abt die Pontifikalien - wurde in den Schutz des Reiches aufgenommen; ab 1491 besuchte der Abt die Reichstage und nahm seitdem regelmäßig persönlich oder durch einen Vertreter an diesen teil. Die Abtei leistete Matrikularbeiträge und Reichshilfen. Kaiser Maximilian I. verlieh der Abtei 1518 den Blutbann, wodurch sie in denjenigen Orten, in denen sie Niedergerichtsherr war, auch Hochgerichtsherr wurde und sich somit von fremden Gerichten befreien konnte. Das Hochgericht im Dorf Marchtal war mit einem Amtmann oder Vogt und 12 Männern, die nach Reichsrecht urteilten, besetzt. Auch Stock und Galgen wurden eingerichtet. Die Hochvogtei der Abtei lag beim Reich. 1575 erlangte die Abtei Marchtal des Privileg der Befreiung von fremden Gerichten, infolgedessen bildete sich ein dreistufiger Gerichtszug von den Ortsgerichten über des Prälaten Stab zu Alleshausen, Marchtal, Reutlingendorf oder Sauggart zum Hofgericht in Obermarchtal als oberstem Appellationsgericht aus. 1702 kam das Gericht in Uttenweiler hinzu. 1735 wurde eine Kleemeisterei in Oberwachingen eingerichtet. Bis dahin waren Scharfrichter aus Ehingen und Munderkingen herangezogen worden.
Seit dem 16. Jahrhundert waren die reichsfreien schwäbischen Klöster im Prälatenkollegium zusammengeschlossen, das von einem "ausschreibenden Prälaten" geleitet wurde. Das gemeinsame Vorgehen ermöglichte die Vertretung auf den Reichstagen. Marchtal gehörte in diesem Kollegium zu den wohl schwächsten Gliedern, ein politischer Einfluss des "Zwergstätchens" ist nicht festzustellen.
Die Abtei Marchtal steuerte zum Schwäbischen Kreis. Die Bewohner schlossen sich um 1692 zur Marchtaler Landschaft zusammen, um die Kontributions- und Kriegsgelder aufbringen und umlegen zu können und den Unterhalt des Militärs, die Reichs- und Kreisaufgaben sowie den Unterhalt der Landstraßen sicherstellen zu können. Die Untertanen waren dem Abt steuer-, reis-, vogt- und gerichtsbar und mit Frau und Kindern leibeigen. Das Zinsbuch aus den Jahren um 1525 nennt für Obermarchtal 70 Leheninhaber bzw. zinspflichtige Personen. 1569 führt das Urbar 73 Lehenbauern einschließlich des Müllers und 20 Inhaber von Häusern auf, die daraus einen Zins zahlten, 1721 bestanden 77 Leiblehenhöfe. "Die Bauern waren leibeigen, die Lehenhöfe leibfällig und fielen frei und ledig heim. Keiner der Erben hatte ein Anrecht auf Nachfolge. Bei der Neuvergabe konnte die Landgarbe oder die Gült verändert werden. [...] Alle Untertanen waren zu täglichen und ungemessenen Fronen verpflichtet. Die ungemessenen Fronen wurden mit Roß und Wagen, die Handarbeit je nach Größe des Lehenhofes geleistet."
Marchtal wurde im 30jährigen Krieg schwer mitgenommen und zerstört. 1632 flohen Abt und Konvent, die Schweden besetzten die Abtei. Marchtal hatte außerdem hohe Kriegsentschädigung zu zahlen. Von Ende des 17. Jahrhunderts an zog sich ca. hundert Jahre lang die barocke Umgestaltung des Stiftes hin.
An weltlichen Verwaltungsbeamten nennt das Adreßhandbuch des Schwäbischen Kreises für 1756: den ersten Rat und Oberamtmann, den Landschaftsphysikus, den Kanzleiverwalter und gleichzeitigen Kassier, einen Sekretär, einen Amtsschreiber und einen Apotheker.
1776 werden aufgeführt: Oberamtmann, Landschaftsphysikus, Kanzleiverwalter und Landschaftskassier, Registrator und Apotheker.
Diese Zusammensetzung der weltlichen Verwaltungsbeamten blieb bis zur Aufhebung der Reichsabtei im wesentlichen gleich.
Durch den Reichsdeputationshauptschluss vom 2. Februar 1803, der am 25. Februar 1803 in Kraft trat, fand auch die Reichsabtei Marchtal ihr Ende; sie wurde den Fürsten von Thurn und Taxis zugesprochen. Noch ehe der Reichsdeputationshauptschluss in seiner endgültigen Fassung verabschiedet war, wurden die als Entschädigungslande vorgesehenen Gebiete provisorisch in Besitz genommen, um zu vermeiden, daß Baden, Bayern oder Württemberg den Fürsten von Thurn und Taxis zuvorkämen. Am 4. Oktober 1802 erschien deshalb im Auftrag des Fürsten Graf Alexander Ferdinand von Westerholt in Marchtal, um Abt und Konvent des Prämonstratenserklosters die provisorische Besitzergreifung bekannt zu geben; dort zeigte man sich fast erfreut über die neue Herrschaft.
Die Zivilbesitznahme, die als konstitutiv angesehen wurde, erfolgte in Marchtal am 6. Dezember 1802 durch den Kommissär Hofrat Franz Anton von Dollé, die Erbhuldigung erst im August 1803 durch Graf von Westerholt in Stellvertretung des verhinderten Fürsten Karl Anselm von Thurn und Taxis. Der letzte Abt der Prämonstratenserabtei Marchtal, Friedrich II. von Walter, und sein Konvent traten alle Rechte und Einkünfte an die Fürsten von Thurn und Taxis ab, entließen ihre Beamten, Bediensteten und Untertanen aus ihren Pflichten und übergaben sie den neuen Herren. Bis zum 31. März 1803 mußten die 41 Prämonstratenser das Kloster geräumt haben, sie erhielten als Abfindung Pensionen. Das Haus Thurn und Taxis richtete in den übernommenen Obermarchtaler Klostergebäuden die Verwaltungszentrale für seine in Oberschwaben neu erhaltenen Besitzungen ein. Am 30. Mai 1804 zog schließlich Fürst Karl Anselm von Thurn und Taxis in einem feierlichen Akt ins Marchtaler Schloß ein.
Inhalt und Bewertung
Bearbeiterbericht
Der vorliegende Bestand wurde von Thurn und Taxis in die Repositur VI eingestellt, geordnet nach den Sachgruppen: Militaria, Criminalia, Civilia, Jurisdictionalia und Regalia, Ecclesiastica (nur Amtsbücher; wurden dem Bestand: "Dep. 30/12 T 2, Kloster Marchtal - Amtsbücher" einverleibt) , Forestalia, Feudalia und Causae subditorum sowie Polizeisachen. Einzelne oder auch zu mehreren in blaues Papier eingeschlagene Akten trugen den gedruckten Aufkleber "Fürstlich Thurn und Taxissches Archiv Obermarchtal. Marchtal", darauf außerdem eine Aufschrift von Hand, die die genannten Sachgruppen (durchnummeriert nach der jeweiligen vorhandenen Anzahl der Aktenfaszikel) bezeichnete, schließlich aufgedruckt "Rep. ... Fach ... Nr. ...", wiederum von Hand ausgefüllt. Diese Signierung ist somit bei Archivordnungsarbeiten in Obermarchtal geschaffen worden. Für die Verbringung des Obermarchtaler Archivs nach Sigmaringen Ende 1952 wurden jeweils repositurweise in der vorgefundenen Reihenfolge mehrere Aktenfaszikel in hellgelbem Papier zu Paketen verschnürt und diese durchnummeriert; sie erhielten den Stempelaufdruck "Dep. Thurn u. Taxis Arch. Obermarchtal Rep.", handschriftlich ergänzt durch die Repositurnummer (römische Ziffer) und die Paketnummer (arabische Ziffer). Bei der Verzeichnung wurden die Pakete (Nr. 224-281) aufgelöst, nach den Provenienzen "Reichsabtei Obermarchtal" und "Thurn und Taxis" (Stichjahr 1802/03) physisch getrennt und alle Akten bestandsweise mit fortlaufenden Nummern signiert. Somit entstanden zwei Findbücher (Provenienz Reichsabtei Obermarchtal: vorliegendes Findbuch; Provenienz Thurn und Taxis: Dep. 30/12 T 8).
Ausgangspunkt für die Hauptgliederungspunkte der Klassifikation bildeten die vorhandenen Sachgruppen: Militaria, Criminalia, Civilia, Jurisdictionalia und Regalia, Forestalia, Feudalia und Causae subditorum sowie Polizeisachen. Innerhalb derer wurde in Orientierung an den Betreffangaben, mit denen ein Großteil der Akten versehen ist, in einer zweiten bzw. dritten Stufe differenziert. Zur Aufnahme der Vorsignaturen ist folgendes zu bemerken: Thurn und Taxis verteilte die Akten auf Reposituren und innerhalb derer auf Kästen und Fächer. In die Vorsignatur 1 wurde die Angabe über die Repositur und die Paketnummer aufgenommen. Vorsignatur 2 enthält die fortlaufende Nummerierung innerhalb von Repositur und Fach.
Der Bestand enthält 457 Verzeichnungseinheiten und umfaßt 8,56 lfd.m. Er ist folgendermaßen zu zitieren: Dep. 30/12 T 7.
457 Akten (8,5 lfd.m)
Bestand
ERZBERGER, Matthias Die Säkularisation in Württemberg von 1802 bis 1810. Ihr Verlauf und ihre Nachwirkungen. Stuttgart 1902 (ND Aalen 1974). HERBERHOLD, Franz, Das fürstliche Haus Thurn und Taxis in Oberschwaben. Ein Beitrag zur Besitz-, Verwaltungs- und Archivgeschichte. In: ZWLG 13 (1954), S. 262-300. Marchtal. Prämonstratenserabtei, Fürstliches Schloß, Kirchliche Akademie. Festgabe zum 300jährigen Bestehen der Stiftskirche St. Peter und Paul (1692-1992), hg. v. Max MÜLLER, Rudolf REINHARDT und Wilfried SCHÖNTAG. Ulm 1992. MÜLLER, Maximilian/AßFALG, Winfried: Ehemaliges Prämonstratenserstift St. Peter und Paul Marchtal. Obermarchtal 1998. Obermarchtal. In: Der Alb-Donau-Kreis. Bd. 2: Gemeindebeschreibungen Ehingen bis Westerstetten. Bearb. v. der Abteilung Landesbeschreibung des Staatsarchivs Ludwigsburg, hg. v. der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg mit dem Alb-Donau-Kreis. Sigmaringen 1992, S. 710-745. RICHTER, Gregor, Das Fürstlich Thurn und Taxissche Archiv Obermarchtal im Staatsarchiv Sigmaringen. In: Schwäbische Heimat 25 (1974), S. 36-39 TÜCHLE, Hermann: Obermarchtal. Kloster und Reichsstift. In: Marchtaler Lehrer-Akademie. Festschrift zur Eröffnung der Kirchlichen Akademie der Lehrerfortbildung Obermarchtal. Hg. v. Max MÜLLER. Ulm 1978, S. 164-186. WALTER, Friedrich von: Kurze Geschichte von dem Prämonstratenserstifte Obermarchtall. Von seinem Unfange 1171 bis zu seiner Auflösung 1802. Zusammengetragen von einem Mitgliede dieses Stiftes. Ehingen 1835. In: Aus der Geschichte des Klosters Obermarchtal. Hg. v. Geschichtsverein Raum Munderkingen. Bad Buchau 1985, S. 57-429.