In der Rubrik „Im Blickpunkt“ präsentieren wir besondere Highlights aus Archiven, die im Archivportal-D vertreten sind. Diese ausgewählten Archivalien geben Einblick in die Bestände und bieten Rechercheanregungen für eine mögliche Suche im Archivportal-D oder im Themenportal „Weimarer Republik“. Wir freuen uns, in diesem Monat einen wissenschaftlichen Beitrag von Pierre Schmuck von der Albrecht-Ludwigs-Universität Freiburg mit Quellen aus dem Landesarchiv Baden-Württemberg und dem Bundesarchiv präsentieren zu können. In den Angaben zu weiteren Recherchemöglichkeiten unten verweisen wir auf unsere Objektgalerie auf der Startseite des Themenportals, in der wir Ihnen weitere Quellen zu diesem Themenkomplex vorstellen.
Mit der Reichszentrale für Heimatdienst existierte zwischen 1919 und 1933 erstmals eine deutsche Regierungsbehörde, die für politische und staatsbürgerliche Aufklärung und Bildung zuständig war. Sie ging aus der noch während des Ersten Weltkrieges, im März 1918, gegründeten Zentrale für Heimatdienst hervor. In der Weimarer Republik lautete ihr Arbeitsauftrag gemäß einer entsprechenden Entschließung des Reichstages: sachliche Aufklärung über außenpolitische, wirtschaftspolitische, soziale und kulturelle Fragen, und zwar nicht im Geiste einzelner Parteien, sondern vom Standpunkte des Staatsganzen. Als solche kann die Reichszentrale für Heimatdienst in mancher Hinsicht als ein Vorläufer der heutigen Bundeszentrale für politische Bildung gedeutet werden.
Geleitet wurde der Reichsheimatdienst von Oberregierungsrat (später Ministerialrat) Dr. Richard Strahl (1884–1957). Zur Behördenstruktur gehörten neben der Zentralleitung in Berlin zeitweise mehr als 20 Landesabteilungen, die verteilt auf das gesamte Gebiet des Deutschen Reiches eingerichtet wurden. Diese Außenstellen bildeten wichtige Stützen der amtlichen politischen Aufklärungs- und Bildungstätigkeit: Sie waren für die Verteilung von Druckschriftenmaterial zuständig und organisierten Veranstaltungen des Reichsheimatdienstes vor Ort. Darüber hinaus fungierten sie als Kontakt- und Koordinierungsstellen zu lokalen Verwaltungsbehörden sowie zu jenen Vereinen, Verbänden und Institutionen der zeitgenössischen Volksbildung, die sich einen ähnlichen politischen Bildungsauftrag gegeben hatten.
Die Reichszentrale für Heimatdienst verpflichtete sich zu politischer Objektivität und Neutralität. Ihre Tätigkeit sollte frei sein von parteipolitischen Tendenzen und allein das Wohl des Staatsganzen im Blick haben. Um dem eigenen Anspruch, in zeitgenössischen Meinungskämpfen ausgleichend zu wirken und damit einen politischen Grundkonsens zu etablieren, gerecht zu werden, war der Reichsheimatdienst nach eigenen Angaben bemüht, lediglich Material zu veröffentlichen, das auf wissenschaftlicher Erkenntnis und auf Fakten beruhte. Auf dieser Grundlage sollte sich jede und jeder Einzelne ein eigenes Urteil zu zeitgenössischen politischen Herausforderungen bilden können.
In der Praxis bediente sich die Reichszentrale unterschiedlicher Methoden zur Vermittlung ihrer Inhalte. Die Behörde gab die regelmäßig erscheinenden Schriften „Der Heimatdienst“ und die „Richtlinien“ heraus, in denen sie politische Themen für ein breites Publikum aufbereitete. Ein weiteres wichtiges Tätigkeitsfeld war das Vortragswesen. Der Reichsheimatdienst organisierte Informations-, Schulungs- und Bildungsveranstaltungen in unterschiedlichen Formaten. Dazu zählten neben mehrmonatigen Vortragsreihen auch Wochenendtagungen – sogenannte Staatsbürgerliche Bildungstage – und zahlreiche einzelne Vortragsveranstaltungen. Letztere fanden nicht selten auch in kleineren Orten und ländlichen Regionen der Republik statt; die potentielle Reichweite politischer Aufklärungs- und Bildungstätigkeit war so gesehen recht hoch. Das inhaltliche Spektrum reichte von wirtschaftlichen und sozialpolitischen Themen über verfassungsrechtliche Fragen bis zu Schwerpunkten der deutschen Außenpolitik.