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Geschichte der Rückerstattung

Rückerstattung, die zweite Säule der Wiedergutmachung neben der Entschädigung, meint die Rückgabe und ggf. den Schadensersatz von bzw. für verfolgungsbedingt entzogene Vermögen. Die allliierten Siegermächte richteten ihr Augenmerk als erstes auf die Rückererstattung des sogenannten Organisationsvermögens. Damit bezeichnet man die Vermögen, die verfolgten Organisationen (Parteien, Gewerkschaften, religiösen Einrichtungen u. ä.) durch das NS-Regime entzogen worden waren. Erst in einem zweiten Schritt wandte man sich den Individualvermögen zu.

 

Vermögenssperre, Rückerstattung von Organisationsvermögen

Um Vermögen rückerstatten zu können, mussten die Besatzungsmächte Informationen über deren Verbleib haben und selbst die Kontrolle über diese Vermögen besitzen. Die Sperrung der Vermögen des Deutschen Reichs, der Gebietskörperschaften, der staatlichen Organisationen im Reich, der NSDAP und ihrer Gliederungen erfolgte durch die Kontrollratsproklamation Nr. 2 vom 20. September 1945 (ABl. KR 1945, S. 8–19 PDF) und das Kontrollratsgesetz Nr. 2 vom 10. Oktober 1945 (ABl. KR 1945, S. 19–21 PDF).

Den Umgang mit den beschlagnahmten Vermögen bestimmte die für alle Zonen geltende Kontrollratsdirektive Nr. 50 vom 29. April 1947 (ABl. KR 1947, S. 275–278 PDF). Sie gab allerdings nur Grundsätze vor und hatte keine unmittelbare Geltung als Rechtsvorschrift. Sie regelte, dass das Vermögen den Organisationen oder ihren Nachfolgern wenn möglich rückübertragen, andernfalls an die Länder oder Provinzen übergeben werden sollte.

Zusätzlich galt in den drei Westzonen und den drei Westsektoren Berlins auch das Militärregierungsgesetz Nr. 52 über die Sperre und Kontrolle von Vermögen, das auch das gesamte verfolgungsbedingt entzogene Vermögen miteinbezog. (ABl. MilReg Kontrollgebiet der zwölften Armeegruppe. Nr. 1 (1944), S. 24–27 PDF; ABl. MilReg. Kontrollgebiet der 21. Armeegruppe. Nr. 3 (1945), S. 18–21 PDF; Journal Officiel 1947, S. 585–588 PDF).

Die Rückerstattung aus den gesperrten Vermögen an die Organisationen führten in der Amerikanischen und Französischen Besatzungszone (einschließlich des Saarlandes) besonders ermächtige Behörden der Länder durch, in der Britischen Besatzungszone und in den Westsektoren Berlins von den Besatzungsmächten eingesetzte Einrichtungen. Vermögen, das an Organisationen nicht zurückerstattet werden konnte, fiel gemäß der Kontrollratsdirektive den Ländern zur Verwaltung zu. Das Vermögen der jüdischen Gemeinden übernahmen die von den Alliierten anerkannten Nachfolgeorganisationen (in der Amerikanischen und Britischen Besatzungszone und den Westsektoren Berlins) oder die neu gebildeten jüdischen Gemeinden (in der Französischen Besatzungszone und im Saarland). Den Nachfolgeorganisationen stand, um das Fiskalerbrecht auszuhebeln, auch das infolge des Holocaust eigentümer- und erbenlos gewordene Vermögen zu. Zu den Nachfolgeorganisationen gehörten u. a. in der Amerikanischen Besatzungszone die Jewish Restitution Successor Organization (JRSO), in der Britischen Besatzungszone die Jewish Trust Corporation for Germany (JTC) und die Allgemeine Treuhandorganisation (ATO) und in der Französischen Besatzungszone die Branche Française (ein Ableger der JTC).

 

Rückerstattung bis 1990

Rückerstattungen nach Besatzungsrecht

Die Rückerstattung an einzelne Verfolgte, deren entzogenes Vermögen durch das MRG Nr. 52 vor dem unberechtigten Zugriff gesichert worden war, erfolgte 1947/49 mit Hilfe der Rückerstattungsgesetze, die in den Ländern der drei westlichen Besatzungszonen erlassen wurden.

In den drei westlichen Besatzungszonen und in Berlin (West) entstanden jeweils eigenständige Vorschriften: in der Amerikanischen Besatzungszone das Gesetz Nr. 59 „Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen“ (USREG) vom 10. November 1947 (ABl. Am MilReg 1947 G, S. 1–25 PDF), in der Britischen Besatzungszone das Gesetz Nr. 59 „Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen“ (BREG) vom 12. Mai 1949 (Abl. Brit MilReg 1949, S. 1169–1187 PDF), in der Französischen Besatzungszone und mit Abweichungen im Saarland die Verordnung Nr. 120 „Über die Rückerstattung geraubter Vermögensobjekte“ (RüVO) vom 10. November 1947 (Journal officiel 1947, S. 1219–1221 PDF). In den Westsektoren von Berlin galt die BK/O (49) 180 „Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen“ (REAO) vom 26. Juli 1949 (VOBl. Berlin [West], 1949 I, S. 221–231 PDF).

Die Rückerstattungsgesetze in der Amerikanischen und in der Britischen Besatzungszone sowie die Berliner Verordnung waren fast wortgleich. Die in der Französischen Besatzungszone und mit Abweichungen im Saarland geltende RüVO wich dagegen in wichtigen Punkten von den Regelungen der anderen beiden Besatzungsmächte ab.

Das in der Amerikanischen und der Britischen Besatzungszone geltende Recht sah die Rückerstattung (Naturalrestitution) für die Vermögensgegenstände vor, die zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Ansprüche noch feststellbar (also identifizierbar) waren. Es gewährte Schadensersatz im Falle des Untergangs oder der Unauffindbarkeit für die Vermögensgegenstände. In der französischen RüVO hingegen fehlten diese Regelungen zum Schadensersatz.

Auch das Verfahren gestaltete sich unterschiedlich: Nach den amerikanischen und britischen Gesetzen waren vor dem gerichtlichen Streitverfahren (Land- und Oberlandesgerichte) die Wiedergutmachungsbehörden und -ämter als Schiedsinstanz vorgeschaltet. Nach der französischen Regelung musste der Anspruch ohne vorheriges außergerichtliches Verfahren direkt mit einer Klage geltend gemacht werden. Da die Rückerstattungsverfahren sehr komplex waren, ließen sich Betroffene häufig von Unterstützungsorganisationen beraten. Sie halfen, wie z. B. die United Restitution Organization (URO), bei der Antragstellung und vertraten Antragstellerinnen und Antragsteller vor Gericht.


Unterstützung bei der Antragstellung von Wiedergutmachungsverfahren im Büro der Rechtshilfeorganisation United Restitution Organization (URO) in Tel Aviv in Israel am 20. Februar 1966. (Copyright: bpk-Bildagentur, Bild 30019535)

Als oberste Gerichtsinstanz fungierten spezielle Gerichte der Besatzungsmächte: für die Amerikanische Besatzungszone das Rückerstattungsberufungsgericht (Court of Restitution Appeals, Nürnberg), für die Britische Besatzungszone das Oberste Rückerstattungsgericht (Board of Review, Herford) und für die Französische Besatzungszone das Obergericht für Rückerstattungssachen (Cour Supérieure pour les Restitutions, Rastatt).

Die Gerichte wurden nach dem Überleitungsvertrag (BGBl. 1955 II, S. 405–468, hier S. 423 ff. PDF) als Oberstes Rückerstattungsgericht (Herford) zu einem internationalen Gericht zusammengeführt. In Berlin bestand wegen der besonderen Situation der Stadt ein eigenständiges Oberstes Rückerstattungsgericht.

Unter die nach dem Rückerstattungsrecht zu erstattenden Vermögensgegenstände fielen nicht nur körperliche Sachen, sondern auch Rechte und Inbegriffe von Rechten (Handelsvermögen, Erbschaften, Unternehmensvermögen). Rückerstattungsberechtigt waren diejenigen, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und 8. Mai 1945 aus Gründen der nationalsozialistischen Rassenideologie, Religion, Nationalität, Weltanschauung oder politischer Gegnerschaft zum Nationalsozialismus feststellbare Vermögensgegenstände durch Zwang oder unter Zwang entzogen worden waren. Dies umfasste unsittliche Rechtsgeschäfte oder unerlaubte Handlungen, aber auch sonstige behördliche bzw. staatliche Maßnahmen (Gesetz, Enteignung oder Beschlagnahme).

Entscheidend für den Anspruch war der Ort der Entziehung des Vermögensgegenstandes. Dieser musste sich im Geltungsbereich des Gesetzes befinden (objektiv-sachliches Territorialitätsprinzip). Später wurde das Prinzip dahingehend erweitert, dass nunmehr der Gegenstand auch erst nach der Entziehung nachweislich in den Geltungsbereich des Gesetzes gelangt sein konnte. Nach der Berliner REAO zählten in diesem Sinne seit 1954 auch Entziehungen des Deutschen Reiches im späteren Ostsektor der Stadt zum Geltungsbereich des Gesetzes, wenn der Geschädigte oder sein Rechtsnachfolger in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 den Wohnsitz im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder den Westsektoren Berlins gehabt hatte.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konnten Ansprüche auf Wiedergutmachung nur nach den zur Wiedergutmachung erlassenen Rückerstattungs- und Entschädigungsgesetzen verfolgt werden. Die alliierten Rückerstattungsgesetze gingen also als spezialgesetzliche Regelungen dem Bürgerlichen Gesetzbuches (z. B. dinglicher Herausgabeanspruch nach § 985 BGB) vor: So galt auch nicht die 30jährige Verjährungsfrist des BGB, sondern es kamen die sehr kurzen Antragsfristen der alliierten Rückerstattungsgesetze zur Anwendung (vgl. BGH-Urteil vom 8. Oktober 1953 – IV ZR 30/53, BGHZ 10, 340, 343). Der BGH revidierte 2012 seine Meinung teilweise und ließ nun, trotz der weiterhin geltenden alliierten Rückerstattungsanordnung für das Land Berlin (REAO) mit ihren längst abgelaufenen Fristen, einen Herausgabeanspruch nach § 985 BGB zu, „wenn der verfolgungsbedingt entzogene Vermögensgegenstand nach dem Krieg verschollen war und der Eigentümer erst nach Ablauf der Frist für die Anmeldung eines Rückerstattungsanspruchs von seinem Verbleib Kenntnis erlangt hat“ (BGH-Urteil vom 16. März 2012 – V ZR 279/10 PDF).

 

Bundesrückerstattungsgesetz

Die alliierten Rückerstattungsgesetze regelten nicht die Ansprüche gegen das Deutsche Reich, wenn sie auf Geldbetrag oder Schadensersatz gerichtet waren. Die Regelung dieser Ansprüche, die die Bundesregierung im 1. Haager Protokoll 1952 zugesagt hatte, erfolgte schließlich mit dem „Bundesgesetz zur Regelung der rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Deutschen Reichs und gleichgestellter Rechtsträger“ (Bundesrückerstattungsgesetz) vom 19. Juli 1957 (BGBl. 1957 I, S. 734–742 PDF). Die Rückerstattungsgesetze der Alliierten blieben daneben weiterhin in Kraft, auch wenn die Verfahren Ende 1950er Jahre größtenteils beendet waren.

Mit dem Bundesrückerstattungsgesetz konnten nun Rückerstattungsansprüche auf Geldbetrag oder auf Schadensersatz gegen das Deutsche Reich einschließlich der Sondervermögen Deutsche Reichsbahn und Deutsche Reichspost geltend gemacht werden. Ferner fand das Gesetz Anwendung auf die rückerstattungsrechtlichen Ansprüche gegen das Land Preußen, die Reichsautobahnen, die NSDAP mit ihren Gliederungen und Verbänden und sonstigen Einrichtungen sowie gegen die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland und den Auswanderungsfonds Böhmen und Mähren, die als staatliche Instrumente zur Plünderung jüdischer Vermögen gewirkt hatten. Außerdem wurden die Fristen für solche Ansprüche neu eröffnet.

Auch im Bundesrückerstattungsgesetz galt das objektiv-sachliche Territorialitätsprinzip, nach dem eine Rückerstattung oder ein Schadensersatz nur für Gegenstände möglich war, die im Geltungsbereich des Gesetzes, also der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West), entzogen worden waren oder nach der Entziehung nachweisbar in den Geltungsbereich des Gesetzes verbracht wurden. Eine Ausnahme hiervon bildete die im Haager Protokoll zugesagte Befriedigung der Ansprüche bzgl. des Umzugsguts von Verfolgten, das meist in Häfen außerhalb des Deutschen Reichs entzogen worden war. Die REAO-Regelung, mit der die Entziehungen des Deutschen Reichs im späteren Ostteil Berlins als im Geltungsbereich gelegen galten, wurde mit dem dritten Änderungsgesetz vom 2. Oktober 1964 (BGBl. 1964 I, S. 809–814 PDF) noch erweitert. Nunmehr wurden neben den Entziehungen des Deutschen Reichs auch die der anderen im Bundesrückerstattungsgesetz genannten Rechtsträger mit einbezogen. Außerdem galt die Regelung nun auch für Geschädigte, die in der Verfolgungszeit 1933 bis 1945 ihren Wohnsitz in Ost- und Mitteldeutschland sowie Berlin (Ost) hatten und bis zum 31. Dezember 1961 in westliche Länder übergesiedelt waren.

Ansprüche wurden nicht befriedigt, solange der Berechtigte seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt in Gebieten hatte, mit deren Regierungen die Bundesrepublik Deutschland keine diplomatischen Beziehungen unterhielt. Mit dieser diplomatischen Klausel, die den Ostblock ausschloss, sollte verhindert werden, dass im Kalten Krieg Devisen auf die andere Seite des Eisernen Vorhangs flossen.

Die Verfahren nach dem Bundesrückerstattungsgesetz wurden von den Oberfinanzdirektionen (Bundesvermögensabteilungen) durchgeführt. Gegen ihre Bescheide konnten gerichtliche Entscheidungen bei den Entschädigungskammern beantragt bzw. im Bereich der früheren Französischen Besatzungszone Klage beim zuständigen Landgericht erhoben werden. Als letzte Instanzen waren die Obersten Rückerstattungsgerichte zuständig. In den Fällen, in denen nur der Nachweis des Transfers des entzogenen Gegenstandes in das Gebiet der Bunderepublik Deutschland und Berlin möglich gewesen war (ohne genaue Ortsangabe), lag die Zuständigkeit grundsätzlich bei den Wiedergutmachungsbehörden und Gerichten in Berlin (West).

 

Leistungen im Rahmen des Lastenausgleichs

Im Rahmen des Lastenausgleichsgesetzes (BGBl. 1952 I, S. 446–533 PDF) konnten NS-Verfolgte auch dann Leistungen für Vermögensschäden erhalten, wenn sie vor der Vertreibung das Land hatten verlassen müssen bzw. ihnen ihr Eigentum vor der Kriegsbeschädigung entzogen worden war. Hierfür galten die speziellen Regelungen der „Elften Verordnung über Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz“ (11. Leistungsdurchführungsverordnung) vom 18. Dezember 1956 (BGBL. 1956 I, S. 932–935 PDF). Ein Ausgleich konnte für Kriegssachschäden, Sparerschäden, Vertreibungs- und Ostschäden geltend gemacht werden, insbesondere in den Fällen, in denen sonst wegen der verfolgungsbedingten Vermögensentziehung und der Emigration oder Deportation kein Ausgleich möglich gewesen wäre, da dieser üblicherweise nur den unmittelbar Geschädigten zustand. Die NS-Verfolgten wurden im Falle des Kriegssachschadens, obwohl ihnen vor Schadenseintritt (z. B. Bombentreffer) der Vermögensgegenstand verfolgungsbedingt entzogen worden war, als unmittelbar Geschädigte behandelt, denen ein Anspruch auf Ausgleich für den Wertverlust zum Zeitpunkt der Entziehung zukam.

Die Verfolgten, die aufgrund von Emigration bzw. Deportation vor der Vertreibung die Vertreibungsgebiete hatten verlassen müssen, aber ohne NS-Verfolgung als Deutsche 1945 vertrieben worden wären, wurden nun als sogenannte Fiktiv-Vertriebene angesehen, die einen Anspruch auf Ausgleich für Vertreibungsschäden bekamen. Als Vertreibungsschaden galt dabei der Schaden am Einheitswertvermögen (Grundvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen), am Hausrat, an Beteiligungen, Rechten, Gegenständen zur Berufsausübung u. ä., der durch die verfolgungsbedingte Entziehung entstanden war, also der Schadenswert zum Zeitpunkt der Entziehung und nicht zum Zeitpunkt der Vertreibung. Voraussetzung für den Status als Fiktivvertriebener war die deutsche Staats- oder Volkszugehörigkeit. Als Volkszugehöriger galt nach dem § 6 Bundesvertriebenengesetz, „wer sich in seiner Heimat zu deutschem Volkstum bekannt hat, sofern dies Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.“ Gerade jüdische Verfolgte, die später aus Osteuropa ausgewandert waren, befanden es oft als belastend und erniedrigend, ihr „Deutschtum“ durch Sprachtests u. ä. nachweisen zu müssen.

Ebenso war ein Ausgleich für Ostschäden möglich, also von Schäden an in den ehemaligen deutschen Ostgebieten belegenen Einheitswertvermögen, die Nicht-Vertriebenen gehörten (z. B. Grundvermögen eines Kölners in Schlesien). Auch für diese Vermögen, die den Verfolgten entzogen worden waren, konnten sie Ausgleichsleistungen bei den Lastenausgleichsämtern beantragen.

 

Rückerstattung in den neuen Bundesländern ab 1990

In der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR hatte keine eigentliche Rückerstattung an die Verfolgten stattgefunden. Um diesem Unrecht abzuhelfen, wurden nach der Wiedervereinigung verschiedene Gesetzesmaßnahmen ergriffen.

Im Notenwechsel mit den ehemaligen Besatzungsmächten vom 27./28. September 1990 hatte die Bundesregierung zugesagt, die Rückerstattung von Vermögen, die 1933 bis 1945 verfolgungsbedingt auf dem Gebiet der ehemaligen DDR entzogen worden waren, zu ermöglichen. Die Rückerstattungsgesetze und das Bundesentschädigungsgesetz wurden mit dem Einigungsvertrag formal auf das Beitrittsgebiet übergeleitet. Diese außenpolitisch motivierte Überleitung war allerdings eher von symbolischer Bedeutung, da die Gesetze aufgrund der abgelaufenen Fristen faktisch nicht mehr angewendet werden konnten.

Die Rückerstattung in den Neuen Bundesländern erfolgte über das „Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz)“ vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II, S. 1159–1168 PDF). Das als Gesetz der DDR erlassene und mit dem Einigungsvertrag in Kraft gesetzte Gesetz regelte in erster Linie die Vermögensverschiebungen nach 1945. Es war aber auch auf die Rückerstattung von zwischen 1933 bis 1945 verfolgungsbedingt entzogenen Vermögen in den Neuen Ländern anzuwenden und verwies hinsichtlich der Vermutung eines verfolgungsbedingten Vermögensverlustes auf die Berliner REAO.

Das Vermögensgesetz sah grundsätzlich die Rückübertragung (Naturalrestitution) vor; es waren aber auch Entschädigungszahlungen nach dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz vom 27. September 1994 (BGBL. 1994 I, S. 2632 PDF) möglich. Dabei galten bei der Schadensbemessung überwiegend die Regelungen des Bundesrückerstattungsgesetzes. Im Falle von erbenlos gebliebenen jüdischen Vermögen wurde im Vermögensgesetz die Jewish Claims Conference als Rechtsnachfolger bestimmt.

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