Im Blickpunkt - Die KAPD

Von Rhena Stürmer

In der Rubrik „Im Blickpunkt“ präsentieren wir besondere Highlights aus Archiven, die im Archivportal-D vertreten sind. Diese ausgewählten Archivalien geben Einblick in die Bestände und bieten Rechercheanregungen für eine mögliche Suche im Archivportal-D oder im Themenportal „Weimarer Republik“. Wir freuen uns, in diesem Monat einen wissenschaftlichen Beitrag von Rhena Stürmer von der Europa-Universität Viadrina mit Quellen aus dem Landesarchiv Baden-Württemberg und dem Bundesarchiv präsentieren zu können. In den Angaben zu weiteren Recherchemöglichkeiten unten verweisen wir auf unsere Objektgalerie auf der Startseite des Themenportals, in der wir Ihnen weitere Quellen zu diesem Themenkomplex vorstellen.

Im April 1920 gründete sich mit der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands (KAPD) eine Partei links der KPD. Für einen kurzen Moment existierten in Deutschland zwei kommunistische Parteien, die um die führende Rolle innerhalb der Arbeiterbewegung rangen. Vorrangiges Ziel der politischen Aktivitäten der KAPD war die „Selbstbewusstseinsentwicklung“ des Proletariats. Das Programm der KAPD von 1920 ist hier nachzulesen.

Theorie und Ideologie der Partei basierten auf den Überlegungen der niederländischen Rätekommunisten Anton Pannekoek und Hermann Gorter sowie auf basisdemokratisch-spontaneistischen Vorstellungen, wie sie etwa von Rosa Luxemburg vertreten wurden. Das organisatorische Ideal der Linkskommunisten war die direkte Repräsentation der Arbeiterklasse in  Räten und Betriebsorganisationen. 
Eine vermittelte Form demokratischer Teilhabe durch ein Parlament lehnten sie ab. Die Aufgabe der Partei sollte es lediglich sein, organisatorisch und strukturierend zu wirken, rätekommunistisch gesinnte Kräfte zu bündeln sowie Schulungs- und Propagandamaßnahmen zu koordinieren, während die gewerkschaftlichen Räte – organisatorisch zusammengefasst in der „Allgemeinen Arbeiter-Union“ – als basisdemokratische Plattformen für die proletarische Willensbildung dienen sollten.
Konzeptionell grenzten sich die Akteure von den übrigen linken Parteien, wie der SPD und der KPD, sowie den Gewerkschaften scharf ab, auch wenn es lokal durchaus zu gemeinsamen politischen Aktionen kam.

Die Mitglieder der KAPD verstanden sich selbst als Marxist*innen, lehnten jedoch den Modellcharakter ab, der sich mit dem revolutionären Russland nach 1917 für viele Kommunist*innen weltweit bot.
Mehrmals reisten KAPD-Funktionäre, unter ihnen Karl Schröder, Alexander Schwab und Bernhard Reichenbach, zu Verhandlungen mit den Bolschewiki nach Moskau. Zunächst zwar ebenfalls begeistert vom revolutionären Umsturz und 1920 mit dem Status einer sympathisierenden Partei in die 3. Internationale (Komintern) aufgenommen, gingen sie allerdings bald auf Distanz, kritisierten die zentralistische Machtkonzentration bei der bolschewistischen Partei zu Lasten der Lohnabhängigen und stellten zuletzt den sozialistischen Charakter der Sowjetunion als solcher infrage. Lenin wiederum rügte die Linkskommunisten in seiner 1920 erschienenen Schrift „Der Radikalismus, die Kinderkrankheit im Kommunismus“ als linke Abweichler.

In Deutschland war die KAPD am Mitteldeutschen Aufstand im März 1921 beteiligt.

Ausschnitt aus dem "Lage-Bericht" des Reichskommissars für die Überwachung der öffentlichen Ordnung, S. 5. BArch R 601/623.
"Nach Mitteilung des Oberpräsidiums Magdeburg hat die K.A.P.D. die V.K.P.D zum allgemeinen Streik im Gebiet Merseburg-Halle aufgefordert. Gleichzeitig wird den Arbeitern aufgegeben, sich mit Waffen zu versorgen. (...)" - Ausschnitt aus dem "Lage-Bericht" des Reichskommissars für die Überwachung der öffentlichen Ordnung, S. 5. | Bundesarchiv, BArch R 601/623.

Die Partei bemühte sich um den Ausbau ihrer Strukturen, auch auf internationaler Ebene, wo man mit der Kommunistischen Arbeiter-Internationalen (KAI) eine Alternative zur Komintern zu etablieren versuchte.

Lageberichte des Reichskommissars für Überwachung der öffentliche Ordnung, Nr. 62a - KAPD
Lageberichte des Reichskommissars für Überwachung der öffentliche Ordnung, Nr. 62a - "5. Kommunistische Arbeiterjugend und kommunistische Jugendinternationale". | Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, FA N 6695, 10

Staatliche Repression und interne Spaltungen in verschiedene Richtungen, ein allgemeines Abflauen der revolutionären Episode sowie die zunehmende Konkurrenz der KPD, die durch die Vereinigung mit der USPD zur Massenpartei geworden war, ebneten aber schließlich den Weg der Partei in die Bedeutungslosigkeit. 1923 endete die Hochzeit des organisierten Linkskommunismus in Deutschland. Sie war ebenso ein Produkt ihrer Zeit gewesen wie viele weitere linke Gruppierungen und Organisationen, die sich in einer Findungsphase innerhalb der neuen Rahmenbedingungen der Weimarer Republik bildeten und alsbald wieder zerfielen.

Doch dies bedeutete nicht, dass die Akteure in die Bedeutungslosigkeit verschwanden. Diejenigen, die als Funktionäre parteipolitische Aufgaben übernommen hatten, blieben bis zum Ende ihres Lebens politisch für die linkskommunistische Bewegung aktiv, sei es als Journalist*innen, Schriftsteller*innen oder politische (Jugend-)Bildner*innen – wofür sie nicht selten die bestehenden Strukturen der SPD nutzten.

Ende der 20er Jahre bündelten die Linkskommunist*innen ihre Kräfte erneut, um die einst von Paul Levi gegründeten „Sozialwissenschaftlichen Vereinigung“(SWV), aus der schließlich die „Roten Kämpfer“ hervorgingen. Sie bildete ein weit verzweigtes Netz linkskommunistischer Diskussionszusammenhänge, bei deren Kursen kritisch die wirtschaftlichen Entwicklungen in Deutschland, der Aufstieg des Nationalsozialismus sowie die zunehmende Stalinisierung der Sowjetunion erörtert und die Möglichkeiten politischer Einflussnahme besprochen wurden.

Digitalisat eines Diskussionspapiers der SWV aus dem IISH Amsterdam. IISH-Karl-Schröder-Papers-IV-51.2-SWV-Kurs-1932-Auszug.
Digitalisat eines Diskussionspapiers der SWV aus dem IISH Amsterdam. (siehe "Gedankengange" aus Referaten und Kursen betr. "Russische Revolution und Komintern", Rußland, KPD und SAP, Februar 1932, 7 B1. Kopien. ) | IISH-Karl-Schröder-Papers-IV-51.2-SWV-Kurs-1932-Auszug

Ab 1933 wurde die Gruppe in die Illegalität gedrängt, wobei ihnen die Arbeit dort aufgrund guter Vorbereitung zunächst auch gelang. 1936 wurden die „Roten Kämpfer“ – die inzwischen auf schätzungsweise bis zu 400 Mitglieder angewachsen waren – von der Gestapo entdeckt. Im folgenden Prozess wegen Vorbereitung zum Hochverrat wurden zahlreiche Mitglieder zu langjährigen Zuchthaus- und Lagerhaftstrafen verurteilt.

 

Wir danken Frau Rhena Stürmer von der Europa-Universität Viadrina herzlich für die Bereitstellung.

 

Links zu den Quellen im Themenportal

Märzkämpfe im mitteldeutschem Industriegebiet

Lageberichte des Reichskommissars für Überwachung der öffentlichen Ordnung, Nr. 62a

 

Recherchemöglichkeiten

Wenn Sie sich für weitere Quellen zur Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands (KAPD) im Deutschen Reich interessieren, wählen Sie über den A–Z Index Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands aus und kombinieren Sie dieses thematische Schlagwort mit dem Geografikum Deutsches Reich.

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